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Verlorene Stadt

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21.04.2015
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Verlorene Stadt

Javier sitzt am Schreibtisch und starrt durch die Gitterstäbe. Die Wachmänner am Haupttor waren eben hier und haben einen weiteren Bus mit acht neuen Insassen angekündigt. Schon wieder acht mehr. Nach vierhundert hätte Schluss sein sollen, so hatte es die Regierung versprochen. Nun vibriert das alte Mauerwerk vom Stimmengewirr der zahllosen Menschen, die hier gefangen sind. Man schätzt sie auf zweitausend. Javier lässt diese Zahl einfach stehen, er weiß es nicht besser. Letzte Woche wollten sie Pablo von einem der Boten rausholen lassen, er hatte seine Zeit abgesessen. Doch sie konnten ihn nicht finden. Die engen Gassen und feuchten Mauern – sie haben ihn einfach geschluckt.
Pablo ist nicht der erste, der verschwunden ist. Anfangs hat Javier das nicht hinnehmen wollen, hat seine Kollegen fassungslos angesehen, wenn sie nur gleichgültig mit den Schultern zuckten. „Da drinnen herrschen andere Regeln, amigo!“, sagten sie mit stumpfen Augen und wandten sich wieder ihrem Papierkram zu.
Javier denkt an seine Frau und Tochter, die zu Hause auf ihn warten. Das Dach ihrer Hütte ist undicht und er braucht Werkzeug. Werkzeug kostet Geld und das verdient er nur, wenn er diesen Job behält.
Das Ächzen des riesigen Eisentores holt Javier zurück. Er zieht an seiner Zigarette, steht auf und streicht die Uniform glatt. Nacheinander werden die Häftlinge hereingeführt. Sein Kollege setzt sieben auf die Bank an der Wand und holt immer einen nach vorne, damit Javier ihn registrieren kann. Das übliche Prozedere – persönliche Daten, Grund und Dauer der Haftstrafe vermerken und Fingerabdrücke nehmen. Dann gnade ihnen Gott.
„Wie heißt du?“ Der Mann steht mit nach vorne gebeugten Schultern und zitternd vor Javier und hebt nur kurz seinen Blick, um zu antworten. „Carlos Maria Gonzales.“
„Warum sind Sie hier, Carlos?“
„Bewaffneter Raubüberfall.“
„Haben Sie irgendwelche Tätowierungen?“
Der Mann krempelt sein Hemd hoch. „Das ist der Name meiner Tochter.“ Ein kurzes Leuchten in seinen Augen. „Sie ist gerade zehn geworden.“
Javier nickt und holt die Tinte und den Aufnahmebogen für die Fingerabdrücke aus der obersten Schreibtischschublade.
„Drücken Sie bitte den Daumen auf das Kissen. Danke, und nun hier …“ Javier rollt den Daumen auf dem Papier ab. „Zeigefinger bitte!“
Als sie fertig sind, erklärt sein Kollege dem Neuen die Regeln. „Wir bringen dich jetzt bis zur Schleuse, das Tor, das nach drinnen führt. Von dort an bist du auf dich allein gestellt. Deine Frau und Tochter können dich besuchen, aber überlege dir das gut, es ist gefährlich für sie. Vor allem, weil du neu bist. Am Tor wird dich einer der Delegados abfangen und zu Juan Cristobal de Fuentes bringen, er hat das Sagen. Er wird entscheiden, was mit dir passiert. Wir können dir nicht helfen, wir haben klare Regeln und eine davon heißt: Wir kommen nicht zu euch rein! Kapiert?“
Carlos nickt. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn und sein Brustkorb senkt sich hektisch auf und ab. Javier sieht die Angst in seinen Augen. Das passiert mit allen. Die härtesten Männer sind in diesem Raum in sich zusammengeschrumpft. Es ist ein kranker Ort. Ein kranker Ort mit einem Ruf weit über die Mauern hinweg. Jeder, der hier ankommt, pisst sich fast in die Hosen, weil er weiß, er ist in der Hölle gelandet.

***​

Carlos folgt dem Wachmann durch ein Labyrinth verschachtelter, enger Gänge. Plötzlich sieht er das Tor vor sich. Dahinter hunderte von Menschen. Zum Großteil sind es Männer, aber auch Frauen und Kinder laufen ziellos umher. Es stinkt nach Schweiß, Urin und fauligem Essen. Carlos sehnt sich nach tröstenden Worten, die ihm der Wachmann mit auf den Weg gibt. Aber der sieht ihn nicht einmal an. Er dreht den Schlüssel im Schloss, zieht an der schweren Gittertür und schiebt Carlos hindurch auf die andere Seite.
Er läuft ein paar Schritte. Alles, bloß nicht mitten auf dem Innenhof anhalten. Wo soll er hin? Carlos sieht niemandem ins Gesicht, mit gesenktem Kopf läuft er auf den kleinen Brunnen zu, der in der Mitte des Platzes steht. Er lehnt sich an die warmen Backsteine und mustert seine Umgebung. Von dem Hauptplatz führen schmale Wege zu den Häusern, er kann verwinkelte Treppen und Stockwerke erkennen, die zu beiden Seiten in die Zellen führen. Über dem Eingangstor führt ein Balkon an der Fassade entlang. Mehrere Männer lehnen am Geländer, reden miteinander, manche zeigen sogar auf ihn. Einer von ihnen löst sich aus der Gruppe, steigt gemächlich eine hölzerne Treppe hinunter, die unter seinem Gewicht ächzt, und läuft direkt auf Carlos zu.
„Komm mit!“ Carlos folgt ihm ohne Widerworte. Der Kerl vor ihm trägt einen schwarzen Trainingsanzug und einen Ausweis um den Hals. Er ist einer der Delegados. Er führt Carlos die Treppe hinauf und durch eine Tür, die vom Balkon in eine Art Büro führt. Die Wände sind roh, Risse im Mauerwerk sind mit Spachtelmasse aufgefüllt, eine Wand ist gestrichen. Dunkelrot. Carlos muss an getrocknetes Blut denken und sein Herz schlägt schneller.
„Stell dich hier hin!“ Vor ihm steht ein massiver Schreibtisch aus Holz. Dahinter sitzt ein behäbiger Mann mit einer abgedunkelten Brille. Er trägt saubere Kleidung und goldene Ringe an den feisten Fingern. Carlos nickt ihm zu.
„Willkommen in San Pedro.“ Der Mann breitet lächelnd seine Arme aus. „Ich bin Juan Cristobal de Fuentes. Du bist …“ Er nimmt ein Blatt von seinem Schreibtisch und überfliegt die Zeilen. „Carlos. Bewaffneter Raubüberfall. Bueno. Kein Killer, unser Carlos. Kein Kinderficker. Bist du ein Junkie? Zeig mir deine Arme!“
Carlos zieht sein Hemd aus und zeigt ihm seine Arme. Juan lacht. „Braver Junge. Naja, was nicht ist, kann ja noch werden.“ Er lacht lauter und sieht sich im Raum um. Zwei Delegados stehen in der Ecke des Raumes und verziehen die Gesichter. Sie sehen aus wie Hyänen. Carlos hält den Blick gesenkt.
Juan sieht wieder auf das Blatt Papier, das vor ihm liegt. „Was machen wir denn mit dir, Carlos? Wieviel Geld hast du bei dir?“
„Fünfhundert Bolivianos“, flüstert Carlos.
„Sprich lauter, verdammt!“ Juan haut mit der Faust auf die dunkle Holzplatte.
„Fünfhundert.“
„Das ist nicht viel, amigo. Aber wenn du nicht blöd bist, kannst du dir was dazu verdienen. Wir werden sehen. Jorge hat für dich ein gutes Wort eingelegt. Qué suerte! Du wirst dir mit ihm die Zelle teilen. Fünf Bolivianos pro Tag. Vorauszahlung für einen Monat. Bezahlen wirst du bei den beiden da drüben, sie führen dich dann auch in deine Zelle. Venga, bringt mir den nächsten!“
Carlos zieht sein Hemd wieder an und geht zu den beiden Delegados. Er bezahlt hundertfünfzig Boliviano, sie tragen seinen Namen, den Betrag und Sección Alamos in eine Tabelle ein und führen ihn aus dem Zimmer.

***​

Juan sieht dem Mann hinterher und schüttelt mit dem Kopf. Der wird es nicht lange machen! Seine Unterkunft bei Jorge ist nicht die schlechteste hier, das Viertel ist zumindest nicht von Junkies belagert, aber der Typ ist schwach. Draußen ist er vielleicht eine harte Nummer, aber hier drinnen hat er ihn förmlich winseln hören.
Juan winkt einem seiner Leute zu. „Ich will kurz auf’s Dach, bevor der nächste kommt. Was treiben die da oben eigentlich so lange?“ Er hievt sich aus dem Sessel und tritt hinaus auf den Balkon. Betrachtet die kleine Stadt, die sich unter ihm ausbreitet. Lebenslang wird er hier sitzen. Für vier nichtsnutzige Schlampen. Früher oder später wären die sowieso krepiert.
Es ist gar kein schlechter Tausch gewesen. Die erste Zeit war hart, aber die richtigen Beziehungen und seine Skrupellosigkeit haben ihn zum König dieser Stadt gemacht. Sie sind alle Gefangene, aber sie gehören ihm. Ihm ganz allein. Er entscheidet über Leben und Tod. Juan atmet tief ein und fühlt, wie das Blut warm und pulsierend durch seine Adern fließt.
Er dreht sich um und läuft auf die steile Eisentreppe zu, die vom Balkon auf das Dach führt. Oben angekommen, winkt Juan den Architekten zu sich heran, der die Baupläne in der Hand hält. Ein Typ aus La Paz, den Juan hier antanzen lässt, seit er beschlossen hat, zusätzliche Wohnungen in seiner Stadt zu bauen. Man muss nur genug bezahlen. Plötzlich ist es kein Problem, für einen Gefängnisbaron den Architekten zu mimen. Aber bei den feinen Freunden wird davon lieber nichts erzählt. Juan verzieht angewidert den Mund und wendet sich dem Kerl zu. „Wie weit sind wir hier oben?“
Der Architekt rollt den Plan vor Juan aus. „Ich habe die Befürchtung, dass die Dächer da drüben …“, er zeigt auf die Wohnungen des Drogenviertels „El Salvador“, „… ein weiteres Stockwerk nicht halten werden. Die Bausubstanz ist alt und marode, das könnte uns alles einstürzen.“
Juan nimmt ihm die Papierrolle aus der Hand und wirft sie vom Dach. „Sie kriegen das schon hin. Dafür bezahle ich Sie schließlich, richtig?“
Dem Architekt sackt das Blut aus dem Gesicht. Hektisch nickt er. „Natürlich, ich … Da lässt sich sicher … Lassen Sie mich die Pläne noch einmal prüfen. Wir müssten dann eben die unteren Wohnungen durch zusätzliche Pfeiler stützen, damit das Gewicht sie nicht erdrückt.“
„Tun Sie das!“ Juans Lippen umspielt ein Lächeln. „Lassen Sie uns die neuen Pläne nächste Woche gemeinsam durchsehen.“ Bevor der Wichtigtuer etwas dazu sagen kann, dreht Juan sich um und läuft ein paar Schritte über das Dach. Er betrachtet die Mauern, die seine Stadt umgeben. Die Kameras, den Stacheldraht. Hört die Autos, die auf der anderen Seite entlangfahren. Er genießt den Wind, der hier oben weht. In den Gassen von San Pedro steht die Luft, das Sonnenlicht büßt seine Helligkeit auf dem Weg nach unten ein. Wenn ihm das zu viel wird, kommt er hier herauf.
Er vermisst das Leben draußen nicht. Keine Familie wartet auf ihn, Freundschaften haben schon lange ihren Wert verloren. Überleben – das ist es, worum es geht. Er stellt hier die Regeln auf, ihm gehorchen über zweitausend Menschen. Dieses Gefühl ist mit nichts vergleichbar. Tanzt einer aus der Reihe, schickt Juan ihm seine Männer. Oder er erledigt es selbst. Das Töten war schon draußen kein Problem für ihn, warum sollte es hier drinnen anders sein.
Er steigt die Treppe hinunter und beobachtet, wie ein kleines Mädchen über den Innenhof rennt. Es bleibt kurz stehen, sieht zu ihm hoch und winkt ihm zu.

