Hallo Peasha,
Herzlich Willkommen im Forum!
Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich Leute in deinem Alter sehe, die sich hier anmelden und Geschichten posten. Nicht, dass ich denke, es wäre so ungewöhnlich, dass man mit 14 schon anfängt zu schreiben. Aber sich zu trauen, ein Werk öffentlich zu machen, ist ja noch mal etwas ganz anderes. Also Hut ab!
Trotzdem werde ich bei dem Kommentar zu deiner Geschichte die gleichen Maßstäbe anlegen und die gleiche Kritik anbringen, die ich bei einer erwachsenen Autorin auch anbringen würde. Ich denke, davon hast du mehr, als wenn ich mich wegen deines Alters zurückhalten würde.
Aber vorher will ich noch sagen: Lass dich von der Kritik nicht entmutigen! Das ist jetzt noch keine Horrorgeschichte, bei der ich mir vor Spannung auf den Nägeln kaue und die mich nicht einschlafen lässt. Aber das ist auch kein Wunder, denn bis man sowas hin bekommt, ist es ein langer Weg. Und jemand, der gerade erst mit dem Schreiben anfängt, wird das in den seltensten Fällen erreichen. Dass du jetzt schon angefangen hast, bedeutet immerhin: Du hast einen großen Vorsprung gegenüber Leuten, die erst später anfangen zu schreiben.
Am besten betrachtest du die Geschichte als eine Art Trainingslauf. Das war jetzt noch keine sportliche Höchstleistung - aber die kann man auch nicht erbringen, ohne vorher zu trainieren.
Deine Geschichte ist schnell zusammengefasst: Jemand fühlt sich von einer Freundin hintergangen, ermordet sie aus Rache und begeht dann Suizid. So eine Handlung hat natürlich sehr viel Potenzial für eine spannende, dramatische Geschichte. In der Form, wie sie hier erzählt ist, fehlt ihr aber aus meiner Sicht die Spannung. Die Hintergründe, also das, was zu der Tat geführt hat, sind nur angedeutet. Und obwohl der Erzähler ja eigentlich sehr aufgewühlt sein muss, wirkt die Geschichte sehr distanziert, die Emotionen kommen nicht gut rüber - weder die Wut des Erzählers noch die Angst des Opfers. Man weiß als Leser zu wenig, um sich in die Szene hineinzuversetzen. Wenn du eine überarbeitete Version der Geschichte schreibst, denke ich, es wäre wichtig, dass du dir mehr Zeit lässt. Diese angedeuteten Erinnerungen, dieser Vertrauensbruch, über den der Erzähler so wütend ist, das müsste auf jeden Fall deutlicher werden, worum es da eigentlich geht.
Ein paar Detailanmerkungen zum Text:
Sie sagte, sie stände hinter mir, würde mich unterstützen, wenn dieser Tag kommt.
Puh, irgendwas stimmt da nicht. Ich kann dir nicht garantieren, dass ich da richtig liege, aber meinem Gefühl nach müsste es heißen: Sie hatte gesagt, sie würde hinter mir stehen, würde mich unterstützen, wenn dieser Tag kommt. Du erzählst die Geschichte ja schon in der Vergangenheitsform, und das Gesagte liegt aber noch weiter zurück, deshalb Vorvergangenheit. Die Feinheiten des Konjunktiv-Gebrauchs kann ich nicht wirklich erklären, einigen wir uns mal auf: so klingt es besser.
Die Bilder der letzten Tage erschienen vor meinem inneren Auge und eine gewaltige Wut pochte in mir.
Wenn du dich mit der "Theorie" des kreativen Schreibens beschäftigst, wirst du früher oder später auf den Satz
"Show, don't tell" stoßen (also zeige, statt zu erzählen). Hier ist ein gutes Beispiel, was damit gemeint ist. Wenn du nur sagst: der erinnert sich an etwas, und das macht ihn wütend, dann nimmt das der Leser zwar zur Kenntnis, aber er kann noch lange nicht nachvollziehen oder mitfühlen, wie es der Figur in deiner Geschichte wirklich geht. Statt diesem Abstrakten "Bilder der letzten Tage erschienen vor meinem inneren Auge" wäre es eben zum Beispiel gut, diese Bilder zu
zeigen, zu beschreiben, woran er sich da eigentlich erinnert. Und bei Gefühlen ist es oft besser, wenn du anstelle einer reinen Nennung eines Gefühls ("gewaltige Wut") beschreibst, wie sich das anfühlt, was das bei der Figur auslöst. Wut könnte sich zum Beispiel durch pochende Schläfen äußern, oder dadurch, dass jemand unwillkürlich eine Faust ballt. Auch Vergleiche und sprachliche Bilder sind oft ein gutes Mittel, um Gefühle zu transportieren (also z.B. nicht bloß: ich war wütend, sondern so was wie: in mir tobte ein Gewitter).
