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Vater in Panik

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27.04.2014
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Vater in Panik

Samstag, 8. März:

Irgendwann am späten Nachmittag klingelt das Telefon und als ich abhebe erschallt ein undefinierbarer Wortschwall meiner Tochter aus dem Hörer. „Klasse“, denke ich, „Hört sich so an, als fetzen sich Mutter und Tochter mal wieder aufs Heftigste…“.
„Langsam, langsam“, kann ich irgendwann einwerfen und Mei holt tief Luft. „Was ist denn jetzt wieder los bei euch?“
Ich lebe seit anderthalb Jahren von Frau und Tochter getrennt, erfülle aber dennoch möglichst alle anfallenden Pflichten.
Mein erster Verdacht bestätigt sich nicht. Es ist die Freude, die meine Tochter aufgeregt und lautstark in den Telefonhörer rufen lässt.
„Ich hab Karten für das Beyonce-Konzert morgen Abend in Köln gewonnen!“ jauchzt sie durch den Hörer. „Ich hab da ein Preisausschreiben gemacht, die haben mir eben eine E-Mail geschickt. Zwei Karten!“
„Glückwunsch – wie kommst du da hin und vor allem wieder weg?“ Ich überlege kurz, mein erstes Konzert besuchte ich 1977 als 18-jähriger – Genesis, die „Trick of a tail“-Tour.
„Eine Freundin kommt mit und ihr Vater holt uns auch an der Lanxess-Arena ab.“
„Okay, du weißt aber, dass es spät wird – und Montag ist Schule. Wer zum Konzert geht, kann…“
„Ja klar gehe ich in die Schule. Ich hab auch Glück, die erste Stunde ist frei…“
Schien soweit alles perfekt organisiert zu sein. Irgendwas muss sie ja von mir gelernt haben…
„Und was sagt die Mama dazu“ fällt mir noch die wichtigste Frage ein, denn Atchara ist etwas strenger und tut sich schwerer als ich damit, dass unser Mädchen langsam aber sicher flügge wird.
„Die hat ja gesagt – ist ja umsonst.“
„Na gut, dann ist das okay. Ich komme Morgen Mittag vorbei und dann kannst du mir das alles noch mal in Ruhe zeigen.“

Sonntag, 9. März (mittags):

Wie verabredet schlage ich gegen Mittag bei Frau und Tochter ein.
Mei ist ganz aufgeregt und hat sich eigentlich schon gut vorbereitet.
„Okay, zwei Regeln, Mei“, setze ich an. „Du sorgst dafür, dass der Handy-Akku vollgeladen ist, damit du erreichbar bist und im Notfall auch selbst anrufen kannst.“
Mei nickt.
„Ja genau“, meldet sich Atchara zu Wort. „Du musst jede Stunde die Mei anrufen und alles kontrollieren.“
„Während eines Konzerts kannst du keinen anrufen – ist viel zu laut“.
„Du rufst auf jeden Fall an, wenn du zuhause bist.“ Setze ich noch hinzu.
Atchara nötigt mich, die E-Mail und die ausgedruckte Gewinnbescheinigung aufs penibelste zu überprüfen, in der steht, dass die beiden Eintrittskarten bis eine Stunde vor Konzertbeginn an der Kasse bereitliegen. Nachdem soweit alles geklärt ist, bin ich eigentlich schon wieder auf dem Sprung zurück in meine eigene Höhle.
„Die Mei hat mich gar nicht gefragt, ob ich mitwill!“ klagt Atchara plötzlich und Mei guckt mich an und rollt vielsagend mit den Augen.
„Ich hab auch nie meine Eltern zu so was mitgenommen…“ entgegne ich. Allerdings hab ich auch so Musik gehört, die meinen Eltern die Gedärme verdrehte.
„Aber ich bin doch noch jung – und – BEYONCE!“ Die Betonung liegt vorwurfsvoll auf dem letzten Wort und ich gebe zu, dass ich ein geschenktes Ticket da auch nicht verachtet hätte, obwohl diese Art Musik nicht ganz mein Fall ist.
Ich unterdrücke weitere Diskussionen, wünsche Mei viel Spaß und mach mich vom Acker.

