Es gilt hierorts ein Dogma, der erste Satz einer Geschichte sei der wichtigste, weil er als eine Form von Einladung in den Text gilt -
und damit erst einmal hallo und herzlich willkommen hierorts,
Vanillezucker,
was objektiv gesehen falsch ist, was Du hier wunderbar beweist und den Lehr- und Glaubenssatz mit einem einzigen Buchstaben falsifizierst.
Schon das erste Wort ist entscheidend und das ist als Adjektiv korrekt geschrieben, aber seit der Einführung der Majuskel zu Zeiten der Karolingischen Renaissance in die altfränkische / althochdeutsche Schriftsprache gilt die Großschreibung zumindest für Satzanfänge - ob nun vollständiger Sätze oder Ellipsen und Überschriften.
Aber keine bange, Du korrigierst halt
und die erste Hürde ist genommen. zu allem andern wurde ja jetzt genug gesagt (wie etwa, dass die Geschichte dem Bericht näher stehe als einer Erzählung, was durchaus zutrifft), Probleme, die fast jeder anfänglich hat und so bleib ich bei diesem Text, weil das interessanteste Thema neben den Formen des Lebensendes gewählt wird. Wie nebenbei werden formale Fehler aufgezeigt werden - wobei selbstverständlich Doppelnennungen zu andern Kommentatoren auftreten können/müssen, weil ja noch nix korrigiert ist.(!), gewschweige eine Reaktion bisher erolgte.
Das erste offensichtlich Problem beginnt mit dem ersten Satz, wenn die vergleichende Konjunktion "als" einen vollständigen Satz einleitet
Es war ein kühler, regenarmer Spätsommer[,] als sie sich kennenlernten.
und nach dem Komma verlangt.
Beim zwoten ist es die unglückliche Doppelung des waren-Handels und vor allem das Indefinitpronomen
Obwohl sie beide gebunden waren, waren sie eigentlich schon auf der Suche nach jemand Neuem.
Das einfachste, ein "waren" einzusparen, ist die Re-Verbalisierung der Suche, etwa der Form "..., suchten sie (eigentlich) schon nach ...". Mit dem Mut zur Ellipse lassen sich sogar beide umgehen, etwa "Obwohl (sie) beide gebunden, ..." Warum setz ich zwomal die Klammer?
Das sie - steht schon im vorherigen, dem ersten Satz, und wird nun durchs wichtige "beide" auf zwo reduziert (hätten ja auch drei oder mehr sein können. Im Paar, eben den "beiden" steckt die neue Nachricht für den Leser. Und das "eigentlich" ist so entbehrlich wie ein Kropf! Es ist so bedeutungsschwanger wie die Betonung, dass etwas wahr/ehrlich usw. sei. Denn gerade die Überbetonung durch diese Adjektive lässt an den Aussagen zweifeln. Warum soll etwas selbstverständliches betont werden? Frag jedenfalls ich mich (und das ist gewisslich wahr, um es mal biblisch auszudrücken). Versuch's mal selber!
Und sie lachten so viel an diesem Abend.
Warum das Füllsel "so"? Ist "viel" nicht genug? "So" wird es aber auch nicht präziser. Viel ist eben als unbestimmbare Menge Zahlwort und zugleich Eigenschaft genug - allemal mehr als wenig/er und unendlich mehr als überhaupt nicht gelacht zu haben.
Für Frauen scheint - statistisch gesehen - Humor und Witz des anderen Sympathieträger zu sein und zudem gilt lachen als gesund (außer, man lachte sich tot, was aber immer noch besser ist, als im Schmerz zu enden). Burschen wie ich meines dagegen i. d. R. bierernst! Kannze mir glauben!
Später knutschte er mit einer anderen.
Ist doch kein Verbrechen - oder?
Sie tauschten keine Nummern.
Wer - die beiden ("sie" vom Anfang) oder alle drei (wobei es für die andere Hälfte der "beiden" eher logisch ist, es sei denn - ich spinn mal weiter - die "andere" wäre der anderen Hälfte der "beiden" bekannt. Aber das wird sich hoffentlich ... Wart ich's ab!)
Aber sie wollte ihn gerne wieder sehen und so ging sie eine Woche später zu demselben Ort und traf ihn tatsächlich wieder.
Das gibt's, dass die/der Verliebte (ohne "Nummer" - wobei mir auffällt, dass dann wahrscheinlich nicht mal die Namen ausgetauscht wurden ...) wie besoffen an den Ort der Glückseligkeit zurückkehrenund zumindest wie ein Raubvogel umkreisen ...
Sie tranken und lachten und redeten und tanzten zusammen.
Da hat ein Vorredner schon drauf hingewiesen - den inflationären Gebrauch des "und". Hier find ich ihn sogar gelungen, weil Kommas da eher Atempause und im schlimmsten Falle Stolperfallen für die Tanzenden (auch abhängig vom Trunk!) bedeuten.