***​

Selina lässt die Hand sinken und wirft einen letzten Blick auf den Mann, der oben auf dem Balkon steht, bevor sie sich auf den Weg zu ihren Eltern macht.
El rey de los perdidos nennt ihre Mutter ihn. Er steht oft dort oben und sieht auf sie hinunter. Sei immer nett zu ihm, mi querida, hat Mama ihr eingeflößt. Selina hält sich daran. So wie sie sich an alle Regeln hält, die ihre Eltern sie Tag für Tag wiederholen lassen. Immer dann, wenn sie sich auf den Weg macht, die Bestellungen auszuliefern. Die Backwaren, die ihre Mutter für die Menschen hier herstellt. Selina sieht ihr gerne dabei zu. Den Ofen hat Papa durch Beziehungen zu den Delegados bekommen. Er ist jedoch alt und geht oft einfach aus und Mama flucht dann laut vor sich hin. Wenn sie sieht, dass Selina sie beobachtet, hält sie ihr erschrocken die Ohren zu.
Dabei hört Selina viel schlimmere Dinge als die Flüche ihrer Mutter. Die Männer in den Gassen benutzen schmutzige Worte, wenn sie an ihnen vorbeirennt. Einmal hat einer sie festgehalten und sie in eine Ecke gedrängt. Er hat ihr unter den Rock gefasst und sie gezwungen, sein Ding anzufassen. Sie hat sich gewehrt, aber dann kam ein zweiter Mann dazu und hat ihr ein Messer an die Kehle gehalten. Da war sie lieber still. Die Männer haben gestunken. Nach Schweiß und Scheiße. Selina wollte den Dreck von sich abwaschen, aber sie haben nur das tropfende Waschbecken in ihrem dunklen Zimmer. Da ist sie zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Sie hat es ihren Eltern erzählt. Papa hat sich die Augen gerieben und Selina fest an sich gedrückt.
Selina will stark sein. Sie stellt sich vor, es gäbe eine unsichtbare Mauer zwischen ihr und diesen Männern und egal, was sie ihr antun, es berührt sie nicht wirklich. Die Mauer beschützt sie.
Mama und Papa versuchen ihr Bestes. Papa hat vor Jahren einen Supermarkt überfallen. Er wollte ihnen mit dem gestohlenen Geld Essen kaufen. Aber sie haben ihn erwischt. Und weil Mama und sie alleine auf der Straße nicht überleben können, sind sie nun mit Papa hier. Hinter den Mauern, versteckt vor den Menschen da draußen.
Selina packt ihren Beutel mit dem Brot fester und rennt in die Gasse, die nach Alamos führt. Hier ist es nicht ganz so dreckig wie ein paar Seitenstraßen weiter, wo die Männer mit offenen Augen in den Ecken liegen. Selina hat schon ein paar Mal gedacht, sie seien tot, aber dann holen sie plötzlich schlagartig Luft und Speichel rinnt ihnen am Kinn herunter. Manche von ihnen sitzen mit leeren Augen auf dem kalten Steinboden und schreien. Mama sagt, die Männer nehmen weißes Teufelspuder. Sie sagt, Selina darf ihnen nicht zu nahe kommen. Daran hält sie sich.
Sie biegt um die Ecke und klopft an die blaue Holztür, hinter der Stefan wohnt. El alemán. Selina findet ihn unheimlich, aber Papa sagt, er ist okay. Er kann schöne Dinge aus Holz bauen. Papa und er helfen sich gegenseitig. Ihr Bett ist von Stefan. Dafür kriegt er jede Woche einen Laib Brot. Sie klopft noch einmal und die Tür öffnet sich einen winzigen Spalt. Stefans Blick huscht über Selina hinweg in die Gasse hinter ihr.
„Danke dir, Kleines“, flüstert er, „und jetzt mach, dass du nach Hause kommst!“ Er knallt die Tür zu und Selina hört, wie er mit dem Hammer auf ein Stück Holz einschlägt.

***​

Die haben echt Nerven! Kinder hier reinzubringen! Stefan will gar nicht wissen, was die Kleine, die ihm jede Woche sein Brot bringt, schon alles durchmachen musste. Jedes Mal wird er wütend, wenn er sie sieht. Was sind das für Eltern, die ihre Kleinen in so eine Hölle stecken? Das hier ist kein Ort für Kinder.
Er schlägt einen Nagel ins Brett und sieht aus dem kleinen Fenster über seiner Matratze. Stefan hat die Gasse immer im Blick. Er weiß, was passiert, wenn es dunkel wird. Deshalb hat er seine Zelle gesichert. Er hat eine Art Schloss gebaut, ein Brett, das er jede Nacht vor seine Tür nagelt. Das hat ihm schon zweimal das Leben gerettet. Während sie die Tür eintraten, konnte er nach dem Messer greifen.
Am liebsten ist er allein. Die Wände seiner Zelle sind feucht und es fällt kaum Licht in den Raum. Als Toilette dient ihm ein Plastikkanister, den er nachts einfach aus dem Fenster hält und ausschüttet. Es stinkt nach Holz, Schimmel und Urin. Stefan geht trotzdem selten hinaus. Setzt er einen Fuß vor die Tür, rast sein Herz und er bekommt kaum noch Luft. Dieser Ort drückt ihm den Brustkorb zusammen. Er sieht sie hinter jeder Ecke lauern. Sie wollen sein Geld, sein Holz, sein Werkzeug. Seine einzige Chance, hier zu überleben. Lächeln ihm ins Gesicht und warten nur auf den passenden Moment, um ihn zu beklauen.
Nicht mit ihm, nein, er hat gelernt, sich zu verteidigen. Verschiedene Waffen hat er sich gebaut und er wird sie benutzen. Nach dem ersten Mal konnte er es nicht fassen. Er hat auf seine blutigen Hände gestarrt und geschrien. Aber jetzt … Jetzt ist alles anders. Sie werden ihm nicht mehr wehtun.
Zu Hause ist er Ärger immer aus dem Weg gegangen. So lange er sein Dope hatte und genug zu Essen im Kühlschrank für den Fressi danach, war alles easy. Die Reise hatten ihm seine Eltern geschenkt, zum Abi. Mit seinem besten Kumpel Tim quer durch Südamerika, geile Sache!
Er hat gewusst, dass sie hier hart mit Leuten wie ihm umgehen. Hatte das Zeug fett in Alufolie eingewickelt und in einem Päckchen Kaffee in seinem Koffer versteckt. Die Bullen waren schlauer.
Es raschelt vor der Tür. Stefan greift nach dem Hammer. Es klopft. Seine Arme zittern, die Augen brennen und ihm ist schwindlig. „Verpisst euch!“ schreit er, seine Stimme überschlägt sich. Er hört, wie die Schritte sich entfernen.
Wie lange schafft er das hier noch? Wie viele Jahre liegen noch vor ihm? Wie lange ist es her, seit er den letzten Brief von seinen Eltern bekommen hat? Die Delegados erpressen ihn. Briefe gegen Geld. Er hat kaum Geld, um die Zelle zu bezahlen. Wie viele Briefe liegen noch bei ihnen? Worte, die er noch nicht gelesen hat. Vielleicht nie lesen wird.
Draußen ist es wieder still. Stefan sinkt auf die Matratze und vergräbt den Kopf in den Händen.

***​

Der Typ spinnt. Völliger Ausfall. Verbarrikadiert sich in seinem Loch und denkt, so kann er hier überleben. Wenn die da reinkommen wollen, dann kommen die da rein. Belinda wollte ihm doch lediglich den Umschlag geben. Unter der Tür durchschieben geht nicht, da hat der Typ irgendwas davor gestopft. Auch nicht schlecht, so kann sie nochmal abkassieren.
Sie dreht sich um und geht durch die enge Gasse zurück zum Hauptplatz. Am Springbrunnen lungern Männer mit ausdruckslosen Gesichtern herum. Als sie Belinda sehen, blitzt etwas auf in ihren Augen. Sie rufen ihr hinterher, Anzüglichkeiten und Beleidungen, die sie schon lange nicht mehr hört. Sie macht das hier nur wegen des Geldes. Die Botengänge lässt sie sich ordentlich bezahlen – wer sich nicht selbst hineintraut, muss tief in die Tasche greifen. So wie der Anzugfuzzi, der draußen vor dem Tor wartet.
Der Umschlag war ganz feucht, als er ihn ihr vorhin in die Hand drückte. Er sei für einen Freund, hat er gesagt, sein Spanisch war gebrochen. Es sei sehr wichtig, lebenswichtig sogar. Irgendetwas von einem Anwalt hat er gefaselt, einem Anwalt in Deutschland. Belinda hat sich den Namen geben lassen, bei den Delegados nachgefragt, ihnen deren Anteil ausbezahlt und sich auf den Weg zu dem Alemàn gemacht. Aber er hat nur geschrien. Abgehackte Worte in einer Sprache, die sich nicht kennt. Deutsch vermutlich.
Sie bleibt vor dem großen Eisentor stehen und drückt auf eine Klingel. Ein Knacken ertönt aus dem Lautsprecher, dann eine verzerrte Stimme.
„Sí?“
„Soy yo, Belinda.“ Sie beugt sich noch näher zur Sprechanlage. „Macht auf, ich bin für heute fertig hier.“
Sie hört das Surren der Kamera über ihrem Kopf und tritt einen Schritt zurück, damit die Wachen sie gut erkennen. Ein paar Sekunden später rasseln Schlüssel und das Tor wird einen Spalt breit geöffnet. Belinda schlüpft hindurch und atmet auf. Da drinnen lässt sie sich nichts anmerken, aber sie ist jedes Mal wieder froh, wenn sie San Pedro verlassen kann.
Auf der anderen Straßenseite steht der Anzugfuzzi und tritt von einem Fuß auf den anderen. Sie huscht zu ihm hinüber und hält ihm den Umschlag hin.
„Er war nicht da“, sagt sie mit einem Schulterzucken.
Der Typ senkt den Kopf. „Und was jetzt?“
„Ich kann es morgen nochmal versuchen. Kostet aber extra!“
Er sieht zu ihr auf. „Wieviel?“

 

Diese Geschichte wurde von einem Autor geschrieben, der hier im Forum angemeldet ist, es für diese Geschichte aber bevorzugt hat, eine Maske zu tragen.
Der Text kann, wie jeder andere Text im Forum, kommentiert werden, nach zehn Tagen wird die Identität des Autors enthüllt.

Als Kritiker kann man bis dahin Vermutungen über die Identität des Autors anstellen. Damit man anderen mit einem schlüssigen Rateversuch nicht den Spaß raubt, sind Spekulationen und Vermutungen bitte in Spoiler-Tags zu setzen.

*Beispiel *

Ich vermute, dass der Autor der Geschichte Rumpelstilzchen ist. Der schreibt doch auch immer von güldenem Haar und benutzt so viele Ausrufezeichen!

Schreibweise:
[spoiler]Ich vermute, dass der Autor der Geschichte ... [/Spoiler]
Die eckigen Klammern setzt ihr mit der Tastenkombination Alt-gr+8 bzw. Alt-gr+9.

Da dies jedoch kein Ratespiel ist, sind Beiträge ohne Textarbeit, also reine „Vermutungen“, nicht erwünscht.

Viel Spaß beim Kommentieren und Raten!

---
Alles weitere rund um den Maskenball findet ihr hier.

