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Upside down

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13.09.2007
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Upside down

Lange schon laufe ich durch den Englischen Garten. Rhythmisch die starren Gliedmaßen schwingend, die eisige Luft einsaugend durch die vom Schal bedeckte Nase. Der Schnee knirscht unter meinen Stiefeln. Krähen krächzen, Hunde apportieren, Kinder quängeln. Zugefrorener See. Ich laufe darüber, beobachte die Schlittschuhläufer und denke: 'Das ist unmöglich auf Malta.'
Man konnte schwimmen, auch bei 10° plus. Mir war dabei genauso kalt wie jetzt auf dem Eis. Doch habe ich die harsche Liebkosung des klaren Salzwassers genossen.
Nicht lange, dann verlasse ich das Meer eher kriechend, meine klammen Füße finden kaum Halt auf dem glitschigen Gestein. Eva macht weiter Fotos. Sie will sie ihren Freunden in Tschechien zeigen:
„That crazy girl was my roommate!“, ruft sie lachend.
Ich schmirgele mich mit dem Handtuch trocken, schlüpfe in die warme Kleidung. Es prickelt, von der Kopfhaut bis zum kleinen Zeh und ich fühle mich schwerelos, bis sich mein Körper auf Normaltemperatur hochgeheizt hat.
Das Meer plätschert beschaulich in der Wintersonne. Als hätte es sich entkräftet im Sturm. Brausend und schäumend brach es sich am wuchtigen Gestein, duschte die Luft mit Salzwasser vor knapp einer Stunde.
Wir fahren zurück nach Sliema. Emmi ist zu Hause geblieben: „Sunday is my Home-stay-day“ sagte sie.
Unter erschwerten Bedingungen mache ich Hausaufgaben. Eva und Emmi sitzen mir am Wohnzimmertisch gegenüber und talken. „What?“ Ich entsinne mich, das ich als Frau multitaskingfähig sein soll und translate abwechselnd Englisch mit tschechischem und französischem Slang, instructions and alien-grammar. Emmis dictionary is for children, sie zeigt uns funny pictures. Ich gebe auf, werde den Wecker für Morgen eine halbe Stunde früher stellen. Wir spielen heiteres Tierstimmenraten. Kniffelig in internationaler Runde. Es gibt beträchtliche Unterschiede beispielsweise zwischen dem Grunzen eines deutschen, französischen und tschechischen Schweins. Ich schlage mich tapfer: „Which animal makes kikeriki?“
„Yeah, the chickenman!“
An dieser Stelle möchte ich Ihnen mitteilen, das meine Mitbewohnerinnen und ich bereits erwachsen sind. Eva ist Universitätsdozentin, Emmi studiert Jura, ich bin Krankenschwester.
Aber hier, auf Malta, sind wir Studenten an der Easy-Language-School. Die Jüngste ist 18, der Älteste 60. Wir kommen aus Chile, Japan, von überall her und haben das gleiche Ziel. Es gibt keine Ausgrenzung, wir lachen über unsere Fehler: „When I cook somebody!“
Während unserer Schulausflüge besichtigen wir uralte Architektur, ausgegrabene Tempel, Museen, Paläste, Landschaftskleinode und immer wieder das Meer in seiner Vielfalt. Nein, wir gehen nicht Hand in Hand und auch nicht in Zweierreihe, aber die Trips erinnern an diese Zeit.
Wie es sich für Studenten geziemt, feiern wir oft und ausgelassen. Wir sind laut. Das liegt nicht am Alkoholpegel sondern an unserer Redelust. Um uns trotz babylonischer Dialektlandschaft zu verständigen, ist dies unvermeidlich. Die Kellner sind dankbar, wenn wir endlich weiterziehen, in unser Stamm - Karaoke – Pub. Dort dröhnt es derart, dass selbst wir nicht stören.
Zuweilen gönne ich meinem gestressten Hirn eine Wellness Massage in einer der über 365 Kirchen. Ich lasse mich vom arabisch anmutenden Malti berieseln und verstehe nichts außer „Ave Marie“ und „Amen“.
Flugs sind drei Wochen um, Abschiedsparty bis 1Uhr, erst beim Maltes dann im Pub. Ich halte inne voll Dankbarkeit, möchte diesen Moment konservieren für ewig.
Morgens 6:30 veranstaltet Emmi für mich eine Pyjamaparty, ich bin als einzige over dressed. Sie hat Schokokuchen gebacken. Ich lache weinend. Dann kommt mein Pick Up Service zum Flughafen. „I love you!“ schreie ich den aus den Fenster Winkenden zu. Der Fahrer prüft die Papiere und meint kopfschüttelnd: „They write, you are 45!“
München begrüßte mich mit minus 15 Grad und einer Halsentzündung. Mittlerweile habe ich mich klimatisch akklimatisiert. Ich vermisse meine Studentenfreunde, die lustige Studentenzeit, Arbeiten ist nicht amüsant.
Auch wundere ich mich immer noch, das ich problemlos alles verstehe. Ich lausche den Gesprächen der Spazierenden. Höre die Vögel trällern. Selbst in dieser frostigen Zeit zwitschern die daheimgebliebenen Piepmätze, als käme der Lenz dann schneller uns grüßen. Oder sind sie nur sorglos beglückt, weil keiner auf sie schießt?
Auf Malta, da liegen die Patronenhülsen, wo einst die Wandervögel sangen.

