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09.09.2001
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Jetzt stand er hier und bereute seine Entscheidung, die er vor fast drei Monaten getroffen hatte.

„Wir brauchen zwei freiwillige, die versuchen, sich in einen Ring aus organisiertem Verbrechen einschleusen und sich dort hocharbeiten Leute. Wir wollen erfahren wer ihre wahren Führer sind, was für Aktionen sie planen, auch wie sie kommunizieren und sich koordinieren.“
John war erstaunt. Er war erst seit gut einem Jahr bei der Polizei, trotzdem wurde ihm schon jetzt ein solch verantwortungsvoller Job angeboten. Sicher würde er viel aufgeben müssen, so würde er sich nicht im normalen Freundeskreis bewegen können, musste ein anderes Konto anlegen, würde praktisch sein gesamtes Leben umkrempeln müssen. Die Mafia würde mit Sicherheit Nachforschungen anstellen, bevor sie ihm anfangen würden zu vertrauen.
John schaute sich um, die Polizisten hinter ihm schauten verlegen an die Decke oder aus dem Fenster. Offensichtlich war keiner besonders scharf auf den Job, was ja auch verständlich war, denn schließlich hatten die meisten Familie und Kinder. John hingegen war grade 20 Jahre, seine Eltern waren bei einem Autounfall gestorben und er war nicht verheiratet. Außerdem würde so ein Einsatz sicher gut bezahlt und er würde sicher befördert.

„Keiner?“ fragte der Präsident, der im gleichen Moment eine Augenbraue hochzog. Offensichtlich war er enttäuscht über sowenig Motivation. Die perfekte Gelegenheit für John, ihn auf sich aufmerksam zu machen. John zeigte auf und von da an ging alles ganz schnell:
Er wurde gebrieft, bekam eine spezielle Ausrüstung, eine neue Wohnung, eine neue Identität.
Schon zwei Tage später war er eine komplett andere Person, hieß jetzt Stefan und war bereit, sich der Unterwelt zu widmen.
Natürlich war er nicht der erste Polizist der sich in diesen Kreisen aufhielt. Ein Kollege war damals sein erster Kontaktmann, der ihm seine ersten Jobs vermittelte. Klar, keiner der oberen Rangordnung ließ sich zu dieser Zeit bei ihm blicken, ihm wurde nur gesagt was er tun soll, und er tat es.
Er lieferte Geld, Drogen und Waffen bei den verschiedensten Personen ab, die er alle genau protokollierte. Er konnte zu diesem Zeitpunkt keinen hochgehen lassen, das würde auffallen, aber er wurde angewiesen, alle irgendwie involvierten Personen zu melden. Seine Arbeit war bis jetzt nicht wirklich schwierig, denn er genoss eine Art Immunität vor der Polizei. Er versuchte natürlich, wann immer es möglich war, seine Verbrechen weniger schlimm zu machen. So streckte er Drogen und veränderte den Lauf mancher Waffen leicht, so dass sie nicht mehr genau ihr Ziel treffen konnten, was sein Gewissen etwas beruhigte.

Was ihn wirklich ärgerte war, dass er das Geld was er verdiente, wieder abgeben musste. Es war viel Geld was er bekam, und es wurde mit der Zeit immer mehr. Nicht nur langweilige Botengänge waren es, die er bekam, es waren inzwischen auch organisatorische Dinge.
So sammelte er das Geld von den Straßendealern ein oder erinnerte säumige Schuldner mit Hilfe eines kleinen Schlägertrupps an ausstehende Zahlungen.
So arbeitete er sich hinauf in der Rangliste, Schritt für Schritt. Er war sogar nahe dran, den wichtigsten Mitarbeiter des Stadtteils zu treffen, seine „Karriere“ entwickelte sich gut und er rechnete aus, dass er schon an die 250.000 Euro verdient hätte, müsste er nicht alles abgeben. Seine Zukunft in der Organisation sah rosig aus. Bis gestern.
Es dauerte nicht lange bis es jeder wusste: Der Polizeichef war in eine Affäre um eine Baugenehmigung für sein Haus verwickelt. Keiner wusste genaues, aber es reichte, um ihn gehörig unter Druck zu setzen. Schon öfter wurde in der Vergangenheit die Kritik laut, er weise zu wenig Resultate vor und beschränke sich auf das Aussitzen seiner Amtszeit bis zu seiner Pensionierung.