 

Hallo Maske,

das nimmt ja überhand hier, so viele Maskentexte. Dolle Sache!

Dein Text beschreibt ein bedrückendes Szenario. Wenn ich es richtig verstehe, wurde da ein ganzes Stadtviertel von La Paz zum Gefängnis umfunktioniert? Hat ein bisschen was von Die Klapperschlange, aber natürlich ist dies hier kein Actionstreifen, sondern eher ein Drama.

In diesem riesigen Gefängnis haben sich die Kriminellen selbst organisiert, bis hin zu einer perversen Bürokratie (wobei die gar nicht viel perverser erscheint als die "normale", eigentlich eher als ein Spiegel dessen, was z.B. Javier in der ersten Szene zu tun hat). Ein bisschen widersprüchlich scheint die "Ordnung" da drin allerdings schon zu sein: Einerseits hat Juan das Sagen und scheint das ganze Gebilde zu regieren, andererseits scheint auf den Straßen doch ziemliche Anarchie zu herrschen, wenn kleine Mädchen Freiwild sind und man selbst im eigenen Haus (Zelle) jeden Moment damit rechnen muss, überfallen zu werden. Man sollte meinen, Juan hätte ein Interesse daran, eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten, u.a. damit die Leute effektiver für ihn arbeiten können - was auch immer das für eine Arbeit ist, die er z.B. Carlos zugedacht hat. Von irgendwas muss er ja da drin reich geworden sein, und das ist im Chaos eher schwierig.

Eine weitere Unklarheit ist bei mir die Größe dieser Anlage. Wenn Juan seinen Blick schweifen lässt, klingt das wirklich nach einem ganzen Stadtviertel, dicht besiedelt mit mehrstöckigen Häusern. Dass da nur 2000 Leute wohnen (und es sogar nur für 400 gedacht war), scheint mir nicht so richtig dazu zu passen. Aber das sind Kleinigkeiten, an sich finde ich das Szenario sehr gut ausgedacht und beschrieben.

Aber so schön ich die Idee finde, muss ich zu meinem Leidwesen sagen, dass mir die Personen und ihre Lage nicht richtig nahekommen. Den Grund kann ich schwer benennen. Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass du in einem sehr sachlichen Tonfall schreibst. Du beschreibst das Leid in Ursache und Wirkung, aber du benutzt wenig emotionale Worte dabei. Das finde ich eigentlich gut, du verzichtest auf jede Effekthascherei, und ich würde auch nicht wirklich wollen, dass du mehr auf die Tränendrüse drückst. Schwer zu sagen, vielleicht ist es meine Tagesform (besser: Abendform) als Leser.

Eine weitere Sache, die mir eigentlich gut gefällt, trägt vielleicht ebenfalls zu dieser gewissen Distanz bei: nämlich dein Wechseln von einer Person zur nächsten. Das kann ich mir schön bildhaft vorstellen, vielleicht als Eingangssequenz zu einem Spielfilm, wie die "Kamera" immer eine Szene lang eine Person beobachtet und diese dann sozusagen den Staffelstab an die nächste Person weitergibt. Das gibt einen tollen Einblick in die verschiedenen Seiten dieser eigentümlichen Welt und wie man sie in verschiedenen Rollen erlebt und bewältigen muss und wie dabei eines mit dem anderen verbunden ist. Aber vielleicht bewirkt das eben auch, dass man nirgendwo lange genug verharrt, um in einen einzelnen Menschen mal etwas tiefer hineinzublicken. In dem hypothetischen Spielfilm würde ich dann übrigens erwarten, dass die Person, bei der diese Einführungssequenz endet, dann die Hauptperson des eigentlichen Films ist und die anderen später als Nebenrollen wieder auftreten. Und dass am Ende ihre Schicksale auf ganz vertrackte Weise miteinander verwoben sind, viel stärker, als man das bei diesem Beginn vermutet. Robert Altman meets John Carpenter. Aber da geht wohl meine cineastische Fantasie mit mir durch. ;)

Also, mir gefällt die Geschichte insgesamt sehr gut, wie gesagt mit eher vorsichtiger emotionaler Anteilnahme, aber vielleicht ist das angesichts des geschilderten Elends auch ganz gut. Und so etwas ähnliches habe ich auch schon mal geschrieben unter einer anderen Geschichte meines Hauptverdächtigen

schwarze sonne, nämlich zu dem jüngst überarbeiteten und umbetitelten "Wo Lippen schürzen, Zungen schlecken, Knochen brechen". Da hast du schon mal damit experimentiert, mitten in der Geschichte so krass die Perspektive zu wechseln, und hier hast du es noch eine Stufe weiter getrieben. Außerdem erinnert mich der Sprachduktus an dich, ebenso natürlich der Schauplatz Südamerika. Und mit "el alemán" Stefan hast du dein Alter Ego gleich mit in der Geschichte verewigt. Hab ich recht? ;)
Nur die Tatsache, dass mir kein einziger Fehler aufgefallen ist, hat mich in Zusammenhang mit diesem Verdacht etwas verblüfft. (Sorry, ist nicht böse gemeint.)

Grüße vom Holg ...


PS: Erster! :lol:

 

Hallo Maske,

Ich finde es toll, dass der Maskenball derzeit eine solche Hochkonjunktur durchlebt.

Gut auch, dass du kein Stichwort verwendest. Das war ja ein großes Thema bei der letzten Diskussion rund um den Maskenball. :)

Zum Text:

Das Töten war schon draußen kein Problem für ihn, warum sollte es hier drinnen eins sein.
drinnen anders sein

„El rey de los perdidos“ nennt ihre Mutter ihn.
Hier lese ich das automatisch wie eine wörtliche Rede. Würde ich kursiv setzen.

„Sei immer nett zu ihm, mi querida“, hat Mama ihr eingeflößt.
Dto., zumal es ja in der Vergangenheit war.

Wie alt ist der letzte Brief von seinen Eltern?
Ich würde bei einem Brief nicht von Alter sprechen. Vielleicht so:
„Von wann datiert der letzte Brief seiner Eltern?“

Die Idee eines Gefängnisses in Form und Art einer kleinen Stadt gefällt mir sehr gut. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten und Personen sind gut, konnte mir direkt ein Bild von allem machen. :thumbsup:

Kleine Probleme hatte ich nur, dass ich mich nicht auf einen Prota konzentrieren konnte. (Frag mich nicht warum, aber mein erster Eindruck war, dass Javier hier die Hauptperson sein soll).

Bei den ersten Übergängen ist mir das noch nicht so sehr aufgefallen, erst, als das mit dem Winken vom Dach hinunter in der nächsten Szene auf das Hinaufwinken übernommen wurde. (Aber wäre das konsequenter durchgezogen worden, hätte auch der Architekt seine eigene Szene bekommen können. Übrigens fragte ich mich da, warum dieser immer Wichtigtuer genannt wurde).

Soll jetzt aber nicht negativ klingen, soll eher heißen: Die Einführung der Personen, das Ineinanderverflechten der Geschehnisse wäre Stoff für etwas Größeres. Stelle mir einen TV-Dreiteiler vor. :D

Hat mir gefallen. Gut gemacht.

Zehn Tage können lang sein, Amigo. (Ich schreibe Amigo übrigens immer groß, warum du nicht, Hombre?) :Pfeif:

Für mich ganz klar: schwarze sonne

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Maske,

das ist ein sprachlich gut gemachter und gut durchdachter Text, in dem ich keine formalen Fehler entdecken konnte.
Eine Geschichte ist es wohl eher nicht, es gibt keinen Anfang und kein Ende, keine sich entwickelnde Handlung mit einem Protagonisten, der in eine besondere Situation gerät und einen Konflikt durchstehen muss.
Maske, du nimmst den Leser vielmehr mit in diese traurige Welt, stellst ihm ihre Akteuere vor, lässt ihn teilhaben am quasi-normalen Ablauf dieses Viertels, das mich entfernt an eine Aussätzigenstadt früherer Zeiten erinnert. Ich bleibe Zuschauer, sehe alles wie einen Bericht, der distanziert zeigt, wer in dieser Stadt lebt. Ich begegne Javier, dem Beamten, begleite Carlos, den Neuzugang, lerne Juan, den Herrn der Stadt und Selina, das kleine Mädchen, das mit seinen Eltern hier leben muss, und endlich Stefan, den deutschen Drogenabhängigen, kennen – nacheinander, eben wie in einer Dokumentation.

Als hätte ein Reporter sie gefragt, beschreibt z.B. Selina ihre Situation:

Mama und Papa versuchen ihr Bestes. Papa hat vor Jahren einen Supermarkt überfallen. Er wollte ihnen mit dem gestohlenen Geld Essen kaufen. Aber sie haben ihn erwischt. Und weil Mama und sie alleine auf der Straße nicht überleben können, sind sie nun mit Papa hier. Hinter den Mauern, versteckt vor den Menschen da draußen.

Die Perspektive wechselt mit den Personen, hin und wieder öffnen sich mir die Personen und ich lese ihre Gedanken.
Stefan:
Wie lange schafft er das hier noch? Wie viele Jahre liegen noch vor ihm?

Gefällt mir dieser Text? Auf einer formalen Ebene: ja. Er ist – wie schon gesagt – sehr gut ausformuliert, ich bleibe beim Lesen nicht an irgendwelchen grammatikalischen, orthografischen oder syntaktischen Schwachstellen hängen. Aber mir geht es wie Holg: Ich bleibe als Leser außen vor, bin nur Beobachter, werde nicht in das Geschehen hineingezogen. Das mag daran liegen, dass der Fokus des Erzählten nicht auf einer Hauptfigur liegt, dass es keine Spannung gibt, keinen Konflikt, den ich mit der Hauptfigur durchleben kann.

Ich habe das Gefühl, dass genau das auch nicht in der Intention des Autors lag. Ihm war es wohl wichtiger, das Leben in dieser Stadt/diesem Viertel aus mehreren Perspektiven zu zeigen, so, als hätte eine Zeitung ihn beauftragt, ihren Lesern am Beispiel einzelner ein Gesamtbild vom Leben der Menschen in dieser Gefängnisstadt zu vermitteln.

Und so nehme ich diesen Text auch: Wie eine Reportage, die kühl und distanziert die Personen und die Situationen für sich selber sprechen lässt.

Mein Problem ist, dass ich das, was mir berichtet wird, nicht einordnen kann. Es bleibt für mich im luftleeren Raum. Warum gibt es dieses Viertel? Was ist sein Sinn? Diese Fragen beantwortet der Text nicht. Vermutlich deshalb kann ich mit dem Gelesenen nicht wirklich etwas anfangen. Es bewegt mich weder emotional, noch regt es mich zum Nachdenken an. Ich nehme es zur Kenntnis.

Liebe Grüße
barnhelm

Ich glaube nicht, dass es die schwarze sonne ist. Da fehlt mir (mal abgesehen von der Fehlerlosigkeit:D) Emotionalität und Aussage.


Ps: Das habe ich nicht verstanden:

Dem Architekt sackt das Blut aus dem Gesicht.

 

Hallo Maske,
in dieser Geschichte sind mir zu viele Personen, zu viele Perspektivenwechsel, sie ist zu schnell erzählt. Eigentlich beginnt die Geschichte an mehreren Stellen und jeder Paragraph könnte die Einleitung für einen Teil einer Serie oder eines Kapitels sein. Besonders gegen Schluss wird es hastig. Wie z. B steht dieser Stefan in Bezug zu den anderen Figuren. Ähnlich einsam ist die Episode mit dem Mädchen. Die könnte doch auf einen der bereits eingeführten Typen treffen, ausser dass sie bei Stefan Brot tauscht. Es sind ständig brutale Ansätze da, die nicht zum Ende kommen. Darin kann noch kein Held aktiv werden. Der einzige mehrfach Auftretende ist der Boss der Gefängnisstadt, der Anfang des Bösen. Auch, was mit Carlos weiter passiert, würde mich interessieren. Deine Typen leiden noch nicht genug.
Die Idee einer solchen Gefängnisstadt gefällt mir eigentlich. Da könnte man richtig draus was machen: Die total gesetzlose Welt. Schräge Typen und Waffenbastler. Denn dieser Stefan wird sicher mit Waffen das grösste Geschäft machen.
Sonst ist das schön und fehlerfrei geschrieben, ausser:

Das ist kein Ort für niemanden!
Das bedeutet: Das ist ein Ort für jeden.
Viele Grüsse
Fugu
Ich denke, der Autor ist männlich und unter 30 Jahren.

