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Vergessen Sie das nicht!

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08.01.2024
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Vergessen Sie das nicht!

Quentin saß mit seiner Frau auf der Veranda und rauchte. Die Sonne stand hoch über den Feldern, die nur noch Staub und Dreck waren.
„Hast du gehört?“, fragte seine Frau Daniella. „Jerome verkauft.“
Quentin zog an seiner Zigarette, sagte nichts dazu.
„Wir sollten auch verschwinden“, schob sie nach.
„Wenn du gehen willst, geh. Ich bleibe hier!“
Daniella schwieg.
Quentin konnte sehen, dass sie weinte. „Es wird regnen“, sagte er, „der Regen wird kommen.“
Daniella sah ihren Mann an und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann stand sie auf und ging ins Haus.

Der Regen blieb aus. Daniella ging. Sie hatte genug von der Farm. Genug von den Versprechungen und von Quentin. Sie ging und kam nicht wieder.
Mitte Juli begann die Feuersaison. Dieses Jahr war es schlimmer, erwischte es auch Quentins Farm. Er wollte um sein Land kämpfen, unterschätzte die Feuersbrunst und wurde letztendlich von den Bränden eingeschlossen.
Als alles vorbei war, glaubten die Leute der nahegelegenen Stadt, Quentin wäre, wie manch anderer, den Flammen zum Opfer gefallen. Dann wurde Quentin gefunden, er lebte. Wie das möglich war, konnte sich niemand erklären. Mit schweren Verbrennungen und einer Rauchvergiftung erwachte er Tage später im Hospital.
Es dauerte Wochen bis er nach Hause durfte. Als Quentin dann erstmals vor den verkohlten Trümmern seiner Farm stand, zerbarst etwas in ihm. War Quentin schon zuvor kein offener Mensch gewesen, verschloß er sich nun vollends.
In der Stadt war er zu eine kleinen Berühmtheit geworden. Seines wundersamen Überlebens und der hässlichen Spuren seiner Verletzungen wegen. Doch aus anfänglichem Mitleid wurde alsbald Schaulust. Aus Bewunderung Belustigung. Bald sahen sie in ihm nur mehr den Freak. Quentin ertrug es, ging nicht fort.
Spartanisch richtete er sich in einem Verschlag auf seinem Land ein und verbrachte die Tage vornehmlich mit Trinken und dem Nähren eines aus Verzweiflung entsprungenen Hasses, der sich alsbald gegen alles und jeden richtete.

In die Stadt kam er zumeist nur um sich mit dem Allernötigsten zu versorgen. Selten fand er den Weg in die alte Stammkneipe.

„Was willst du jetzt machen?“, fragte ihn der Barman geradeheraus. „Dich totsaufen?“

„Lass mich in Ruh.“

„Dann komm wenigsten hier her und zahl dafür“, meinte er ohne ein Lachen.
Zwei Männer kamen durch die Tür. „Schau an, wer da ist“, sagte einer laut. Die Männer stellten sich neben Quentin. Quentin wandte sich auf seinem Hocker ab, nahm sein Glas. Einer der Männer steckte sich eine Zigarette in den Mund und fragte: „Hast mal Feuer?“ Die Männer lachten, der Barmann schüttelte den Kopf.
Quentin brach der Schweiß aus. Seine freie Hand ballte sich zur Faust.
„Oho“, machte der Mann, der Quentin angesprochen hatte und lachte noch lauter. Dann griff er in seine Jackentasche, zog ein Feuerzeug hervor und ließ es dich vor Quentin Gesicht aufflammen.
Quentin schreckte zurück und schrie auf. Er verschüttete sein Bier und stieß den Barhocker um.
„Das reicht!“, brüllte der Barmann und sah die beiden Männer ernst an. Quentin war kreidebleich geworden, zitterte an Leib und Seele. Unbeholfen nestelte er Geld aus seiner Brieftasche und verließ dann eilends die Bar. Die Männer lachten noch immer.

