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Vampyr
Die Straße war dunkel und nebelig, die Straßenlaternen umgab eine milchige Kugel aus Nebelfetzen, die eisigen Nebeltröpfchen stachen ihr ins Gesicht, aber sie ging weiter.
Den Mantel zog sie eng um sich. Den Kragen hochgeschlagen, die Hände tief in den weiten Ärmeln vergraben, fror sie immer noch. Sie stolperte in den hohen Pumps, zitternd vor Kälte, konnte sich gerade noch an der Mauer des Hauses zu ihrer Linken abstützen.
Die Mauer fühlte sich hart und schrundig an unter ihrer Hand, eine scharfe Kante des Ziermörtels schnitt ihr ins Fleisch.
Versonnen leckte sie das Blut von ihrem Handballen, hob die Hand vors Gesicht und beobachtet, wie sich der Schnitt danach wieder mit Blut füllte und in einem langen dünnen Rinnsal über ihr Handgelenk den Arm hinunterrann.
Das Blut schmeckte süß und sie fuhr mit der Zunge genussvoll den Arm hinauf und leckte nun auch das fließende Blut auf, von der Innenseite des Unterarms bis hinauf zu der Schnittwunde.
Ihre Zunge verursachte ein Kribbeln auf der Haut, das sich bis in den Hals hinauf zu ziehen schien, und dann in kleinen Wellen am Rückgrat hinab zwischen ihre Beine glitt. Die Kälte und den feuchten Nebel spürte sie nicht mehr.
Ein Mann kam die Straße entlang. Schon von Ferne bemerkte er die Frau, die an der Wand entlang torkelte, den einen Arm vor das Gesicht gehoben, mit dem anderen den Mantel zusammenraffend.
Sie übte eine seltsame Faszination auf ihn aus. Er überlegte, ob sie wohl betrunken sei oder high oder ... . Sie hatte den Mantel losgelassen, um den Ärmel über dem Arm weiter zurückzuschieben und der kalte Wind blies den Wollstoff auseinander. Für einen Augenblick sah er nackte Haut blitzen und die schwarzen Bänder von Strapsen über ihren Schenkeln.
„Also doch nur eine Nutte.“ dachte er.
Sie hatte den Mantel wieder geschlossen und er wollte achtlos an ihr vorübergehen, da traf ihn ein Blick aus tiefschwarzen Augen, der ihn stehen bleiben ließ.
„Möchtest du kosten?“ lachte sie, und hielt ihm den Arm entgegen, an dem aus der Schnittwunde immer noch ein roter Blutfaden ihren Arm entlang lief.
Mit einer schnellen Bewegung hatte er sie am Handgelenk ergriffen. Bei dem Druck, den die starke Männerhand ausübte, begann die Wunde wieder stärker zu bluten und dicke rote Tropfen fielen auf den nassen Asphalt.
„Du Verschwender!“ schimpfte sie und versuchte, die Hand zu befreien, um das Blut abzulecken, aber er hielt den Arm eisern umklammert, führte ihn aber jetzt langsam zum Mund und begann, das Blut direkt aus der Wunde zu saugen. Sie schrie auf, denn er hatte die kleine Wunde mit einem schnellen Biss erweitert und das Blut strömte.
„Bist du ein Vampir?“ frage sie. „Schmeckt dir mein Blut?“
Sie lehnte jetzt an der Mauer, die Augen halb geschlossen und beobachtete ihn, wie er an ihrer Hand saugte, das Kribbeln im Arm hatte sich in einen Flammenstrom gewandelt und sie konnte spüren, wie die Feuchtigkeit zwischen ihre Beine schoss und die Schenkel hinablief.
Der scharfkantige Putz des Hauses schnitt jetzt in ihren Rücken, durch ihren Mantel hindurch und sie wünschte, sie könnte ihn sich vom Leib reißen, sie sah ihren Rücken von den Steinen zerfetzt, sie fühlte das Blut ihren Rücken hinablaufen, aber der Mann hielt sie fest.
Er stand jetzt dicht vor ihr, den Mund verschmiert von ihrem Blut, er drängte sich an sie, nur der dünne Mantel trennte ihn noch von ihrer bloßen Haut, er konnte ihre Erregung riechen, die sich mit dem süßlichen Geruch des Blutes mischte. Er schlug den Mantel auseinander und ließ die rote Flüssigkeit auf ihre Brüste tropfen, verschmierte sie, bis ihre Brüste von einem Geflecht von Fingerspuren überzogen waren, ein Gemälde in Blut.
Sie sah an sich herab, aber ihr Köper war ihr fremd, die roten Spuren zogen sich jetzt auch über ihren Bauch, unaufhörlich tropfte der rote Saft aus ihrer Hand und benetzte die Haut der Schenkel oberhalb des Strumpfes, gierige Finger malten Muster, ihre Augen schlossen sich, ihr Kopf sank zurück, der Mantel glitt von den Schultern, sie konnte nicht mehr unterscheiden, ob sie träumte oder ob der Schmerz echt war, nicht der in ihrer Hand und nicht der in ihrem Rücken, sie konnte nicht mehr unterscheiden, ob es Schmerz war oder Lust, sie hatte den Mann vergessen, der sie gegen die Mauer drängte, wusste nicht mehr, welche Hände es waren, die jetzt ihre Schenkel auseinander drängten.
Als der Mann mit einem wilden Aufschrei in sie eindrang und sie dabei noch stärker gegen die Wand presste, schlugen die Wellen über ihr zusammen, Schmerz, Lust, Blut - sie öffnete den Mund zu einem Schrei, aber in diesem Augenblick beugte sich der Mann über sie und ihre Zähne gruben sich in seine Schulter. Sie schmeckte warmes Blut, saugte, leckte, bohrte mit ihrer Zunge in der Wunde, die ihr Mund ihm beigebracht hatte.
Als sie die Augen wieder öffnete, war der Mann verschwunden, als hätte ihn der Nebel verschluckt, als hätte es ihn nie gegeben. Aber die Mauer, an der sie lehnte, war rot, so rot wie ihre Haut, ein Gemälde in Blut.