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Verdammt, ich bin unschuldig!
"Verdammt, ich bin unschuldig!", ruft der Mann wütend zu seinem Peiniger. Doch dieser lässt sich nicht ablenken. Routiniert zieht er die Lederriemen an den Armen und Beinen so fest zusammen, wie er nur kann. Dann greift er nach der flackernden Laterne, und postiert sich neben den Gefesselten um abschließend: "Befehl ausgeführt, Herr Hauptmann!", zu rufen. "Gut, dann könnt ihr jetzt draußen vor der Tür Stellung beziehen." , antwortet der Angesprochene und winkt in gewohnter befehlshaberischer Weise zur schweren Holztür. Als der Soldat die modrige Kerkerzelle verlassen hat, kreist der Hauptmann langsam, wie ein Geier der auf seine Beute wartet, um den Gefangenen herum.
"Ich ... ich habe nichts getan!", beschwört er ein weiteres mal. "Genug jetzt!", schneidet ihm der äußerst korpulente Hauptmann das Wort ab. "Uns interessiert es nicht, wer schuldig oder unschuldig ist", fährt er fort "erzähl uns lieber alles was du weißt! Das ist deine - einzige - Möglichkeit, ungeschorren aus dieser Sache raus zu kommen!", ermahnt er ihn. "Ich habe euch doch schon alles gesagt, was ich weiß. Ich habe beim Großen Eber einen über den Durst getrunken, was sollt' ich auch sonst machen wenn der Kerl mir einen Humpen nach dem anderen ausgegeben hat?! Da kann man doch nicht einfach Nein sagen?", meinte er völlig unverständlich zum dicken Hauptmann. "Da kommt also ein wildfremder Kerl zu dir", er stockt und sieht zu seinem Gefangenen um sich zu vergewissern, dass er ihm folgt, ehe er seinen Bericht fortsetzt "und dann füllt er dich einfach so ab, ohne jeglichen Grund! Und du erinnerst dich rein „zufällig“ an nichts mehr, weil du so stock besoffen warst! WIESO?", brüllt er ihn dann plötzlich an, sodass ein wenig Speichel auf dem Gesicht des Gegenübers landet. "HÖR ENDLICH AUF MIT DEINEN MÄRCHENGESCHICHTEN DU VERHURRTER TRUNKENBOLD!", schnaubend ballt er die Hand zu einer Faust und versetzt dem hilflosen Mann einen wuchtigen Schlag in die Magengrube, der ihm sämtliche Luft aus den Lungen presst. Keuchend beist jener schmerzlich die Zähne zusammen, und trotz seines rebellischen Charakters schluckt er mühsam alle Flüche, die er in den Jahren als Obdachloser im Armenviertel von Raufels auswendig gelernt hat, hinunter, da er genau weiß, dass es für ihn nur schlimmer zurück kommt. Der Gardehauptmann tretet zurück und betrachtet mit großer Genugtuung die Schmerzen, die er trotz seinem Übergewicht noch verursachen kann und klopft sich gedanklich auf die Schulter.
Nun fischen seine Wurstfinger in der Uniformtasche herum, bis sie vorsichtig ein goldenes Amulett mit einem Diamanten hervorziehen und es vor dem schmerzverzerrten Gesicht des Bettlers baumeln lassen. Das Gold glänzt in den feuchten Augen des Sträflings. Jener blickt auf und erstarrt. „Wunderschön.“, meint dieser hypnotisch, so sehr zieht ihn das diamantbesetzte Goldamulett in den Bann. So sehr, dass die Schmerzen augenblicklich vergessen sind. Eilig steckt der Uniformträger das Amulett wieder in seine Tasche zurück, als fürchte er, dass der Inhaftierte ihm das kostbare Amulett wegzaubern könnte. Nach einer kurzen Verschnaufpause bricht der korpulente Hauptmann das Schweigen. „Das haben wir in deiner Tasche gefunden. Es wurde zwei Tage zuvor aus dem Haus des Juwelenhändlers Jakob Kulping gestohlen. Ein spektakulärer Einbruch.“, fügt er nach kurzem Zögern hinzu. Der Obdachlose gibt sich geschlagen und schluckt schwer, da er realisiert hat, in welch‘ auswegloser Situation er momentan steckt. Und niemand glaubt ihm.
Das Schweigen genügt dem Dicken als Antwort, ehe er weiter spricht, „Niemand, nicht mal ein Geisteskranker würde so was wertvolles einem versoffenen Schwein wie dir geben.“, er betrachtet die heruntergekommene Gestalt vor sich, tastet dann vorsichtshalber noch mal nach dem Amulett in seiner Tasche. „Du kannst mit deiner Tarnung jetzt endlich aufhören.
Wirklich brillant gespielt aber jetzt wurdest du trotz deiner großartigen Schauspielkunst erwischt, du weißt was das für dich bedeutet?“, der Angesprochene blickt auf die Ausbeulung, die das Amulett in der viel zu engen Tasche verursacht, dann nickt er traurig. Die Gedanken kreisen bereits. Henker, Schafott, Tod, Morsan‘s Reich.
Doch der Hauptmann unterbricht seine Suiziden Gedanken. „Wenn du uns deinen Hehler und deine Hintermänner ans Messer lieferst, werden wir dir vielleicht „nur“ Steinbruch bis zum Tod gewähren.“, dann klopft er ihm aufmunternd auf die verdreckte Schulter, was unglaublich deplaziert wirkt. „Also, was hältst du von dem Vorschlag?“, der Gefesselte schaut zu ihm auf, als würde er Licht am Ende des Tunnels sehen. Obwohl er wirklich nur ein armer Bettler, Hurenbock und Säufer war, musste er jetzt auf die schnelle irgend einen Hehler finden und ihn ans Messer liefern.