Quentin blieb nun vollends für sich. Sein Zustand verschlechterte sich rapide, was ihm nur Recht war.
Zum Hohn regnete es seit Tagen. Quentin hatte sich in eine Ecke unter Decken gelegt, überall tropfte es durch das unzureichende Bretterdach.
„Sind Sie hier drin?“, fragte eine Stimme von draußen.
Quentin konnte sie nicht zuordnen, wusste zuweilen nicht, ob er wach lag oder schlief. Die Plane, die er über den Eingang genagelt hatte, wurde beiseitegezogen und ein Mann steckte den Kopf herein. „Hallo! Mein Name ist Ron Zastoupil. Man hat mir gesagt, dass ich Sie hier finde.“
Quentin sah zu dem Mann auf.
„Darf ich reinkommen?“
„Was willst du?“
„Darf ich? Es regnet.“
„Ich weiß, dass es regnet. Was willst du?“
„Ich möchte Ihnen meine Hilfe anbieten.“
„Ich brauch keine Hilfe. Verzieh dich!“
„Das scheint mir nicht so.“
Quentin zog sich die Decke über den Kopf und keifte: „Hau ab!“
„Ich kann Ihnen helfen“, sagte der Mann unbeirrt. „Ich kann die Ängste von Ihnen nehmen.“
Quentin blieb unter der Decke und erwiderte nichts.
„Sie müssten nie wieder Angst haben. Sind Sie interessiert?“
Quentin verbarg weiter sein Gesicht und gab einen Laut von sich, den man als Zustimmung deuten konnte.
„Es handelt sich um ein neuartiges Medikament, das wahre Wunder vollbringen kann. Ich möchte nichts beschönigen. Die Behandlung ist nicht ungefährlich. Wir stehen noch ganz am Anfang. Aber wie gesagt, das Zeug wirkt.“
„Ihr wollt mich als Versuchskaninchen?“, kam es von unter der Decke.
„So könnte man es ausdrücken.“
„Was ist mit Geld?“
„Kein Geld. Nur die Chance gesund zu werden.“
Quentin überlegte. Dann zog er die Decke weg und meinte: „Und wenn ich dabei drauf geh?“
Der Mann sah ihn verhalten lächelnd an und fragte: „Macht das einen Unterschied?“

Wochen darauf fuhr Quentin spät Abends einen mit Baumaterial beladenen Kleintransporter in Richtung seiner Farm. Im Autoradio trällerte Countrymusik, Quentin pfiff dazu. Am Straßenrand flog etwas vorüber. Dann tauchten auf dem Asphalt verstreut liegende Kleidungstücke im Scheinwerferlicht auf. Quentin ging vom Gas und drehte das Radio leiser. Trümmer eines Wohnwagens oder Camperaufbaus kamen hinzu und Quentin stoppte am Straßenrand. Er schaltete den Warnblinker ein und stieg aus.
Sie müssen lernen, rational zu denken, hatte Zastoupil ihm eingebleut.
Quentin betrachtete die Trümmer, die Straße verschwand um eine Biegung in der Dunkelheit.
Handeln Sie nicht intuitiv.
Ein Knall ließ Quentin aufschauen. Ohne Zweifel ein Schuss.
Ihr Verstand ersetzt von jetzt an Ihre Angst.
Neugierig lief Quentin weiter. Vor ihm tauchte ein Lichtschein auf, dann schrie jemand.
Vergessen Sie das nicht!

 

@Sturek

Das ist nun dabei herausgekommen. Danke, dass ich deine Idee aufgreifen durfte.

 

Hallo @Sammis

Eine interessante Idee. Das Medikament hat wohl gewirkt und dieser Zastoupil hat ihm als Krücke, um die fehlende Angst zu ersetzen, einige Verhaltensregeln mit auf den Weg gegeben. Leider hält er sich nicht daran.

Deine Storyfassung ist noch weiter eingedampft. Danielle geht freiwillig ganz ohne „Schwarzen Hund“ und auch sonst hast du auf einiges verzichtet oder es anders dargestellt. Diese Verknappung passt gut zu deiner Plotvariation und gibt der Story einen ganz eigenen Charme. Den Eingangsdialog finde ich kurz und knackig. Dass er ein Freak und zum Gespött geworden ist, sollte aber gezeigt und nicht erzählt werden. Und die Schlussszene auf der Straße würde ich auch ausführlicher behandeln. Sie ist doch entscheidend. Damit die Idee richtig deutlich wird, würde ich da auch ruhig mehr übertreiben, so dass es für den Normalo vollkommen unverständlich ist, wie Quentin reagiert, so nach dem Motto: Nanu, was war denn hier passiert? Oh, ein Schuss. Wie interessant, da musste er doch gleich mal nachsehen. Das nur, damit du weißt, was ich meine.

