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Vaterliebe

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10.01.2003
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Vaterliebe

Vaterliebe

Nur eine kleine Leselampe erhellte das Zimmer mit dem Bett und dem kleinen Jungen auf dem Stuhl, der dort saß und aus einem dicken Buch laut vorlas. Die Augen des kleinen - nicht mehr als neun Jahre mochte er sein – waren vertieft in die Worte und seine Stimme, wenn auch traurig, so doch klar und jung. Im Bett unter dem Laken lag ein Mann, regungslos und dem Tode so nah.

Licht erhellte das Krankenzimmer nur spärlich und die Schatten in den Ecken schürten keine Angst bei dem Jungen. Er las und las, laut und voller Eifer und dennoch, nichts half – der Mann im Bett regte sich nicht.

Schließlich, als die Stimme des Jungen zu zittern begann und die Tränen ihm in den Augen standen, schlug er das Buch von Wut gepackt mit einem dumpfen Knall zu und schmiss es auf den Boden. Dort lag es einige Augenblicke, die Seiten zerknickt. Der Titel des Buches war „Die Bibel“.

Das Schluchzen durchzuckte den kleinen wie Schüttelfrost und er wimmerte, verloren und vergessen in diesem kleinen Zimmer mit der scheinbar toten Gestalt im Bett. Was war es für eine Welt, in der die Worte der Bibel keinen Sinn mehr machten und das Leben selbst nur noch Trauer mit sich brachte? Wenn auch erst neun, so fühlte sich der Kleine betrogen. Vater und Mutter hatten ihm gesagt das Leben sei schön und nun?

Die Tür wurde aufgestoßen und eine Krankenschwester kam herein. Ihr Blick richtete sich sofort auf den Kleinen, der noch immer weinte. Beinahe trat sie auf die gebundene Ausgabe der Bibel. Sie nahm das Buch und kam auf ihn zu. Ihr Lächeln war nicht voll Freude, sondern verzogen von Mitleid und Trauer. Ihre Augen jedoch sprachen von Liebe, wie der kleine Junge sie einst in den Augen seiner Mutter hatte finden können.

„Warum macht Gott, dass wir sterben?“ schrie er plötzlich.

Sie strich durch sein Haar. „Nicht, Ben. Schhh...“ Sie nahm ihn in die Arme und die heißen Tränen sanken in den weißen Stoff ihres Schwesternkittels.

Auch in ihren Augen standen plötzlich Tränen.

So blieben sie dort in dem kleinen Zimmer am Ende des Ganges der Unfallstation und es erschien so endlos, so sinnlos. Warum musste ein Kind allein das Leben erfahren, dass einen in Trauer und Angst erstickte?

Sie alle hatten den Mann dort im Krankenbett gekannt. Er war berühmt gewesen und im Fernsehen hatten seine einstmals klaren Augen die Menschen verzückt. Das Leben hatte dem armen Mann böse mitgespielt. Nur der Junge war ihm geblieben, nachdem die Ehefrau einen sinnlosen Tot gefunden hatte, in dieser Stadt, die für jeden in der nächsten Gasse den Tot bereit hielt, wie es schien. Man hatte sie aufgefunden irgendwo in der Bronx, das Gesicht zerkratzt, die Adern geschlitzt und missbraucht. Gnade hatte sie erst ereilt, als sie in dem Krankenwagen ihren letzten Atemzug gemacht hatte.

Die Schlagzeilen hatten Hunderte Zeitungen überall im Lande geziert und die Menschen verschreckt und in Trauer gestürzt. Doch das Leben selbst war rätselhaft und verworren. Es nimmt was es gibt und das Schicksal eines jeden war es damit umzugehen. Aber dieser kleine Junge hatte schon soviel Leid erfahren...

Doch dann hörten sie die Stimme, gebrochen und voller Schmerz. Es war die Stimme des Mannes, zerrieben von der Qual des Atmens, doch er sprach noch lauter.

„Mein Ben!“

Der kleine Junge glaubte nicht was er hörte und zaghaft drehte er sich um, zum Bett, wo der Mann starr an die Decke blickte. Doch die Lippen bewegten sich. Ben sprang an das Bett und suchte in den starren Augen nach der Liebe des Vaters. Wenn die Augen nur erloschene Fackeln waren, so doch erklang in der Stimme des Mannes die Liebe zu seinem Sohn.

„Weine nicht!“ sagte er, die Worte hervor quetschend.

„Es wird nicht lange dauern, dann ist es vorbei.“ erklärte er.

Die Schwester stand noch immer mit der Bibel in der Hand am Fuße des Bettes und biss sich auf die Lippen. Ihre Tränen fanden nichts, das sie aufhielt und leckten so über ihre Wangen.

„Glaub weiter an das Wort, das du liest und schreibst, mein Ben! Erzähl den Menschen nicht, es sei falsch an die Liebe zu glauben“ sprach der Mann, den sie als Pfarrer Brownstone kannten. Der Mann, der es geschafft hatte ihnen den Glauben wieder zu bringen, an den Frieden in einer Welt, für die es scheinbar nur noch wenig Hoffnung gab. Er war nicht nur Pfarrer, sondern Diplomat und hatte die Botschaft des Friedens in vielen Staaten dieser Erde gepredigt.