`Im Endeffekt ist der Druck der Presse schuld an meiner Situation.’, dachte er sich in diesem Moment. ‚Diese verdammte Presse. Wie viele Probleme weniger hätten wir ohne diese beschissene Presse.’

Denn der Polizeichef musste jetzt handeln, logisch. Er ließ die Hälfte von den Leuten auffliegen, mit denen John in den letzten Wochen zu tun hatte und das war natürlich das schlimmste was passieren konnte. Zum Glück kam keiner darauf, dass John der Maulwurf sein könnte, dafür deutete nicht genug auf ihn hin, schließlich waren es nur etwa die Hälfte der Leute auf seiner Liste und mit denen hatten schließlich auch andre zu tun.
Trotzdem fingen die Bosse an, seltsame Aufträge zu verteilen. Leute, die normalerweise nicht für solche Art Befehle qualifiziert waren, bekamen Aufträge die offenkundig die Loyalität überprüfen sollten. Sachen, die ein Polizist niemals machen würde, wurden, ohne Angabe von Gründen, an relativ kleine Fische verteilt.

Na ja, John hatte gehofft, der Kelch ginge an ihm vorüber, oder es wäre wenigstens ein Befehl, den er mit Hilfe seiner Immunität hervorragend umgehen konnte.

In diesem Moment hasste er den Polizeichef. Er hatte nicht besonders viel Extravergütung bekommen, er musste alles Geld abgeben und er musste Sachen machen, die er kaum mit seinem Gewissen vereinbaren konnte.

Gestern war es dann soweit, er fand einen kleinen Brief auf seinem Tisch (wie die unbemerkt in seine Wohnung kamen war ihm immer noch ein Rätsel).
„Kopfkissen – André Hanmaier – morgen 16.00 – G-Markt“
André Hanmaier war ein stadtbekannter, beliebter Politiker, der morgen Nachmittag ein Kaufhaus eröffnen sollte. Das war schon vor einer Woche durch die Zeitungen gegangen, da es eines der größten Kaufhäuser des Landes sein sollte.
John hatte eine leise Ahnung, verdrängte den Gedanken aber. Zitternd ging er in seinem Schlafzimmer, atmete kurz durch, hielt den Atem an und riss das Kopfkissen weg.

Ein Scharfschützengewehr.

John setzte sich und vergrub die Hände im Gesicht. Was sollte er jetzt tun? Er konnte danebenschießen, allerdings wäre das auffällig, denn das Terrain war wie gemacht für einen Anschlag. Es gab dort viel Hochhäuser und Fenster. Man musste schon ein totaler Anfänger sein um danebenzuschießen.
Er konnte nur noch weg; den Einsatz abbrechen und zurück nach Hause. Zweifelsohne gefährlich, denn die Organisation würde wissen, dass er der Maulwurf war und wäre gnadenlos hinter ihm her. Vielleicht würde er nicht länger als ein paar Monate leben, bis er sich wieder auf die Straße traute und ihn jemand wieder erkennen würde. Aber er hatte ja keine Wahl. Oder?

Er setzte sich an den Tisch, schaute seine Liste durch. Zweihundertfünfzigtausend. Diese Summe hätte er verdient bis jetzt. Zweihundertfünfzigtausend. Zweihundertfünfzigtausend.
Zweihundertfünfzigtausend.
Gewissensmäßig hatte er eh schon die meisten Barrieren überwunden, warum also nicht? Die guten Kontakte die er zur Polizei hatte, könnte man hervorragend gegen sie ausspielen. Er würde der Liebling der Bosse werden, immer mit den neusten Informationen an der Hand. Er würde reich werden.

Und jetzt stand er da und bereute die Entscheidung, die er vor drei Monaten getroffen hatte. Hätte er einfach nicht aufgezeigt, hätte er nicht zuviel gewollt, hätte diese verdammte Presse nicht alles breitgetreten, läge André Hanmaier jetzt nicht blutend auf dem Boden.
Selber Schuld.

 

Hallo TripH!

Keine schlechte Geschichte, aber auch nicht besonders gut. Ehrlich gesagt fand ich sie etwas langweilig.

Das Ende kommt aber ganz überraschend rüber.

Viele Grüße, Michael

 

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