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Verschlossene Räume

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13.04.2006
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Verschlossene Räume

Panik breitet sich in ihm aus.
Paul Hensel ist gefallen und liegt auf dem Fußboden. Die Unterhose hängt halb runtergezogen auf seinen Knien. Mühsam rappelt er sich hoch und versucht erneut, die Tür zu öffnen. Vergebens. Die Tür rührt sich nicht. Der Riegel, den er zugezogen hat, klemmt. Immer wieder versucht er es. Wie spät mag es sein? Als er das letzte Mal auf Toilette war, zeigte der Wecker auf halb drei. Im Haus ist es ruhig. Er hat kein Gefühl für Zeit. Die anderen Mitbewohner des Altenheims schlafen tief und fest. Erst gegen sieben wird die diensthabende Schwester kommen. Heute ist Sonntag. Daran erinnert er sich. Er merkt, wie ihm der Schweiß ausbricht. Die Knochen tun weh. Alle. Egal, wie er sich bewegt. Er fällt wieder hin, das Bein rutscht weg und er greift in etwas Nasses, riecht an der Hand seinen Urin. Wieder daneben gepinkelt. Als er sich an der Toilette hochzieht und in den Spiegel schaut, bemerkt er den Piepser an seinem Arm.

Mit seinen 74 Jahren ist er der jüngste Bewohner des Altenheimes. Das betont er immer und auch, dass er Lehrer war und aus Bremen kommt. Nach seiner Pensionierung zog er an die Mecklenburger Ostseeküste. Auf einer Kur hatte er Beate Zschau, eine Frau, fünf Jahre jünger als er und ebenfalls pensionierte Lehrerin, aus Vorpommern kennengelernt, die nach einem kurzen Zusammenleben mit ihm zu ihrer Tochter in den Süden zog. Gründe nannte sie nicht. Kurz danach erkrankte er das erste Mal an Krebs, erholte sich jedoch wieder. Die Krankheit kehrte zurück. Er wurde von der Palliativstation des Bezirkskrankenhauses hierher vermittelt. Die Nachfrage für diese Einrichtung ist groß. Für Paul Hensel wird es das letzte Zuhause sein.
Familie hat er keine, zumindest kommen keine Angehörigen zu Besuch. Er bewohnt das große Eckzimmer des Heimes und kann jederzeit das Heim verlassen. Das Telefon ist seine wichtigste Verbindung zur Außenwelt, da ihm das Laufen schwerfällt. Er telefoniert ständig. Während der gemeinsamen Mahlzeiten reißt er jedes Gespräch an sich und hat schon oft verkündet, dass er über einhunderttausend Euro besäße. Auch am Telefon spricht er so laut darüber, dass es keiner überhören kann. In letzter Zeit tauchen des Öfteren Leute auf, die sich als seine Freunde ausgeben. Dann verschwindet er mit ihnen auf seinem Zimmer und man hört nur gedämpfte Gesprächsfetzen. Immer noch ist Paul Hensel eine imposante Erscheinung, der das weiße, dünne Haar zu einem Schwänzchen gebunden trägt. Er hat Humor und keiner der Patienten strengt sich mehr an, alle zum Lachen zu bringen, wenn auch oft auf Kosten der anderen Patienten. Die Schwestern gehen teilweise darauf ein, weil sie ihm die letzte Zeit so angenehm wie möglich gestalten wollen.

