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Vanessa- Schottlands größte Legende

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13.01.2016
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Vanessa- Schottlands größte Legende

„Und die Feen erschreckten die Jäger so sehr, dass einer von ihnen glatt in Ohnmacht fiel!“
Die Kinder zuckten zusammen und hingen an Maggies Lippen. Valery sah sich nach ihnen um und lächelte in sich hinein. Sie wusste genau wie sie sich fühlten.
„Die Jäger flehten um ihr Leben, versprachen den Feen alles was sie besaßen, doch davon wollten die guten Geister nichts hören. Einer hatte schließlich Nachsicht mit den Männern: Drohend beugte er sich über sie und ließ sie bei allem was ihnen heilig war schwören, dass sie den weißen Hirsch in Ruhe lassen und nur noch wildes Untier töten. Danach ließen die Feen die Männer ziehen und der weiße Hirsch lebte wieder in Frieden und herrschte über sein Waldreich!“ endete die alte Frau schließlich.
„Erzählst du uns noch eine Geschichte?“ fing das Mädchen an, doch Valery scheuchte die wilde Bande nach Hause, bevor sie die alte Maggie noch überreden konnten.
Ihre Eltern hatten sowieso nur erlaubt bis Einbruch der Dunkelheit fortzubleiben und auch Valery würde bald nach Hause müssen. Die Nächte vor Sommersonnenwende im Norden von Schottland waren noch keine angenehmen und der Wind pfiff scharf um die Häuser.
„Ach ich erinnere mich noch, als du früher selbst hier bei mir auf der Bank gesessen hast Valery. Deine Eltern mussten dich damals schon fast gewaltsam von hier fortziehen, denn freiwillig wärst du niemals gegangen!“ schwelgte die alte Frau und lächelte dabei, sodass ihr runzliges Gesicht viele Falten warf.
Valery erwiderte das Lächeln und kam zu Maggie um sich vor ihr auf den Boden zu knien. Sie liebte die Alte inniglich und wusste, dass ihre Liebe erwidert wurde.
Sanft strich die faltige Hand über Valerys jugendliches Gesicht.
„Wie wunderschön du doch geworden bist. Wer hätte gedacht, dass das kleine Bündel vor siebzehn Jahren einmal zu einer so wunderschönen jungen Frau heranwächst…“
Valery lächelte über das Kompliment und bemerkte im selben Moment, dass der Blick der Alten in die Ferne wanderte und ihr Geist sich an einen anderen Ort verflüchtigte.
„Sie hat damals genauso ausgesehen…“ murmelte sie nach einer Weile der Gedankenlosigkeit. Valery runzelte verwirrt die Stirn.
„Wer? Wer hat damals genauso ausgesehen?“
Die Frage schien die Alte wieder ins Diesseits zurückkehren zu lassen, denn ihr Blick richtete sich wieder auf Valery. Sie strich ihr noch einmal sanft über das goldene Haar.
„Ach nichts, meine Liebe. Sei so gut und hol mir noch ein bisschen Torf von draußen, die Nacht wird kalt werden!“ Valery hörte das Ablenkungsmanöver aus Maggies Stimme, aber sie fragte nicht weiter nach. Draußen war es bereits bitterkalt und sie beeilte sich den Torf nach drinnen zu bringen. Dann verabschiedete sie sich von der alten Frau mit einem Kuss auf ihre Stirn und ging nach Hause.
Ihre jüngeren Geschwister schliefen bereits und auch Valery legte sich bald hin. Aber sie dachte noch lange über die Worte der Alten nach, bevor sie irgendwann einschlief.