Doch Hass regierte noch immer, und so war es gekommen, dass ein Wahnsinniger ihn angefahren hatte. Der Wagen war schwarz wie der Tod selbst gewesen, hatten Augenzeugen voll Furcht und Trauer zu Protokoll gegeben. Als Brownstone an der Straße gestanden hatte und der Wagen aus dem nichts um die Kurve gesprungen war, hatten seine Augen nicht gezwinkert. Sein Schrei hatte den Sonnenmorgen zerbrochen in einen Tag voll Leid und Trauer.

Ben küsste seinen Vater das letzte Mal, als dieser hauchte: „Sei stark und kämpfe für deinen Glauben mein Sohn. Niemand wird deinen Glauben nehmen. Pass auf dich auf...“ Dann war nur noch Stille, nur unterbrochen vom Weinen des Kleinen und der Schwester.

Als sie Ben mit aus dem Zimmer nahm, sagte er: „Ich will wie Vater sein.“

Ich weiss der Text ist nichts besonderes. Jedoch irgendwie wurde ich das Bild von dem Jungen mit der Bibel nicht los und musste etwas schreiben. Ich selbst habe leider keinen Vater, auf den ich Stolz sein kann; meine Eltern sind geschieden... Aber dennoch, irgendwann ist man(n) mal selbst Vater vielleicht und dann wäre ich über so einen Sohn stolz ...

 

Hallo Badfinger,
Deine Geschichte hat mich zutiefst angerührt. Dennoch habe ich zunächst einige Passagen für meine Anmerkungen kopiert.
Nachdem ich aber Deinen Schlußsatz gelesen hatte, habe ich die Anmerkungen wieder gelöscht, weil sie mir in dem Zusammenhang unwichtig erscheinen.
Vielleicht deshalb, weil ich aus eigener Erfahrung Dein Gefühl nachvollziehen kann.
Ich denke, diese Geschichte und Deine Worte klagen die Gleichgültigkeit vieler Menschen, auch in den Beziehungen zu ihren Kindern an. Besonders die Liebe zu den eigenen Kindern, ist eine Investition, die unendlich viel zurückbringt. Wieder eigene Erfahrungen.
Unverständlich, daß viele Menschen sich selbst um diese Erfüllung bringen.
Deine Einstellung ist die einzig wahre und ich wünsche Dir diese Erfüllung.
Liebe Grüße
Manfred

 

Da bin ich aber überrascht und freue mich sehr. Gerne würde ich aber deine Kritikpunkte, die dir einfielen noch wissen. vielelicht per PM oder so, denn ich selbst bin mit dem Text noch nicht so zu Frieden.

Gruß
Badfinger

 

Hallo Badfinger,
meine Anmerkungen sind eigentlich nur stilistisch und Du kannst es ändern oder lassen. Ist halt Geschmackssache.

-----------
Im Bett unter dem Bettlaken lag ein Mann, regungslos und dem Tode so nah
----------Bett ist doppelt. Vielleicht: unter dem Laken oder unter der Decke.

----------
Schließlich, als die Stimme des Jungen begann zu zittern und die Tränen ihm in den Augen standen
-----------zu zittern begann und ihm die

----------
Ihr Lächeln war nicht voll Freude, sondern verzogen von Mitleid und Trauer.
-----------Ihr Lächeln war voller Mitleid und Trauer.

-----------
„Weine nicht!“ sagte er, die Worte hervor quetschend.
-----------quetschen ist nicht schön. Vielleicht: nur mühsam hervorpressend

----------
und so war es gekommen, dass ein Wahnsinniger ihn hatte angefahren.
----------ihn angefahren hatte

----------
Als Brownstone an der Straße gestanden hatte und der Wagen aus dem nichts um die Kurve gesprungen war, hatte seine Augen nicht gezwinkert. Doch da der Grill des nachtschwarzen Lieferwagens ihn durch die Luft geschmetterte hatte, hatte er geschrieen.
----------dieser Satz ist voll mißglückt.

---------
Dann war nur noch Stille, einmal abgesehen vom Weinen des Kleinen und der Schwester.
--------nur unterbrochen vom..........

Ich bin selbst eine Niete in Rechtschreibung aber ich meine Du solltest den Text noch mal durch die Prüfung jagen.
Da sind einige Fehler drin.

Wie ich schon geschrieben habe: ein beeindruckender Text und überwiegend gut geschrieben.
Du hast versucht Atmosphäre reinzubringen und das ist Dir streckenweise auch gut gelungen. Ich liebe es aber, wenn viel davon drin ist.

Liebe Grüße
Manfred

 

Auf jeden Fall vielen Dank, werde dieser Tage den text nochmal angehen!

 

So nun ist der Text überarbeitet. Danke noch einmal für die Hilfe. Ich habe fast alle Anregungen umgesetzt und es freut mich, dass der Text so gefiel :)

 

Hallo Badfinger!