 

Hallo Maske,

interessiert habe ich zur Kenntnis genommen, dass zwei Menschen vermuten, dass ich diese Geschichte geschrieben habe.

Und in der Tat, deine Geschichte weist gewisse Parallelen zu meinem Barrio Blues auf. Nicht zu letzt wegen dem Namen Juan. Einen Pablo habe ich zudem in einer anderen Geschichte. Auf jeden Fall kurios.

Deine Geschichte spielt in La Paz. Einer Stadt bis zu 4200 Meter höhe und die Stadt mit der größten Population in Bolivien - aber im Vergleich zu anderen Metropolen in Südamerika nur ein kleines Dörfchen. Und so wirkt auch das ganze Land. Im Vergleich zu einigen anliegendenen Ländern sieht der Tourist tatsächlich noch die indigenen Völker auf der Straße, wenn er sich anstrengt. Ja, sie sind sehr klein.

Wie gesagt, ich habe deine Geschichte interessiet gelesen, und so war mir schnell klar, dass sie sich rund um San Pedro handelt. Das Gefägnis ist übrigens nur für 300 Häftlinge konzipiert, mittlerweile sind wohl über 2500 Hänftlinge dort. Viele Leben übrigens mit ihren Familien, den Kindern dort. Die Gesamtzahl ist meines Wissens unbekannt, spricht also für eine gute Recherche deinerseits.

Schmunzeln musste ich bei diesem Satz hier:

„Haben Sie irgendwelche Tätowierungen?“

Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich jemand die Mühe macht, und die ganzen Tatöwierungen der Leute inspiziert. Auffälig ist derjenige, der keine Tattoos am Körper trägt.

Interessant finde ich, dass der Protagonist schon für 5 Boliviano am Tag eine Unterkunft bekommt, welche nicht zu den schlechtesten gehört. Ich bin mir nicht sicher, weiß aber, dass eine der bescheideneren Unterkünfte im Monat circa 10.000 Bolivianos kosten. Wo hast du das denn her, oder ist das geraten?


„El rey de los perdidos“ nennt ihre Mutter ihn. Den dicken Mann mit den dunklen Brillengläsern.

Hier könnte man meinen, dass der zweite Satz die Übersetzung des ersten Darstellt. Generell fände ich eine übersetzung angemessen, nicht jeder kann Spanisch.


Ja, lieber Autor, liebe Autorin. Ich habe deine Geschichte interessiert gelesen und festgestellt, es gibt keine Geschichte. Und dabei bietet San Pedro und Bolivien doch so viele Möglichkeiten. Der bloße Verdacht auf Drogengeschäfte reichen aus, dass du in das Gefängnis kommst - dann musst du deine Unschuld beweisen. In dubio pro reo gilt in Sachen Drogenbuisness nicht. Warum? Liegt an den USA und ihrem Drogenkrieg. Ganz speziell am Gesetz 1008.

Auf jeden Fall wird der Präsident der Gefängnisstadt gewählt- ganz demokratisch. Bezahlt werden die Stimmen mit Kokain, Alkohol und Geld. Und das ist auch die einzige Kritik, welche ich habe: ich kann mir nicht vorstellen ,dass ein Europäer Grasschmuggeln wollte. Wer fährt denn nach Bolivien und schmuggelt Gras? Sorry, aber wenn ich Kohle machen will, schmuggel ich Kokain nach Peru oder Chile. Ich habe die Grenze schon per Landweg passiert, der Schmuggel sollte kein Problem darstellen und in Chile sind die Kokainpreise vierzig bis fünfzig Prozent höher als in Bolivien.


Insgesamt weiß ich nicht, was ich von deinem Text halten soll. Du schreibst über ein spannendes Thema, aber reißt es nur an, skizzierst es nur. Ich würde mir deine packende Geschichte wünschen, über jemanden, der tatsächlich nur Verdächtigt wird - und dann herein kommt. Jemand, der in die Drogenküche geht, der das Kokain nach draußen schmuggelt (Kokain ist die Haupteinnahmequelle der Insassen, aber wer bringt es raus?) - keine Ahnung, irgendwie sowas. San Pedro bietet so viel, mach was draus!

Ich glaube hinter der Maske verbirgt sich Ronnie , aber ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung

Also interessiert und gerne gelesen, aber noch nicht für gut befunden, mir fehlt einfach die Geschichte.

Beste Grüße,

Sonne

 

Hola Maske,

tolle Geschichte!
Ja – toll, wenn auch nicht im theoretischen Korsett einer ‚typischen Kurzgeschichte’.
Aber vielleicht hat mich Dein Text gerade deshalb angesprochen. Es musste nichts konstruiert werden, und anderer, oft als unentbehrlich eingestufter Grundzutaten einer KG bedurfte es auch nicht.
Klar und überzeugend kommt der Text herüber, verzichtet auf Überflüssiges, allzu Gefühlsbeladenes und hat’s auch gar nicht nötig. Da das Leben die wirklichen Dramen schreibt, und die Direktheit Deiner Sprache viel eindringlicher ist als ein eitler, literarischer Aufschrei, hat mich Deine maskierte Geschichte echt berührt. Nur ein Leben zu haben und zuschauen zu müssen, wie es den Bach runter geht, ist bitter.
Und der reale Hintergrund gibt Deinem Text Tiefe und Glaubwürdigkeit – wie auch der Verzicht auf die Darstellung grausamer Szenen. Nüchternheit greift viel tiefer.

Deine Art zu schreiben gefällt mir sehr, die Übergänge von Person zu Person finde ich gelungen. Deshalb ohne Wenn und Aber: Sehr gern gelesen!

José

p. s.: Ich hab nicht die leiseste Ahnung, wer hinter der Maske steckt.

Eines hab ich nicht verstanden:

Die Delegados erpressen ihn. Briefe gegen Geld.
Handelt die Geschichte in Zeiten ohne Handy? Denn:
Die Reise hatten ihm seine Eltern geschenkt, zum Abi.
Wer an Drogen kommt, hat doch auch so ein modernes Telefon?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Maskierter,

das Thema deiner Geschichte fand ich ausgesprochen spannend. Dein Text hat mich berührt und sprachlich überzeugt.

Dabei stört mich nicht im Geringsten, dass du nicht das Konstrukt einer klassischen KG wählst, sondern die Personen durch Mini-Episoden vorstellst. Vielleicht gelingt es dir gerade dadurch, den Schauplatz, diesen Sumpf aus Gewalt und Korruption, sehr anschaulich zu zeichnen. Die Perspektive jeder Person und ihre Erlebnisse sind wie kleine Mosaiksteine, die sich nach und nach zu einem Gesamtbild fügen.
Im Prinzip raffiniert gemacht: Du stellst uns eine Person vor, dann tritt sie in Interaktion mit der nächsten, die dann wiederum im Fokus der Aufmerksamkeit steht.
Dein Vorgehen, also der Aufbau der Geschichte, erinnert mich stark an „Der Reigen“.
Da löst sich jeweils ein Partner aus einer amourösen Beziehung und wendet sich einem anderen zu. Das geht dann ungeniert weiter, bis sich am Ende, und das unterscheidet deine Geschichte vom Film, der Kreis schließt, also die erste Person mit der letzten eine Episode erlebt.
Für deinen Text würde das bedeuten, dass Stefan auf Javier oder zumindest Carlos treffen müsste (möglicherweise eine Begegnung mit Konfliktpotential). Aber das scheint nicht deine Erzählabsicht gewesen zu sein.

Die spanischen Worte und Satzfragmente lockern für mich den Text auf, wären aber bei genauer Betrachtung entbehrlich. Will sagen, sie sind lediglich Mittel zum Zweck, nämlich der Geschichte eine ordentliche Portion Lokalkolorit zu verpassen, ihr einen authentischen Anstrich zu geben. Sollte der Leser die Begriffe amigo, querida, perdidos nicht verstehen, gehen ihm keine wesentlichen Infos verloren.

Zwei Kleinigkeiten sind mir ins Auge gesprungen,

Wenn ihm das zu viel wird, kommt er hier hinauf.
er kommt hier herauf (er befindet sich auf dem Dach, als er das denkt)

Das hat ihm schon zwei Mal das Leben gerettet.
zweimal
Der Titel gefällt mir, könnte mir aber auch „Stadt der Verlorenen“ vorstellen.

Resümee: Ich hab diese Geschichte gerne gelesen und wieder viel gelernt (auch über mich).

Liebe Grüße,
peregrina


Mein erster Gedanke: Der Autor kann nur schwarze sonne sein, wegen der Wahl des Sujets. Dann störte mich das Naheliegende. Wer in Südamerika lebt, muss nicht zwingend seinen Stoff aus dem nahen Umfeld beziehen (man beachte die Wortzweideutigkeit).
Die (fast) fehlerfreie Version gab mir ebenfalls zu denken, könnte aber auf die Hilfe eines Betalesers hinweisen.
Ja, und dann hat sonne im Komm zu seinem eigenen Maskenballtext wieder diesen „Perspektivfehler“ eingebaut.
Ich würde mir deine packende Geschichte wünschen, über jemanden, der tatsächlich nur Verdächtigt wird - und dann herein kommt.
Nee, sonne, hinein kommt, es sei denn, du hast deinen Komm aus San Pedro gepostet.
Hat mir Spaß gemacht.

 

Also wirklich Maskenball! :teach:
Muss erst ein Moderator einschreiten. tsts. Danke Holg, dem Maskenball werde ich noch was husten!

Also: Heute darf noch geraten werden, morgen erfahren wir, wer sich hinter der Maske verbirgt ...

 

Hi Maske,

schnell noch mitraten, bevor die Frist um ist. Dabei hab ich die Geschichte schon vor Tagen gelesen.
Mir haben die Szenen der Geschichte gut gefallen, sie erscheinen mir ganz und gar stimmig. Dabei ist es eine fremde Welt, beeindruckend, wie du sie heran holst. Ob die Verhältnisse realistisch beschrieben sind, kann ich zwar nicht beurteilen, man glaubt es aber, und das ist eh das Wichtigste.
Nicht ganz überzeugt hat mich die Form, der lose Zusammenhang, vor allem dass es mit Javier und Carlos beginnt und dann mit Stefan endet.


Acht zu viel. Nach vierhundert hätte Schluss sein sollen, so hatte es die Regierung versprochen. Nun vibriert das alte Mauerwerk vom Stimmengewirr der zahllosen Menschen, die hier gefangen sind. Man schätzt sie auf zweitausend.
"Acht zu viel" - das kommt mir in dem Zusammenhang nicht ganz passend vor. Jedenfalls dachte ich erst: Vierhundert sind also drin, jetzt kommen die Ersten, die zu viel sind.

Javier lässt diese Zahl einfach stehen, er weiß es nicht besser. Letzte Woche wollten sie Pablo von einem der Boten rausholen lassen, er hatte seine Zeit abgesessen. Doch sie konnten ihn nicht finden. Die engen Gassen und feuchten Mauern – sie haben ihn einfach geschluckt.
Bedrückend - und glaubhaft.

La Paz lässt seinem Gewissen kaum eine Chance.
"La Paz" vielleicht in Anführungsstrichen oder kursiv, damit man die Anstalt nicht mit Boliviens Hauptstadt verbindet?