Am nächsten Morgen stellte ihre Mutter fest, dass ihre Lebensmittel schon zu einem großen Teil aufgebraucht waren.
„Valery, wärst du so lieb und würdest einige Kräuter und Zutaten für mich besorgen?“ fragte sie deshalb am Frühstückstisch. Valery nickte und steckte sich noch ein Stück Brot in den Mund. Die Kleinen würden heute der Mutter im Haushalt zur Hand gehen und ihr Vater würde mit den anderen Pächtern den großen Auftrieb vorbereiten. Die zotteligen Rinder und Schafe waren bereit für den Hochsommer in den Highlands nun mussten es auch ihre Besitzer werden. Ihr Vater war noch sehr jung dafür, dass er bereits vier Kinder hatte, aber er liebte jedes einzelne inniglich, besonders Valery. Ihr Vater war für sie immer ihr großer Held gewesen.
Nach dem Essen kämmte Valery ihr beinahe hüftlanges goldenes Haar bis es glänzte und in sanften Wellen über ihren Rücken fiel. Mit geschickten Bewegungen flocht sie einen langen Zopf, ließ jedoch vorne zwei Strähnen lose nach unten fallen. Dann nahm sie einen großen Weidenkorb und verließ das Holzhaus ihrer Familie.
„Valery…“ rief ihre Mutter ihr noch hinterher.
„Gehe nicht zum Loch, hörst du? Es ist gefährlich dort!“
Valery lächelte über die Sorge ihrer Mutter und winkte ihr noch einmal bevor sie sich wieder um-drehte. Sie erwiderte die Grüße, die ihr zugeworfen wurden und hatte das kleine Dorf schon bald hinter sich gelassen. Die Frühlingssonne schien warm auf ihr Gesicht und ließ die idyllische Natur der Highlands um sie herum leuchteten. Die ersten Blumen hatten ihre Köpfe geöffnet und Dutzende Schmetterlinge flogen über die Weide.
Valery pflückte viele verschiedene Dinge auf und ihr Korb war schon halb voll, als sie die Weide verließ und weiterlief. An der Spitze des Hügels angelangt blickte sie über die unglaubliche Landschaft die sich vor ihr erstreckte. Grüne Berge, hier und da mit vereinzelten Baumgruppen geschmückt umgaben das glitzernde dunkelblaue Wasser des Lochs. Schon als Kind hatte sie diesen Ort geliebt, egal wie oft sie davor gewarnt worden ist.
Schnell öffnete sie ihr Haar, sodass es sich sanft im Wind bewegte. Dann schloss sie die Augen und atmete tief ein. Dieser Ort hatte etwas Magisches, etwas dass sie immer wieder hierherzog, was nur ihr gehörte.
Sie lief den Hügel hinab und setzte sich unter die drei großen Eichen, die nahe am Ufer des Lochs standen, zog die Schuhe aus und streckte die Beine von sich.
Da plötzlich hörte sie ein Geräusch und bevor sie sich umdrehen konnte presste jemand seine Hand auf ihren Mund und eine Stimme flüsterte scharf in ihr Ohr.
„Junge Dinger, wie du sollten nicht alleine an einen so gefährlichen Ort kommen!“
Valery erkannte die Stimme sofort und begann zu lächeln.
„Du hast mich erschreckt!“ beschwerte sie sich und stieß die Person hinter sich weg.
„Kein Wunder, so verträumt wie du warst!“
Sie wollte etwas darauf erwidern, aber James‘ Lippen waren schneller als ihre Worte. Sanft küsste er sie und ließ die Hand in ihr Haar gleiten. Valery genoss die zärtliche Berührung und strich ihm mit der Hand die Wange entlang.
„Schön, dass du hier bist!“ Sie lächelten einander an und James setzte sich neben sie. Valery hätte nie gedacht, dass der begehrteste Jüngling des ganzen Dorfes ihre heimlichen Blicke und geheimen Sehnsüchte erwidern würde. Alle Mädchen verzehrten sich nach ihm. Nach den rabenschwarzen Haaren, die ihm bis zur Schulter reichten, nach dem muskulösen und wohlgeformten Körper und den blitzenden grauen Augen. Sie hatten als Kinder oft zusammengespielt und die wildesten Streiche angestellt, doch mit zunehmender Reife hatten sie sich auseinandergelebt. Bis jetzt…
Sie mussten nur aufpassen, dass Valerys Vater sie niemals erwischte. Weshalb sie sich auch immer nur an Orten wie diesen treffen konnten.
James küsste ihr Haar und Valery lehnte sich gegen seine Schulter. Eine Weile verharrten sie in dieser Position.
„Warum verbietet dein Vater dir den Umgang mit mir?“ Valerys Gedanken wurden trüber bei dieser Frage. Ja warum? Warum durfte sie nicht lieben? Sie wusste es nicht.
Die Zeit verging so schnell, dass Valery überrascht war als der kalte Wind der Dämmerung an ihr vorbeizog.
„Wir müssen zurück!“ murmelte sie leise an James‘ Brust. Er strich ihr übers Haar und nickte.
„Sehen wir uns morgen wieder?“ Als Antwort küsste Valery nur seine weichen Lippen.
„Selbe Zeit?“
„Selbe Zeit!“
Und dann war er verschwunden. Valery wartete noch einen Moment, sodass es nicht so aussah als würden sie gemeinsam zurückkommen. Schließlich stand sie auf, sammelte noch einige Kräuter auf und stieg dann den Hügel hinauf.
Plötzlich hörte sie ein lautes Wiehern. Abrupt drehte sie sich um und hielt nach einem Pferd Aus-schau, doch sie konnte nichts sehen. Vielleicht hatte sie sich getäuscht. Die Sonne versank schon hinter den Bergen und sie beeilte sich nach Hause zu kommen.
Dunkelblaue Augen verfolgten sie. Das Wasser im Loch bäumte sich auf und ein Schrei ertönte aus der Tiefe, als sie schon lange fort war.

Die Sonne schien ebenso warm wie am Tag zuvor und Valery wartete ungeduldig auf James‘ Kom-men. Fast dachte sie, er hätte es vergessen. Jedes Mal wenn er später zu einem verabredeten Punkt kam hatte sie Angst er würde nie wieder kommen und sich längst eine andere gesucht haben.
Deswegen war die Erleichterung größer als der Schrecken, als er die Arme von hinten um sie schlang.
Lachend und sich küssend fielen sie zu Boden und kugelten den kleinen Hang zum Ufer des Lochs hinunter, als Valery im Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Sie gebot James einen Moment einzuhalten und sah genauer hin.
Vor ihnen stand ein unheimlich schönes Pferd.
Schnell rappelten sie sich auf und sahen sich nach einem Reiter und einer möglichen Gefahr um, konnten jedoch nichts entdecken. Das Pferd hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Es stand direkt vor ihnen, ohne Angst.
Valery sah sich das Tier genauer an. Sein Fell war strahlend weiß und seine Augen von der dunkel-blauen Farbe des Lochwassers. Eben jene Augen schienen sie direkt anzublicken und in ihre Seele zu sehen.
Valery fühlte sich plötzlich seltsam. Sie hörte James nach ihr rufen, jedoch war es wie etwas, dass sehr weit entfernt geschah. Die Schönheit des Tieres und sein tiefer Blick zogen sie in einen Bann, der sie alles um sich herum vergessen ließ. Langsam machte sie einen Schritt nach vorne und noch einen und noch einen. James‘ Stimme schien lauter zu werden, aber sie hörte sie nicht.
Plötzlich fühlte sie eine tiefe Traurigkeit, die ihr Herz unglaublich schwer machte. So verzweifelt hatte sie sich noch nie gefühlt … aber halt! Das waren nicht ihre Gefühle. Valery fühlte sich gut, sie hatte James, sie liebte ihn und sie war an ihrem Lieblingsort. Sie war glücklich.
Als sie langsam die Hand hob um das bildschöne Tier, das sich noch immer nicht gerührt hatte, zu streicheln wusste sie, dass es die Traurigkeit des Pferdes war. Wie kann ein Pferd so traurig sein?
Sobald ihre Hand das lange weiße Gesicht berührten wurde das Gefühl etwas schwächer und Wärme flutete durch sie hindurch.
Endlich bewegte sich auf das weiße Pferd. Es schmiegte sich sanft in Valerys Berührung und genoss diese…
„Valery!“
Augenblicklich wurde Valery durch James‘ Schrei zurück ins Leben gerufen. Alles schien auf einmal gleichzeitig zu passieren. Von irgendwo hinter ihr schoss ein Pfeil an ihr vorbei und traf das Pferd in den Schenkel, sodass es hochstieg . Valery wurde von einem festen Griff gepackt und nach hinten gerissen.
Das Tier gab einen Laut von sich, was kein Pferd von sich geben konnte. Es war eine Mischung aus Wiehern, Brüllen und dem Schrei einer Frau.
Da plötzlich, als seine Hufe den Boden wieder berührten reckte es seinen Kopf nach vorne… doch es war nicht der Kopf eines Pferdes: Die dunkelblauen Augen verwandelten sich in die leblosen wässrigen Augen einer Schlange, das weiße Fell verschwand hinter grün-grauen Schuppen und das durch den Schrei geöffnete Maul zeigte rasiermesserscharfe Zähne, wie die eines Wolfes.
Valerys Augen weiteten sich, als sie erkannte, was das Wesen vor ihr war. Panische Angst machte sich in ihr breit.
Ein paar Männer rannten vor sie und versuchten das Wesen mit langen Speeren zurückzutreiben.
Sie erkannte Owen, einen Freund ihres Vaters, der so nahe herankam, dass es ihm einen Stich versetzen konnte, als plötzlich ein Aufschrei hinter Valery ertönte.
Noch ehe sie die Stimme als die ihres Vaters identifizieren konnte rannte dieser schon an ihr vorbei und schlug Owen den Speer aus der Hand.
„Verdammt Ian bist du des Wahnsinns?“
Als das Wesen Valerys Vater sah wurde es wieder zu dem wunderschönen Tier. Einen Moment lang sah es Ian an, dann blickte es noch einmal in Valerys Augen, bevor es sich umdrehte und ins Wasser galoppierte.
Wie eine Gelähmte beobachtete sie, wie ihr Vater dem Pferd hinterher lief.
„Vater, nein Vater!“ schrie sie aus Leibeskräften.
Owen und ein anderer Mann bekamen ihn gerade noch zu fassen, bevor er ins Wasser lief.
„Ian, Himmel hilf, Ian !“ rief Owen aus, während er seinen Freund mit aller Kraft festhielt.
Die Klage, die Trauer und die Verzweiflung waren deutlich aus Valerys Vaters Stimme zu hören als er nur dieses eine Wort schrie:
„VANESSA!“
Kaum einer hatte bemerkt wie das Wetter umgeschlagen hat. Der Wind war rau und Regen platschte auf sie alle nieder.
Doch niemand interessierte sich dafür denn mit einem mal brach aus der vorher noch ruhigen Was-seroberfläche etwas heraus, dass aussah wie ein riesiger Eidechsenschwanz, der an seiner Spitze mehrere lange und dünne Flossen hatte. Ein Brüllen drang aus den Tiefen des Lochs und der Schwanz des Monsters, der etwa so groß war, wie dreimal die zweihundert Jahre alten Eichen übereinander verschwand in dem nunmehr schwarzen Wasser.
Die folgenden Ereignisse bekam Valery nicht mehr mit.

