Was ist neu

Vaters Erbe

Mitglied
Beitritt
14.01.2004
Beiträge
6
Zuletzt bearbeitet:

Vaters Erbe

VATERS ERBE

Ich sehe das Entsetzen im Gesicht meines Vaters. Er nimmt mich in die Arme. Er weint. Ich habe meinen Vater noch nie weinen gesehen. „Wo ist Mammi?“, frage ich. Ich bekomme keine Antwort. Es dauert Jahre, bis ich realisiere, was passiert ist.

„Ich meine, 32 tote Kinder in 20 Jahren und vom Täter keine Spur. Das ist doch nicht normal. Es ist genau wie in dem Buch ES von Stephen King. Manchmal denke ich, ein verdammter Clown ist in dieser Stadt und killt die Kids.“ Thomas, mein einziger Freund, lächelt und sagt: „Vielleicht hättest du diesen letzen Joint doch nicht rauchen sollen.“ Wir brechen beide in lautes Gelächter aus. Es ist eine warme Sommernacht, und wir sitzen auf einer Parkbank. Nach einem kurzen Moment der Stille fragt Thomas mich: „Sag mal, wie ist das Leben eigentlich, wenn man ein Klon ist?“ Ich muss nachdenken. Ich denke an meinen Vater, dessen Klon ich bin. „Es ist schon schräg, wenn man praktisch identisch mit seinem Vater ist“, erkläre ich ihm, „aber alles in allem ist mein Leben genau so beschissen wie alle anderen auch.“ Ich hoffe, das Thema sei damit beigelegt. Doch Thomas lässt nicht locker. Er lässt nie locker. „Warum haben sich deine Eltern für die Klonsache entschieden? Konnte deine Mutter nicht schwanger werden?“ Mir gefällt nicht, wie sich die Diskussion entwickelt. Ich möchte über vieles reden, aber ganz bestimmt nicht über meine Mutter. „Nein, das war es nicht“, erläutere ich. Thomas scheint überrascht zu sein.. „Mein Vater sagt mir immer, er wollte einen Sohn, der genauso ist wie er. Weiss der Teufel warum.“ „Seltsam“, erwidert Thomas. Wenn ich so darüber nachdenke, ist das wirklich seltsam. Sehr seltsam sogar.

Es ist mein 16. Geburtstag, als ich von meinem Vater ein besonderes Geschenk bekomme: Eine Waffe. „Es gibt nichts schöneres, als mit einer Waffe herumzuballern. Wir Menschen sind wie dafür geschaffen“, erklärt er mir. „Als ich in deinem Alter war, war es das grösste für mich, mit solch einem Ding zu schiessen. Du bist wie ich, also wird es auch dir gefallen.“ Oh, und wie es mir gefällt. Ich liebe es, in meiner Freizeit mit der Waffe auf alles mögliche zu schiessen. Ich kann hervorragend zielen. „Du könntest den Kinderschänder in dieser Stadt locker umbringen, so wie du zielen kannst“, behauptet mein Vater. Ich werde neugierig. „Würdest du es tun? Ich meine, wenn du den Typen finden würdest, würdest du ihn töten?“ „Nein, das könnte ich nicht“, sagt mein Vater und schüttelt den Kopf. „Könntest du es?“ Ich überlege. Der Typ hat 32 Kinder auf brutalste Weise ermordet. „Ja, ich würde es tun“, erwidere ich. Mein Vater lächelt. Die Antwort scheint ihm zu gefallen.

Ich bin ein Einzelgänger. Ich rede nicht viel. Dies macht einem in der Schule nicht gerade beliebt. Dort nennt man mich „Arschficker“, und dabei bin ich noch nicht mal Schwul. Ich glaube, in der Schule hat jeder seinen persönlichen Feind. Meiner heisst Bruno. Er liebt es, mir die Fresse zu polieren. Bruno wird nie satt. Es macht im immer wieder Spass. Wenn ich meinem Vater davon erzähle, und das tat ich oft, sagt er immer wieder das gleiche: „Mein Junge, irgendwann wirst du ihm überlegen sein.“ Dabei lächelt er.