Sonntag, 9. März (nachts):

Ich hatte mir ja vorgenommen, ganz cool zu sein. Und so ziehe ich mir abends in aller Ruhe den Tatort rein und nehme mir, da es bis zu Meis Anruf noch etwas dauern konnte, wieder einmal ein Buch zur Hand.
Ein Blick auf die Uhr – 22 Uhr: Das Konzert sollte um 20 Uhr beginnen, aber ich habe noch kein Konzert erlebt, das pünktlich begann und so rechne ich hoch, dass Beyonce ihre Sangesdarbietung so gegen 23 Uhr beenden wird. Raus der Halle, vom Vater der Freundin aufgelesen werden und dann, ja so gegen Mitternacht zu Hause einfliegen… alles im grünen Bereich.
Nichtsdestotrotz kann ich mir um 23.35 Uhr einen Anruf nicht verkneifen. Mei geht direkt ran und wie vermutet hat das Ganze erst um 21 Uhr begonnen und gerade erst geendet.
„Wir warten noch auf den Vater meiner Freundin.“
„Alles klar. War’s gut?“
„Oh ja, sehr gut!“
„Alles okay, dann ruf an, wenn du zuhause bist.“
Ich lege wieder auf, widme mich einem historischen Roman von Bernard Cornwell und während ich so lese verrinnt die Zeit.

Plötzlich schrillt das Telefon – Viertel nach Zwölf.
Mei ist ja gut in der Zeit, denke ich noch und nehme ab.

„Deine Tochter ist noch nicht zu Hause!“ schallt es mir aus der Leitung vorwurfsvoll entgegen. Schon mal jemandem aufgefallen – wenn etwas nicht richtig läuft, ist Mei plötzlich „Deine Tochter“, als sei das eine Schande…
„Ich hab eben mit ihr telefoniert – die sind unterwegs“, wiegele ich ab.
„Du musst noch mal anrufen! Vielleicht ist was passiert…“
Okay, da fällt mir dann auch ein, dass in Leverkusen gerade wieder so ein perverses Schwein durch die Gegend läuft und junge Mädchen anzugrapschen versucht ; der die Tochter meiner jüngsten Schwester sogar schon in ein Gebüsch gezerrt hatte und nur auf Grund ihrer heftigen Gegenwehr Schlimmeres verhindert wurde.
Und da kommt dann wieder die Angst in mir hoch, die mich all die Jahre beschäftigt hat, schließlich kann man Mei sehr deutlich ansehen, dass sie asiatischer Herkunft ist – ein (in meinen schlimmsten Gedanken) gefundenes Fressen für freilaufende Perverslinge…

Also - mal eben ganz kurz einen Kontrollanruf tätigen, um meine Frau zu beruhigen, die nach drei oder vier Minuten schon wieder ganz aufgelöst am anderen Ende der Leitung ist.
Ich rufe Meis Handy an – und lande (wie ich es hasse…) auf ihrer Mailbox.
Wieder mal leise gestellt und in der Handtasche.
Na gut, noch einmal, damit ich Atchara bei ihrem nächsten Anruf beruhigen kann.
Wieder nur die Mailbox.
Dann eben eine SMS, in etwas schärferem Ton – schließlich hatten wir die Diskussion wegen dem Nichtannehmen unserer Anrufe letzte Woche noch- und unter Androhung drakonischer Strafmaßnahmen von mindestens einer Woche Hausarrest…
Warten….

Keine Reaktion…

Das Telefon klingelt erneut, jetzt ist 0.25 Uhr und Atchara rastet langsam aber sicher aus, weil ihre eigenen Versuche, ihre Tochter telefonisch zu erreichen, keinen Erfolg haben und vor allem, als ich ihr sage, dass ich Mei auch nicht erreiche.
Meine Frau nimmt immer an, dass ich eher zu unserer Tochter durchdringe. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das ein Ausdruck von besonderem Respekt vor mir ist.

So langsam mache ich mir auch Sorgen, obwohl ich eigentlich ruhig bleiben wollte. Ich bereite mich vor, zu später Stunde noch zu Fuß die fünf Kilometer von meinem neuen Wohnort in unseren alten Stadtteil, zu unserer alten Wohnung, zu stiefeln, um meine Frau zu beruhigen. In knappen Abständen versuche ich ab und an – 16 Mal, wie ich später im Verbindungsnachweis nachlesen kann – meine Tochter zu erreichen.