Das Feuer im Kamin knisterte und der Wind pfiff noch immer um die Häuser. Valery saß bei Maggie in der Küche in eine Decke eingewickelt und starrte ins Leere. Den dampfenden Tee vor sich hatte sie noch nicht angerührt. Als sie schreiend aus der Ohnmacht aufwachte wollte ihre Mutter sie beruhigen, aber Valery wollte es nicht. Sie schrie und weinte so lange, bis ihre Mutter irgendwann Maggie rief, die es dann endlich schaffte Valery zu beruhigen.
Seit einigen Stunden saß sie nun schon so da und ließ niemanden an sich heran. Sogar James hatte geklopft, wurde jedoch schnell von Maggie fortgeschickt.
Kurz vor Mitternacht kam schließlich ihr Vater nach Hause. Valery hörte, wie er nach ihr fragte und bereitete sich innerlich auf das Gespräch vor. Als er den Raum betrat sah sie ihn noch nicht gleich an, erst als er zu ihr kam und sie in seine Arme schloss reagierte sie auf ihn. Sie stieß ihn weg und wollte ihn schlagen, doch er hielt Valerys Hand fest.
„Warum bist du ins Wasser gelaufen?“ fragte sie leise, noch immer fassungslos von seiner Reaktion.
Doch zu ihrer Überraschung bemerkte sie Tränen in den Augen ihres sonst so harten Vaters.
„Es tut mir leid, Valery, so unendlich leid…“ begann er.
„Was tut dir leid? Dass du dich umbringen wolltest?“ zischte Valery. Ihr Vater schüttelte nur den Kopf.
„Dass ich dich belogen habe!“
„Womit? Womit hast du mich belogen?“
Ian stand auf und setzte sich in den Stuhl vor den Kamin. Valery spürte, dass das was er ihr jetzt erzählen würde weitreiche Folgen haben würde. Sie zog die Beine näher zu sich und lauschte der tiefen Stimme ihres Vaters.
„Es war vor fast achtzehn Jahren…“

Er zog sich keuchend und schweißbedeckt aus Ayleen zurück und betrachtete ihren schönen nackten Körper, der noch von ihrem Orgasmus nachbebte. Sie war ihm bis jetzt die Liebste gewesen. Immer willig, immer bereit und verlangte keine Treue von ihm… der Himmel auf Erden. Ian lächelte sie an, stand dann auf und zog sich an.
„Lass mich dieses Mal nicht wieder solange warten!“ rief sie ihm außer Atem hinterher.
Er ignorierte es und sah sich nach dem Handelszug um, der soeben eingetroffen war. Hier in den Highlands war das die einzige Verbindung zur Außenwelt. Sein Vater hatte ihm erzählt, dass ihr Nachbar William seine entfernte Nichte zu sich hat holen lassen. Ihre Eltern waren vor kurzem an einer Krankheit gestorben und das Mädchen war noch zu jung um sich allein zu versorgen.
Ganz am Ende des Zuges war ein Wagen, auf dem eine zierliche Gestalt saß, eingewickelt in Decken. Ian sah zu wie William auf das Mädchen zulief und sie vom Wagen hob. Da erblickte er seinen Vater, der nur ein paar Schritte neben den beiden stand.
„Ian, mein Junge, komm her und hilf die Sachen der jungen Dame mit ins Haus zu tragen!“
Schnellen Schrittes folgte Ian dem Ruf seines Vaters. William lachte gerade über etwas, dass das Mädchen gesagt hatte, doch als er Ian sah winkte er diesen her.
„Ian, darf ich dir meine Nichte vorstellen?“ Ian drehte sich um…
… und blickte in die schönsten Augen, die er jemals in seinem Leben gesehen hatte. So tiefblau, wie das Wasser des Lochs, welches nicht weit von hier lag und so strahlend wie die Sonne, die auf der Wasseroberfläche glitzert. Feingeschnittene Gesichtszüge umrandet von so goldenem Haar, dass er dachte er würde einem Feenwesen ins Gesicht blicken. Etwas Magisches ging von ihr aus.
Nach einem Moment der Starre schüttelte er sich und erinnerte sich seiner Manieren.
„Ich hoffe Ihr hattet eine angenehme Reise, …?“
„Vanessa!“ half sie ihm aus. „Mein Name ist Vanessa!“
„Komm mit Mädchen, ich zeige dir, wo du ab sofort wohnen wirst!“ übernahm William und führte sie ins Haus. Ian blickte ihnen nur stumm nach. Kurz bevor sie in der Tür verschwand drehte sich Vanessa noch einmal um … und schenkte ihm ein wunderschönes Lächeln.
Von diesem Moment an wusste er, dass er sein Herz verloren hatte und es nie wieder zurückbekommen würde.
Nachts lag er in seinem Bett und fand keinen Schlaf. Immer wieder beschwor er diese dunkelblauen Augen herauf und in seinem Bauch entstand ein Sturm von Schmetterlingen.