Kurz vor vier Uhr.
Der Schlaf will und will nicht kommen. Diese verfluchte Schlaflosigkeit. Maria Steiner, eine kleine korpulente Frau, Ende vierzig, überlegt, am Küchenfenster stehend, ob sie doch noch eine Schlaftablette nehmen soll. Heute ist Sonntag und sie könnte länger schlafen. Mitten in ihre Überlegungen hinein hört sie die Sirene und sieht die Feuerwehr um die Ecke heranpreschen. Vor Kramers Haus, ihren Nachbarn, bleibt sie stehen. "Feuerwehr? Das Hochwasser ist doch längst weg?", überlegt sie laut, während sie sich schnell die Jacke überwirft und auf die Straße rennt. Der starke Regen der letzten Woche hatte alles überflutet. Für die kommenden Tage waren weitere Regenfälle angesagt, die jedoch ausgeblieben sind. "Sie können gleich wieder abfahren", ruft sie dem Feuermann zu, der suchend vor dem Haus der Kramers steht. "Das Hochwasser ist längst weg. Die Keller wurden schon vorgestern ausgepumpt!" Der Feuerwehrmann sieht sie verständnislos an. "Hochwasser? Was denn für Hochwasser? Wir haben einen Notruf erhalten, dass sich jemand im Bad eingesperrt hat und nicht ohne fremde Hilfe freikommt." "Ach so, ja, das ist dann hinten auf dem Hof. Dort befindet sich die Altenpflege der Frau Kramer, wird wohl wieder einer 'der Alten' durchgeknallt sein!" Den letzten Teil des Satzes murmelt sie leise vor sich hin und geht zurück ins Haus. Erst letzte Woche stand ein älterer Herr aus der Altenpflege der Kramers mitten auf der Kreuzung und regelte den Verkehr bis Frau Kramer ihn ins Haus zurückholte! Ihr Mann steht im Schlafanzug an der Haustür und empfängt sie, unwirsch, mit den Worten:"Was mischst du dich immer in alles ein! Die Feuerwehr steht nicht vor unserem, sondern von dem Haus der Kramers. Das geht dich alles nichts an! Wann kapierst du das endlich?"

Giesela Kramer wacht vom unsanften Rütteln ihres Mannes am Arm auf. Das durchdringende Heulen der Sirene dringt in den Traum, fügt sich fast nahtlos ein. "Hey, hör auf! Du tust mir weh!", murrt sie, noch halb im Schlaf und noch immer in den Fängen ihres Traumes. "Hörst du das denn nicht? Das ist die Feuerwehr, direkt vor unserem Haus!", ruft er aufgeregt. Ruckartig kommt sie hoch und stellt sich zu ihm ans Fenster. "Was macht denn die Steiner vor dem Haus? Die mischt sich doch ewig in alles ein! Guck mal, jetzt spricht sie mit dem Feuerwehrmann und zeigt auf das hintere Haus von uns? Meint die etwa unsere Altenpflege? Hier in diesem Kaff bleibt doch nichts verborgen, quatscht jeder über jeden und weiß alles besser! Das Gejaule der Sirene ist ja furchtbar! Ich geh jetzt raus und frage, was los ist!", kommentiert sie das Geschehen vor dem Haus, während sie sich schnell etwas zum Anziehen überwirft. Ihr Mann äußert sich nicht.

"Können Sie nicht endlich die Sirene und das Blaulicht abstellen, oder sehen Sie hier irgendwo einen Brand?", schreit sie dem Feuerwehrmann wütend entgegen, der vor dem Auto steht und eben noch mit Frau Steiner gesprochen hat. Nach und nach kommen vierzehn Feuerwehrleute aus dem Auto. Vierzehn Leute! Mehr standen nicht zur Verfügung, weil gleichzeitig ein Brand drei Dörfer weiter gelöscht werden musste, erfährt sie später auf ihre Nachfrage hin. "Wir haben einen Anruf bekommen, dass jemand im Badezimmer eingeschlossen ist und sich nicht selber befreien kann!", erklärt der Chef der Feuerwehrleute. "Und da fahren Sie morgens früh um vier mit Blaulicht und Sirene durch die Straßen? Das ist doch nicht ihr Ernst! Ihre Zentrale kennt doch unser Haus und weiß um die Befindlichkeiten ihrer Bewohner. Warum rufen Sie nicht einfach zurück?" Gleichzeitig schwant ihr Böses. Es kommt nur einer in Frage, der sich eingeschlossen haben könnte. Nein, noch will sie es nicht wahrhaben. Sie fühlt plötzlich eine Müdigkeit, die nicht nur auf den unterbrochenen Schlaf zurückzuführen ist. Betreten schaut der Mann auf Frau Kramer hinunter, die auch ungeschminkt und ungekämmt attraktiv ist, diffus zwischen hübsch und eindeutig nicht mehr jung. Er ertappt sich, wie er auf ihren Busen starrt, der aus der zusammengehaltenen Jacke quillt. "Also, das eine...", versucht er sie zu beschwichtigen und sich zu erklären, "...das eine..." "Ach, halten Sie die Klappe!", sagt sie zu ihm und schiebt ihn beiseite, um in das hintere Gebäude zu laufen. Der Mann blickt der kleinen Frau verblüfft hinterher.

