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Verregnet

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25.09.2018
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Anmerkungen zum Text

Ich freue mich über konstruktive Rückmeldung. Herzlichen Dank!

Verregnet

Verregnet

Er geht mit dem Regen spazieren. Von der Haustüre begleitet er ihn ins Tal, wo die Felder ins Dorf münden. Tropfen trommeln auf seinem Kopf als würden sie ihn nur anfeuern. Pfeifende Pirouetten um Matschlöcher. Wenn er hineinspringt, dann schimmern sie, blau, grün, grau, wie die Augen seiner Oma, je nach Lichteinfall und je näher das Dorf rückt, desto höher werden die Zäune. Nur der Regen verschafft sich ungefragt Zutritt, umfließt Absperrungen, Hecken, marode Hausmauern. Zerstört aber meint es nicht böse und keiner schimpft. Tropfen tanzen auf dem Asphalt hin- und her, um dann zischend im Untergrund zu verschwinden, unentschlossene Grasbüschel auf dem Weg mitzureißen und zu verdampfen. Wie gerne wäre er mitgetrieben.
Die Schule hat schon lange begonnen. Er wird es auf den Regen schieben. Und dem Regen, dem ist keiner böse.

Die Stadt ist menschenleer. Ein Drittel der Menschen ist in der Arbeit, ein Drittel in der Schule und das andere ein Drittel hat Angst vor dem Regen. Wie eine Entschuldigung, die immer zählt. Nur die weißen Bettlaken schaukeln regenschwer über den Gassen. Was wäre, wenn man das Prinzip Schwerkraft nicht verstehen würde? Wenn der Regen plötzlich die Seiten wechseln würde? Wenn es nach oben statt unten regnen würde, unendlich ins Weltall, statt endlich in muffelige Rohre. Die Lacken würden wie hysterische Stiefmütter nach oben zetern. Ob die Erwachsenen dort unten im Trockenen weniger aufgewühlt wären? Aber der Regen hält wie sie an den Dingen fest, die immer schon so waren. Von oben nach unten. Diagonal, schon zu viel für die Regenschirmabwehr. Alles in seiner Ordnung, denkt er sich und biegt nach einer angedeuteten Rechtskurve rechts ab und folgt dem Regen durch ein verschlossenes Gatter.

Rechts, in die Kurve zwischen Beckenknochen und Hüfte kriecht der Schmerz, von ihren Knien hinaus, über das Herz, die Schläfe. Von der offenen Balkontüre aus beobachtet sie die Wäsche im Regen schwingen, wie zu einem schweren Polka. Es scheint ihr, als liefe der Regen ungehindert über ihre Stirn, die Nasespitze über das Kinn hinab. Die Polka in ihren Gedanken kommt zum Stillstand, als sie die Schlüssel in der Haustür hört. Sie ahnt, wie er im Erdgeschoss die Schuhe abstreifen würde. Dann seine Schirmmütze auf den Hacken hängen. Wie er den Anzug, scheinbar aus Regentropfen gewebt, abstreift, die Augenbrauen zusammenzieht und etwas in seinen Bart brummt. An dem Klang seiner Pantoffeln erkennt sie, welche der hölzernen Stufen er gerade nimmt. Oben angekommen wäre das Erste, was er sehen würde, die grau-nasse Wäsche. Unfähig würde er sie nennen.
Je nach dem, wie sein Tag war, würde er sie von hinten mit Vorwürfen überfallen, sie, die Beschuldigte, in flagranti erwischt. Weil sie den Regen nicht vorhersehen konnte, obwohl sie das Unwetter lange davor roch, noch bevor sie den Wetterbericht hörte.

Sie ist zu müde um sich umzudrehen, klammert die Hände um das metallene Geländer und atmete tief, die Augen geschlossen als warte sie nur den Schlag ab. Nichts konnte die Situation jetzt noch ändern. Sie summt zum Prasseln wie zu einer dramatischen Hintergrundmusik, als seine Schritte die Holzdiele vor der Schlafzimmertür erreichen. Die leise Hand auf der Klinkte. Ein Knirschen. Dann die Stille wie ein Folterinstrument. Als sich die Schritte wieder entfernen, geben ihre Knie nach.