Die Zeit verging und Vanessa lebte sich schnell in ihrer neuen Heimat ein. Schon bald grüßte sie das ganze Dorf wenn sie durch die Häuser lief um Wasser zu holen oder Kräuter zu sammeln. Williams Frau Maggie hatte sie unter ihre Fittiche genommen und ersetzte ihr ihre eigene Mutter so gut sie konnte. Und sie konnte es gut.
Vanessa blühte nach einer langen Zeit der Trauer wieder auf und schon bald pfiffen die Burschen ihr nur so hinterher. Sie antwortete frech auf anzügliche Bemerkungen, ließ jedoch nie einen näher an sich heran. Ihre Reinheit und Freundlichkeit reichten schon bald über die Grenzen des Dorfes hinaus. William war unheimlich stolz auf seine Nichte und hütete sie wie seine eigene Tochter. Die beiden Mädchen hatten sich schnell angefreundet und galten schon bald als unzertrennlich. Des Nachts teilten sie sich eine Kammer und sprachen oft noch lange über viele Dinge.
Aber noch wichtiger als ihre Freundschaft zu Williams Tochter … war ihr die Liebe zu Ian. Egal wie sehr sie sich gesträubt hatte, ihr Herz hat ihr den Weg gewiesen und nichts anderes als das zugelas-sen. Jedoch musste ihre Liebe ein Geheimnis bleiben, denn William hielt bereits Ausschau nach einem geeigneten Ehemann für Vanessa. Eine Beziehung zu Ian hätte er nie geduldet.
Sie trafen sich wann immer es möglich war unten am verbotenen Loch. Vom ersten Moment an, in dem Ian Vanessa diesen Ort gezeigt hatte fühlte sie sich wohl dort. Sie kam auch her wenn sie alleine sein wollte, wütend war, traurig oder verletzt oder einfach nur um zu genießen.
Aber an diesem Tag wollte sie nichts anderes als sich in Ians Arme schmiegen und sich geborgen und geliebt fühlen.
„Es ist so wunderschön hier…“ murmelte sie und kuschelte sich noch etwas tiefer in die Umarmung.
„Genauso schön wie du es bist…, “ flüsterte Ian in ihr Ohr, „…Wir sollten ihn nach dir benennen!“
„Loch Vanessa?“ lachte sie leise.
„Ja, Loch Vanessa… Loch Ness!“ fantasierte Ian und fiel in ihr Lachen mit ein. Plötzlich stand er auf, nahm sie auf die Arme und lief mit ihr zum Loch. Lachend und rufend versuchte Vanessa sich zu wehren, aber schon bald plantschten beide im Wasser und spritzten sich gegenseitig nass.
Schließlich kam er auf sie zu und nahm sie in die Arme.
„Jetzt ist das Loch offiziell auf seinen Namen getauft!“ lachte Vanessa noch immer. Ian sah sie an, lächelte und küsste sie lange und leidenschaftlich.
„Heirate mich Vanessa!“

Valery saugte jedes Wort ihres Vaters in sich auf. Sie begriff nur langsam was er ihr da erzählte, denn die Ereignisse des Tages saßen ihr noch immer in jedem Knochen.
„Hast du es getan?“ fragte sie Ian nach einer Weile des Schweigens. Dieser nickte langsam, löste seinen Blick jedoch nicht aus den Flammen.
„Ja! Nach langem Kampf, viel Bitten und vielen Bedingungen erlaubte mir William seine Nichte zur Frau zu nehmen. Es war die Feier des Jahres gewesen, William hat keine Kosten gescheut um seiner geliebten Vanessa das schönste Fest zu bereiten. Und nach einer Weile hatte er unsere Liebe akzeptiert und freute sich für uns, sowie auch der Rest des Dorfes…“

Am nächsten Morgen nach einem rauschenden Fest und einer leidenschaftlichen Nacht erwachte Ian im Ehebett, drehte den Kopf und sah direkt in die dunkelblauen Augen seiner wunderschönen Ehefrau. Sie muss ihn schon eine ganze Weile betrachtet haben.
„Versprich mir, dass du mir niemals wehtust. Ich würde es nicht ertragen!“ sagte sie schließlich. Ians Blick war fest und er nahm ihr Gesicht in seine Hand.
„Ich schwöre es dir!“

Nach einiger Zeit stellte Vanessa fest dass sie schwanger war. Ian küsste und wirbelte sie durch das gesamte Dorf, als sie ihm davon erzählte. Fort an ließ er sie nichts Schweres mehr arbeiten und hütete sie, als wäre sie aus Glas. Auch Vanessa konnte ihr Glück kaum fassen. Ihr Leben hätte nicht wunderbarer sein können.
Sie beide bemerkten deshalb kaum, wie viele Leute immer kälter grüßten und ihren Weg immer öfter mieden. Neid hatte in ihren Herzen genistet und er wurde größer und größer , je mehr Glück das Paar erfuhr. Die Frauen steckten die Köpfe zusammen sobald Vanessa an ihnen vorbeiging, doch blind vor Liebe sah sie nichts außer Ian und ihr gemeinsames Kind.

