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Versagen bis in alle Ewigkeit

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09.12.2001
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Versagen bis in alle Ewigkeit

Ein Looser zu sein, macht nicht unbedingt Freude. Zu wissen, dass man in beinahe allen Dingen, die einem das Leben vorsetzt, versagt hat. Am grausamsten dabei ist, von seinen begangenen Fehlern zu wissen und genauso überzeugt zu sein, dass diese auch weiterhin geschehen werden. Eine mächtige Hand, die einen immer wieder gerade dann in den Schlund der Sorgen und Ängste zieht, wenn es gerade so aussieht als ob man eine Zeit lang auf der Oberfläche ausharren könnte.
Das sind die Momente, die mich an den Rand des Selbstmordes bringen. Ein Tritt in das Gesicht, wenn man gerade dabei ist, sich wieder aufzurichten. Man fällt. Und man fällt sehr hart. Selbstvertrauen, Hoffnung auf Besserung und ein kurzzeitiges Glücksgefühl, einen Weg hinter sich gelassen zu haben, geht dabei zu Bruch.
Mindestens ebenso grausam ist die Zeit in diesem Schlund. Man bewegt und kämpft sich immer in die Richtung zum Ausgang. Währenddessen ist Leid angesagt. Man möchte wahrlich tausend Tode sterben um nicht in dieser Situation zu bleiben. Es ist ein Gefühl der Untauglichkeit, der Kontrolllosigkeit und des Schams. Man fühlt sich am Ende der Leistungskette. Enthoben von jeglichem Glanz. Beschmutzt von sich selbst. Leblos und leider doch lebendig.
Wenn man schließlich wieder bis zum am Rand des Schlunds aufgestiegen ist, kommt eben dieser Tritt. Oft früher, manchmal später. Man fällt wieder tief und hart und kämpft sich anschließend ein weiteres Mal nach oben.
Ein Kreislauf der Degeneration, der Substanz und Hoffnung nimmt. Eingesperrt in diesem System des Unglücks und der Unnahbarkeit. Etwas, das seine eigenen Regelmäßigkeiten und Bestimmung besitzt. Schier unmöglich, daraus auszubrechen. Man glaubt daran, für immer in dieser Maschine verdammt zu sein. Für immer zu leiden, diesen geistigen Schmerz und die Enttäuschung über sich selbst ertragen zu müssen.
Selbst die scheinbar glücklicheren Momente am Rande des Abgrunds sind dann nur Heuchelei im Blickfeld der eigenen Person. Situationen sich stark zu machen, in einem Kreislauf, dem man immer unterlegen sein wird.
Es hilft kein Schöngerede. Man wird immer versagen bis in alle Ewigkeit, wenn man einmal darin gelandet ist. Das Programm ist eingespeichert im eigenen Kopf. Es läuft immer, für immer. Nur darauf ausgerichtet, sich im eigenen Blut treiben zu lassen.
Wie man sich darin verfangen kann?
Man wird darin geboren.
Irgendwann wird man von der Maschine nicht mehr in Ruhe gelassen. Es wird einem jederzeit deutlich, wie tief man in seinem Blut watet. Der nächste Tritt wird kommen. Das weiß man und man fürchtet es. Als Mensch ist man darauf abgestimmt, Dinge zu tun, die auch dem eigenen Geiste gut tun. Doch das System hat eine Rückkopplung eingebaut, die jegliches Glücksgefühl durch den Aufenthalt im eigenen Hass neutralisiert.
Dabei sind die Regeln und das Verhalten so deutlich ausgehandelt: Man leidet nur noch. Und wenn man nicht leidet, dann wartet man darauf, wieder zu leiden - und das schmerzt.
Ich ziehe mir diese blutenden Wunden zu. Es ist mein eigenes System. Ich habe den Schlund mit seiner Wut auf mich kreiert. Ich bin das System. Ich versage. Bis in alle Ewigkeit.

 

Irgendwie fehlt mir hier die Handlung. Das scheint keine Geschichte zu sein, sondern eher der Gedankenstrang eines namenlosen Protagonisten. Schade, dass keine Handlung vorhanden ist die zeigt, wie dieser mit seinen Gedanken umgeht, zu welchen Konsequenzen sie ihn führen.

Oder kommt da noch etwas nach?

Gruss
P.

 

Hallo Masterplan!

Dadurch, dass keine Handlung vorhanden ist, finde ich, dass die Kategorie "Philosophisches" sehr zutreffend ist.

Wäre natürlich dennoch schöner gewesen, wenn sich gezeigt hätte, wie der Protagonist mit seinen Gedanken umgeht; da muss ich Pipilasovskaya zustimmen.

Jedenfalls ist die Geschichte stilistisch gut geschrieben und fehlerfrei.

Die dramatischen Gedanken finde ich interessant beschrieben.

Michael

[Beitrag editiert von: Michael am 27.03.2002 um 13:59]

 

Hallo masterplan,

gut geschrieben. Aber während des Lesens hatt sich in mir Widerstand gegen die negativen, destruktiven Gedankengänge deines Protagonisten gebildet. Unter Beibehaltung dieser Grundeinstellung muß man schon vom Glück überfahren werden, um eine Änderung im Leben zu erreichen. Mit dieser Einstellung wird dein Protagonist vieles nicht tun, was ihm aus seiner Situation heraushelfen würde; weil es ja sowieso nutzlos ist. Der "Looser" begreift nicht, dass er sich sein System selbst geschaffen hat und er es folglich auch selbst ändern kann: er hat im Grunde resigniert und verstärkt oder kreiert jetzt alles Negative, weil er darauf wartet.
Anzusetzen wäre bei der Erkenntniss, dass er nicht hineingeboren wurde in diese Situation, sondern sich irgendwann darin verfangen hat. Später, weit nach der Geburt.

Jemand müsste deinem Protagonisten mal die Augen öffnen, ihm erklären, dass ein halbleeres Glas auch als halbvoll bezeichnet werden kann.
Ein Beitrag der Widerspruch provoziert.

Gruß vom querkopp

[Beitrag editiert von: querkopp am 28.03.2002 um 00:50]

 

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