Dreimal hatte Paul Hensel den Knopf gedrückt, dann meldete sich eine Stimme und fragte, was los sei und wer anrufe. "Also, ich bin, das heißt, ich musste pinkeln und bin ins Bad, weil ich doch pinkeln wollte. Die Tür mache ich nie zu, nur den Riegel. Den schiebe ich hin und her, weil die alte Machottke aus dem Zimmer gegenüber schon mal reingekommen ist, während ich pinkelte und da...", ruft er aufgeregt ins Telefon. "Das interessiert hier niemanden. Kommen Sie zur Sache und erzählen Sie, weshalb Sie uns angeklingelt haben!", unterbricht ihn der Mann in der Feuerwehrzentrale. "Ja, das mach ich doch die ganze Zeit", empört er sich "... jetzt ist die Tür zu. Die geht einfach nicht mehr auf! Dreimal bin ich schon umgefallen und nass ist es auch! Die machen nie sauber! Ich krieg die Tür nicht auf. Wollen Sie wissen, wie lange ich hier drin bin? Schon ewig! Es kümmert sich keiner um mich. Sie müssen kommen und mich befreien. Ich war mal Lehrer, wissen Sie, und..." "Gut jetzt, ich sehe hier ihre Adresse auf dem Display. Wir sind gleich da!"
Ihm wird warm, fast heiß, er fühlt sich unwohl. Die Gedanken in seinem Kopf überschlagen sich. Was hatte die Kramer gesagt, als die Piepser verteilt wurden? Ich muss endlich hinhören, wenn etwas gesagt wird und mich nicht ständig über die anderen lustig machen. Warum ist Beate zu ihrer Tochter gezogen? Sie hatte es doch gut bei mir, keine finanziellen Sorgen, auch keine anderen. Sie wusste doch, dass es nicht ernst gemeint war, wenn ich mich über sie lustig gemacht habe, oder? Die Kramer sieht ihr ähnlich, obwohl sie viel jünger ist. Sie lacht als Einzige nicht über meine Witze, die doofe Kuh. Ich bezahle schließlich hier, da kann sie auch mal lachen! Warum lacht sie nicht? Sollte ich diesmal zu weit gegangen sein? Er geht erneut zur Tür und versucht, sie zu öffnen.

Frau Kramer schließt die Tür des hinteren Hauses auf und sieht Paul Hensel vor dem Badezimmer auf einem Hocker sitzen. Seine Hose hängt ihm in den Kniekehlen. Das Haar liegt strähnig auf dem Kragen des Schlafanzuges. Er lächelt sie an. "Ich hab's ganz alleine geschafft!", ruft er ihr zu, "...hab die Tür aufgeriegelt!" Frau Kramer ist perplex. Das gibt es doch nicht! Da hat sich der Herr Lehrer, der immer Extrawünsche hat, alles besser weiß, ständig Witze auf Kosten der anderen Bewohner macht, selber eingesperrt und den Piepser gedrückt? Jeden Tag wird den Bewohnern des Heimes gesagt, dass neben dem Waschbecken ein Notrufknopf ist, falls etwas Unvorhersehbares passiert. Jeden Tag nach dem Frühstück. Hört der auch mal hin, wenn er sie anstarrt? "Warum haben Sie denn nicht den Knopf neben dem Waschbecken sondern auf den Piepser gedrückt?", fragt sie Paul Hensel. "Welchen Knopf denn? Hier sagt einem doch keiner etwas!", murrt er, schaut sie von unten an und verschwindet schnell auf seinem Zimmer.
Fassungslos bleibt sie vor der verschlossenen Tür stehen und fragt sich, warum sie immer ein ungutes Gefühl hat, wenn sie auf Paul Hensel trifft. Sein Kopf macht nicht mehr richtig mit und der körperliche Verfall wird sichtbar. Seine Vergesslichkeit hat den weniger unangenehmen Alterserscheinungen den Charme genommen und sie stärker hervortreten lassen. Oftmals bemerkte sie, dass sein Blick lange auf ihr verweilt. Sprach sie ihn dann an, reagierte er meist gereizt. Die ganze Zeit schon wollte sie mit ihm ein längeres Gespräch führen, fragen, wie es ihm hier gefalle, ob er Probleme habe. Sie läuft zurück auf die Straße, nachdem sie das Haus auf Unregelmäßigkeiten kontrolliert hat. Die anderen Bewohner schlafen. Keiner von ihnen war vom Sirenengeheul wachgeworden.