An diesem Abend kam Ian spät aus dem Wirtshaus und hatte einen Krug zu viel getrunken. Die Männer hatten noch den erfolgreichen Auftrieb der Rinder gefeiert. Ian nahm kaum noch etwas um sich herum wahr, doch niemand hatte sich erbarmt den Betrunkenen sicher nach Hause zu begleiten. Doch er kam nicht bis nach Hause, denn eine Hand zog ihn beiseite und in einen Stall hinein.
„Fast hätte ich dich getötet, als du sie geheiratet hast, aber mein Hunger war größer… mein lieber Ian, jetzt gehörst du nur mir!“
Ian dachte nicht nach, konnte nicht mehr denken. Er vergaß alles um sich herum, ließ sich von Ayleen mitreißen und betrachtete schon bald ihren nackten Körper von oben.

Vanessa saß hochschwanger in ihrem Haus und machte sich Sorgen um ihren Ehemann. Wie kann er nur solange fortbleiben? Er wusste doch, dass sie auf ihn wartete. Sanft strich sie über ihren stark gewölbten Bauch und schloss die Augen. Schon bald würde er ihr Kind in den Armen halten… dann wären sie eine richtige Familie. Wie lange wünschte sich Vanessa schon wieder in ihrer eigenen Familie zu leben… sie würde all ihre Liebe in dieses Kind geben und ihm eine gute Mutter sein. Das hatte sie sich fest vorgenommen.
Irgendwann hielt Vanessa es nicht mehr aus. Sie warf sich ein Wolltuch über und ging in die warme Sommernacht hinaus. Auf dem Weg zum Wirtshaus hörte sie plötzlich seltsame Geräusche. Aus einem der Ställe drang heftiges Atmen und Stöhnen. Vanessa erkannte die Geräusche und wollte leise lächelnd vorbeigehen, als ihr Herz bei einem Namen erstarrte.
„…Ian….“
Ein grauenhaftes Wissen packte sie und sie stieß die Holztür auf. Beim Anblick des Betrugs fuhr ihr ein Schmerz wie von einem Dolchstoß mitten ins Herz. Sie verlor das Bewusstsein und schlug hart auf dem Boden auf.

Valery sah ihren Vater fassungslos an. Wie hatte er Vanessa das antun können. Aber bevor sie etwas sagen konnte sah sie wie die Tränen über sein Gesicht liefen.
„Ich habe in meinem ganzen Leben keinen größeren Fehler gemacht!“
Nein, sagte Valery sich. Er hatte dafür schon genug bereut.

Vanessa erwachte mit einem Schrei. In ihrem Unterleib wütete ein Monster und der Schmerz war unvorstellbar. Drei Frauen wirbelten um sie herum, während sie auf dem Bett lag und schrie als würde sie gefoltert werden. Eine Wehe nach der anderen erfasste sie und all ihre angespannten Muskeln erzitterten unter der Anstrengung. Jemand rief sie solle pressen und unter weiteren Schreien, Anstrengungen und Tränen brachte Vanessa ihr Kind auf die Welt.
Aber kein Platz in ihrem Herzen war frei für die Freude ein Kind auf die Welt gebracht zu haben. Die Tränen des Schmerzes hörten nicht auf zu rinnen und der Schmerz selbst wanderte von ihrem Unterleib in ihr Herz… und brach es entzwei.
Die Frauen waren noch damit beschäftigt das Kind zu wickeln und es in die Wiege zu legen, sie konnten nicht schnell genug reagieren, als Vanessa aufstand und aus dem Haus rannte.

Schwer atmend, noch immer blutend und mit tränenüberströmtem Gesicht kam sie an dem einzigen Ort an, an den sie noch gehen konnte. Das ruhige Wasser des Lochs glitzerte im Vollmondschein und der weiße Himmelskörper spiegelte sich deutlich darin.
Vanessa fiel auf die Knie fasste ihren Kopf und schrie ihren Schmerz über die idyllische Szene. Ihr zerbrochenes Herz verkrustete zu einem Klumpen aus schwarzem Blut.
„Lieber Gott mach, dass es aufhört!“
Doch Gott erhörte sie nicht. Niemand hörte sie.
Als sie keine Tränen mehr übrig hatte hörte sie auf zu weinen und starrte über das Wasser. Es kam ihr schwärzer vor als einen Moment zuvor, doch das war ihr egal.
Sie wollte nirgendwo anders mehr hin. Sie wollte diesen Ort, an dem sie so glücklich war nie wieder verlassen. Zumindest nicht lebend.
Stumm sah sie zu den Klippen, die sich auf der anderen Seite des Lochs in die Höhe schoben.

Ian rannte so schnell er konnte zum Loch. Nach dem er die Hebammen aufgebracht Vanessas Namen hat rufen hören ist er zu ihnen gelaufen und fragte was passiert sei. Sie erzählten ihm, dass sie direkt nach der Geburt ihres Kindes weggerannt sei und in dies in ihrem Zustand womöglich nicht überleben würde. Ian wusste, dass es nur einen Ort gab zu dem sie gehen konnte.
Die Schuldgefühle zerfraßen derweilen sein Gewissen wie eine Horde wilder Hunde einen Fleischknochen.
Das Wetter schlug wie aus dem nichts um und er spürte wie ein heftiger Sturm aufkam.
Wie hatte er sich so gehen lassen können? Er hatte ihr geschworen ihr niemals wehzutun und jetzt hatte er ihr buchstäblich eine Klinge ins Herz gestoßen. Sie wird ihm das niemals verzeihen, dessen war er sich bewusst. Aber wenn sie sich jetzt etwas antat würde er nicht zögern und es ihr gleichtun. Ohne sie und mit diesen Schuldgefühlen wollte er nicht weiterleben.
Als er am Loch ankam konnte er sie nirgends sehen. Seine Augen suchten jeden Winkel ab und dank des Vollmondes, der noch alles in sein silbernes Licht tauchte entdeckte er sie… wie sie auf der anderen Seite die Klippen nach oben stieg.
Er rannte so schnell er konnte und hörte nur nebenbei, dass andere Leute weit hinter ihm auftauchten um Vanessa ebenfalls zu suchen.