Ohne Erfolg.

Finstere Visionen schleichen sich in meinen Kopf und ich ertappe mich dabei, wie ich zum Hörer greife und die 110 wählen will…
Kam der Vater der Freundin zu spät? Natürlich hatte ich auch nicht nach dem Namen von Freundin und Vater gefragt – wen soll ich jetzt anrufen, um eine Auskunft über den Verbleib meiner Tochter zu erhalten?

Hat etwa irgend so ein perverser Sack?
Gnade ihm Gott… wenn ich den erwische.

Es hält mich – nun um 0.35 Uhr und drei weiteren vergeblichen Anrufversuchen meinerseits und ebenso vielen Anrufen meiner Frau bei mir – nicht mehr in der Wohnung. Ehe ich genau darüber nachdenken kann bin ich bereits fast auf Höhe der Textar vollgeladen mit einem Gefühlsmix aus Angst und Wut – wahrscheinlich hat sie ja wieder nur ihren Akku leergenudelt, mit Handyvideos von Beyonce…
Aber es könnte ja auch…
Soll ich die Polizei anrufen – oder lachen die mich nur aus…

Oh Mann, diese Ungewissheit!

Ich beschleunige meinen Schritt und dann klingelt das Handy. Ich sehe schon an dem Anrufbild, dass Mei von ihrem eigenen Festnetzanschluss anruft.
„Papa, ich bin jetzt zuhause…“
Ich lasse sie gar nicht weiter reden, explodiere förmlich, hauptsächlich vor Erleichterung.
„Mei, weißt du, was du Mama und mir für einen Schrecken eingejagt hast?“ brülle ich ins Handy. „Ich hab mir fast in die Hose geschissen vor Sorge – warum gehst du nicht an dein verschissenes Handy?“
„Der Akku war leer…“ kommt vom anderen Ende der Leitung.
Ich atme tief durch…
„Mann, ich hab dir doch extra gesagt, du sollst den aufladen.“ Ich blicke mich um. In meiner Wut bin ich so ziemlich in der Mitte der Strecke zwischen meiner Wohnung und der meiner Frau. Mittlerweile ist 0.50 Uhr und ich beruhige mich wieder.
„Okay, ich war schon auf dem Weg zu euch und wärst dann nicht zu Hause gewesen, hätte ich die Bullerei gerufen.“ Ich mache mich wieder auf den Rückweg, immer noch voll unter Adrenalin. „Ich geh jetzt nach Hause, Mei – aber ich schwöre dir, das machst du nie wieder…“
Auf dem Heimweg kreiere ich eine saftige Standpauke, die ich ihr demnächst halten werde aber andererseits ärgere ich mich, dass mir diese Aktion überhaupt passiert ist. Bin ich alter seniler Sack doch nicht so ein cooler Vater, wie ich immer geglaubt habe…?
©Reiner Wolf 2014

 

Hallo Carfesch,

herzlich willkommen!

Bei dem Text tun sich Fragen auf. Muss man als Vater überhaupt cool sein? Bedeutet „cool sein “ überhaupt cool zu sein, und wenn ja, in welchem Jahrzehnt oder, wie man ja auch fragen kann, in welchem Jahrhundert.
Nicht zuletzt frage ich mich, ist das eine Kurzgeschichte? Und wenn ja, warum nicht. :D

Ich meine, in dem Text steckt eine Kurzgeschichte, aber so, wie er im Moment da steht, liefert er eher eine Anekdote oder einen Blogbeitrag.

Ach ja, was hab ich mir früher nicht immer vorgestellt, was für ein supercooler Vater ich dereinst mal werden würde. Einer, der von seinen Kindern abgöttisch geliebt und verehrt wird, der eine hohe Toleranzschwelle hat, seine Kinder nie schlägt oder auch nur ohrfeigt – eben halt der perfekte Übervater, der alles, aber auch alles viel besser als seine Eltern machen würde…
Wunschdenken…
Die Realität sieht leider anders aus. Meine Tochter hat noch nie körperliche Repressalien über sich ergehen lassen müssen – den Punkt habe ich tatsächlich erfüllt. Aber in punkto Coolness habe ich wohl noch so einiges nachzuholen.
Hier das Protokoll eines grandiosen Scheiterns:
Dieser Anfang nimmt das Ende vorweg. Milde ausgedrückt: nicht optimal, für eine spannende Geschichte.