Es ist ein regnerischer Herbsttag, der mein Leben für immer verändert. Die Schule ist zu Ende, und Thomas und ich wollen noch in den Park kiffen gehen. Wir begegnen Bruno, der noch aggressiver als sonst zu sein scheint. Er packt Thomas am Kragen und hebt ihn hoch. „Heute bist du mal dran, Arschloch“, droht er. Er schlägt mit seiner Faust in das Gesicht von Thomas. Er blutet aus der Nase. Aber er kann nicht die klappe halten. Das konnte er noch nie. „Fick dich, du Missgeburt“, schreit er Bruno an. Ein Fehler. Ein grosser Fehler. Bruno nimmt ein Messer aus seiner Tasche und läuft damit auf meinen Freund zu. Thomas ist wie erstarrt. In diesem Moment entscheide ich mich, mich zu wehren. Das erste Mal in meinem Leben. Ich packe den Hals von Bruno und werfe ihn zu Boden. Ich würge ihn mit meinen beiden Händen. „Lass ihn in Ruhe!“, schreie ich. Ich sehe die Überraschung in den Augen von Bruno. Damit hast du wohl nicht gerechnet, du kleiner Bastard. Die Stimme meines Vaters ertönt in meinem Kopf: Irgendwann wirst du ihm überlegen sein. Oh ja, ich war im überlegen, haushoch überlegen. Ich drücke fester zu. Meine Augen leuchten, ich zittere am ganzen Körper. Die Welt um mich herum existiert nicht mehr. Ich höre Thomas schreien: „Du bringst ihn um! Hör auf! Du bringst ihn um!“ Ich beachte ihn nicht. Ich kann sie nun sehen, die Angst in seinen Augen, die Todesangst, und sie ist wunderschön. Nichts kann mich mehr stoppen.

Ich renne nach Hause, in Panik. Ich begreife nicht, wie das passieren konnte. Mein Gesicht ist voller Tränen. Als mich mein Vater sieht, fragt er, was passiert ist. „Ich habe etwas furchtbares getan. Oh Gott, ich habe jemanden umgebracht!“, sage ich mit zittriger Stimme. Ich habe meinen Vater noch nie belogen, und dies ist nicht der Tag, um damit anzufangen. Mein Vater reagiert nicht, wie ich es erwarte. Er bleibt ruhig. Wie kann er bei so etwas ruhig bleiben? „Setz dich, wir müssen reden“. Es scheint fast so, als hätte er erwartet, dass so etwas passiert. Wir setzten uns hin und schauen uns in die Augen. Ich sehe mein Ebenbild, 25 Jahre älter. „Mein Sohn, hast du dich jemals gefragt, warum du ein Klon bist?“ Ich denke an mein Gespräch mit Thomas, an seinen überraschten Blick, als ich ihm gesagt habe, dass meine Mutter durchaus hätte schwanger werden können. „Nicht wirklich“, antworte ich. Mein Vater lächelt. Es ist ein furchtbares lächeln. „Ich wollte jemand erschaffen, der genau so ist wie ich, der mich versteht. Der versteht, was ich getan habe.“ Und nach einer kurzen Pause: „Es ist wunderschön, nicht wahr?“ Meine Hände zittern, ich fühle mich, als müsste ich gleich kotzen . „Was ist wunderschön?“, frage ich wie hypnotisiert. „Das töten“, antwortet mein Vater. Ich sehe jetzt Tränen auch in seinen Augen. Die ganze Welt dreht sich. Ich denke an den Blick von Bruno vor seinem Tod. Ja, mein Vater hat recht. Es ist wunderschön. „Ich bin der Kinderschänder in dieser Stadt, mein Junge. Ich kann es nicht stoppen. Ich tue es immer wieder“ Er beginnt zu schluchzen. Mein Herz rast. Zorn steigt in mir hoch, er überwältigt mich. „Sie hat es gewusst, nicht wahr? Meine Mutter wusste was für ein Monster du bist! Deshalb hat sie sich umgebracht. DU HAST SIE IN DEN TOD GETRIEBEN!“ Ich ergreife meine Waffe und ziele auf meinen Vater. Mir kommt es vor, als ziele ich auf mich selbst. Mein Vater schliesst die Augen. Vielleicht wusste er, dass es soweit kommen wird. Vielleicht wollte er es sogar. Ich schiesse fünf Kugeln in den Kopf meines Vaters. Eine Kugel bleibt übrig. Die ist für mich.

ENDE

 

Hallo Simon,

und herzlich willkommen bei KG.de!

Gleich Vorweg, ich hab die Geschichte nicht gelesen, denn ich bin kein Fachmann im Bereich Horror und möchte mich deshalb hier auch keines Kommentars anmaßen. Hilfreiche Kommentare kommen aber bestimmt, von Leuten, die sich mit dem Genre besser auskennen.

Nur ein kleiner Tipp für die Zukunft. Schreib nicht: "inspiriert durch Stephen King" im Titel. Warum auch. Soll das ein Leser-Fänger werden?

Sonst könnte ja jeder schreiben, durch welche berühmte Person er inspieriert wurde...
"Inspiriert durch Michael Crichton" in SF, z.B. oder "inspiriert durch Heidi Klum" in Romantik/Erotik?