Das Ächzen des riesigen Eisentores holt Javier zurück. Er zieht an seiner Zigarette, steht auf und streicht die Uniform glatt. Nacheinander werden die Häftlinge hereingeführt. Sein Kollege setzt sieben auf die Bank an der Wand und holt immer einen nach vorne, damit Javier ihn registrieren kann. Das übliche Prozedere – persönliche Daten, Grund und Dauer der Haftstrafe vermerken und Fingerabdrücke nehmen. Dann gnade ihnen Gott.
Wieder glaubwürdig und die Situation steht vor Augen. Wenn ich überlege, was mir vielleicht doch zu meckern einfallen könnte, dann scheint es mir allenfalls etwas trocken erzählt. Bilder sind ja da: Die Zigarette, die Uniform. Aber so etwas Kleines, Unerwartetes und trotzdemnicht Gesuchtes - das wäre noch die Krönung.

„Haben Sie irgendwelche Tätowierungen?“
Der Mann krempelt sein Hemd hoch. „Ja, hier, das ist der Name meiner Tochter.“
"Ja, hier" streichen?
Ein kurzes Leuchten in seinen Augen.
Auch das evtl. streichen? Klingt etwas abgegriffen.

Als sie fertig sind, erklärt sein Kollege dem Neuen die Regeln.
Auch das vielleicht weg? Dass die Regeln erklärt werden, bekommt man schon so mit. Wenn es nicht Javier sein soll, der das sagt, bzw. wenn das unbedingt klar sein soll, muss der Kollege natürlich bleiben. Man könnte ihn aber griffiger in Szene setzen, oder?

Der Mann nickt.
- "Carlos nickt", würde ich sagen.

Carlos hofft auf tröstende Worte, die ihm der Wachmann mit auf den Weg gibt.
Schön ausgedacht und gut nachvollziehbar, allerdings finde ich "hofft" etwas blass. Wenn ich nur wüsste, warum. Vielleicht, weil mir zu wenig die Verzweiflung durchschimmert, die ohnehin kaum aufgefangen würde, wenn auch die Hoffnung erfüllt würde.

Alles, bloß nicht anhalten. (...) Er lehnt sich an die warmen Backsteine und mustert seine Umgebung.
Bloß nicht anhalten, dann hält er doch an. Der Widerspruch kann Absicht sein, etwa, wenn man daran sehen soll dass Carlos sich schon aufgibt, aber das erkennt man - oder erkenne ich - nicht. Oder er ist angekommen und muss anhalten. Dann könnte ihn das evtl. nervös machen?

Die Wände sind roh, Risse im Mauerwerk sind mit Spachtelmasse aufgefüllt, eine Wand ist gestrichen. Dunkelrot. Carlos muss an getrocknetes Blut denken und sein Herz schlägt schneller.
Hübsch!

Dahinter sitzt ein behäbiger Mann mit einer abgedunkelten Brille. Er trägt saubere Kleidung und goldene Ringe an den feisten Fingern.
Hm, hm: Zu viel Klischee, oder? Das hat man schon öfter mal irgendwo so gelesen.

„Willkommen in San Pedro.“
Ach, halt: La Paz oben war doch die Stadt, nicht?

Der Mann breitet lächelnd seine Arme aus. Dann wird sein Gesichtsausdruck hart.
Lass die Veränderung doch weg. Dass er hart ist, glauben wir dir auch so schon. Jetzt macht er aber halt den Jovialen - passt viel besser.

„Ich bin Juan Cristobal de Fuentes. Du bist …“ Er nimmt ein Blatt von seinem Schreibtisch und überfliegt die Zeilen. „Carlos. Bewaffneter Raubüberfall. Bueno. Kein Killer, unser Carlos. Kein Kinderficker. Bist du ein Junkie? Zeig mir deine Arme!“
Carlos zieht sein Hemd aus und zeigt ihm seine Arme. Juan lacht. „Braver Junge. Naja, was nicht ist, kann ja noch werden.“ Er lacht lauter, hält sich den Bauch und sieht sich im Raum um. Zwei Delegados stehen in der Ecke des Raumes und stimmen in sein Gelächter mit ein. Carlos hält den Blick gesenkt.
Alles sehr schön, nur "hält sich en Bauch" und "stimmen ein" finde ich gerade etwas abgedroschen.

„Fünfhundert Boliviano“
Ein "s" fehlt am Ende, das wiederholt sich unten.

Juan sieht dem Mann hinterher und schüttelt mit dem Kopf. Der wird es nicht lange machen!
Oben habe ich den losen Zusammenhang angesprochen, hier muss ich nachschieben, dass ich den Perpektivwechsel gut gemacht finde.

„Señor de Fuentes, kommen Sie?“
Die reden sich mit Nachnamen an? Ach nein, der Architekt spricht? Wartet der aber nicht lieber, bis de Fuentes ihn anspricht? Irritiert auch, weil man erst gleich vom Architekt erfährt.
Einer seiner Delegados reicht ihm eine Zigarre und läuft auf die steile Eisentreppe zu, die vom Balkon auf das Dach führt.
Warum macht der Delegado das? Und wann kommt Juan oben an, wenn der Delegado zur Treppe läuft? Das habe ich nicht kapiert.

Er steigt die Treppe hinunter und beobachtet, wie ein kleines Mädchen über den Innenhof rennt. Es bleibt kurz stehen, sieht zu ihm hoch und winkt ihm zu.
Wieder finde ich den Perspektivwechsel für sich genommen schön eingeleitet. Allerdings...

„El rey de los perdidos“ nennt ihre Mutter ihn. Den dicken Mann mit den dunklen Brillengläsern.
...etwas stolpernd fortgeführt. Glatter fände ich, wenn Selina, das Mädchen, Subjekt wäre. Der Sprung vom bloßen Mädchen oben zum Kind mit Namen reicht schon, um dem Leser etwas zu tun zu geben, da muss nicht unbedingt die Mutter vorher noch Thema werden...

Die Männer haben gestunken. Nach Schweiß und Scheiße. Selina wollte den Dreck von sich abwaschen, aber sie haben nur das tropfende Waschbecken in ihrem dunklen Zimmer.
Diesen Absatz und speziell diese Sätze nehme ich dir jetzt nicht ganz so leicht ab. Die Situation an sich schon, leider. Aber Selina kennt ja gar nichts anderes. Zunächst mal würde ich denken, sie rieche nicht viel besser. Das Waschbecken tropft - aber kommt auch kein Wasser? Wenn nicht, wie kommt sie darauf, sich das abwaschen zu wollen? Kennt sie das überhaupt anders?

Da ist sie zusammengebrochen und konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Sie hat es ihren Eltern erzählt. Papa hat sich die Augen gerieben und Selina fest an sich gedrückt. Einen Abend danach kam er mit blutigen Händen nach Hause. „Du wirst diese Männer nie wieder sehen!“, hat er ihr gesagt. Wenn Papa wüsste, wie viele es hier von ihnen gibt.
Auf hier: Nehme ich dir nur so halb ab. Realistischer und stärker scheint mir, dass Papa genau weiß, wie viele es von denen gibt - und dass er deswegen nichts weiter tut, nachdem er sie fest an sich gedrückt hat.

Mama sagt, die Männer nehmen weißes Teufelpuder.
Warum spricht die so gestelzt?

Die haben echt Nerven! Kinder hier reinzubringen! Stefan will gar nicht wissen, was die Kleine, die ihm jede Woche sein Brot bringt, schon alles durchmachen musste.
Für den Leser ist die Begegnung der beiden neu, für Stefan nicht. Was ich damit sagen will: Warum denkt er das ausgerechnet bei dieser Begegnung? Oder denkt er das immer, wenn er Kinder in der Anstalt sieht?

Verschiedene Waffen hat er sich gebaut und er wird sie benutzen.
Wird nicht, hat schon, wie wir gleich erfahren...

Nach dem ersten Mal konnte er es nicht fassen. Er hat auf seine blutigen Hände gestarrt und geschrien. Aber jetzt … Jetzt ist alles anders. Sie werden ihm nicht mehr wehtun.
Verstehe ich nicht: Was ist alles anders? Und: Nicht sie haben ihm, er hat ihnen weh getan, soweit man sieht.

Er hat gewusst, dass sie hier hart mit Leuten wie ihm umgehen. Aber ihn würden sie schon nicht erwischen, davon war er damals überzeugt. Hatte das Zeug fett in Alufolie eingewickelt und in einem Päckchen Kaffee in seinem Koffer versteckt. Die Bullen waren schlauer. Stefan erinnert sich an Tims Blick, als die Beamten sein Gepäck auseinander nahmen und das Gras fanden. Pure Fassungslosigkeit.
Mir könnte es gefallen, wenn du die Episode weniger ausführlich erzähltest, mehr davon im Vagen hieltest.

Diese Episode um Stefan gefällt mir an sich nicht schlecht. Seine Situation finde ich gut gezeichnet. Fast scheint mir das aber eine eigene Geschichte zu sein. Andrerseits: er ist zwar ein Exot in der Anstalt, aber wenn er da lebt, gehört er ja schon in diese Geschichte. Vielleicht schient er mir aus dem Rahmen zu fallen, weil ich seine Vorgeschichte genauer erfahre? Oder wäre es anders, wenn deine Geschichte nicht mit ihm enden würde. Ich weiß nicht. Ist wahrscheinlich in Ordnung so. Obwohl: Warum eigentlich nicht den Anfang ans Ende ziehen? Die ersten zwei Szenen zum Schluss? Könnte etwas für sich haben. Aber es ist ja deine, Geschichte, nicht meine...

Besten Gruß
erdbeerschorsch

Moment, noch kurz einen Tipp abgeben:

Ich hab da aus irgendeinem Grund den JackOve im Sinn. Schön geschrieben, atmosphärisch dicht, aber nicht in allen Teilen ganz, ganz ausgereift :shy: . Dann ist das außerdem so eine melancholische, einfühlsame Sache - passt das nicht zu JackOve?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo liebe Wortkrieger,

oder sollte ich sagen: Tadaaaaaaaaaaaaaaaa?!!! Ich bin ab heute Abend für ein paar Tage verreist, deshalb reiße ich mir schon ein paar Stunden vor Ablauf der Frist die Maske vom Kopp. Ich hoffe, das ist okay.
Bin ich traurig, dass niemand auf mich gekommen ist? Nein, ich finde es eher interessant, dass ein Mann hinter meiner Geschichte vermutet wurde. Sollte ich mal versuchen, eine Geschichte komplett aus Männersicht zu schreiben? Wäre mal etwas anderes ...

Aber zum Text: Ich habe vor ein paar Wochen eine Reportage über die Gefängnisstadt San Pedro gesehen. Eine Stadt in der Stadt (La Paz). Eine Stunde lang saß ich vor dem Fernseher und konnte es nicht fassen, mich hat das richtig mitgenommen. Danach spukte mir das tagelang im Kopf herum, also habe ich angefangen zu recherchieren und einen Text darüber geschrieben. Ich habe die Maske aufgesetzt, weil es inhaltlich nicht wirklich zu meinen bisherigen Texten passt und ich neugierig war, ob trotzdem jemand darauf kommt, bzw. wer dahinter vermutet wird.
Generell wollte ich den Text wie eine Kamerafahrt gestalten. Sie beginnt bei Javier und folgt ihm, dann dem Mann, den er einbuchtet, dann wiederum dem Gefängnischef, der ihn aufnimmt. Wie eine Art Staffellauf. Ich wollte damit möglichst ein Gesamtbild schaffen, kein Einzelschicksal beschreiben, sondern die Hoffnungslosigkeit, diese absurde Parallelwelt, die da mitten in La Paz existiert, skizzieren. So viel zu meiner Motivation.