Hier noch Kleinigkeiten:

Quentin
Eine Verbeugung vor Quentin Tarantino? :)
„Hast du es gehört?“, fragte seine Frau Daniella. „Jerome verkauft.“
Das "es" stört mich. So redet man doch nicht. "Hast du's gehört?" oder "Hast du schon gehört?"
„Wir sollten auch verschwinden“, schob sie nach, was Quentin verärgerte.
Das braucht es nicht. Schon klar.
Selten fand er den Weg in alte Stammkneipe.
in die alte ...
„Dann komm wenigsten hier her und zahl dafür“, meinte er ohne ein Lachen.
Kann sich der Leser denken und hört sich für mich komisch an.
Dann griff er in seine Jackentasche, zog ein Feuerzeug hervor und lies es dich vor Quentin Gesicht aufflammen.
ließ es
„Das reicht!“, brüllte der Barmann und sah die beiden Männer ernst an.
"Das reicht!", brüllte der Barmann die beiden Männer an. Oder auch nur: "Es reicht!", brüllte der Barmann. Wenn schon kurz und knackig, dann auch richtig.
Quentin war kreidebleich geworden, zitterte an Leib und Seele.
schöne Formulierung

Grüße
Sturek

 

Hallo Sturek!

Quentin Jerome Tarantino. Ron Zastoupil heißt einer seiner Brüder. Und Daniella ist der Vorname seiner Frau. Ja, eine kleine Hommage. Finde das Ausdenken von Namen ohnehin lästig.

Habe einiges von dem, was du anmerkst, direkt übernommen. Die Zusätze zum Barmann behalte ich. Finde, dass die trotz aller Knappheit einen feinen Unterschied machen.

Stimme dir zu, der Weg vom „Held“ zum Freak ist schon sehr tell. Da setz ich mich nochmal hin. Ob man das Ende jedoch weiter ausschmücken sollte, bin ich mir nicht sicher. Für den Moment denke ich, dass das so ausreichend beschrieben ist. Lass ich mir aber noch durch den Kopf gehen.

Danke dir für deine Rückmeldung.

Gruß,
Sammis

 

Hallo @Sammis
es gibt wohl eine Art Vorgeschichte zu diesem Text, wenn ich die Kommentare von dir und @Sturek richtig gedeutet habe? Da ich aber nicht genau weiß, um was es da geht, kann ich mich nur an diesen Text halten.

Insgesamt gefällt mir die Geschichte, auch wenn ich zugeben muss, dass zumindest das Ende bei mir nicht funktioniert bzw. ich es schlicht nicht verstehe. Aber mehr dazu in meinen Anmerkungen. Was mir richtig gut gefallen hat, war der Einstieg. Ich finde, dass es dir da richtig gut gelingt, eine melancholische Stimmung zu transportieren. Ich finde aber auch, dass die Geschichte danach ein wenig abfällt und das Ende kommt mir dann zu schnell und (zumindest für mich) nicht so ganz nachvollziehbar bzw. ich kann es schlecht einordnen. Zu den Anmerkungen:

Als alles vorbei war, glaubten die Leute der nahegelegenen Stadt, Quentin wäre, wie manch anderer, den Flammen zum Opfer gefallen. Dann wurde Quentin gefunden, er lebte. Wie das möglich war, konnte sich niemand erklären. Mit schweren Verbrennungen und einer Rauchvergiftung erwachte er Tage später im Hospital.
Ich mochte deinen Einstieg sehr. Ab hier hat es sich dann ein wenig gedreht. Ich kann dir gar nicht so genau sagen, warum. Vielleicht, weil es zu schnell abgehandelt wird? Vielleicht fehlt mir noch ein wenig mehr der Kampf gegen das Feuer? Ich kann es dir nicht genau sagen.

Spartanisch richtete er sich in einem Verschlag auf seinem Land ein und verbrachte die Tage vornehmlich mit Trinken und dem Nähren eines aus Verzweiflung entsprungenen Hasses, der sich alsbald gegen alles und jeden richtete.
Auch hier dachte ich, dass mir da die Entwicklung fehlt. Du sagst, dass es so ist. Aber ich kann die Entwicklung nicht nachvollziehen. Dafür bräuchte ich vermutlich mehr Gezeigtes.

Selten fand er den Weg in die alte Stammkneipe.