Am besten bittest Du einen Moderator, dass er den Titel für Dich ändert (in der Geschichtenliste kann man das nicht selbst ändern).

gruss und nimm's mir nicht übel,
p.

 

Hallo simon_w,

Glückwunsch zu deinem Einstand!

Ich finde überhaupt nicht, dass du den Stil von Stephen King übernommen hast. Deine Geschichte hat einen eigenen Stil. Kurz, aber prägnant.

Das Ende erinnert mich an "The Sixth Sense", wo man am Schluss den Anfang schon wieder vergessen hatte und deshalb von der Pointe am Ende überrascht wurde.

Viel Erfolg bei deiner weiteren Arbeit.
Gruß
Curacao

 

so, jetzt habe ich die Geschichte doch noch gelesen...Neugier siegt doch immer.

Urteil: in der Tat ein sehr guter Einstand. Sprachlich gut (bis auf den einen oder anderen Tippfehler), und vor allem sehr spannend - oder fesselnd - ist vielleicht das bessere Wort. Mit dem wenigen, dass ich bisher von Stephen King gelesen hat, hat das nicht viel zu tun, aber wie oben erwähnt, kenne ich mich da nicht gut aus. Absolut lesenswert, mach Dich selbständig und streich die King-Referenz aus dem Titel, das brauch die Geschichte nicht!

gruss,
p.

 

Hallo Simon,

auch von mir ein Herzlich Willkommen!

Mit "inspiriert von S. King" meintest du wohl die Anspielung auf ES?

Ohne allzu hart zu sein: ich kann mich den positiven Kommentaren meiner Vorredner nicht so recht anschließen.

Dazu ist die Geschichte zu vorhersehbar, man kann den Schluß schon nach dem zweiten Absatz erahnen. Ein Ende im "The Sixth Sense" -Stil, wie Curacao meinte, kann ich nicht entdecken. "The Sixth Sense" überraschte den Zuschauer zum Schluß, es war wie ein Schlag ins Gesicht, als einem klar wurde wie geschickt man auf eine falsche Fährte gelockt worden ist.

Hier jedoch ist einem klar, daß der Mörder entweder der Prot. oder sein Vater ist.

Die Charaktere sind m.M. nach ein wenig zu klischeehaft gezeichnet. Da gibt es den geistig-gestörten Vater, den melancholischen, introvertierten Sohn und einen Bösewicht (in Form von Bruno) wie er in jedem Teenie-Film vorkommt.

Zu der Klon-Sache: eigentlich ein interessanter Aspekt, aber ist er wirklich wichtig für die Story? Ich finde, sie würde auch so funktionieren. Auf der einen Seite wünscht sich der Vater jemanden, der seine Taten versteht, andererseits weiß er (und wünscht es sich), daß sein Sohn in wegen seiner Taten tötet.

Ich bin auf dem Gebiet des Klonens zwar nicht so bewandert, aber wenn der Sohn exakt seinem Vater entspricht, müsste er dann nicht ebenso "mordgeil" sein? Warum erschießt er dann den Vater? Ein logischeres Ende wäre in meinen Augen, wenn er den Vater erschießt, dann aber seinen Platz einnimmt und die Morde an seiner Stelle weiterführt.

Langer Rede kurzer Sinn: Parallelen zu King konnte ich keine erkennen. Zum Glück, denn ich dachte du kupferst gnadenlos ab. Da ist es positiv, daß du bereits deinen eigenen Schreibstil hast.

Weniger gut gefällt mir die Idee der Geschichte und der wenig überraschende Schluss.

Absolut nicht böse gemeint!

Gruß
Mike

P.S. du hast noch sehr viele Rechtschreibfehler, vorallem bei der Groß- Kleinschreibung.

 

Hallo zusammen,

Also zuerst ein paar Worte zu dieser unglücklichen Sache mit Stephen King: Ich bin neu hier und kenne eure Regeln nicht. Ich wollte damit auch nicht Werbung für meine Story machen. Mir erscheint es einfach wichtig, dass es ohne die Bücher von SK diese Story nie gegeben hätte. Das ich von ihm inspiriert wurde, heisst auch nicht, dass ich seinen Stil nun kopieren will. Vielmehr ist King der Grund, warum ich überhaupt eine Horrorgeschichte geschrieben habe. Lange Rede kurzer Sinn: Ich habs aus dem Titel entfernt. Ich hoffe das Thema ist damit erledigt.

Ich möchte euch für eure Kritiken danken. Die Meinungen sind geteilt, was für meine erste Geschichte ja gar nicht so schlecht ist ;-). Nachfolgend möchte ich näher auf die Kritik von Mike eingehen:

"Hier jedoch ist einem klar, daß der Mörder entweder der Prot. oder sein Vater ist."