Vanessa sah nach unten. Der Sturm hatte das Wasser nun endgültig in eine schwarze, tobende Masse verwandelt. Ihr geliebtes Loch machte sich bereit ihren Körper in sich aufzunehmen und sie zu verschlucken. Der Schmerz brannte noch immer wie ein glühendes Eisen in ihr. Es begann zu regnen und der starke Wind klatschte ihr die Tropfen ins Gesicht. Donnergrollen ertönte über den Highlands.
Vanessa blickte nach oben und begann nach vorne zu gehen…
… als eine Hand sie packte und sie zurück zog.
„Tu es nicht, Vanessa!“
Für eine winzige Sekunde kam so etwas wie Freude in Vanessa auf, als sie merkte, dass Ian sie zu-rückgezogen hatte. Doch als sie in sein Gesicht blickte sah sie den Betrug wieder vor sich und der Funke erlosch.
Sie stieß ihn weg.
„Du hast mich betrogen!“
Ihre Stimme überschlug sich.
„Du hast es mir geschworen, geschworen, dass du mir niemals wehtun wirst und dann betrügst du mich!“
Sie hörte seine Entschuldigung nicht. Ihr Innerstes barst und etwas unendlich Dunkles kam über sie.

Ian stand kurz vor dem Wahnsinn vor Angst, als seine Frau sich zu wehren begann und um sich schlug um ihn loszuwerden.
„Vanessa, bitte! Vorsicht… Vanessa!“
In diesem Moment machte sie einen unkontrollierten Schritt nach hinten, rutschte auf dem nassen Fels aus… und verschwand über dem Rand der Klippe.
„NEIN!“
Er sah wie sie in die Tiefe stürzte und auf dem schwarzen Wasser aufschlug.
„Nein!“
Auch von der anderen Seite hörte er Menschen durcheinander schreien und rufen. Er hörte William, Maggie, deren Tochter und seine eigene Familie Vanessas Namen brüllen.
Doch es interessierte ihn nicht.
Er sprang.

Vor Maggies Augen spielte sich ein Albtraum ab. Sie sah ihre Nichte am Abgrund stehen, sah wie Ian sie zurückriss und mit ihr sprach. Sie sah Vanessa stolpern… und fallen. Sie hörte sich selbst schreien und schlug schließlich die Hände vor den Mund als Ian ihr hinterhersprang.
Auch die Menge um sie herum, vor allem Ians Vater heulte bei diesem Anblick auf. Er hatte seine Frau durch Ians Geburt verloren und nun auch seinen Sohn in den Tod springen zu sehen…
Zusammen mit William, dem ebenfalls bereits Tränen über die Wangen liefen rannten sie alle zum Ufer des Lochs. Der Mond war durch den Sturm und den Regen völlig verdeckt, die Fackeln ausge-löscht. Nur hin und wieder erhellte ein Blitz die Szene des schwarzen Lochs.
Da plötzlich. Bei einem Blitzeinschlag sah Maggie Ian im Wasser schwimmen… Vanessas reglosen Körper hinter sich her ziehend.

Der Aufprall auf der Oberfläche war schmerzhaft, doch Ian nahm alle Kraft die er noch hatte und kämpfte sich in den tosenden Wellen wieder nach oben. Er sah Vanessa ein Stück vor sich treiben und schwamm in kräftigen Zügen zu ihr während er ihren Namen brüllte.
Aber im Wasser allein konnte er sie nicht halten, also legte er einen Arm um ihr Kinn und kämpfte sich mit einer Hand kraulend zum Ufer des Lochs.
Mit letzter Kraft zog er sich und Vanessas Körper ans Ufer und nahm ihren Leib auf die Arme.
Ihre Lippen waren bläulich und ihre Haut so weiß wie der Schnee. Ians Tränen hörten nicht auf zu rinnen. Dies war seine Schuld. Ganz allein seine Schuld. Er würde sich das nie verzeihen.
Eine Stimme rief seinen Namen, doch er hörte sie kaum. Erst als die Stimme direkt neben ihm war sah er auf. Es war Ayleen, die ihn mitfühlend und unendlich schuldbewusst ansah.
Mit einem Mal zuckte der leblose Körper in seinen Armen. Ian erschrak so sehr, dass er Vanessa fallen ließ und entsetzliches Grauen kam über ihn.
Vanessa riss die Augen auf … doch es waren nicht ihre Augen. Es waren die wässrigen Augen einer Schlange die daraus aufblickten und ein Ziel suchten.
Von einer Sekunde auf die andere sprang Vanessa auf, packte Ayleens Hals und drückte zu, während sich ihr Mund ein nichtmenschliches Fauchen von sich gab. Vanessas Eckzähne sahen aus wie die eines Wolfes und in ihrem Gesicht wuchsen graugrüne Schuppen über die bleiche Haut.
Ian stand völlig reglos da. Ayleens Bruder riss die beiden schließlich auseinander, sodass Vanessa Ayleens Hals losließ und zurückfiel.
Dann schrie und fauchte sie gleichzeitig, drehte sich um und rannte ins Wasser zurück bis sie darin verschwand. Jemand packte Ian und zog ihn zurück. Ayleen brach in Hysterie aus und fasste sich immer wieder an den Hals…
… als ein dunkles Grollen aus den Tiefen des Lochs erscholl.
Die Gruppe erstarrte. Niemand wagte es zu atmen.
Plötzlich erleuchtete ein Blitz den Platz.
Im selben Moment schoss ein graugrün geschuppter Speer aus dem Wasser, packte Ayleen und zog sie ins Wasser.
Da kam das Leben in die erstarrten Menschen zurück. Sie liefen ihr hinterher, schrien ihr entgegen, ihr Bruder tauchte ins Wasser um seine Schwester zu retten, aber die Natur war gegen ihn. Die Wellen waren zu stark, er wurde immer wieder zurückgeworfen.
Ayleen schrie aus Leibeskräften und kämpfte um ihr Leben gegen die Wellen an, als ein weiteres Grollen erscholl.
Ein letzter Schrei und sie verschwand im Wasser.
Wieder war es still. Alle Augen waren geweitet vor Angst.
Der Alptraum ging in seine Vollendung, als die Wasseroberfläche durchbrochen wurde und ein We-sen aus dem Loch auftauchte, das nicht furchteinflößender hätte sein können.
Wässrige Augen blickten direkt in die Menge, der Kopf eines Drachen und der Körper einer Schlange erschienen auf dem schwarzen Wasser. Graugrün geschuppt und mit speerartigen Zähnen.
Ian sah dem Monster direkt in die Augen. Und es blickte ihn an.
Dann warf es den Kopf zurück und öffnete das Maul zu einem Brüllen, in dem so viel Klage und Verzweiflung lagen, dass es jedem von ihnen direkt ins Herz fuhr.
„Was habe ich nur getan…“ flüsterte Ian. Dann tauchte das Monster mit einem Fauchen wieder ins Wasser und nach dem der lange Eidechsenartige Schwanz vollständig verschwunden war ertönte ein letztes schauerliches Grollen, bevor alles endgültig still wurde.