"W-Was wird das? Tu nichts Unüberlegtes, sonst wirst du es noch bereuen!" "Halt die Klappe, du weißt genau, warum ich hier bin."
In Dialogen ist es empfehlenswert, immer einen Absatz zu machen, wenn der Sprecher wechselt. Dann hat es der Leser leichter, dem Gespräch zu folgen und behält besser im Blick, wer gerade spricht.
"Ich will dich das selbe Leid spüren lassen, welches du mir zugefügt hast.
Dialoge in Geschichten sind eine Kunst, es ist richtig schwer, die "echt" klingen zu lassen. Hier klingt das ein bisschen so, als ob der Erzähler auf einer Theaterbühne steht - denn im normalen Alltagsleben benutzt man "welches" ja eigentlich nicht als Pronomen, höchstens als Fragewort. (Also: Welchen Kuchen soll ich vom Bäcker mitbringen? aber eher nicht: Das ist der Kuchen, welchen ich gestern gegessen habe.)
Dieser Satz würde aus meiner Sicht "besser", also eher wie gesprochene Sprache klingen, wenn er sagen würde: "Ich will, dass du genau so leidest wie ich".
Du wusstest, wie schwer mir das alles fiel und du kleines Miststück hast mich fallen gelassen!", zischte ich bedrohlich.
Solche Wörter wie "zischte", "knurrte" und was es sonst noch so alles gibt, sollte man vermeiden. "Sagte" ist in den allermeisten Fällen das richtige Wort für alles, was in Dialogen passiert. Und auf solche beschreibenden Worte wie "bedrohlich" kannst du auch so gut wie immer verzichten - dass etwas Bedrohliches gesagt wurde, sollte aus dem, was die Figur sagt, schon hervorgehen. Solche Sachen wirken ganz schnell unfreiwillig komisch.
"Stehen bleiben.", meinte ich ruhig
Bei Dialogen fällt der Punkt vor den Ausführungszeichen weg, wenn der Satz danach noch weiter geht (
www.wörtlicherede.de).
》Ich habe das alles nie gewollt. Es tut mir Leid.《
Da müsstest du noch richtige Anführungszeichen einfügen.
Ich hatte das getan, was getan werden musste und so konnte ich endlich in Frieden sterben.
Geschichten, die in der ersten Person, also der Ich-Perspektive erzählt werden, haben einige Vorteile. Man befindet sich die ganze Zeit quasi im Kopf einer Figur, bekommt alle Gedanken und Emotionen mit, und sieht die Welt aus einer bestimmten Perspektive. Je nachdem, was man mit einer Geschichte erreichen will, kann das ein sehr effektives Werkzeug sein. Es gibt aber auch Dinge, die in einer solchen Geschichte nicht gut bzw. überhaupt nicht funktionieren. Und eins davon ist: wenn der Erzähler das Ende der Geschichte nicht überlebt. Wie soll der denn die Geschichte erzählt haben? Als Geist? Klar, könntest du sagen, ist ja eine Horrorgeschichte. Aber aus meiner Sicht ist das echt ein literarischer Fehltritt. Es ist noch mal was anderes, wenn die Geschichte im Präsens erzählt ist. Aber Präteritum + Ichperspektive + Tod des Erzählers geht einfach mal aus logischen Gründen nicht.
Ich hoffe, du kannst damit was anfangen. Es ist immer empfehlenswert, sich anzuschauen, wie andere Autoren bestimmte Dinge machen, also du findest im Forum sicher viele Anregungen, wenn du dir ein paar Geschichten unter Spannung und Horror und auch die Kommentare dazu durchliest. Und dann kannst du diese Geschichte überarbeiten, auf die Hintergründe stärker eingehen und die Gefühle der Figuren stärker herausarbeiten. So eine zweite Runde der Arbeit an einer Geschichte lohnt sich auf jeden Fall. Es ist meistens sehr mühsam und macht nicht so viel Spaß wie das Schreiben der ersten Fassung, aber du lernst unheimlich viel dabei.
Grüße von Perdita