„Was willst du jetzt machen?“, fragte ihn der Barman geradeheraus. „Dich totsaufen?“

„Lass mich in Ruh.“
Das fand ich im Grunde gut, aber dann habe ich mich doch gefragt, warum der Wirt darauf kommt, dass er sich evtl. totsaufen will, obwohl er ja selten in die Kneipe kommt. Sie kennen sich trotzdem? Weil das Dorf so klein ist, und jeder jeden kennt?

„Hast mal Feuer?“ Die Männer lachten, der Barmann schüttelte den Kopf.
Gute Stelle!

Zum Hohn regnete es seit Tagen. Quentin hatte sich in eine Ecke unter Decken gelegt, überall tropfte es durch das unzureichende Bretterdach.
Ja, bitter. Andererseits ist es nicht so, dass aus der Asche wieder gut was wächst, wenn man es wässert? So gesehen eigentlich nicht die schlechteste Ausgangslage für einen Bauern, oder? Aber ich bin nicht vom Fach, kann also sein, dass es Quatsch ist und außerdem hat er ja sowieso auch ganz andere Probleme.

Und dann kommt das Ende. Das kam mir zu schnell und mir wurde zB auch die Rolle von diesem Mann nicht klar. Der Wechsel zu Quentin, der vergnügt pfeifend offenbar wieder Lebensmut gefasst hat, kam mir ebenfalls zu schnell und ist für mich (Stand jetzt: Ich lese den Text ja noch mal) nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich lässt mich dein Text ein wenig verwirrt zurück, was aber ja nicht unbedingt etwas Schlechtes ist. Ich werde da auf jeden Fall noch mal drüber nachdenken müssen und den sicherlich auch noch mal lesen. Vielleicht wird es mir dann ja ein wenig klarer. Danke dir auf jeden Fall für die Geschichte! Hat mir trotz der Verwirrung Spaß gemacht!

Viele Grüße
habentus

 

Hallo @Habentus,

das alles manifestierte sich fast schon von Anfang bis Ende wie von allein in meinem Kopf, als ich @Sturek s Text Amygdala las. Habe seine Idee ordentlich eingedamft, ist beinahe schon so etwas wie ein Gegenentwurf zu seiner sehr bildlichen Erzählung geworden. Vermutlich erschließt sich für mich alles, weil ich seinen Text beim Schreiben im Hinterkopf hatte. Ohne dies scheint das nicht aufzugehen. Stimme dir in jeden Fall zu, das rauscht alles recht fix vorüber. Selbst für Flash Fiction. Ist aber so gewollt, soll ja flashen. Einzelne Passagen herauszupicken und auszuschmücken, erscheint mir dann auch nicht stimmig. Aber natürlich muss der Text aufgehen (verständlich sein), sonst macht das absolut keinen Sinn. Werde beim Überarbeiten versuchen, mich in den Leser ohne Vorkenntnisse zu versetzten. Ob das gelingt?

Danke dir fürs Lesen und deine hilfreichen Gedanken zum Text.

Gruß,
Sammis

 

Hallo Sammis, für mich erschließt sich die Auflösung der Geschichte nicht. Bin gerade erkältet und deshalb vielleicht etwas langsam im Kopf, aber ich sehe da nicht den geringsten Hinweis auf die Pointe des Ganzen.

Davon mal abgesehen, hat die Geschichte ein paar Probleme. Über das zusammenfassende Erzählen wurde schon einiges gesagt. Das ist gerade bei sehr kurzen Kurzgeschichten häufig ungünstig.

Als gravierender empfinde ich aber das Fehlen eines Schwerpunktes in dem Text. Anfangs geht es in dem Ehegespräch um die Farm, die existenziellen Schwierigkeiten und damit auch um die Probleme einer Beziehung, in der beide etwas anderes wollen bzw. für richtig halten. Und dann wird dieser Konflikt einfach zur Seite gelegt und das Problem ist jetzt plötzlich die Verunstaltung des Protagonisten durch den Brand. Wenn das aber das eigentliche Thema ist, dann ist der Anfangsdialog mit seinen Implikationen fehl am Platz.

Weiter geht es dann mit dem plötzlichen Angebot einer Heilung, was wiederum den Fokus verschiebt. Dachte ich zwischenzeitlich, es ginge darum, wie sich Quentin mit seiner Verletzung und der Reaktion der Mitmenschen auseinandersetzt, taucht auf einmal die Verheißung einer Heilung auf, was ein neues Thema darstellt.