The Incredible Holg,
richtig, es handelt sich um eine kleine Gefängnisstadt in der Stadt. Abgetrennt von den anderen nur durch die Gefängnismauer. Das war das Absurde daran, denn gleich auf der anderen Straßenseite erstrecken sich Häuser, in denen das Leben ganz "normal" verläuft. Und ein paar Meter weiter herrschen ganz andere, eigene Regeln.

Du schreibst, dass José ja daran gelegen sein müsste, dass in seinen Straßen Ordnung herrscht. Ja und nein. In der Reportage wurde dieser "Gefängniskönig" interviewt und ziemlich schnell wurde klar, ihm geht es um Kohle und Macht. Natürlich hat er das Sagen, was jedoch nachts in seinen Straßen geschieht, schien ihm relativ egal zu sein (er war selbst ein vierfacher Vergewaltiger und Mörder). Eingeschritten ist er nur, wenn es um ihn selbst oder seine Delegados ging. Also wenn jemand z.B. mit der "Miete" für seine Zelle im Rückstand war, dann wurde das schnell und oft mit Gewalt geregelt. Oder wenn vom Kokainverkauf nicht genug für ihn abfiel, dann verschwanden schon mal ein paar Männer. Auch so krass. Ein Viertel, das von einer Mauer begrenzt wird - und es verschwinden Menschen.

Ein weiterer Punkt ist die Größe der Anlage. Ich war ja selbst noch nicht da (zum Glück), aber aufgrund der Aufnahmen und der Recherchen, macht es für mich schon den Anschein, dass es sich um ein Viertel handelt, über das man durchaus den Blick schweifen lassen kann, wenn man oben auf dem Dach steht. Es gibt dort beispielsweise acht verschiedene Sektoren, also Viertel im Viertel, mit eigenen kleinen Plätzen und Geschäften. Daher stelle ich mir das Ganze schon ein wenig größer vor. Und sind 2.000 Menschen tatsächlich so wenig? Vielleicht sollte ich dazu noch erwähnen, dass José durchaus hinter den Mauern die "normalen" Stadtviertel von La Paz erkennen kann. Vielleicht könnte das die Größe entsprechend relativieren, damit es nicht zu groß erscheint?

Du scheinst ein wenig hin- und hergerissen zu sein, ob du meine sachliche Darstellung magst oder ob sie dir zu distanziert ist. Das kann ich verstehen. Denn du hast recht, man kommt dadurch den einzelnen Personen nicht so nah, als wenn ich mich nur auf die Geschichte einer Figur konzentrieren würde. Aber du hast auch gleich erkannt, um was es mir ging, eine geschriebene Kamerafahrt, um die Stimmung dieses surrealen Ortes einzufangen. Und ja, ich habe es vielleicht auch sehr klar und sachlich beschrieben, weil ich unter keinen Umständen auf die Tränendrüse drücken wollte oder nach Effekten haschen. Das war mir ganz wichtig.

Es freut mich, dass ich dich mit der Geschichte dennoch begeistern konnte, danke wie immer für deine wertvollen Anmerkungen! Liebe Grüße


GoMusic,
ich habe den Maskenball tatsächlich erst vor Kurzem entdeckt. Kurz darauf habe ich die Reportage gesehen und dachte mir, es wäre ja mal ganz interessant, das auszuprobieren. Und ich muss sagen, es hat schon was für sich, zehn Tage lang nichts sagen zu dürfen. Man kann viel sacken lassen, in Ruhe darüber nachdenken und gespannt sein, ob irgendjemand die richtige Vermutung hat. Ich muss ja sagen, bei dir hätte ich stark darauf getippt, dass du mich erkennst, schließlich hast du schon ein ganzes Buch von mir gelesen ;) Aber auch du lagst daneben.

Deine textlichen Anmerkungen werde ich verarbeiten, wenn ich an meinen Text ran darf. Nur das hier finde ich zu gestelzt:

Vielleicht so:
„Von wann datiert der letzte Brief seiner Eltern?“
Ich überlege mir mal, wie ich meinen Satz optimieren könnte. Vielleicht "Wie lange ist es her, dass er zuletzt einen Brief von seinen Eltern bekommen hat?"

Auch bei dir gab es das Problem, dass du dich durch den "Staffellauf" nicht auf einen Protagonisten konzentrieren konntest. Es kommt tatsächlich darauf an, wie man den Text liest und was man vielleicht auch erwartet. Ich könnte natürlich noch deutlicher auf die einzelnen Protas eingehen oder einen zur Hauptfigur machen. Aber dann würde ich entgegen meiner Intention schreiben, eine andere Art von Geschichte. Es freut mich dennoch sehr, dass du den Text gerne gelesen hast.

"Amigo" habe ich übrigens immer klein geschrieben, weil es im Spanischen klein geschrieben wird. Aber klar, wenn ich das als Anrede ins Deutsche übertrage, sollte ich es wohl groß schreiben, oder? Ändere ich dann auch entsprechend. Danke dir. Liebe Grüße.


barnhelm,
deine Art, meinen Text zu lesen, finde ich sehr interessant. Also, dass du ihn als sehr distanziert siehst, eher wie eine Reportage. Du liegst damit sogar sehr nah an dem, was ich hier machen wollte. Dennoch entsteht für mich das Grauen des Lebens, das die Insassen hier führen, eben nicht in der Ausformulierung von Gefühlen oder Gedanken, sondern in der klaren und nicht wertenden Beschreibung ihrer Umwelt. So hatte ich mir das zumindest vorgestellt ;) Dass ich dich damit nicht richtig hineinziehen konnte, ist schade. Aber du hast schon recht, im Grunde geht es mir viel mehr um die Beschreibung dieses krassen Ortes, als detailliert um Einzelschicksale.

Zu deinen Fragen: Eigentlich soll aus dem Text deutlich hervorgehen, dass es sich um ein Gefängnis handelt, nur eben kein herkömmliches. Da wird von Wachmännern gesprochen, von einer Aufnahmeprozedur, von Gitterstäben, Mauern und Überwachungskameras. Eine Stadt in der Stadt, in der die Gefangenen auf sich allein gestellt sind. Ich wollte es nicht plakativ erwähnen, sondern im Laufe der Geschichte durch solche Einschübe erklären. Was ich aber durchaus noch klarer ausarbeiten könnte, ist die Frage, warum man auf die Idee gekommen ist, so eine Gefängnisstadt überhaupt zu errichten.

Dass dir Emotionalität und Aussage fehlt, das hat kurz gewickt in meinem Herzchen. Aber jeder empfindet beim Lesen natürlich etwas anderes. Meiner Meinung nach gibt es hier schon eine Aussage, vielleicht sogar mehrere. Hier werden Menschen in ein Viertel gekarrt, in dem ein Mörder das Sagen hat, indem die Hoffnungslosigkeit an jeder Ecke lauert, wir befinden uns in einer Stadt, in der Mütter mit ihren Kindern freiwillig in diese Gefängnisstadt einziehen, weil sie in der "normalen" Stadt noch elender leben würden ... Ich erwähne all das nicht explizit, aber ich hatte die Hoffnung, dass meine Beschreibungen diese Gedanken und Überlegungen beim Leser auslösen können.

Das aus dem Gesicht sackende Blut formuliere ich neu, das klingt wirklich noch nicht so toll.
Ich danke dir für deine Wort. Liebe Grüße.


maria.meerhaba,
dolle Sache, das hier mit den Maskentexten! :) Ja, ich habe schon kurz überlegt, ob ich mich an die Geschichte rantrauen kann. Über solche Themen schreibe ich sonst nie, vermutlich sind meine Themen oft einfach belangloser, ich schreibe darüber, was mich gerade so beschäftigt. Aber diese Reportage, die hat mich so getroffen, da musste ich versuchen, es aufzuschreiben.

Ja, ich meine "Zellen", nicht Wohnungen. Das muss ich abändern. Ich war wohl zwischenzeitlich selbst verwirrt, da ja die Insassen für ihre Zellen bezahlen und dann ist mir da wie automatisch das Wort "Wohnung" hineingerutscht.

Ich freue mich übrigens total, dass ich es anscheinend geschafft habe, einen Text zu schreiben, der für dich kein Fast Food ist, sondern vielleicht selbstgemachte Spaghetti Bolognese. Das freut mich wirklich.
Diese Gefängnisstadt ist tatsächlich kaum zu begreifen. Ich saß vor dem Fernseher und dachte mir die ganze Zeit, das kann doch nicht wirklich existieren. Da lagen Männer in dreckigen Gassen, mit offenen Augen, lebend, aber nicht ansprechbar. Zwischen ihnen rannten kleine Kinder umher. Und was sich richtig in mein Gedächtnis gebrannt hat, sind die Augen des Mannes, der mir als Vorbild für Carlos Maria gedient hat. Kurz bevor die Wärter ihn in den Innenhof ließen, hat er noch einmal einen O-Ton für die Kamera abgegeben. Das war echt ein harter Typ, ein kerniger Mann mit breitem Kreuz und dunklen Augen. Der hatte aber in diesem Moment so viel Angst im Blick, dass ich eine Gänsehaut bekommen habe. Hat mich nicht losgelassen.

Maria, es war mir ein Fest. Liebe Grüße


Fugusan,
ich kann verstehen, wenn die Perspektivwechsel manchen Lesern als zu viel und zu schnell erscheinen. Wie ich aber oben schon beschrieben habe, ging es mir nicht primär um die Beziehungen der Personen zueinander (wobei die sich ja z.T. erahnen lassen, siehe Stefan und das Mädchen), sondern um diesen Ort. Ja, du hast recht, die Episoden sind einsam. Genau wie die Menschen in dieser Gefängnisstadt. Auf engsten Raum zusammengepfercht, ist sich jeder selbst der nächste. Ich weiß auch nicht, es hätte sich für mein Gefühl nicht richtig angefühlt, hier zu sehr in die Beziehungsebene zwischen den Menschen zu gehen. Du schreibst auch, dass meine Typen nicht genug leiden. Hm, ich schätze, das ist Ansichtssache. Ich finde, das Leid lässt sich gut erahnen durch die Beschreibung ihres Lebens in San Pedro. Ja, es stimmt, ich formuliere das nicht aus. Vielleicht kann ich da an der ein oder anderen Stelle noch expliziter werden, das muss ich mir in Ruhe ansehen. Wie ich aber oben schon beschrieben habe, will ich nicht zu sehr in die Gefühlsschiene abdriften, sondern eher aufgrund meiner Zeichnung des Ortes und des Alltags dort das daraus resultierende Leid darstellen.

Auch du hast auf einen Mann getippt, unter dreißig sogar. Ich bin keins von beiden :) Liebe Grüße


schwarze sonne,
da stehen wir uns nun gegenüber, der Verdächtigte und die wahre Täterin.
Nachdem du Parallelen zu deinem Text angesprochen hattest, habe ich mir "Barrio Blues" durchgelesen. Ich kannte ihn nämlich tatsächlich nicht. Und ich muss nach dem Lesen sagen, ich sehe da ehrlich gesagt keine Parallelen. Du erzählst stringent eine Geschichte deines Protagonisten, während ich eine ganz andere Erzählperspektive habe. Auch unsere Settings sind ganz andere. Also Parallelen, weil beide Texte in Südamerika spielen? Oder was meintest du hier? Aufgrund der Namen "Pablo" und "Juan" kann es ja kaum sein ;)

Was die Anzahl der Gefangenen betrifft, so kann ich mich nur auf das stützen, was ich dazu gesehen und gelesen habe. In der Reportage sprach der Wärter davon, dass San Pedro ursprünglich für vierhundert konzipiert wurde. Online stand 250 oder 300 oder 350. Ich habe mich dann einfach an die Zahl aus der Reportage gehalten. Genauso mit der lediglich schätzbaren Gesamtanzahl der heute dort Inhaftierten.

Nun zu den Tätowierungen: Auch wenn du es dir nicht vorstellen kannst, aber es ist Usus, in Gefängnissen die ankommenden Insassen nach Tattoos abzusuchen (hauptsächlich wohl in den USA, Latein- und Südamerika) und diese zu fotografieren. Es geht hier primär um die Zuordnung von Gangzugehörigkeiten. Auch das habe ich recherchiert.