Nachdenklich starrt sie nach Draußen. Es ist der dritte Versuch. Die Hände auf dem Gehstock geparkt, der gepackte Koffer neben ihr wie das Versprechen, es dieses Mal ernst zu meinen. Sie trinkt den viel zu heißen Tee hastig. Dieses Mal, muss es klappen. So versicherte ihr es das Horoskop, und steht schwarz-auf-weiß an ihrer Pinnwand: „Diese Woche wird Veränderung bringen“. Zumindest ist es dieses Mal nicht ihre Schuld. Könnte sie den Regen nur bezwingen. Sie wird sich den Tod holen noch bevor er sie holt. Dabei ist alles geregelt. Seit Monaten liegt der Abschiedsbrief in der Kammer hinter der Küche, zwischen Kartoffeln und Äpfeln versteckt.
Von ihren Plänen erfährt nur ihr Liebster, im Zwiegespräch zwischen Jenseits und Diesseits. Stolz wäre er, wenn er noch leben würde. Er hätte sie gehen lassen und geduldig gewartet, wie ihr Leben lang. Leerer wird die Nachbarschaft. Leere Steinhäuschen in dem leere Gesichter wohnen. Leer die Hoffnung, selbst zu entscheiden, wo die Reise gehen soll. Oder enden. Ihr Enkel entfachte den Gedanken, dass es über dem Tal noch schöner sein konnte. Wenn nicht jetzt, dann würde sie hier verrecken und verregnen.

Verwegen, fast lautlos schleicht er in sein Arbeitszimmer, noch bevor er sie begrüßt, zieht die Türe hinter sich zu und dreht den Schlüssel im Schloss um, ein, zwei, drei Mal. Dann ist alles ruhig. Das Ticken der Wanduhr spielt eine Symphonie mit dem Regen als er aus dem inneren seiner Aktentasche ein Papier fischt. Regeninfizierte Tinte fließt abwärts über das Blatt auf seinen Teakholzschreibtisch, wie schwarze Rinnsale im Moor. Nur schemenhaft ist die Schrift seines Schülers zu erkennen. 4b, kein Musterschüler, zugegeben, aber talentiert. Er pinnt den Aufsatz an die Wand, die tapeziert ist mit beschriebenen Blättern. Wäre er sein Sohn, er könnte ihn richtig fördern. Mit etwas Disziplin die Verträumtheit dosieren. Nur etwas. Er könnte ein großartiger Autor werden. Vielleicht sollte er mit ihm sprechen, nach der Stunde. Nicht mit den Eltern, er war alt genug. Er könnte Nachhilfe bekommen, Einzelstunden, hier, bei ihm Zuhause. Dann würde er auch mittags hier essen. Seine Frau hätte endlich jemanden, für den sie kochen, um den sie sich kümmern könnte. Sie würden hier zusammen am Tisch essen. Fast wie eine richtige Familie. Heute, heute, hätte er mit ihm sprechen wollen.

Für Leute, die nicht sprechen, aber lieber schreiben, bringt er die Wahrheit bis vor die Haustür. In der Fahrradtasche des Postboten zerfließen sie ins Unkenntliche: regenaufgelöste Abschiedsbriefe, Kündigungen, Liebesnachrichten, die es nie machen werden. Botschaften, die relativ werden, wenn der Himmel über dem Dorf zusammenkrachte und sich ergöße. Er flucht in den Himmel, der ihm den Tag vermieste und bekommt doch keine Antwort. Die Schuhe nass bis auf Schnürsenkel entscheidet er sich für eine letzte Runde, als die Straßenlaternen schon angehen. Er klopft an die morsche Ladentüre, wie immer zum Feierabend. Sie ist angelehnt. Im Inneren findet er nur einen Gehstock und eine Tasse kalten Tee.