Im Format einer Kurzgeschichte ist normalerweise nur begrenzter Platz für verschiedene Konflikte und Themen. Wenn Du zu viel reinpackst, wirkt das Ganze unentschlossen, ziellos. Meine Empfehlung lautet daher, genauer zu überdenken, worum es Dir eigentlich geht. Dann alles Überflüssige rausstreichen.

Vom Sprachlichen her fand ich Deine Geschichte gut geschrieben. Wenn Du Dich mehr aufs Szenische konzentrierst und den Schwerpunkt der Story betonst, wird das bestimmt ein guter Text.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus,

vielen Dank für deine Gedanken zum Text. Vorweg wünsche ich dir eine rasche Genesung. Ich bin davon überzeugt, dass dein Kopf auch so gut genug funktioniert und deine Einschätzung nicht durch einen Infekt getrübt ist. Es freut mich, dass du trotz der Mängel Potenzial im Text siehst.

Ich unternehme mal den Versuch, mich/den Text zu erklären.
Grundidee war: Das einem Mann, der unter großer Angst leidet, dadurch geholfen wird, dass ihm generell das Gefühl der Angst genommen wird. Die Pointe sollte dann sein, dass Angst als Eigenschutz jedoch unerlässlich ist. Der Anfang sollte dazu dienen, den Mann vorzustellen: Ein sturer Bock, der sein Land um keinen Preis aufgibt. Dann braucht es einen Grund für seine Angst, das Feuer und anschließend die vermeintliche Heilung, ohne die die Pointe nicht möglich wäre.
Dass man sich generell nicht allein auf die Pointe verlassen soll, leuchtet mir ein. Mir ist auch klar, dass ein Text oft verliert, konstruiert man ihn auf eine Wendung hin. Möchte man beides, „schön“ erzählen und pointieren, kommt man um eine gewisse Textlänge wohl nicht herum. Nur ist es tatsächlich absolut nicht legitim und von vornherein zum Scheitern verurteilt, es hin und wieder anders zu versuchen?
Ich habe in meinem Leben lediglich einige Dutzend Bücher gelesen und etliche Hundert (vielleicht sogar tausende) Filme geschaut. Woher meine Ideen stammen und wodurch mein Schreiben beeinflusst wird, liegt also auf der Hand. Ich kenne die Definition einer Kurzgeschichte. Aber verbietet es sich wirklich strikt, etwas anderes mit wenigen Worten zu erzählen, nur weil es nicht diesem Rahmen entspricht?
Am Beispiel Film: Packe ich wenige Stunden in 90 Minuten kommt dabei selbstredend etwas anderes heraus, als wenn ich in derselben Zeit ein ganzes Leben zeige.
Dass die Pointe meiner Geschichte nicht funktioniert, kann ich nachvollziehen und akzeptieren. Habe ja bereits eingeräumt, dass ich da nochmal ran muss, dass ich versuchen werde, es verständlicher zu gestalten. Ich verwehre mich jedoch dagegen, mich einem Zwang unterzuordnen, den ich für wenig sinnvoll erachte. Drücke ich die Schulbank und bekomme die Aufgabe gestellt, eine Kurzgeschichte zu verfassen, sind die Regeln klar definiert. Darüber hinaus plädiere ich jedoch für Spielraum, da ich der Auffassung bin, dass sich ansonsten wenig Neues entwickeln kann. Zurück zum Film hieße das überspitzt gesagt, dass es mehr oder minder nur Filme nach Schema F gäbe.
Verlässt man vorgegebene Pfade läuft man fast zwangsläufig Gefahr auf Ablehnung zu stoßen, da man Erwartungshaltungen nicht erfüllt. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass uns manch Großartiges verwehrt geblieben wäre, hätte sich von Zeit zu Zeit nicht jemand einen Dreck um Konventionen geschert.
Damit möchte ich keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich dieser jemand sein könnte. Ich finde es schlicht reizvoll (fand es immer schon), andere Wege zu gehen und auszuloten, was möglich ist.
Zugleich verstehe ich jedoch auch deine Einwände und es ist sicher eine gute Idee, eines der von dir angesprochenen Themen herauszupicken und daraus eine in sich geschlossene Geschichte zu formen. Nur bin ich, wie gesagt, der Meinung, dass das nicht immer so ablaufen muss.

Nochmal vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, und gute Besserung!

Gruß,
Sammis

 

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