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Vergangene Tage
„Also die Kinder können einem echt Leid tun. Die verkümmern schon, bevor sie richtig wachsen können.“
„Jetzt sterben sie auch schon daran.“
„Was?“
„Die Kinder sterben an der Krankheit.“
„Tatsächlich?“
Er nickte.
„Wo?“
„Brooklyn. Ist gestern ein Junge verreckt.“
Der graubärtige Jimmy schüttelte enttäuscht den Kopf und trank sein Glas aus.
In der Bar herrschte eine drückende Stimmung.
„Scheiße. Als wäre es nicht genug, dass die Kinder ein Leben lang Krüppel bleiben. Jetzt sterben die auch noch.“
Beide schüttelten den Kopf.
„Noch zwei Bier!“, rief Tom dem Barkeeper zu.
Sie warteten bis sich der weiße Schaum gesetzt hatte.
„Wie kommt das eigentlich?“
„Was?“, fragte Tom.
„Na fühlt sich doch an, als ginge die Welt unter. Ich meine die Europäer schießen sich Kugeln in die Schädel und zerstören ihre Länder und hier wütet diese elendige Seuche.“
Sie schwiegen.
„Wie lange denkst du, geht der Krieg noch?“
„Ich weiß es nicht. Die Zeitungen schreiben, dass sich alle Kriegsparteien verschanzen und niemand so recht vom Fleck kommt.“
„Sinnlos“, bemerkte Tom.
Jimmy nickte.
„Denkst du wir machen da mit?“, fragte Tom.
„Wo?“
„Na bei dem Krieg.“
„Gute Frage!“
„Also?“
„Verdammt, das ist nicht unser Krieg!“
„Aber möglich wäre es?“
„Sicherlich.“
Beide nahmen einen Schluck.
„Aber wenn es so weiter geht, haben wir bald keine Jugend mehr, die für uns da mitmachen kann. Unsere Jungs können ja nicht mehr laufen“, sagte Jimmy.
Ein Mann setzte sich zu den Beiden.
„Tag Jimmy. Tag Tom!“
Sie nickten betrübt.
„Habt ihr von den Absperrungen gehört?“
„Welche?“
„Die Straßen aus und nach New York werden gesperrt. Jeder wird kontrolliert. Die wollen nicht, dass sich die Seuche ausbreitet. Ist ja letzte Woche ein Junge aus Jersey erkrankt. Hat Fieber bekommen und konnte plötzlich nicht mehr laufen. Ist immer umgefallen.“
„Scheiße!“
„Woher weißt du das?“, fragte Tom.
„Zeitungen.“
„Also lassen die unsere Kinder hier sterben?“, fragte Jimmy.
„Sieht danach aus.“
„Scheiße!“
„Schreiben die auch, ob man schon weiß, wie sich das Ganze ausbreitet?“, fragte Tom.
Jimmy trank sein Glas in einem Zug leer.
„Nein. Man weiß eigentlich gar nichts. Trifft Arme und Reiche. Saubere und Dreckige. Eigentlich 'ne faire Krankheit.“
„Scheiße! Barmann noch ein Bier!“
Ein Junge, der die ganze Zeit in einer dunklen Ecke gesessen hatte, stand auf und humpelte auf Krücken zur Tür.
Alle blickten ihm nach.
„Armer Mensch!“