Die Tränen von Valerys Vater waren versiegt. Seine Miene war völlig ausdruckslos. So hatte sie ihn noch nie gesehen.
Valery selbst ging es nicht besser. Es gab keine schrecklichere Geschichte, die sie jemals gehört hatte. Und das schlimmste war, dass es die Wahrheit war. Das spürte sie tief in sich.
„Dann hat das Monster von Loch Ness Vanessa getötet…“ flüsterte sie leise, denn das offensichtliche wollte sie nicht wahrhaben.
Ihr Vater lachte trocken auf.
„Nein! Es hat sie nicht getötet. Das Monster von Loch Ness hat Ayleen getötet und kurz darauf auch ihren Bruder, als er es töten wollte…“
Er sah seiner Tochter fest in die Augen.
„Vanessa ist das Monster von Loch Ness geworden. Ich habe ihr Herz und ihre Seele zerbrochen sodass der Fluch des Lochs in sie dringen und sie zu einem Wesen seiner Finsternis machen konnte. All das ist allein meine Schuld… eine Schuld die ich damals nicht tragen konnte!“
Er starrte wieder in die Flammen.

Nachdem über eine Woche vergangen war, konnten die meisten Menschen endlich die Ereignisse in Worte fassen und erzählen welch grauenhafte Dinge in dieser Nacht am Loch Ness stattgefunden hatten. Und nach über zwei Wochen stand Ian von seinem Lager auf und band sich einen Strick.
Sein Vater war bei William und seiner Frau und trauerte mit diesen um Vanessa. Als das todbringende Seil fertig war warf er es über einen Balken und holte einen Stuhl. Er überlegte keine Sekunde, zögerte nicht… er hatte keine Angst vor dem Tod. Im Gegenteil, er sehnte ihn herbei. Es gab keine andere Strafe, mit der er hätte weiterleben können.
Während er sich den Strick um den Hals legte ging plötzlich die Tür auf und Williams Tochter betrat den Raum.
„Ian, du musst etwas essen…“ Sobald sie die Szene erblickte, erstarrte sie.
„Hör auf damit, bist du des Wahnsinns?“ beschwor sie ihn.
„Ja, das bin ich!“ gab er ausdruckslos zurück „ Meine Frau hat sich meinetwegen in den Tod und in die Verdammnis gestürzt, ich sehe keinen Grund weiterzuleben. Ich sehe auch kein Recht weiterzuleben!“
Mit diesen Worten drehte er ihr den Rücken zu und zog die Schlaufe fest.
„Soll sie dann auch noch ihren Vater verlieren?“
Ian hielt in der Bewegung inne.
„Sie?“
Williams Tochter nickte.
„Es ist ein Mädchen!“
Er war noch immer wie erstarrt.
„Sie hat Vanessas Augen!“
Doch sie hätte nichts weiter sagen müssen. Es war Vanessas Tochter. Er würde sie nie im Stich lassen können. An ihr könnte er vielleicht einen Teil seines Fehlers wieder gut machen, indem er sie immer und mit seinem Leben beschützte.
Er folgte Williams Tochter in das Haus ihres Vaters. Maggie stand über die Wiege gebeugt und sang mit Tränen in den Augen ein Lied. Als sie Ian sah trat sie zurück und lächelte ihn an.
Langsamen Schrittes setzte er einen Fuß vor den anderen, bis er vor der Wiege stand.
Das kleine Menschlein war so sanft und so zart, dass er sich kaum traute es hochzuheben, aber er tat es trotzdem und mit aller Vorsicht.
Das Kind schlug die Lider nach oben … und Vanessas dunkelblaue Augen blickten in seine.
„Vanessa wollte ein Mädchen immer …“ begann Williams Tochter, aber Ian unterbrach sie.
„… Valery nennen!“

 
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Boah, Nova Prime, das nenne ich mal ein Debüt.
Entgegen meiner Gewohnheiten und angezogen von dem herrlich trashigen Titel habe ich quasi als Gute-Nacht-Lektüre deine Geschichte auf dem Handy gelesen und schreibe dir, ebenfalls entgegen meiner Gewohnheiten, auch gleich die Kritik vom Mobile aus, was mich altem Mann echt einiges an Kraft und Energie kostet.

Herr im Himmel, was hast du da für eine Räuberpistole abgeliefert, dass liest sich wie ein John-Sinclair-Romanheft. Klingt jetzt total negativ? Wäre es vielleicht auch, wenn es nicht richtig gut geschrieben wäre. Ja, schreiben kannst du, Kompliment. Ich habe keine Ahnung, wie ernst du den Text meinst, wie gesagt, inhaltlich ist das harter Tobak, aber ich glaube, dass dir das Schreiben an der Geschichte Spaß gemacht hat. Auf mich ist der jedenfalls übergesprungen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt mit all den großen Gefühlen und den sich daraus im wahrsten Sinne des Wortes ergebenen monströsen Konsequenzen. Fehler habe ich bis auf ein paar falschen Trennungsstrichen nicht gefunden, war aber auch zu sehr im Lesefluss, um gezielt danach zu suchen - was du als Kompliment verstehen darfst.