Die Feuerwehrleute fahren zurück, nicht ohne zu bemerken, dass eine Rechnung kommen wird. Frau Kramer schluckt.
Ein unklares Bauchgefühl lässt sie nochmals nach hinten laufen. Sie klopft an Paul Hensels Tür und öffnet diese, ohne auf eine Antwort zu warten. Er sitzt auf seinem Bett und raucht seelenruhig eine Zigarette. Dafür hat er den Stapel Bücher auf den Fußboden und eine Papierserviette auf den Nachttisch gelegt. Spuren von Asche liegen auf dem Papier. Ihr bleibt fast das Herz stehen! Auch er erschrickt, als er sie reinkommen sieht. Sie hat ihn noch nie rauchen sehen. Nur - wann hat sie ihn das letzte Mal auf seinem Zimmer besucht? Aufgeregt drückt er die Zigarette auf dem Papier aus.
Seit über vierzig Jahren übt sie diesen Beruf aus. Zu Anfang als Gemeindeschwester und später machte sie sich mit einer Hauskrankenpflege und ambulanten Altenbetreuung selbständig. Im Laufe der Jahre wurde sie von verschiedenen Krankheitsverläufen überrascht. Sie meint, schon alles irgendwann erlebt zu haben, den fließenden Übergang zu einer Demenz genauso wie die schweren Krebserkrankungen. Das, was sie jetzt bei Paul Hensel sieht, lässt sie jedoch an ihrem Beruf zweifeln. Und doch, sie fühlt sich in diesem Moment schuldig. Mit Zeitmangel und Unverständnis für seine Situation lässt sich das nicht entschuldigen. Es ist eine Frage der Sympathie, etwas, was keine Rolle spielen darf. Schwester Heike ist sehr viel geeigneter für die Betreuung von Paul Hensel. Ein weiterer Punkt für die morgige Dienstberatung, entscheidet sie in Gedanken.
Blass starrt sie auf ihn hinunter, der hin und her rutscht, plötzlich verlegen kichert und sagt "Wollen Sie auch eine haben? Wir müssen bloß aufpassen, dass Schwester Heike nicht kommt!"
Er hält ihr die Schachtel hin.

 

Hallo Jurewa,

ich habe eine Weile darüber nachdenken müssen, was genau mir an deiner Geschichte gefehlt hat, aber ich glaube, jetzt kann ich es in Worte fassen.

Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass du ein dir wichtiges Anliegen verfolgtest, mir als Leser etwas nahe bringen wolltest.
Ich habe deswegen mit viel Neugierde weitergelesen und versucht, deine Intention zu erlesen.

Am Ende habe ich diese Antwort aber nicht mit Sicherheit gefunden.

Ich vermute, dass eigentlich Paul Hensel im Vordergrund deiner Geschichte steht, denn eigentlich rankt sich alles um sein Verhalten herum. Vielleicht wolltest du seine Altersgebrechen körperlicher, aber noch mehr charakterlicher Art in den Mittelpunkt stellen.


