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Urrrgh
Feuer! – schallte es durch die graue Nacht. Gewehre knatterten und einzelne Pistolenschüsse verirrten sich in den Tiefen der Vegetation. Vereinzelt eine Explosion.
Und Schreie, Schreie waren da überall. Einige verstummten plötzlich – kamen nicht mehr wieder. Einfach so. Andere wurden von einem kurzen Atemzug unterbrochen, gingen dann weiter und überschlugen sich vor Heiserkeit.
Dann wieder unverständliche Befehle, Schreie, Schüsse und – da war noch etwas, kaum hörbar – dieses unheimliche Geräusch, dieses „Urrrgh“.
Es war schrill, angsteinflößend und nur manchmal zu hören. Aber es kam immer wieder. Und dann, hörte auf einmal alles auf. Stille.
Eine Frau saß, gegen einen großen Stein gelehnt, da und trank aus ihrer Wasserflasche. In ihrem Arm ein Bündel aus Tüchern und Decken – ein Kind.
Ich werde auf dich aufpassen! Dich kriegen die niemals! Nie.
Diese verdammten Viecher. Kommen her und schlagen uns einfach die Köpfe ein. Wie ich die hasse! Die kommen sowieso gleich wieder. Das machen die immer so. Angreifen - töten - zurückziehen - angreifen - töten... . Und bei jedem Mal werden wir weniger. Immer weniger. Einfach so. Und irgendwann wird keiner mehr von uns da sein. Einfach so.
Und dann immer dieses „Urrrgh“. „Urrrgh“ machen die immer. Immer wieder.
Das macht einen richtig verrückt. Dabei haben wir denen doch gar nichts getan. Wir sind hier doch nur gestrandet, weil unser Schiff kaputt war. Wir wollen nur noch nach Hause. Nach Hause – mehr wollen wir doch gar nicht.
Aber diese Dinger kapieren das ja nicht! Mit denen kann man nur vernünftig mit Impulsgewehren reden.
Was fällt denen eigentlich ein? Was haben die denn davon, wenn die uns einen nach dem anderen abschlachten?
„Urrrgh – Urrrgh“, hallte es durch die Stille. Schreie des Todes.
Emelie stand auf, in der einen Hand das Kind und in der anderen ihr Impulsgewehr. Vertraute Atmosphäre kam auf. Die Atmosphäre des Kampfes.
Und da waren sie. Dämonen, die aus ihren Verstecken kamen und nach Blut lechzten. Emelie betätigte den Abzug und schoß. Einige ihrer Kameraden wurden von ihren Gegnern in Stücke gerissen. Andere standen mit aufgeschlitzten Bäuchen da, deren Inhalt platschend zum Boden fiel.
Und dann immer wieder dieses „Urrrgh“, das Brüllen des Kindes, Schreie der Kameraden, Schüsse, Explosionen.
Emelie sah sich einen ihrer Gegner gegenüber, als sie plötzlich den Boden unter ihren Füßen verlor.
In einer kleinen Höhle war sie jetzt. Umgeben von dutzenden kleinen Wesen – einen Fuß groß. Sie schrien. Es waren fremdartige Laute – aber doch irgendwo vertraut – wie ein ungeübtes „Urrrgh“.
Und augenblicklich wurde ihr alles klar. Sie verstand alles.
Zitternd auf dem Boden liegend, ihr Kind beschützend im Arm, blickte sie in die Augen eines der kleinen Wesen. Sie verstrahlten Unschuld, genauso wie die Äugchen ihres Kindes. Und beinahe, dachte sie, sehen sie sogar menschlich aus.
Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen. Dann größere Augen. Ängstlichere. Ihr Kind mit beiden Armen umklammert, hielt sie unbewußt den Atem an. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Ein kurzer, stechender Schmerz. Dann Schwärze. Nichts mehr.