Als Geschichte an sich finde ich sie ganz gut gelungen. Sie weckt Gefühle für den Jungen, der allein mit seinem Leid zurückbleiben muß.

Aber womit ich nicht ganz klar komme, ist Dein Nachwort:

irgendwann ist man(n) mal selbst Vater vielleicht und dann wäre ich über so einen Sohn stolz ...
Das stimmt mich doch sehr seltsam. Ich frage mich: Warum fällt Dir bei dem Gedanken an einen eventuellen Sohn nicht etwas Schönes ein, etwas, das mehr mit Leben als mit dem (eigenen) Tod zu tun hat? Wenn ich mir vorstelle, noch ein Kind zu bekommen, sind Gedanken an den Tod in weitestmöglicher Entfernung, da besteht die Welt aus Luftballons und Blumenwiesen, aus Kinderlachen und schlimmstenfalls aus Händen, die Tränen abwischen... :shy:

Was mir noch aufgefallen ist:

"Die Augen des kleinen"
- des Kleinen

Ähm, die Augen waren vertieft in die Worte und die Stimme? Und was heißt "wenn auch traurig, so doch klar und jung"?

"regungslos und dem Tode so nah."
- und dem Tode nah. (auf "so" müßte ein "wie" folgen...)

"Das Schluchzen durchzuckte den kleinen"
- den Kleinen

"„Warum macht Gott, dass wir sterben?“ schrie er plötzlich."
- sterben?“, schrie er

"Warum musste ein Kind allein das Leben erfahren, dass einen in ..."
- erfahren, das einen

"nachdem die Ehefrau einen sinnlosen Tot gefunden hatte, in dieser Stadt, die für jeden in der nächsten Gasse den Tot bereit hielt,"
- sinnlosen Tod gefunden
- den Tod gefunden

"die Adern geschlitzt und missbraucht"
- Adern aufgeschlitzt
- wie missbraucht man aufgeschlitzte Adern?

"Doch das Leben selbst war rätselhaft und verworren. Es nimmt was es gibt und das Schicksal eines jeden war es damit umzugehen. Aber dieser kleine Junge hatte schon soviel Leid erfahren...
Doch dann hörten sie die Stimme, gebrochen und voller Schmerz. Es war die Stimme des Mannes, zerrieben von der Qual des Atmens, doch er sprach noch lauter."
- Warum schreibst Du nicht einfach eine Geschichte, Du mußt niemandem widersprechen, kannst die Dochs und Abers einfach weglassen (beachte bitte auch die Beistriche/Kommas):
Das Leben selbst war rätselhaft und verworren. Es nimmt, was es gibt und das Schicksal eines jeden war es, damit umzugehen. Dieser kleine Junge hatte schon soviel Leid erfahren...
Dann hörten sie die Stimme, gebrochen und voller Schmerz. Es war die Stimme des Mannes, zerrieben von der Qual des Atmens, doch er sprach noch lauter.

"Der kleine Junge glaubte nicht was er hörte und zaghaft drehte er sich um, zum Bett, wo der Mann starr an die Decke blickte. Doch die Lippen bewegten sich."
- glaubte nicht, was er gehört hatte
- zaghaft drehte er sich zum Bett um, ... (Das "um" könntest Du auch weglassen.)
- Die Lippen bewegten sich.

"... dann ist es vorbei.“ erklärte er"
- vorbei", erklärte er (ohne Punkt, mit Beistrich nach dem Anführungszeichen)

"Ihre Tränen fanden nichts, das sie aufhielt und leckten so über ihre Wangen."
- Tränen "lecken" über Wangen??? :shy: - laufen, rinnen, kullern...

"es sei falsch an die Liebe zu glauben“ sprach der Mann, ..."
- glauben", sprach

"Der Mann, der es geschafft hatte ihnen den Glauben wieder zu bringen, an den Frieden in einer Welt, für die es scheinbar nur noch wenig Hoffnung gab."
- Besser: Der Mann, der es geschafft hatte ihnen den Glauben an den Frieden in einer Welt, für die es scheinbar nur noch wenig Hoffnung gab, wieder zu bringen.

"der Wagen aus dem nichts um die Kurve gesprungen war,"
- aus dem Nichts
- ein Auto springt um die Kurve? :shy:

"Sein Schrei hatte den Sonnenmorgen zerbrochen in einen Tag voll Leid und Trauer."
- ... hatte den Sonnenmorgen in einen Tag voll Leid und Trauer zerbrochen.

"kämpfe für deinen Glauben mein Sohn"
- Glauben, mein Sohn


Alles liebe,
Susi

 

Also da verstehst Du mich etwas falsch. Natürlich denke ich bei dem Gedanken an einen Sohn nicht an den Tod.

Die Story ist einfach so dagewesen, ich hab mich nicht sonderlich angestrengt, sondern einfach geschrieben.

Deine Detailanmerkungen werde ich mir noch anschauen, bzw. verbessern. Dafür lieben Dank. Allerdings ist es mir neu, dass nach einer Wörtlichen Rede mit Satztzeichen ein Komma kommt. War früher nicht so, ist das denn jetzt so???

Gruß
bf

 

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