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Verlassenes Heim
Hinter einem kleinen Hügel, in der Nähe eines französischen Dorfes, stand die große Backsteinvilla.
Die Mauern waren von Efeu überwuchert. Das rostige Gartentor wurde von Rosen geziert. Die Haustür stand weit offen. Der Frühjahreswind wirbelte den Staub auf, der sich während des Winters niedegelegt hatte. Die farblosen Fensterläden klapperten und im Garten tummelte sich das Unkraut. Etwas reglos stand Arna da. Ihren Rucksack hatte sie auf den Boden gestellt und ihre Tasche rutschte ihr von der Schulter. Sie waren weg, sie waren gegangen ohne es ihr mitzuteilen. Sie machte kleine Schritte auf das Haus zu. Hier war sie aufgewachsen. Zwischen Olivenbäumen und Weingärten.
Der rostige Briefkasten ließ sich leicht öffnen. Ein Brief lag darin.
„Du bist gegangen Arna und wir tun es ebenfalls. Dein Vater kann das Haus nicht mehr halten, wir müssen in die Stadt ziehen. Wir konnten dich nicht erreichen. Eine Adresse für die zahlreichen Briefe hatten wir nicht. Sei nicht traurig mein Kind.“
Arna faltete den Brief zusammen. Das Datum, dass auf dem Brief stand, war schon fast zwei Jahre alt. Verwirrt hob sie ihr Hab und Gut auf die Schulter. Im Haus roch es nach Einsamkeit und Flucht. Die Dielenböden waren von der Feuchtigkeit aufgequollen. Die Tapete blätterte ab. Ein paar Möbel waren sich selbst überlassen worden.
Im Garten hatten die Kinder herumgetollt, in der Küche wurden Kekse und Brote gebacken, während Vater im Schreibzimmer seine Zeitung las. Auf dem Dachboden lag eine Matratze, dort hatten sie sich Geistergeschichten erzählt. Auf der Wiese hinter dem Haus standen ihre Ziegen und das Pony, mit dem sie die größten Abenteuer nachspielten.
Mit einem traurigen Gefühl im Herzen ging Arna durch die Zimmer. Niemals hatte sie geahnt das sie gehen würden.
Dies war ihr Zuhause gewesen, so lange Jahre.
Vor sechs Jahren war sie davongelaufen. Sie wollte in die Stadt und dort ein berühmter und reicher Medienstar werden. Arrogant hatte sie zu ihrer Familie gesprochen: „Ich brauche euch für diesen Weg nicht! Wenn ihr mir nicht helfen wollt, gehe ich allein und komme nie wieder.“
Eine Träne fiel in den Staub.
Kein Nest, kein Heim war mehr da. Einsamkeit machte sich breit. Verlorenes Schluchzen drang durch die kalten Räume. Das sollte nun die Strafe sein?