Einziger Wehmutstropfen: Für meinen Geschmack verrätst du mit dem Titel schon zu viel, spätestens bei der Benennung des Lochs habe ich geahnt, wohin der Hase läuft. Vielleicht oute ich mich damit aber auch als Jemand, der früher solche Gruselheftromane ab und an ganz gern mal gelesen hat.

Ganz ehrlich: Aufgrund des Titels habe ich absurden Nonsens und relativ klägliches Handwerk erwartet, und bin da echt positiv überrascht worden. Für mich ein denkwürdiges und ein bisschen augenzwinkerndes Debüt. Habe ich gern und mit Spaß gelesen.

LG svg

P.S.: Bin gespannt auf weitere Texte von dir. Gern auch mal mit einem etwas ernsterem Fokus.

P.P.S: Ich hoffe, die Worterkennung hat meinen Kommentar jetzt nicht komplett entstellt.

 

Hallo Nova Prime,

herzlich willkommen!


Schade, dass deine Kommataste zu oft geklemmt hat. :D

Beispiele:

Sie wusste genau[Komma] wie sie sich fühlten.

„Sie hat damals genauso ausgesehen[Leerzeichen]…“[Komma] murmelte sie

„Valery, wärst du so lieb und würdest einige Kräuter und Zutaten für mich besorgen?“[Komma] fragte sie


Lieben Gruß

Asterix

 
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Maaaaan, ich weiß...:bonk:
Aber vielen Dank für den Hinweis:)

Hallo svg,

wow ich bin erschlagen von dem Kompliment, vielen lieben dank.

Den Titel habe ich geändert als es ich die Geschichte hochgeladen hatte: Vorher hieß es schlicht und einfach Vanessa ... fändest du das besser? Oder was wäre dein Vorschlag, ich bin offen für Ideen.:)

Definiere ernster Fokus ;) :D

LG und nochmals danke

Nova Prime

 
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Nachdem du von svg schon überschwängliches Lob bekommen hast, Nova Prime, habe ich nun weniger Bedenken, mich sehr kritisch zu äußern.
Mal abgesehen davon, dass ich mit so Magie- und Fantasyzeug eh nicht unbedingt was anfangen kann, störte mich vor allem die wirklich schlampige handwerkliche Umsetzung.
Am auffälligsten ist die Unmenge fehlender Kommas, die das sinnerfassende Lesen stellenweise echt erschwert. Ich will jetzt gar nicht anfangen, da zu korrigieren, dafür ist mir die Geschichte einfach zu lang, sondern dir nur den Rat geben, einen Text vor dem Posten von irgendjemand verbessern zu lassen. In der jetzigen Form ist er für mich ehrlich gesagt ein Fall fürs Korrektur-Center. Tatsächlich ist es unumgänglich, sofern du es mit dem Schreiben ernst meinst, dich mit den Kommaregeln zu beschäftigen. So winzig diese kleinen Scheißdinger auch sind, so wesentlich sind sie beim Lesen fürs Textverständnis.
Darüber hinaus finden sich viele Wortwiederholungen, stellenweise unkorrekter Tempusgebrauch, immer wieder auch Groß-Kleinschreibungsfehler, usw.


Ich hab jetzt nur ein paar beispielhafte Stellen herausgesucht:

… und nach dem [nachdem] der lange Eidechsenartige [eidechsenartige] Schwanz vollständig verschwunden war[Komma] ertönte …

Aufpassen auf Wortwiederholungen:

doch niemand hatte sich erbarmt den Betrunkenen sicher nach Hause zu begleiten. Doch er kam nicht bis nach Hause, …
[…]
Doch Gott erhörte sie nicht. Niemand hörte sie.
Als sie keine Tränen mehr übrig hatte hörte sie auf zu weinen und starrte über das Wasser. Es kam ihr schwärzer vor als einen Moment zuvor, doch das war ihr egal.

Aufpassen auf unpassende Adjektive:

die unglaubliche Landschaft

die ihr Herz unglaublich schwer machte.

Vor ihnen stand ein unheimlich schönes Pferd.

William war unheimlich stolz auf seine Nichte

Auch wenn diese Adjektive fester Bestandteil unserer Umgangssprache sind, haben sie in meinen Augen nichts in einem literarischen Text verloren. Ihre Verwendung kommt für mich dem Eingeständnis des Autors gleich, sich über treffende Wortwahl zu wenig den Kopf zerbrochen zu haben.

Überhaupt scheint mir das die große Schwäche deiner Geschichte zu sein: Ich glaube, sie ist einfach zu schnell geschrieben (bzw. gepostet) worden. Man erkennt darin zwar deine ungezügelte(sic) Freude und Lust am Fabulieren, gleichzeitig aber wirkt die Geschichte, als seien deine Fantasie und deine Gedanken weit schneller, als deine tippenden Finger. Um eine taugliche Rohfassung hinzukriegen, ist das auch überhaupt kein Problem. Danach allerdings müsste die richtige Arbeit erst losgehen: Immer wieder laut(!) korrekturlesen - dabei fallen einem in aller Regel schon mal sehr viele Kommafehler und Wortwiederholungen auf - dann den Text ein paar Tage liegen lassen und ihn mit der nötigen Distanz noch mal überarbeiten. Und dieses Spiel mehrmals wiederholen. Unmittelbar nach dem Schreiben nämlich liest man den eigenen Text immer nur so, wie man ihn geschrieben hat, nicht aber, wie man ihn hätte schreiben können.
(Ich selber habe noch keine Geschichte gepostet, die ich vorher nicht geschätzte dutzende Male gelesen habe. Einzelne Passagen vermutlich noch öfter. Den perfekten Text wird es natürlich nie geben, aber zumindest sollte man sich darum bemühen und an jedem Satz so lange arbeiten, als wäre er der letzte, den man überhaupt schreiben darf.)

Schreiben heißt nicht nur Spaß haben, sondern auch viel Arbeit (Zumindest, solange man sich noch keinen Lektor leisten kann. :D)
Spaß scheinst du eindeutig zu haben, Nova Prime, und ich wünsche dir, dass du den noch lange nicht verlierst. Sofern ich das als Fantasy-Verächter überhaupt beurteilen kann, hat diese Geschichte nämlich allemal das Zeug dazu, was richtig Gutes zu werden.

Willkommen hier.

offshore

 

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