Die fünf Bolivianos pro Tag habe ich aus dem Bericht. Eine relativ gute Zelle kostete einen der Insassen 150 Bolivianos pro Monat. Da habe ich ehrlich gesagt auch nicht weiter nachgeforscht. Wenn du von den 10.000 Bolivianos sprichst, meinst du sicher die Wohnung "draußen", richtig? Ich denke nicht, dass man hier den gleichen Maßstab ansetzen kann. Einer der Insassen kam z.B. nach San Pedro mit gerade mal 600 Bolivianos in der Tasche. 150 wurden ihm dann sofort von den Delegados abgenommen. Ich bezweifle also, dass irgendjemand da drinnen 10.000 Bolivianos zahlen könnte. Die Preise sind vermutlich so angepasst, dass sie gerade noch bezahlt werden können.

El rey de los perdidos sind gerade mal fünf Worte auf Spanisch. Ich denke, dass darf man dem Leser schon zumuten. Den Satz dahinter muss ich nochmal bearbeiten, das stimmt, denn es klingt, als sei der Mann mit den dunklen Brillengläsern die Übersetzung dafür. Danke für den Hinweis! Wo ich dir auch recht gebe, ist, dass der Europäer wohl eher Koks schmuggeln würde. Das ändere ich ab, wenn der Text freigegeben ist.

Nun ja, ob es "keine Geschichte" ist, ist Geschmackssache, denke ich. Auch Episodentexte, Geschichten, die von einem Ort erzählen und nicht speziell einem bestimmten Protagonisten folgen, können doch Geschichten sein. Aber klar, die Kritik kam vorher schon, und ich verstehe, wenn der Text nicht als klassische Kurzgeschichte durchgeht. Eine Geschichte zu erzählen, die sich nur auf eine Hauptfigur konzentriert, war jedoch hier nicht mein Ansinnen. Das hätte nicht San Pedro an sich in den Vordergrund gestellt, sondern es hätte lediglich als schockierende Kulisse gedient. So oder so ist es schön, dass du sie zumindest interessiert und gerne gelesen hast. Liebe Grüße


josefelipe,
hola y como estás, amigo? Schön von dir zu lesen!
Herrschaftszeiten, deine Worte machen mich ganz fröhlich! Vor allem, dass du der Geschichte außerhalb des klassischen Korsetts (toller Vergleich, au Backe) eine Chance gegeben und für gut befunden hast. Du triffst den Nagel dessen, was ich ausdrücken wollte, nämlich ganz schön auf den Kopp! "Nüchternheit greift viel tiefer" – ja, das wollte ich versuchen. Ich wollte eben nicht eine Geschichte erdenken, mich auf ein bestimmtes Leid konzentrieren, sondern diesen Ort darstellen und zwischen den Zeilen das damit verbundene Leid herauskriechen lassen. Es ist schön zu lesen, dass ich dich damit berühren konnte.

Den Satz mit den Delegados (Briefe gegen Geld) muss ich nochmal anfassen. Das ist undeutlich irgendwie. Soll aber bedeuten, dass die Delegados Stefan nur die Briefe seiner Eltern aushändigen, wenn er dafür bezahlt. Und da er knapp bei Kasse ist, hat er schon seit Ewigkeiten nichts mehr von ihnen zu lesen bekommen.

Mit dem Telefon, meinst du da, dass Stefan ja seine Eltern hätte anrufen können, damit sie ihn da rausholen? Oder was meintest du hier? In dem Bericht gab es einen Spanier aus Barcelona, der in San Pedro saß wegen Koks in seinem Koffer. Der hat wohl trotz Telefonaten nach Hause keine Chance gehabt, da rauszukommen, sondern musste seine Haftstrafe absitzen. Daran habe ich mich orientiert. Aber um ehrlich zu sein, so ganz genau kenne ich mich da nicht aus ... Und in San Pedro drinnen hatten nur wenige ein Handy. Offiziell sind diese verboten, inoffiziell haben die Leute Handys, die Kontakte oder Geld haben. Nichts davon hat Stefan. Aber da muss ich vielleicht auch nochmal ran, um das klarer zu machen.

José, vielen Dank, das hat ein Lächeln auf mein Gesicht gezaubert. Muchos saludos!


peregrina,
auch dir vielen Dank, es fühlt sich immer wieder toll an, wenn man merkt, dass der eigene Text bei dem Leser ankommt, ihn vielleicht sogar berührt. Das freut mich sehr!
Das mit den Mosaiksteinen, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen, hast du gut ausgedrückt. Genauso habe ich es gemeint. Verschiedene Blickwinkel auf die Stadt, verschiedene Leben, unterschiedliches Leid.
Ja genau, habe ich oben irgendwo schon geschrieben, ich dachte beim Schreiben an eine Kamerafahrt, eine Art Staffellauf bei dem Übergang von einer Episode zur nächsten. Ursprünglich wollte ich auch noch einbringen, dass ja durch San Pedro tatsächlich auch Touristen geführt werden. Aus irgendeinem Grund, der mir nicht mehr einfällt, habe ich das dann aber doch rausgelassen. Vielleicht wäre das aber noch eine zusätzlich Episode wert ...

Richtig, die spanisches Fragmente dienen dem Lokalkolorit. Man braucht sie nicht unbedingt, aber ich mag sie dennoch :)

Aaaargh, "hinauf", "herauf", "hinein", "herein", das mache ich tatsächlich ab und zu falsch. Danke, werde ich korrigieren. Auch "zwei Mal". Danke für die Hinweise.

Trotz deiner durchaus logischen Begründung (das Wortspiel war übrigens grandios, da habe ich gegrinst!), lagst auch du mit deiner Vermutung falsch. Danke dir für's Lesen und Kommentieren. Liebe Grüße


erdbeerschorsch,
erst einmal vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Es freut mich, dass du die Szenen an sich stimmig findest. Ich habe mich bemüht, die Realität dort so gut wie möglich zu beschreiben, schön, dass es sich auch so liest.

"Acht zu viel" - das kommt mir in dem Zusammenhang nicht ganz passend vor.
Ja, verstehe. Das kann man tatsächlich anders verstehen. Vielleicht so etwas wie "schon wieder acht mehr" oder so in die Richtung. Da überlege ich mal.

"La Paz" vielleicht in Anführungsstrichen oder kursiv, damit man die Anstalt nicht mit Boliviens Hauptstadt verbindet?
Dieser Satz gefällt mir auch noch nicht so wirklich. Ja, die Kursivstellung wäre eine Möglichkeit. Vielleicht schreibe ich es auch um.

Deine Streichungsvorschläge machen ebenfalls Sinn, da gehe ich nochmal ran, wenn ich wieder darf :) Du schreibst an einer Stelle, "hofft" ist dir zu wenig. Ja, stimmt irgendwie. Vielleicht sehnt sich Carlos nach tröstenden Worten? Sehnen ist ein bisschen stärker als hoffen. Weiter unten bei "bloß nicht anhalten" dachte ich eigentlich nur an den Weg über den Innenhof. Das muss ich noch sauberer machen. Auch deine folgenden Anmerkungen zum Text sind toll, die gehe ich dann alle mal Stück für Stück durch.

Zu Selina: Ich glaube schon, dass sie das starke Bedürfnis hat, sich den Geruch und die Spuren der Männer, die sie vergewaltigt haben, abzuwaschen. Ich denke, das hat nichts damit zu tun, ob sie den Schmutz in San Pedro kennt, wir reden hier von einer anderen Art von Dreck. Mit dem tropfenden Waschbecken wollte ich zeigen, dass sie genau das, was sie unbedingt tun will, nämlich sich richtig waschen, nicht kann, weil die Bedingungen in San Pedro es nicht zulassen. Und doch, sie kennt es durchaus anders, denn es gab ja für sie auch eine Zeit vor San Pedro, bevor ihr Vater in die Gefängnisstadt kam und sie und ihre Mutter ihm notgedrungen folgten.

Bei Stefan denke ich schon, dass ihm kurz diese Gedanken durch den Kopf gehen, wenn er mal wieder ein Kind in dem Viertel sieht. Dadurch, dass er aber nicht oft seine Zelle verlässt, ist Selina oft das einzige Kind, daher denkt er das in diesem Moment. Ist eher als ein kurzer Gedanke gedacht, der ihm durch den Kopf schießt, als er sie sieht. Und was ich mit "Jetzt ist alles anders" meine, ist: Anfangs ist Stefan wehrlos (deshalb haben sie ihm auch wehgetan, nicht umgekehrt), ihm fällt es schwer, sich zu verteidigen, vielleicht sogar zu töten, um zu überleben. Das habe ich offen gelassen. Mittlerweile hat er mit der Selbstverteidigung aber keine Probleme mehr, er ist abgestumpft, tut, was er tun muss. Hier muss ich auch nochmal ran, glaube ich.

Ich hab da aus irgendeinem Grund den JackOve im Sinn. Schön geschrieben, atmosphärisch dicht, aber nicht in allen Teilen ganz, ganz ausgereift . Dann ist das außerdem so eine melancholische, einfühlsame Sache - passt das nicht zu JackOve?
Danke für die Blumen, aber falsch geraten :) Liebe Grüße

RinaWu

 

weltenläufer, wann wird denn mein Text so verschoben, dass ich in ihm rumfuhrwerken kann?

Danke schon einmal und liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

war Campen, deshalb die etwas verspätete Antwort. Scheint einiges nicht so richtig angekommen zusein, wie ich das ausdrücken wollte

während ich eine ganz andere Erzählperspektive habe. Auch unsere Settings sind ganz andere. Also Parallelen, weil beide Texte in Südamerika spielen? Oder was meintest du hier? Aufgrund der Namen "Pablo" und "Juan" kann es ja kaum sein

Mir ging es vordergründig tatsächlich um den Schauplatz, also Südamerika. Auch wenn unsere Geschichten sich natürlich komplett voneinander unterscheiden, sehe ich doch gewisse Parallelen. Ich spüre einen ähnlichen Grundton und erahne, dass deine Charaktere und meine Charaktere einen ähnlichen Hintergrund haben könnten - ähnliche Probleme und Sorgen. Mit dem Hintergrund, dass im realen San Pedro überwiegend Leute wegen irgendwelcher vermeintlichen Drogenschäfte sitzen und in meiner Geschichte auch das Drogenthema eine große Rolle spielt, sehe ich schon diese Parallelen. Drogen sind 'hier' in Südamerika eben Chance und Risiko zugleich, oft aber eine der wenigen Möglichkeiten, auch, weil es nicht verpöhnt ist. Der Umgang mit Drogen und Junkies ist hier einfach ein anderer.

Naja worauf ich eigentlich hinauswollte, was ich aber dann gar nicht schrieb, ist, dass ich mir gut vrostellen kann, warum die Leute dachten, dass ich deine Geschichte geschrieben habe. Für mich quasi eine nachvollziehbare Vermutung - welche ich nicht ganz sprengen wollte, damit ich den Ratespaß nicht vermiese. Wäre auch blöd gewesen, hätte ich geschrieben, nöö ich bins nicht und fertig ,oder?

Was die Anzahl der Gefangenen betrifft, so kann ich mich nur auf das stützen, was ich dazu gesehen und gelesen habe. In der Reportage sprach der Wärter davon, dass San Pedro ursprünglich für vierhundert konzipiert wurde. Online stand 250 oder 300 oder 350. Ich habe mich dann einfach an die Zahl aus der Reportage gehalten. Genauso mit der lediglich schätzbaren Gesamtanzahl der heute dort Inhaftierten.