Der geneigte Leser wird sich erinnern,
Nein, ich erinnere mich nicht, und ob ich geneigt bin, wird sich erst am Ende des Textes zeigen.

doch nicht so ein cooler Vater, wie ich immer geglaubt habe…?
Ein guter Abschluss für eine Kurzgeschichte. Da kann der Leser noch über den Text hinaus rumphilosophieren. Aber der Weg dahin ist weniger nach Art einer KG – siehe die zwei Beispiele oben.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo!
Danke für Deinen Beitrag.
Tatsächlich handelt es sich hier (wie auch bei allen anderen Stories (?)) um einen Beitrag, der ursprünglich als Blogbeitrag in meinem Blog "Reiner Wolfs (un)heile Welt)" erschien, der meiner Meinung nach aber Potenzial für eine Kurzgeschichte hat. Ich hätte den Passus mit dem geneigten Leser rausnehmen müssen, weil er nur im Zusammenhang mit meinem Blog für die dortigen Leser einen Sinn ergibt - aber ich probiere ehrlich gesagt auch noch herum - ich sammele mehr oder weniger schriftlich einige Gedanken und Fragmente, die ich wahrscheinlich später zu einem größeren Ganzen zusammenfüge werde...

 

Hallo Carfesch,

da ich mich selber mit zwei Töchtern in dem Alter auseinandersetzen musste, fand ich das Thema interessant. Ich hatte dann aber große Schwierigkeiten, den Text zu lesen. Sei es das für mich total uncolle Wort cool - ich nabe mich nie als coolen Vater gesehen.
Im ganzen Text habe ich mit der Sprache Probleme und manchmal scheint mir eine kleine Story (Anekdote) zu einer Geschichte aufgepumpt zu sein.
Das Thema - Tochter ohne elterliche Aufsicht meldet sich nicht - aus was für Gründen auch immer - ist eine Geschichte wert, auch und gerade unter dem Aspekt - mach ich mich als Vater verrückt, wenn ich doch weiss, wie meine Tochter (und ihre Mutter) ticken. Aber da gehört noch einiges dazu, damits eine Geschichte wird.
Nur nebenbei - dass die Tochter anruft, sobald sie zu hause ist, finde ich schon Ergebnis einer guten Erziehung. Meine haben, besonders nachdem sie aus dem Haus waren, oft erst am nächsten Tag oder gar nicht angerufen. Wer sorgt sich um wen und warum ist diese Sorge nicht gegenseitig - das wäre auch eine interessante Frage

LG

jobär

 

Hallo Carfesch

Auch von meiner Seite ein Herzliches Willkommen bei den Wortkriegern.

Irgendwann am späten Nachmittag klingelt das Telefon und als ich abhebe erschallt ein undefinierbarer Wortschwall meiner Tochter aus dem Hörer.

Kommas vor dem "und" und nach dem "abhebe".

Ich verstehe den Anfang nicht so recht. Die Tochter ruft an, und als der Vater abnimmt, streitet sie gerade mit der Mutter? Worüber denn? Die Mutter hat ja ihre Zustimmung zum Konzert auch gegeben. Vielleicht könntest du das noch ein wenig ausführen.

„Ich hab Karten für Beyonce-Konzert morgen Abend in Köln gewonnen!“

"für das" oder "fürs"

jauchst

jauchzt

Genesis die „Trick of a tail“-Tour.

Komma nach Genesis

Das mag alles etwas kleinlich aussehen, aber solche Fehler stören beim Lesen, da solltest du echt etwas genauer aufs Handwerkliche achten. Vor allem, wenn solche Fehler zu Beginn des Textes gehäuft auftreten, macht das nicht gerade Lust auf mehr. Oft höre ich dann auch schon wieder auf zu lesen, und wenn dein Text länger gewesen wäre, hätte ich das hier vielleicht auch getan.

Wie verabredet schlage ich gegen Mittag bei Frau und Tochter ein.

einschlagen - sagt man das bei euch so? Ich kenne in dem Zusammenhang nur aufschlagen.