 
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Hallo @Anny Peach,

willkommen hier bei den Wortkriegern!

Mir gefällt deine poetische Sprache, das liest sich zum Teil recht gut und du hast schöne Bilder drin.
Ziemlich viele Rechtschreib- und Kommafehler sind dabei, da musst du nochmal schauen,
sofort aufgefallen sind mir die Bettlacken: Laaaaaaaaaken sind das doch (habe ich in letzter Zeit häufig hier so mit "ck" im Forum gelesen: wie kommt man denn eigentlich nur darauf, das so zu schreiben, kein Mensch spricht das doch so, oder irgendwo etwa doch? :confused:) und dementsprechend sind es auch Haken, auf die man etwas hängt, und nicht die Hacken ;), aber du solltest selbst nochmal in Ruhe schauen und am besten das Rechtschreibprogramm drüber laufen lassen.

Mir gefällt die melancholische Stimmung, die du erzeugst. Davon habe ich mich beim ersten Lesen mitreißen lassen und erst beim zweiten Mal gemerkt, dass es sprachlich zum Teil ziemlich holprig ist:

Nur die weißen Bettlacken wiegen regenschwer über den Gassen nach überhaupt und sowieso.
Das Fette solltest du unbedingt streichen, das ist viel zu albern und sagt nichts aus, statt wiegen könntest du schaukeln schreiben, damit man es nicht mit dem Wiegen von Gewicht assoziiert.

Rechts, in die Kurve zwischen
Beckenknochen und Hüfte kriecht der Schmerz, von ihren Knien hinaus, über das Herz, die Schläfe, wo auch immer. Von der offenen Balkontüre aus beobachtet sie die Wäsche im Regen schwingen, wie zu einem schweren Polka.
Das Fette: siehe oben. Ansonsten sehr umständlich, wie sich der Schmerz fortbewegt. Und vllt.: … beobachtet sie, wie die Wäsche im Regen schwingt, als tanze sie eine Polka.

Der Polka kommt zum Stillstand, als sie die Schlüssel in der Haustür hört.
Die Polka. Aber die Polka hört dann nicht den Schlüssel ...
Schon im Erdgeschoss ahnt sie, wie er die Schuhe abstreifen würde. Dann seine Schirmmütze auf den Hacken hängen.
Ist sie im Erdgeschoss, oder ahnt sie, wie er im Erdgeschoss seine Schuhe abstreift?
Wie er den Anzug von Regentropfen abstreift, die Augenbrau[e]n zusammengezogen, er etwas in seinen Bart prusten würde.
Alles sehr konfus hier … Klingt, als wäre der Anzug aus Regentropfen (gewebt)
So wäre es z.B. flüssiger: Wie er die Regentropfen vom Anzug streift und mit zusammengezogenen Augenbrauen etwas in seinen Bart prustet … (oder brummt/grummelt - weil prusten klingt eher nach unterdrücktem Lachen oder Ausspucken, wenn man sich verschluckt hat …)
Seine Frau würde endlich Kochen können. Endlich sich um jemand kümmern dürfen.
Vorschlag: Seine Frau hätte endlich jemanden, für den sie kochen, um den sie sich kümmern könnte.

Ich muss jetzt hier leider aufhören mit dem Herauspicken solcher Stellen, ich würde dir raten, nochmal ganz genau durch den Text zu gehen und dich bei jedem Wort fragen, ob du es wirklich brauchst. Laut lesen am besten, dann merkst du auch eher, wenn etwas schräg klingt.