Aber du driftest zum Teil weiter ab als ich es verständlich gefunden hätte und vielleicht steht ja auch gar nicht Paul Hensel im Fokus, sondern die einfache Tatsache, was schlicht durch die Verstrickung alltäglicher Dinge aus einer kleinen Situation werden kann: Ein älterer Herr hat Probleme einen Riegel wegzuschieben.

Aus Letzterem könnte man eine humorige Geschichte basteln, die Ansätze sind ja dafür auch schon da, z.B. die Nachbarin, die sich mächtig einmischt, die massive Anzahl an Feuerwehrleuten. Dann würde ich mir aber wünschen, dass die Dialoge kerniger und wesentlich bissiger sind.


Ich kann im Moment deine Geschichtenidee nicht einordnen und warte daher erstmal weitere Feedbacks anderer Kritiker ab.

Ich glaube, es steckt sehr viel Potential in dieser Geschichte, für mich stellt sich aber zunächst die Frage, in welche Richtung es gehen soll.


Eine Kleinigkeit ist mir noch aufgefallen:

Er fällt wieder hin, das Bein rutscht weg und er greift in etwas Nasses, riecht an der Hand seinen eigenen Urin.
ich würde das Wort "eigenen" streichen, weil ich glaube, dass er einfach nur Urin riecht. Woher soll er wissen, dass es sein eigener ist, es sei denn, er bemerkt, dass die Flüssigkeit noch warm ist, dann kann er es schlussfolgern.


Erstmal herzliche Grüße

lakita

 

Hallo Jurewa,

das ist ein ganz leiser Text. Und gekonnt zeichnest Du hier einen Charakter und ein Abbild der Gesellschaft, dass ich ihn in seiner Alltäglichkeit auch erst mal als diesen gelesen habe. Klar ist, diese Geschichte lebt nicht vom Plot. Also was dann? Und während ich so über den Text nachdachte und mein Blick auf die Überschrift fiel, da dämmerte mir, hier verschließen sich Räume und zwar zunehmend mit dem Alter. Symbolisch durch die Toilette, aber da ist mehr. Da ist der Abbau von geistigen und körperlichen Fähigkeiten, der Verlust der Selbstständigkeit und die Zunahme der Abhängigkeit, da ist der Wegfall sozialer Kontakte, da ist die Verschiebung der Fremdwahrnehmung - aus dem Lehrer wird ein Sausel und der Selbstwahrnehmung. Das Unverständnis der "anderen" über "seltsames" Verhalten. Am Ende die Annäherung der beiden Seiten, wie sie zusammen eine Zigarette rauchen. Ein hoffnungsfrohes Ende.
Allerdings steht da wahrscheinlich gleich wieder die Feuerwehr vor der Tür und schreibt ne Rechnung, weil alle Zimmer mit Rauchmeldern ausgerüstet sein müssen.

Hat mir sehr gut gefallen. Und es ist erschreckend wie normal und alltäglich man die Geschichte liest, nimmt man doch die Tragik, die in den Zeilen steckt überhaupt nicht wahr. Weil es eben genauso ist. Man hat sich damit abgefunden und sich eingerichtet. Und das Dilemma liegt auf der Hand, es ist eben nicht einfach, wenn die Eigenheiten zu Belastungen werden.

Er hält ihr die Schachtel hinPUNKT

Vielen Dank für die Geschichte.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Lakita,

ich weiß, dass deine Kritiken immer gut durchdacht und ausformuliert sind, du dir Zeit nimmst und versuchst, dich in die Gedankenwelt des Schreibers einzufühlen. Bei mir ist dir das nicht gelungen.
Paul Hensel steht im Vordergrund, sicher, aber auch die anderen. Die Beziehung zwischen der Heimleiterin und ihm, seine zunehmende Isolierung waren mir wichtig. Als Symbol wählte ich verschlossenen Räume, die Toilette, in die er eingeschlossen war, seine Gedanken, die in seinem Kopf kreisen und in denen er zunehmend den Realitätssinn verliert. Die Nachbarin, die sich in alles reinhängt, lebt trotzdem in ihrer Welt und sieht die des Altenheims auch nur als 'verschlossene' Gesellschaft. Es ging mir um mehr als um einen älteren Herrn, der Probleme hat, einen Riegel wegzuschieben.
Danke für's Lesen!