„Während eines Konzerts kannst du keinen anrufen – ist viel zu laut“, lehne ich ab.

Das "lehne ich ab" ist unnötig. Das sollte sich bereits aus dem Gesagten ergeben, und das tut es hier ja auch. Generell ist es kein schlechter Tipp, einfach das Verb "sagen" zu verwenden. Das Hauptaugenmerk des Lesers sollte sich auf das richten, was die Figur sagt - und nicht auf die Beschreibung, wie sie das tut. Du hast ständig so Verben wie "einwerfen", "klagen", "jauchzen" oder hier eben "ablehnen" - mir gefällt das nicht. Benutze "sagen" und mach die Dialoge aussagekräftig genug, dass du darauf verzichten kannst.

Atchara nötigt mich, die E-Mail und die ausgedruckte Gewinnbescheinigung aufs penibelste überprüfe,

zu überprüfen

Ich hatte mir ja vorgenommen, ganz cool zu sein.

Ich weiß nicht, was das mit der Coolness die ganze Zeit soll. Vor allem in der zweiten Hälfte des Textes, da macht er alles "cool" oder will cool sein - das nervt mich enorm. Anhand von Asterix' Beitrag hab ich gesehen, dass es erst eine Art Prolog gab, der das erklärt hat. Nun, jetzt, da der Prolog fehlt (was gut ist), ergibt das nicht mehr viel Sinn. Vor allem auch, weil das eine Situation ist, die nichts mit Coolness zu tun hat - da würde doch jeder Vater nervös werden, wenn die Tochter sich nicht meldet. Ich finde, da einfach nur lässig mit der Schulter zu zucken und zu denken, "Was solls?", ist kein Zeichen von "Coolness". Überhaupt, was macht der sich Gedanken darüber? Der ist doch kein Teenager mehr, was soll das?

„Oh ja, seeehhhr gut!“

Nee, also die vielen "e"s mögen ja noch gehen (obwohl auch die schon sehr unschön sind - das hier soll doch ein literarischer Text sein, kein Comic), aber was sollen die ganzen "h"s? Wie soll das ausgesprochen klingen? Einen Vokal kann man in die Länge ziehen, aber einen Konsonanten?

Ganz cool lege ich wieder auf

Also ich finde das schon nervig. Ich hab das Gefühl, hier einem 15jährigen zuzuhören. Wie legt man "cool" auf? Und warum ist das wichtig?

„Ich hab eben mit ihr telefoniert – die sind unterwegs“, wiegele ich voll cool ab.

Hier dasselbe.

„Du musst noch mal anrufen! Vielleicht ist was passiert…“

Und warum ruft die Mutter nicht selbst an?

dass in Leverkusen gerade wieder so ein perverses Schwein durch die Gegend läuft und junge Mädchen versucht anzugrapschen oder gar Schlimmeres.

Versteh ich nicht. Was soll das für ein Perversling sein und was macht der genau? Wird über jemanden in der Zeitung berichtet, der "versucht, junge Mädchen anzugrapschen"?

schließlich kann man Mei sehr deutlich ansehen, dass sie asiatischer Herkunft ist – ein gefundenes Fressen für freilaufende Perverslinge…

Versteh auch hier den Zusammenhang nicht - es klingt so, als sei sie gerade wegen ihrer Herkunft ein gefundenes Fressen für den Perversen. Warum ist das so?

die nach 3 oder vier Minuten

Zahlen ausschreiben: drei

Gnade ihm Gott… wen ich den erwische.

wenn

Ehe ich genau darüber nachdenken kann bin ich bereits fast auf Höhe der Textar vollgeladen mit einem gefühlsmix aus Angst und Wut

Textar - was soll das sein? Irgendwas in Köln / Leverkusen?

Außerdem: Gefühlsmix

„Ich hab mir fast in die Hose geschissen vor Sorge – warum gehst du nicht an dein verschissenes Handy?“

So redet er mit der Tochter? Soll das in seinen Augen wieder besonders cool sein, oder was? Auch hier hab ich eher das Gefühl, es redet ein Teenager.

hätte ich die Bullerei gerufen.

Ja auch hier. Bullerei. Na ja.