Ich empfinde es als schwierig, in einer Kurzgeschichte viele mögliche Mörder darzustellen. Wenn die Auswahl aus zwei Personen besteht, ist das aus meiner Sicht gar nicht mal so schlecht.

"Zu der Klon-Sache: eigentlich ein interessanter Aspekt, aber ist er wirklich wichtig für die Story? Ich finde, sie würde auch so funktionieren. Auf der einen Seite wünscht sich der Vater jemanden, der seine Taten versteht, andererseits weiß er (und wünscht es sich), daß sein Sohn in wegen seiner Taten tötet."

Ich habe mir auch überlegt, ob es ohne die Klonsache funktionieren kann. Ich habe mich schlussendlich dafür entschieden, weil ich die Vorstellung faszinierend finde, dass ein Klon durch die Betrachtung seines Schöpfers in seine eigene Zukunft blicken kann. Ich habe übrigens auch mit dem Gedanken gespielt, dass die Hauptfigur dem Drang zum Morden widersteht und dadurch seinem Vater beweist, dass er eine Wahl gehabt hätte. Diese Version hätte mit dem Selbstmord des Vaters geendet.

"Ich bin auf dem Gebiet des Klonens zwar nicht so bewandert, aber wenn der Sohn exakt seinem Vater entspricht, müsste er dann nicht ebenso "mordgeil" sein? Warum erschießt er dann den Vater? Ein logischeres Ende wäre in meinen Augen, wenn er den Vater erschießt, dann aber seinen Platz einnimmt und die Morde an seiner Stelle weiterführt."

Es ist nicht sicher, dass sich die Hauptfigur zum Schluss das Leben nimmt. Sein Vater hatte nicht den Mut, es zu tun. Vielleicht ist das bei ihm auch der Fall?

Gruss

Simon

 

Hm scheinbar ist es nicht möglich, die Sache aus dem Titel zu entfernen. Kann das ein Moderator für mich erledigen? Ich danke schon im Vorraus!

 

Hallo Simon,

herzlich willkommen auf kg. de

Lange Rede kurzer Sinn: Ich habs aus dem Titel entfernt. Ich hoffe das Thema ist damit erledigt.

Nicht ganz, der alte Titel erscheint weiterhin in der Geschichtenliste. Diese Änderung können nur Moderatoren vornehmen. Ich bin dann mal so frei und ändere ihn entsprechend. :)

Gruß,
Somebody

 

hi simon,
mir gefällt die geschichte. ich stimme dir bei der sache mit dem vorhersehbarem ende zu: es ist verdammt schwer auf 1-2 seiten kurzgeschichte einen vorspann aufzubauen um vom richtigen täter abzuulenken.

an die abgehackte schreibweise mit vielen kurzen absätzen musste ich mich erst gewöhnen, aber diese art passt zu der erzählung und wirkt dynamisch.

mach weiter so.

andi

 

Hi Simon,
fallen wir doch einmal direkt mit der Tür ins Haus: Gute Geschichte!
Ich persönlich glaube nicht, dass die story ohne den Aspekt des Klons so gut funktioniert hätte, denn leider ist die gewollte Überraschung am Schluss doch nicht so überraschend. Und ohne die Einbindung es Klon Themas wäre die Geschichte wohl ziemlich eindimensional.
Zuerst hatte ich kaum Lust weiterzulesen, da mir dein Schreibstil nicht gefallen hat – Irgendwie zu einfach, doch einmal mehr wurde bewiesen, dass ich mich täuschen kann, denn grad diese Einfachheit gibt dem Ganzen einen trockenen Unterton, der eine gewisse Atmosphäre schafft. Keine besonders intensive, aber es ist eine da.
Nun ja. Mir hat es auf jeden Fall gefallen.

Grüße...
morti

 

Hey Somebody,

Danke für die Änderung! Und ganje und morti danke ich für eure aufbauenden Kritiken. Alles in allem bin ich nach diesem Echo motiviert für meine zweite Geschichte, jetzt brauch ich nur noch eine Idee ;-)

Gruss

Simon

 

Wenn King Dich so inspiriert, dann liess doch noch mal eine Geschichte von ihm. (Oder eine Kurzgeschichte - dann müssen wir nicht so lange warten.) Scheint ja gut gewirkt zu haben ;)

 

Hallo,

Ich war heute doch ziemlich überrascht, als ich diese Geschichte in dem Magazin "Kurzgeschichten" entdeckte, und das mit einem Vermerk auf der Titelseite!

Darum möchte ich euch noch eimal für eure Kritiken danken, ohne diese Seite wäre das ganze nicht zustandegekommen!

Greets

Simon

PS: Ich arbeite schon eifrig an der nächsten Geschichte, es kann sich nur noch um Tage handeln *g*

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom