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Vergangenheitsbewältigung

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09.01.2002
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Vergangenheitsbewältigung

Die Stimme eines beliebigen Talkmaster schallte durch die Boxen des Fernsehers. Es war einer dieser teuren Breitwandgeräte, auf denen man verschiedene Kanäle gleichzeitig sehen konnte, mit einer Fernbedienung, die mehr Knöpfe hatte, als das Cockpit eines Flugzeugs. Ein einsamer Sonnenstrahl schien durch das Wohnzimmerfenster, genau auf den Sessel, in dem Samuel Boyle saß. Staubflocken, vom Licht erhellt, wirbelten wie Kohlensäure in einem frisch eingeschenkten Glas Soda. Im Zimmer war es heiß und stickig, doch Samuel schien es nicht zu stören. Seine Augen waren geschlossen, und er schien angestrengt nachzudenken. Er hatte den Fernseher laut gestellt, damit er nicht mit anhören musste, wie die Leute des Umzugsunternehmen, die Möbel seiner Frau – wenn es nach ihr ginge, baldige Ex-Frau -, aus der Wohnung schafften. Sie war bereits vor einigen Wochen, wie sollte es auch anders sein, zu ihrer Mutter gezogen. Natürlich hatte sie auch die Zwillinge, Kevin und Michael, mitgenommen. Nur Conan, ihren Basset Terrier, der aus jeder Pore nach feuchtem Wald stank, hatte sie da gelassen. Hätte er doch lieber auf seine Mutter gehört, die schon früh das hitzige Temperament von Martha zum Anlass nahm, sie als glatte Fehlbesetzung in der Rolle der Schwiegertochter zu betrachten. Für Samuel war es gerade dieses Feuer, das in ihr brannte, dass es ihm angetan hatte. Die ersten Monate ihrer Beziehung waren die schönsten seines Leben. Monate voller Leidenschaft, Spontaneität und Spaß. Sie kamen sich vor wie Bonnie und Clyde; zu zweit gegen den Rest der Welt. Was sie jedoch am meisten verband, war der Sex.
Es war als ob ihre Körper für einander geschaffen worden wären. Sie trieben es überall, ob im Auto, im Waschsalon, im Zugabteil oder im Kino, kein Ort war vor ihnen sicher. Doch dann kamen die Zwillinge und Martha Kleinman wurde zu Mrs. Martha Boyle. Das unerwartete Gewicht der Verantwortung lastete bleiern auf ihre Schultern. Martha gab ihr Studium auf und Samuel nahm eine Stelle als Programmentwickler bei einer Software Firma an. Das alles war jetzt sechs Jahre her. Eine verdammt lange Zeit in der viel passieren kann und passiert ist. Es war jetzt acht Uhr Abends und er saß immer noch in seinem Sessel. Die Kerle von der Möbelfirma waren schon seit etliche Stunden weg und aus dem Fernsehgerät dröhnte die Titelmusik eines Spielfilmes. Eine schnelle und wilde Abfolge von Bildern, begleitet von dem treibenden Rhythmus eines Rocksongs, strömten auf Samuel ein, ohne dass er sie richtig wahrnahm. Sein Arm hing schlaff an der Armlehne hinunter und Conan leckte seine Hand. Sie war seltsam kalt und als der Hund merkte, dass sein Herrschen nicht reagierte, legte er sich hin und kaute eine wenig auf einer kleinen Plastikdose rum. Eine kleine weiße Pille rollte aus der Dose. Conan schnupperte kurz daran, verlor aber schnell das Interesse. Was soll ein Hund auch mit einer Schlaftablette ?

 

Hallo grasi!

Die Atmosphäre, die im Zimmer herrscht, hast Du gut eingefangen. Es ist möglich, sich neben den Mann auf das Sofa zu setzen, nur leider kann der Mann selbst nicht erkannt werden. Er müsste genauer charakterisiert werden, um mitfühlen zu können.


Die Idee hinter der Geschichte, glücklicher Anfang einer Beziehung - Alltag - Scheidung - Selbstmord, ist meiner Ansicht nach schon sehr simpel und vielfach ausgetreten.

