Mitglied
- Beitritt
- 05.07.2016
- Beiträge
- 22
Vater und Sohn
Die Pistole auf die Stirn seines Vaters richtend, wartete Dean mit kaltem Blick die nächste Reaktion seines Gegenübers ab. Doch es geschah nichts. beide starrten sich nur gegenseitig an. Vater und Sohn. Beide vom gleichen Blut, und doch wie von einem anderen Planeten. Die Zeit schien still zu stehen. Alles was Dean vernahm, war das Adrenalin, das noch immer durch seinen Körper strömte, ihn stark machte. Er konnte von Anfang an die Kontrolle über die Situation gewinnen. Als Dean in die Wohnung gestürmt kam, war er schneller, schlauer und gerissener gewesen als sein Vater. Aber das war er eigentlich schon immer. Schon als kleines Kind glänzte er mit Talenten, von denen sein Vater nicht einmal zu träumen gewagt hatte, was wohl auch einer der Gründe dafür war, dass er seinen Sohn immer so behandelte, wie er es eben tat. Dean kamen wieder all die Schandtaten seines Vaters ins Gedächtnis. Die Schaukel, seine Geburtstagsparty damals und dann wieder die Schaukel. Die Finger um den Griff der Waffe verkrampften sich. „Es ist vorbei, alter Mann“, flüsterte Dean, ohne eine Miene zu verziehen. Sein Vater wischte sich etwas Blut von der Unterlippe. „Du bist erwachsen geworden, mein Sohn“, er grinste und zeigte dabei seine gelblichen Zähne, von denen Dean zuvor einen mit dem Ellbogen herausgeschlagen hatte. „Du kommst in meine Wohnung und greifst mich an? Das zeugt von Männlichkeit Kleiner!“, er zeigte keinerlei Schmerz. „Deine Vorstellung von Männlichkeit habe ich nie geteilt“, Dean betonte das Wort „Männlichkeit“ mit solcher Abscheu, dass man meinen könnte es wäre ein Schimpfwort. „Ein richtiger Mann, macht die Kleinen und Schwachen nicht nieder, sondern hilft auch ihnen groß zu werden. Ein richtiger Mann, beschützt die Frauen, die sich alleine nicht zu helfen wissen, und knallt sie nicht ab wie ein Reh in der Wildsaison. Du, Vater bist kein Mann!“ Der bärtige Alte an der Wand begann zu lachen. Er war besiegt und am Ende, trotzdem fand er die Kraft dazu. Dean biss die Zähne zusammen. „Mein Junge, dir ist doch hoffentlich klar, dass du mich als ehrenvoller Gesetzeshüter, noch dazu in deiner Position, nicht einfach töten kannst. Du hättest deine Kollegen schicken sollen, jetzt klebt mein Blut an deinen Händen“ „Tja, Das liegt wohl in der Familie. Wenn ich die anderen Cops geschickt hätte, wärst du nur im Knast gelandet und hättest die wohlriechenden Schwänze deiner Zellengenossen lutschen dürfen. Das wäre keine gerechte Strafe gewesen“, Dean beugte sich runter und drückte seinem Gegenüber die Waffe unters Kinn. „Weißt du, Mörder, Drogendealer, Diebe, diese ganzen Menschen gehören hinter Schloss und Riegel. Doch für dich, alter Mann, ist ein Platz direkt in der Hölle reserviert“, er drückte ab.
Dean wischte sich das Blut und ein paar Stückchen des Gehirns seines Vaters aus dem Gesicht und musterte die Wohnung. Er hatte keine Spuren hinterlassen, keine Fingerabdrücke und er hatte keinen Schlag abbekommen, weshalb auch kein Blut von ihm gefunden werden konnte. Er drehte sich noch einmal kurz zu den sterblichen Überresten seines Vaters um. „Das war für Mutter“, sagte Dean und verließ die Wohnung. Es war vorbei.