Hallo Fliege,

das, was du aus der Geschichte herausgelesen hast, war genau mein Anliegen. Ich bin richtig froh, dass das so bei dir ankam. Du hast völlig Recht, der Abbau von geistigen und körperlichen Fähigkeiten, der Verlust der Selbstständigkeit und die Zunahme der Abhängigkeit sind Probleme, die meist nur von den betroffenen Angehörigen und dem Personal in entsprechenden Einrichtungen wahrgenommen werden.

Danke für deine Kritik und lieben Gruß!
jurewa

 

Hallo Jurewa

Die Situationskomik des Einstiegs liess mich gleich schmunzeln, eine reale Situation, wie sie sich bei gebrechlicheren Menschen ergeben kann. Dass du dies als Thema der Geschichte wähltest, gefällt mir. Die Handlung selbst bleibt zwar weitgehend auf dieses so sein des Prot. eingeschränkt, doch wirkt es mir als sympathischen Einblick in eines seiner Erlebnisse. Eher überflüssig schienen mir die Ausschmückungen über seine Finanzen und die dubiosen Besucher. Wohl eine Anspielung auf die sogenannten Enkeltrickbetrüger.

Ein paar Sachen sind mir jedoch aufgefallen:

Als er sich an der Toilette hochzieht und in den Spiegel schaut, bemerkt er den Piepser an seinem Arm.

Nach diesem Satz fände ich eine Leerzeile zwischen den Absätzen passend, da es ein Szenenwechsel darstellt. Und bei Sprecherwechseln in den folgenden Abschnitten dann jeweils ein neuer Absatz.

Etwas unplausibel erschien mir, dass ein alter Mensch mit einer fortschreitenden Krebserkrankung in ein Altenheim untergebracht wird, zumindest wie du die Institution so beschrieben hast. Ist man dort denn auf eine Intensivpflege eingerichtet oder wird irgendwann die Überweisung in ein Pflegeheim oder Sterbehospiz erforderlich?

Nach und nach kommen vierzehn Feuerwehrleute aus dem Auto.

Das nehme ich dir nicht ab, dass die Feuerwehr mit so viel Leuten ausrückt, um jemand aus dem Badezimmer zu befreien. Dann noch, zu einem Zeitpunkt, an dem gleichzeitig ein Einsatz an einem andern Ort stattfand. Zwei würden da völlig ausreichen.

Kommen Sie zur Sache und erzählen Sie, weshalb sie uns angeklingelt haben!", unterbricht ihn der Mann in der Feuerwehrzentrale.

Sie grossgeschrieben, und wäre da angerufen nicht passender?

Nur- wann hat sie ihn das letzte Mal auf seinem Zimmer besucht?

Leerschlag vor Gedankenstrich.

Dass die Zimmer mit Rauchmeldern ausgerüstet sein müssen, wie Fliege schreibt, war mir auch aufgefallen. Beim Lesen hatte ich da eine Reaktion der Heimleiterin erwartet. Doch der letzte Abschnitt ist wirklich amüsant.

Gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon,

eigenartig, dass Dinge, die in der Wirklichkeit passieren, in einer Geschichte am ehesten unglaubwürdig erscheinen. Es waren tatsächlich vierzehn Feuerwehrleute da, weil sich ein Patient eingesperrt hatte! Das hörte ich und baute darauf die Geschichte auf. Ich recherchierte in einer Hauskrankenpflege, die sowohl Menschen betreut, die unheilbar krank und pflegebedürftig ( nicht unbedingt bettlägerig) sind, aber eben auch Altenpflege in ihrem Programm hat.
Du hast Recht, die Information über seine Geldverhältnisse ist überflüssig, aber für mich war sie zur Charakterisierung des Paul Hensel wichtig. Auch die Nachbarin spielt keine Rolle, aber ihr Verhalten zeigt, wie es auf dem Dorf 'läuft'.
Deine Verbesserungsvorschläge habe ich umgesetzt, die Rauchmelder piepsen schon in meinen Träumen. Ich arbeite dran :-))!