Aber ich finde Deinen Stil, bis auf kleinere Rechtschreibfehler (siehe unten ;) ), gut und werde mal mehr von Dir lesen. :)

Die paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

Es war einer dieser teuren Breitwand Geräte

...Breitwandgeräte

genau auf dem Sessel

...auf den Sessel

in einem frisch eingeschenktem Glas

...eingeschenkten Glas

heiß und stickig doch Samuel

stickig, doch

geschlossen und er schien

geschlossen, und er...

die schon früh, das hitzige Temperament

ohne Komma

dieses Feuer das in ihr brannte

dieses Feuer, das... (mit Komma ;) )

Die ersten Monate ihrer Beziehung, waren die schönsten seines Leben gewesen.

Ohne Komma, und "gewesen" könnte man weglassen, oder?

Es war als ob ihre Körper für einander geschaffen worden seien.

Es war, als ob ihre Körper füreinander geschaffen worden wären

Das unerwartete Gewicht der Verantwortung, lastete bleiern auf ihre Schultern.

Das unerwartete Gewicht der Verantwortung lastete bleiern auf ihren Schultern.

als Programm Entwickler

Programmentwickler

Es war jetzt Acht Uhr Abends

Es war acht Uhr abends...

as der Hund merkte

als...

kaute eine wenig auf einer kleinen Plastikdose rum

kaute ein wenig...
Ich würde nicht den flapsigen Ausdruck "rum" verwenden. Das passt nicht zum Stil der restlichen Geschichte.


Somit habe ich wieder einmal Kleinstkram herausgesammelt, aber mich stören gerade diese übersehenen, unnötigen Fehler im Lesefluß.

Alles Liebe,
Sylvia

[Beitrag editiert von: Kitana am 15.03.2002 um 22:25]

 

Liebe Kitana,

vielen Dank für die Kritik und die Korrekturen.
Es ist mir klar, dass es ein ziemlich abgegriffenes Thema ist aber ich wollte es halt auch mal probieren. :D

Liebe Grüße
:smokin: Grasi

 

Hi grasi,

Der Anfang der Geschichte gefällt mir gut. Die Atmospähre ist sehr dicht und ich fing an die schwere der Luft zu fühlen aber dann kommt der allseits beliebte Selbstmord hinzu. Ich will einfach nichts mehr mit einem simplen "Schlaftabletten fressen und tot" Suizid lesen. Es ist nicht nur abgedroschen sondern auch noch falsch. Sich mit schlaftabletten umbringen ist ungemein schwierig, da man einen ziehmlich unangenehmen Brecheiz unterdrücken muss.

Eine Geschichte mit dem Tod zu beenden finde ich OK, ich tue das ja selber auch, aber ich hasse Selbstmorde.

Na ja das ist meine Meinung.

Gruß
nighty

 

Hallo Nightboat,

also wenn ich ehrlich bin, habe ich eigentlich auch die Nase voll von Selbstmorden.
Es sollte eigentlich der Anfang einer längeren Story werden, aber als ich den ersten Teil der Geschichte fertig hatte, kam mir halt diese Idee mit dem Selbstmord, die mir eigentlich als ganz nett erschien.
Ich werde aber den Text, zumidenst zum Teil, für eine andere Geschichte, verwenden. Und eins kann ich dir versprechen : es wird darin kein Selbstmord vorkommen ;)

Liebe Grüße

:smokin: Grasi

 

Hallo grasi,

prinzipiell habe ich nichts gegen Selbstmorde in Geschichten, in dieser finde ich es allerdings auch etwas träge, muß mich also meinen Vorschreibern anschließen.

Wenn Du aus dieser Geschichte etwas Längeres bauen willst, so würde ich die Charaktere ein wenig mehr ausbauen, vielleicht durch Erinnerungen.

Claus.

@Kitana:

Weshalb 'wären' und nicht 'seien'? Weshalb Konjunktiv II? Bin sehr interessiert!

 

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