Ist eigentlich auch Wurst, letztendlich sitzen auf jeden Fall zuviele dort drin ;)

Nun zu den Tätowierungen: Auch wenn du es dir nicht vorstellen kannst, aber es ist Usus, in Gefängnissen die ankommenden Insassen nach Tattoos abzusuchen (hauptsächlich wohl in den USA, Latein- und Südamerika) und diese zu fotografieren. Es geht hier primär um die Zuordnung von Gangzugehörigkeiten. Auch das habe ich recherchiert.

Ok, das wusste ich nicht, und finde es immer noch komisch, hier hat ja jeder hunderte Tattoos. Dauert ja Stunden ;-)

Die fünf Bolivianos pro Tag habe ich aus dem Bericht. Eine relativ gute Zelle kostete einen der Insassen 150 Bolivianos pro Monat. Da habe ich ehrlich gesagt auch nicht weiter nachgeforscht. Wenn du von den 10.000 Bolivianos sprichst, meinst du sicher die Wohnung "draußen", richtig? Ich denke nicht, dass man hier den gleichen Maßstab ansetzen kann. Einer der Insassen kam z.B. nach San Pedro mit gerade mal 600 Bolivianos in der Tasche. 150 wurden ihm dann sofort von den Delegados abgenommen. Ich bezweifle also, dass irgendjemand da drinnen 10.000 Bolivianos zahlen könnte. Die Preise sind vermutlich so angepasst, dass sie gerade noch bezahlt werden können.

Ich meine nicht die Wohnungen draußen, ich meine die Wohnungen in den Sektoren, wo die Leute tatsächlich wohnen. San Pedro hat ja verschiedene Viertel - vom Nobelviertel zum Drecksloch. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Leute 150 Bolivianos pro Monat bezahlen, aber dann halt auf den Gängen nebeneinander schlafen, wo es nach Pisse und Kotze riecht. Die 10.000 beziehe ich auf die Wohnungen, wo eine Familie alleine wohnt, auch wenn es nur ein - oder zwei Zimmer sind.

Nun ja, ob es "keine Geschichte" ist, ist Geschmackssache, denke ich. Auch Episodentexte, Geschichten, die von einem Ort erzählen und nicht speziell einem bestimmten Protagonisten folgen, können doch Geschichten sein. Aber klar, die Kritik kam vorher schon, und ich verstehe, wenn der Text nicht als klassische Kurzgeschichte durchgeht. Eine Geschichte zu erzählen, die sich nur auf eine Hauptfigur konzentriert, war jedoch hier nicht mein Ansinnen. Das hätte nicht San Pedro an sich in den Vordergrund gestellt, sondern es hätte lediglich als schockierende Kulisse gedient. So oder so ist es schön, dass du sie zumindest interessiert und gerne gelesen hast. Liebe Grüße

Ich habe nicht gemeint, dass es keine Kurzgeschichte ist. Aber (für mich) eben keine Geschichte, welche mich packt und fesselt, wo ich mitfieberen kann - sondern eher Episoden in Bezug auf eine reale Begebenheit. Und das finde ich schade - mir gefallen dann lieber Geschichten in einem 'unrealen' San Pedro. Aber ja, das ist Geschmackssache. Ich finde das Thema jedenfalls sehr interessant, und werde nächstes Jahr San Pedro wohl einen Besuch abstatten. Die geführten Touren sind gefährlicher geworden, aber was solls.

Beste Grüße und bis dahin,

Sonne

 

Hallo schwarze sonne,

nein nein, keine Sorge, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass deine Anmerkungen falsch bei mir angekommen sind, ich habe sie nur hinterfragt, wo ich sie nicht verstanden habe, und sie erwidert. Also, alles gut :)

Zuerst: Ich habe nun verstanden, was du mit Parallelen meintest. Ja, es stimmt, der Tonfall ist ähnlich, da hast du recht. Auch unsere Figuren könnten aus ähnlichen Milieus kommen.

Zu den Tätowierungen: So wie ich es verstanden habe, wird auch nicht jedes einzelne Tattoo fotografiert und katalogisiert. Denn dann, da hast du ebenfalls recht, würde die Prozedur ja ewig dauern. Es geht viel mehr darum, sie anzusehen und zu checken, ob typische Gangtattoos dabei sind und falls ja, diese zu vermerken, damit in der Akte praktisch aufgeführt ist, wenn jemand reinkommt, der einer Gang angehört. Ich überlege, ob ich das noch klarer machen sollte ...

Was die Preise für die Wohnungen betrifft, müsste ich versuchen, noch einmal genauer zu recherchieren. Soweit aus dem Bericht und den Informationen, die ich finden konnte, hervorgeht, gibt es in San Pedro zwar unterschiedliche Viertel, aber keines davon ist nobel. Zumindest nicht, was wohl ein Europäer unter nobel verstehen würde. Die 150 Bolivianos hat ein Mann für eine Zelle gezahlt, die er sich mit zwei anderen teilen musste. Die Familie, die in dem Bericht vorkam, hatte ebenfalls nur eine Zelle, keine Mehrraumwohnung, sie hatten jedoch immerhin einen alten Fernseher und keine Fremden bei sich im Raum. Wieviel sie gezahlt haben, wurde nicht erwähnt, glaube ich. Mal sehen, ob ich da noch tiefergehende Infos finde.

Ja, natürlich ist das immer Geschmackssache, und ich verstehe wie gesagt, was dich an meiner Geschichte gestört hat, bzw. warum du nicht von ihr gefesselt wurdest. Das hängt auch immer von den eigenen Erwartungen und Vorlieben ab, aber ich bin froh, dass ich immerhin dein Interesse wecken konnte.

Echt jetzt, du willst eine dieser Touren machen? Ich saß ja vor'm Fernseher und dachte, ich sehe nicht recht, als da auf einmal Touris durch San Pedro liefen ... Weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, ich glaube, für mich wäre das nichts.

Danke dir, dass du noch einmal vorbeigeschaut hast, Sonne! Einen schönen Abend dir noch,
RinaWu

 
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Hery RinaWu,

für mich ist das einer der besten Texte, die ich hier in den letzten Wochen gelesen habe. Gefällt mir sehr gut, was zusammengefasst an folgenden Punkten liegt:

Erstens finde ich das Thema packend. Nicht nur das Motiv dieser Gefängnisstadt ist faszinierend, sondern ganz allgemein die Frage, was aus einer menschlichen Gemeinschaft wird, wenn die herkömmlichen staatlichen Regeln nicht mehr gelten, sondern das Gesetz des Stärkeren regiert. Mich hat die Thematik an einen Film erinnert, den ich letzten Monat gesehen habe. (In Sicario geht es u.a. um den Krieg und die Macht der Drogenkartelle in Mexiko, insbesondere in Juárez. Ich weiß nicht genau, ob es an dem fantastischen Soundtrack, den Aufnahmen, der brutalen Story oder der Hoffnungslosigkeit lag, die aus den Ereignissen sprach – der Film hat mich echt mitgenommen.)

Zweitens finde ich das Stilmittel des Staffellaufs gelungen und konsequent umgesetzt. Das schafft einen besonderen Reiz, sich eben nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich von Person zu Person durch die Geschichte zu bewegen.

Drittens gefällt mir die sprachliche Gestaltung des Textes gut. Das fließt, dreht nicht zu sehr auf, wirkt also nicht zu gewollt, ist nicht effektheischend, sondern nüchtern und klar.

Trotz meiner Begeisterung habe ich ein paar kleinere Kritikpunkte.

Obwohl ich die Staffellauf-Form sehr zu schätzen weiß, finde ich, dass es befriedigender wäre, wenn der Bogen irgendwie zurück zum Ausgangspunkt führen würde. Im Augenblick ist es eine Ereigniskette, die ins Leere geht, die ein bisschen in der Luft hängt. Alternativ könnte man den Plot auch so weiterführen, dass der Staffellauf bei einer Person endet, die die Gefängnisstadt verlässt, um eine Meta-Struktur zu schaffen, die das Ganze einfasst.

Du hast bei der Sprache schon sehr viel erreicht. Ich wünsche mir jetzt bzw. in künftigeren Geschichten noch mehr Feinheiten, mehr Eleganz und Prägnanz. Das kann man nicht erzwingen, man muss sich einfach nur daran erinnern, dass eine solide Erzählsprache eben noch nicht der Gipfel des Erreichbaren ist. Orwell lässt beispielsweise einen seiner Protagonisten in 1984 folgendes sagen: "Wenn Sie ein Bild von der Zukunft haben wollen, dann stellen Sie sich einen Stiefel vor, der auf ein Gesicht tritt - unaufhörlich." So etwas vergisst man nicht so schnell.

Als letzten Punkt möchte ich noch anmerken, dass der Text noch nicht den Grad an Härte und Dunkelheit erreicht, der bei diesem Thema vertretbar wäre. Natürlich ist auch immer die Frage, wie tief ein Autor in den Abgrund zu blicken bereit ist. Dass beispielsweise der Vater die Vergewaltigung seiner Tochter rächen kann, ist zwar so oder so brutal, aber eben immer noch ein Anschein von ausgleichender Gerechtigkeit, die es real in dieser Welt so nur in Ausnahmen geben wird. Auch verhalten sich alle Beteiligten noch recht zivilisiert, auch wenn man natürlich versteht, wie beispielsweise Juan so tickt. Trotzdem wird der Leser nicht Augenzeuge wahrer Abscheulichkeiten, sondern erfährt nur in Rückblicken davon. Das könnte man als ein bisschen Weichspüler beurteilen, obwohl ich denke, dass man es so machen kann. Ich weiß nicht ob Du dazu bereit bist, aber ich denke, das Ganze würde noch mehr Wucht entfalten, wenn Du direkt zeigst, wie Menschen sich verhalten können, wenn ihnen jedes moralische Empfinden verloren gegangen ist.

Trotz dieser kleineren Kritikpunkte wie gesagt sehr gern gelesen, Rina!

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

vielen Dank für deine Worte. Es freut mich riesig, dass mein Text dir so gefällt! Vor allem, nachdem ich dein Berlin bei Nacht gelesen habe und mich deine Geschichte so mitgerissen hat, freut es mich umso mehr, dass meine es bei dir auch konnte, wenn auch auf ganz andere Weise. Dass Inhalt, Form und Sprache so für dich funktioniert haben, ist toll!

Du bist nicht der erste, der diesen Bogen zum Anfang erwähnt. Also keine Ereigniskette zu erzählen, sondern den Kreis zu schließen. Entweder indem uns der Wärter am Schluss wieder begegnet, mit dem alles anfing, oder aber - wie von dir vorgeschlagen - indem jemand die Gefängnisstadt verlässt. Sobald ich an meine Geschichte wieder ran darf, setze ich mich mal an die Überarbeitung und überlege, wie ich das am besten mache. Danke für den Tipp!

Das mit der Sprache ist schon schwieriger. Ich weiß, was du meinst, aber wie du auch sagst, das kann man nicht erzwingen. Ich selbst merke, dass ich von Geschichte zu Geschichte weiterkomme, ich schaffe es z.B. schon viel besser, etwas prägnant zu erzählen, anfangs war meine Art zu schreiben sehr blumig. Nun geht es an die nächsten Schritte, mal sehen, was dabei herauskommt.

Ja, und nun zu meinem wunden Punkt, den ich wohl generell habe: Dahin gehen, wo es richtig weh tut. Es stimmt natürlich, ich könnte das noch härter gestalten, bzw. direkter reingehen, wirklich beschreiben, wie sich die Menschen just in diesem Moment verhalten. Das ist sehr schwer für mich, denn wie du schon schreibst, ich bin mir nicht sicher, wie tief ich in den Abgrund blicken will. Da hadere ich immer wieder mit mir. Ich mag es, wenn viel über Andeutungen geschieht, sich im Kopf des Lesers entwickelt, ohne es zwingend auszusprechen. Ich muss darüber nachdenken, verstehe aber sehr gut, was du meinst!

Achillus, herzlichen Dank :)
Liebe Grüße
RinaWu

 

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