Vielen Dank für dein Lesen und lieben Gruß!
jurewa

 

Salü Jurewa,

diese Geschichte liegt schon zwei Wochen bei mir. Gut, hast du dich an anderem Ort gemeldet :), das nehme ich als Ansporn, nun erstmal dein Werk zu kommentieren. Vorab: der Titel gefällt mir. Er deckt die vielen Bereiche der Geschichte ab, auch die, die nicht angesprochen werden, aber mitschwingen. Ich meine, geschlossene Räume finden sich überall dort, wo wir aus Mangel an Erfahrung vor geschlossenen Türen stehen. (Wobei ‚Mangel‘ hier keinen absoluten Zustand meint, sondern mit Entwicklung zu tun hat.) Krankheiten sind für Gesunde -, Altersprobleme sind für Junge geschlossene Räume und die Demenz bleibt in all ihren Facetten wohl immer für Aussenstehende ein geschlossener Raum, auch wenn mehr und mehr Fachwissen darüber besteht.
Von daher finde ich die in der Geschichte beschriebenen Blickwinkel einleuchtend und nachvollziehbar. Ich finde auch das Thema wichtig, weil es eben nicht genug dieser Blickwinkel geben kann, um Orientierung zu finden in all den Räumen, die hinter den verschlossenen Türen liegen, sogar Symphatie und Antisymphatie.
Etwas verwirrlich war mir der Piepser, der gleich zur Feuerwehr geleitet wird, statt zur Nachtwache im Haus, dass also der Knopf neben dem Waschbecken im WC das Hauspersonal informieren soll und der Piepser am Handgelenk nach draussen geleitet wird. Das kenne ich hier in der Schweiz nur bei Alleinstehenden und auch da ist eine Organisation vorgeschaltet, Dienst vom Roten Kreuz, u.ä.
Verschlossen blieb mir auch die Beschreibung, dass das Altersheim hinter dem Haus der Kramers ist – wobei ich das auch nicht wichtig finde, es beschwert nur das Lesen, weil ich mir das dann ja vorstellen will, wenn es schon erwähnt wird – könnte ja wichtig sein im weiteren Verlauf, ist es aber nicht.
Ja und ein paar Fehlerchen hab ich noch gepickt:

aus Vorpommern kennengelernt, die nach einem kurzem Zusammenleben mit ihm zu ihrer Tochter
die nach einem kurzen Zusammenleben mit ihm, zu ihrer Tochter
In letzter Zeit tauchen des öfteren Leute auf
des Öfteren
"Achso, ja, das ist dann
„Ach so, ja
bis ihn Frau Kramer in‘s Haus zurückholte!
bis Frau Kramer ihn ins Haus
unwirsch, mit den Worten:"Was mischst du dich immer
Worten: „Was mischst > Leerschlag
und stellt sich zu ihm an‘s Fenster.
ans Fenster
Hier in diesem Kaff beibt doch nichts
bleibt
"Also, das eine........", versucht er sie zu beschwichtigen und sich zu erklären, "....das eine..."
"Also, das eine ...", versucht er sie zu beschwichtigen und sich zu erklären, "... das eine ..." Pünktchen
"...und jetzt ist die Tür zu.
"... und jetzt ist die Tür zu. Nach Pünktchen Abstand
und..."
dito
Seine Vergeßlichkeit
Vergesslichkeit
Nur- wann hat sie ihn das letzte Mal
Nur – wann
Sie meint, schon alles irgndwann
irgendwann