Es war so leicht, sie gab ihm ihre Nummer.
Na, endlich! Weiß denn der eine vom andern jetzt auch schon den Namen - oder muss ers über einen Anruf erfahren?
Obwohl sie es halbwegs versuchten, klappte es mit keiner Verabredung.
Ist doch klar, bei halbherzigen Versuchen. Oder trau'n sie sich nicht? Ist eine/r schüchtern scheues Rehlein - wie ich, aber ehrlich!
Und endlich mal 'ne Ellipse!
Nicht zu viel anbieten, Angst vor Ablehnung.
Nee, "Angst" ist immer was unbestimmtes, selbst wenn die "Ängste" mit präzisen Bezeichnungen wie "Platzangst" etwa versehen sind. "Furcht" wäre konkreter, wenn schon "Ablehnung" genannt wird. Um einen Kontrast zu erzeugen zwischen den ellipsoiden Teilen, ruhig zwo Sunstantive "Furcht vor ..."
Und so kam es, dass sie sich erst* als der Herbst schon halb vorbei war, zufällig wieder begegneten.
* Komma (siehe weiter oben) oder alternativ ein Gedankenstrich, der das Komma hervorragend in diesem Fall ersetzt.
Er freute sich [...] sehr[,] sie wieder zu treffen.
"So" (siehe oben) weg und Komma zum Infinitivsatz, obwohl der Infinitiv mit zu mit dem Reförmchen von 1996/2006 grundsätzlich vom Komm befreit ist. Da gibt's dann viele Ausnahmen wie die hier, dass ein Komma zu setzen sei, wenn die Infinitivgruppe von einem Substantiv abhänge. Ist hier nicht so leicht zu erkennen, wenn man nicht daran denkt, dass das Personalpronomen (in dem Fall das "sie") Platzhalter für "sie" als Frau, Person und Namen steht.
Mein Tipp: Grundsätzlich Komma vor Infinitivgruppen (uralte Regel der Vor-96-er und, wenn ich das mal richtig gesehen hab, spätestens seit den mrächenhaften Brüder Grimm, die ja wie nebenbei als Juristen die Germanistik mitbegründeten.)
Ein Adjektiv, das wie ehrlich, echt wahr, eigentlich Skepsis auslöst, zumindest bei mir, selbst wenn es ehrlich gemeint ist. Warum nicht das geradezu biblische "Und die Freude war ohne Falsch"? Schließlich ist die Liebe - oder was man dafür hält - älter als Luther und das Alte Testament und das Gilgamesch-Epos zusammen ... Im Tierreich fällt mir dazu sogar ein Beispiel ein: Kolkraben, durchaus wie alle anderen Krähen, sind gesellige/soziale Tiere, unter denen aber das Paar ein Leben lang zusammenbleibt.
Sie verbrachten die Nacht zusammen und Gefühle übernahmen das Ruder. Sie lag in seinen Armen, sicher, beschützt, begehrt. Er roch nach zu Hause.
Ja gut, ich bin gespannt nach den kollektiven Europapokalpleiten, was der Deutschlandachter am Sonntag so fertigbringt. Aber das Ruder zu übernehmen ist vielleicht gut, wenn eine schwimmende, unbestimmte Beziehung beschrieben werden soll - vor allem ist das nur ein Ruder gegenüber pluralen Gefühlen. Da ist Konkurrenz und Streit vorprogrammiert. Wie wäre es mit - Gott sei dank gibt's in der Gefühlswelt keinen Gender-Quatsch - "Gefühle übermannten sie". Was ja vielleicht sogar buchstäblich zu nehmen ist.
So, genug, jetzt musstu selber gehen lernen (was natürlich schlecht mit paarweise übereinanderliegenden Beinen geht - da im Kino musstu auf jeden Fall Ungereimtheiten ausbügeln, wenn er zwomal ihre Hände nimmt, ungewollt von Dir wahrscheinlich - mein Beitrag wird sonst arg viel länger als der zu besprechende Text, denn der Schlusssatz
Für sie war es Liebe. Und für ihn vielleicht auch.
- das "und" weist ja darauf hin, dass es auch als ein Satz formuliert werden kann - dass "Liebe" ein vielverwednetes, vor allem aber missbrauchtes Wort ist.
Über die Bandbreite, was Liebe sei, hat sich im Dezember 2013 das Zeit Magazin (Die Zeit Nr. 52, 2013, eingestellt unter http://www.zeit.de/2013/52/was-ist-liebe) ausgelassen. Und über die Verwandtscht des Verbes und Substantivs zur Liebe öffnen sich überraschende Zusammanhänge.
Aber jetzt wart ich mal erst die erste Reaktion deinerseits ab.
Bis dann!
Friedel