Also Carfesch, so als Fazit: Es ist schon eine Kurzgeschichte, eher jedenfalls als ein typischer Blogbeitrag, aber richtig begeistern konnte sie mich nicht. Ich finde zwar das Thema gut, und es gibt bestimmt auch genug Potential für einen packenden Text her, aber deinen Erzähler fand ich einfach nur nervig. Dieses ständige ich muss hier cool sein, ich muss das cool machen - das fand ich unpassend für das Alter. Ich hab zu keiner Figur einen Zugang gefunden, auch nicht zur Mutter oder zur Tochter. Das war alles etwas beliebig. Auch die vielen kleinen Fehler haben gestört und mich nicht wirklich in den Text kommen lassen.

Grüsse,
Schwups

 

Hi, eine kurze Rückmeldung von mir. Das Thema mag ich, kann was damit anfangen. Auch mit dem Versuch, als Vater cool sein zu wollen.
Ich verstehe es aber nicht einfach als das umgangssprachliche cool, sondern als den Versuch, seine Sache als Vater besser zu machen. Lässiger, die Tochter flügge werden zu lassen, ohne dass man sie auf Schritt und Tritt überprüft, Man will sie sich entwickeln lassen und sie nicht einengen. Aber immer ertappt man sich dann dabei, dass man entweder vor lauter Sorge ins alte Muster verfällt oder auf Schritt und Tritt doch mehr oder weniger glaubhafte Gründe findet, den ursprünglichen Vorsatz zu unterminieren.
Ich hab sofort eine Vorstellung von dem Vater, wenn du schreibst, er will cool sein oder wenn er Bullerei sagt. Der Vater da will nicht die Fehler seiner Eltern machen, ist ein eher kritischer Mensch, der an vielen Dingen etwas auszusetzen hat, selbst jung erscheinen will, an öffnetlichen Institutionen was zu bemängeln hat oder sie ablehnt und das auch deutlich macht oder verbalisiert, der aber auf der anderen Seite genau die gleichen "Überwachungsszenarien" startet, wie er die bei seinen Eltern abgelehnt hat und/oder die er nie wollte. Halt ein selbstironischer Text, der mit den eigenen Selbsterwartungen und -realisierungen spielt.

Ich sehe jetzt aber an den Rückmeldungen der anderen, dass diese Sorte Selbstverständnis gar keine Selbstverständlichkeit ist. Die kommt offensichtlich gar nicht zwangsläufig so rüber, wie ich die verstehe. Vielleicht hat das was mit dem Alter zu tun und mit der Zeit, die man erlebt hat oder den persönlichen Erfahrungen, dass mir die Selbstironie anders einleuchtet, keine Ahnung.
Ich lerne ich jetzt grad aber durch Jobärs und Schwups' Kommentar, dass das wohl nicht genügt, an so ein paar "Floskeln" oder Vorstellungen anzudocken, die zwar bei mir persönlich sofort ein Bild abrufen, vielleicht haben wir einen ähnliuchen Hintegrund, die aber für andere völlig oberfächlich wirken.
Also ich glaub, das wär gut, wenn du dieses Cool-Sein-Wollende des Vaters ein bisschen erklären/zeigen würdest. An einem Beispiel oder einer Teilszenen verrdeutlichen. Man muss diesen Vater spüren, seine Art verstehen können.