So das wars und ist länger geworden, als ich dachte.
Lieben Gruss,
Gisanne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Gisanne,
danke, dass du die Geschichte gelesen und kommentiert hast. Ich bin völlig überrascht, dass sich noch so viele Fehler versteckten.
Du hast vollkommen Recht mit deiner Feststellung, dass die Lage der Altenpflege uninteressant ist. Ich habe mich hier an der Wirklichkeit orientiert und diese beschriebene Alterspflege liegt hinter dem Wohnhaus der Besitzer, von der Straße aus nicht einsehbar.
Der Feuerwehreinsatz wurde wirklich durch den Piepser ausgelöst. Ich werde nochmals hinterfragen, ob das immer so ist oder ob ein besonderer Umstand vorlag. Aufwand und Nutzen stehen hierbei in keinem Verhältnis, stimmt.
Schön, dass du meine 'Bild' der verschlossenen Räume nachvollziehen konntest. Du schreibst:"Altersprobleme sind für Junge geschlossene Räume und die Demenz bleibt in all ihren Facetten wohl immer für Aussenstehende ein geschlossener Raum, auch wenn mehr und mehr Fachwissen darüber besteht." Das empfinde ich auch so.

Lieben Gruß,
jurewa

 

Ja, alles schon gesagt,

liebe Jurewa,

bis – vielleicht – auf die Ungerechtigkeit, die der liebe Gott in seinen Geschöpfen durchgeh’n lässt – setzen wir den qualmenden Schlot im 93. Lebensjahr Helmut Schmidt gegen das eher beklagenswerte Schicksal der meisten Älteren.

Bissken Kleinkrämerseele käm’ denn doch noch:

Flüchtigkeit:

… schon alles irgndwann erlebt zu haben, …

Komma:
"Warum haben Sie denn nicht den Knopf neben dem WaschbeckenKOMMA sondern auf den Piepser gedrückt?"

Konjunktiv (kann's anders sein?):
… und hat schon oft verkündet, dass er über einhunderttausend Euro besitzt.
Hier wäre m. E. besser Konjunktiv I angebracht, da wirs Bekenntnis zum Besitz zwar z. K. nehmen, aber für mehr oder weniger „bare“ Münze halten können – selbst, wenn die plötzlichen und unerwarteten, bis gerade noch unbekannten Freunde für den Wohlstand sprechen.

… und fragte, was los sei und wer anruft.
dto.: „anrufe“

…, fragen, wie es ihm hier gefällt, ob er Probleme habe.
dto. mit Schrauben: "gefalle"

Apostroph:

… bis Frau Kramer ihn in's Haus zurückholte!
Bei gemeinhin üblicher Verschmelzung von Präposition & Artikel wird üblicherweise kein Apostroph gesetzt (wiewohl zwo Buchstaben fehlen). Konrad D. ist halt großzügiger, als man glaubt.

Gern & aufmerksam von einem gewesenen Mitläufer im Gesundheits(un)wesen gelesen

Friedel

Vielleicht ein ungerechter Hinweis auf den Arno Geiger, den Gisanne gerade liest, der aufzeigt, dass ein todernstes Thema auch komische Seiten hat …

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedel,

nun muss mich also auch vom letzten Apostroph trennen:(... schwierig, schwierig;)
Ich danke dir für dein überaus aufmerksames Lesen und hätte darauf gewettet, dass Gisanne alle Fehler gefunden hat. Schon lange bewundere ich die Kritiker, die wirklich jeden Rechtschreibfehler finden. Den Konjunktiv I übernahm ich an den von dir angezeigten Stellen. Passt besser, stimmt!

Ich freue mich auch darüber, dass von dir als ehemaligen Mitläufer im Gesundheitswesen keine wesentlichen, sachlichen Fehler in der Geschichte entdeckt wurden.

Gespenstische Grüße;) am 31.10. aus dem Norden!
jurewa

 

... nun muss mich also auch vom letzten Apostroph trennen...
, nee, muss ga' nich', sollte aber - der Duden ist großzügiger, als man glaubt,

liebe Jurewa,

hab mir übrigens gestern abend beim annageln eines Flyers wider Hallo Wien und dergleichen abergläubischen Zeugs am Tor der Schlosskirche zu Wittenberg auf'n Daumen gehauen. Zum Glück bohr ich mir damit i. d. R. nicht in'r Nase ...

Gruß

Friedel -

ein Luther & Zwingli-Verehrer

 

Du kleiner Schelm:D,

auf'n Daumen gehaun, is aber nich so schlimm, da du dir noch mit der anderen Hand an'n Po oder woanders kratzen kannst:D...

Lieben Gruß,
jurewa

 

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