Ansonsten machst du es dem Leser (mir) nicht ganz einfach, sich zurechtzufinden. Das ist ja auch per se nicht schlecht. Mir ist es am Ende etwas zu viel des Nichtganzzurechtfindens - aber vielleicht liegt das ja auch wirklich nur an mir. Mal sehen, was andere dazu sagen.
Ich lese das so, dass du vier Protagonisten hast. Und den Postboten noch. Als erstes den Jungen, der durch den Regen spaziert und die Schule schwänzt, dann eine Frau, die unter ihrem Mann leidet, der gleichzeitig Lehrer des Jungen ist, dessen Oma krank ist und sich vermutlich das Leben nehmen will. Alle haben irgendwie verpasst, miteinander zu reden, oder können es nicht. Der Junge kommt wahrscheinlich aus einem verkorksten Elternhaus (oder wohnt bei seiner Oma?), ist aber ein Schreibtalent, der Lehrer und seine Frau haben keine Kinder, leiden darunter und haben sich jeder in seine eigene Welt zurückgezogen. Und die Oma hat wahrscheinlich einen Laden oder wohnt in einem ...
Für mich wäre die Geschichte stärker, wenn du an einigen Stellen deutlicher werden würdest. Nicht bis ins klitzekleinste Detail, aber so, dass man etwas weniger rätseln muss. Zuerst hatte ich zum Beispiel die Oma und die Lehrerfrau als eine Person gelesen, dann passte aber alles gar nicht mehr, und die Ladentüre wusste ich überhaupt nicht einzuordnen.
Also: für mich könnte das eine wirklich berührende Geschichte werden, wenn du noch etwas dran schraubst.

Beim letzten Absatz habe ich den Eindruck, du bist während des Schreibens schon irgendwie eingeschlafen ;), da sind massenhaft Rechtschreib- und Grammatikfehler drin:

Für Leute, die nicht sprechen[,] aber lieber schreiben, bringt er die Wahrheit bis vor die Haustür. In der Fahrradtasche des Postbod[t]en zerfließen sie ins [U]unkenntliche: regenaufgelöste Abschiedsbriefe, Kündigungen, Liebesnachrichten, die es nie machen werden. Botschaften, die relativ werden, wenn der Himmel über dem Dorf zusammenkracht[e] und sich ergießt [oder: zusammenkrachte und sich ergösse]. Er flucht in den Himmel, der ihn[m] den Tag vermieste. Die Schuhe nass bis auf Schnürsenkel entscheidet er sich für eine letzte Runde, als die Straßenlaternen schon angehen. Er klopft an die morsche Ladentüre, wie immer zu [zum oder am] Feierabend. Sie ist angelehnt. Im Inneren findet er nur einen Gehstock und eine Tasse kalter[n] Tee.
[Vorschlag: Die Schuhe sind nass bis auf die Schnürsenkel. Als die Straßenlaternen angehen, entscheidet er sich für eine letzte Runde.]

Ich hoffe, das hilft dir erstmal weiter, und ich finde, da kannst du auf jeden Fall noch mehr rausholen.

Liebe Grüße von Raindog

 

Raindog, vielen, herzlichen Dank für deine ausführliche Rückmeldung, großartig! Ich muss gestehen, dass ich mein ganzes Leben an einer hartnäckigen Lese-Rechtschreibstörung leide, aber ja, laut lesen hilft, danke für die Hinweise.

Eine Frage, die ich mir stelle: würde es dir als Leser helfen, wenn die Personen genauer beschrieben wären oder mit Namen genannt? Das Schematische ist ja bis jetzt gewollt, aber verwirrt den Leser vielleicht zu sehr.

 

Hallo @Anny Peach,

würde es dir als Leser helfen, wenn die Personen genauer beschrieben wären oder mit Namen genannt?
Ja, mir persönlich würde das helfen, mich in der Geschichte zurechtzufinden. Aber ich kann da ja nur für mich sprechen - andere ticken anders.
Leider hast du ja bis jetzt noch keine weiteren Rückmeldungen bekommen. Vielleicht liegt das u.a. auch daran, dass du die paar konkreten Fehler, die ich schon genannt habe, noch nicht verbessert hast. Du kannst unten auf den Link Bearbeiten gehen und den Text verändern.
Wenn du Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung hast, dann nutzte doch als allererstes die Rechtschreibeprüfung von Word, und vielleicht hast du auch in deinem Bekanntenkreis jemanden, der deine Texte korrekturlesen kann .

Viele Grüße von Raindog

 

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