Zu dem Prolog, ja, ist vielleicht gut, dass der weg ist, ich weiß nicht mehr ganz genau, was darin stand, mir fällt aber auf, dass die Idee, durch die der Text lebte, und der in dem Prolog gefasst wurde - der Widerspruch zwischen seinen Idealen und der Realität der praktischen Erziehung, jetzt nicht mehr genügend vorkommt. Also mir fehlt da jetzt die gezeigte Absicht, dass er eigentlich als Vater so gänzlich anders sein will. Ist eigentlich dasselbe wie vorher. Irgendwie müsstest du den Prolog in Geschichte verwandeln.
Ich glaube, das hängt schon damit zusammen, dass dein Text ursprünglich mal ein Blogbeitrag war, da schreibt man schon anders als in einer Gechichte.
So - mehr krieg ich heute Abend nicht mehr hin.
Bis die Tage
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Zunächst einmal vielen Dank an alle drei bisherigen Kommentatoren (schwups, Asterix & Novak). Das ist endlich mal eine detaillierte Kritik, die ich auf meinem Blog ehrlich gesagt oftmals vermisse. Bauchpinseln mag zwar manchmal schön sein, bringt aber auf Dauer nicht viel.
Ich werde mir die einzelnen Kritikpunkte in Ruhe zu Gemüte führen und auch angeregte Änderungen vornehmen.
Zumindest ist mir schon mal eins klar geworden: Es ist nicht besonders sinnvoll einen Blogbeitrag, der dort im Kontext zu Lokalem funktioniert einfach 1:1 hierher zu transferieren. Da hab ich ehrlich gesagt nicht richtig drüber nachgedacht. Ich hatte eigentlich den Gedanken, gerade diese Geschichte könnte ganz gut für sich stehen - als Momentaufnahme...
Schade, dass nur einer von dreien meine ursprüngliche Intention erkannt hat.
Klar, mit dem Begriff "cool" bin ich - jetzt aus der Distanz betrachtet - tatsächlich etwas inflationär umgegangen und einige Schreib/Tippfehler sind natürlich auch zu korrigieren - ich hab aber schon von Alters her das Problem, dass ich in meinen eigenen Texten über Fehler hinweg lese, weil mein Hirn mir ja sagt, was ich da geschrieben haben soll - bei Fremdtexten springen einem solche Dinge dann wieder direkt ins Auge.
Den Punkt, ich schreibe wie ein 15-Jähriger, nehme ich ehrlich gesagt mehr als Kompliment. Es zeigt mir, dass 15 Jahre aktive Jugendarbeit in einem Jugendzentrum und auf dem Jugendamt nicht ganz sinnlos waren und ich zumindest dies noch beherrsche - bei einige Geschichten, die ich noch schreiben möchte, ist diese Ausdrucksweise sehr wichtig.
Andere sprachliche Eigenheiten pflege ich dann wieder bewusst - so die Begriffe "Bullerei" statt "Polizei" - ich bemühe mich, so zu schreiben, wie ich tatsächlich auch rede und ich schreibe vor allen Dingen so, wie ich denke - und ich sage das dann auch genauso.
In einem heftigen Disput - sei er aus Wut oder Sorge - achtet niemand auf die politisch korrekte Wahl seiner Worte; da sprudelt alles mehr oder weniger einfach nur so aus einem heraus. Das kann man im Freundes-/Bekanntenkreis, aber auch in der Familie selbst sehr gut beobachten - und dann ereifert man sich auch schon mal über ein "verschissenes Handy" - würde ich so etwas in anderen Worten schreiben, wäre es nicht mehr authentisch - und es wäre auch nicht die Art, wie ich selbst und somit natürlich auch meine Protagonisten - egal ob in der 3. Person oder Ich-Form - agieren würden...
Im Laufe der Woche werde ich diesen Text also bearbeiten - ich wäre dankbar, wenn ihr diese Änderungen im Auge behalten könntet - nur durch solch detaillierte Kritik kann ich lernen und mich verbessern - obwohl ich ehrlich gesagt im Moment nicht unbedingt monitäre Interessen hege, sondern wirklich nur aus Spaß (und schon mal aus Frust) einige Sachen von der Seele schreibe und zu Hause zur eventuellen späteren Verwendung abspeichere...
Gruß
Reiner Wolf

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo jobär.
Wie ich schon anderer Stelle erwähnte, ist die Story normalerweise aus einem Blog entnommen, wo auch die näheren persönlichen Hintergründe zu meiner Familie genauer erklärt sind.
Meine Tochter hat mittlerweile, als Ergebnis dieser Begebenheit, einen zweiten Handyakku und ich bekomme immer eine Notfall-Telefonnummer, wo ich sie erreichen kann, wenn das Handy nicht funktioniert. Ich hab also im Großen und Ganzen - zum Glück - nicht allzu viel Probleme mit meiner Tochter.
Der Hauptgrund, warum ich diese "Anekdote" niedergeschrieben habe, war eigentlich, weil ich mich fürchterlich über meine eigene Reaktion geärgert hatte - und ich habe keine Probleme damit, auch schon mal Sachen zu schreiben, in denen ich selbst ganz und gar nicht im besten Licht dastehe - so ist halt die Wirklichkeit...
Gruß
Reiner Wolf

 

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