 
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Hallo Damaris,

das ist zwar alles ganz nett geschrieben (obwohl ich so englische Einsprengsel oft etwas problematisch finde), aber fuer eine Geschichte ist es mir echt zu duenn. Eine Frau erinnert sich wehmuetig an einen schoenen Sprachkurs auf Malta. Aber auch in der Rueckblende passiert nichts Spannendes, alles ist einfach nur nett - das ist nicht wirklich ein literarisches Thema. Das liest sich im Grunde wie ein Insider-Text, an dem die Spass haben koennen, die dabei waren. "Weisst Du noch, Emmi mit ihrem Home-stay-day?" "Ja, haha, die Emmi." Fuer Aussenstehende ist das nicht so interessant oder lustig. Es wirkt ziemlich banal. Bis auf das Ende, das kommt recht bedeutungsschwanger daher:

Selbst in dieser frostigen Zeit zwitschern die daheimgebliebenen Piepmätze, als käme der Lenz dann schneller uns grüßen. Oder sind sie nur sorglos beglückt, weil keiner auf sie schießt?
Auf Malta, da liegen die Patronenhülsen, wo einst die Wandervögel sangen.
Aber ich verstehe nicht, worauf da angespielt wird.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen mitteilen
diese ploetzliche Ansprache empfinde ich als Bruch, das kommt mir ungelenk vor

lg,
fiz

 
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Hallo Asphaerisch, hallo Feirefiz,
danke für Eure Kritik.
Maltesischer Volkssport ist das Vögelschießen - Bedeutung des Endes.
Ja, die Geschichte ist in dieser Form wohl eher was für Insider (ich denke dabei auch an Sprachreisenden, Maltareisenden u.ä.). Trotzdem möchte ich sie gut geschrieben haben. Da sie kurz ist, halte ich sie für KG zumutbar.
Wobei besonders die zweite Kritik mir neue Möglichkeiten zeigt. Jedoch weiß ich nicht, ob ich dies erfolgreich umsetzen kann.
"Man kann schwimmen" hab ich in die Vergangenheit gesetzt, das ist wirklich besser so. "Man hätte schwimmen können" geht nicht, denn Ich bin ja.
Der Tempowechsel beim Meer gefällt mir, denn so ist es: launisch und sprunghaft - besonders im Winter an kleinen steinig-kantigen Inseln wie Malta.
Den Stilbruch am Ende; ich weiß jedoch nicht, ob es überhaupt einer ist; finde ich passend, da sich die Sicht der Dinge meines Ichs umkehrt. Sie nimmt die Schattenseite ihres "Paradieses" wahr und kommt somit "geistig" nach Hause zurück.
Danke nochmals, vielleicht kann ich die KG wachsen lassen.
LG Damaris :-)

 

Maltesischer Volkssport ist das Vögelschießen - Bedeutung des Endes.

Schon klar. Der Text wirkt wie ein Tagebuch- das kann man machen, bekommt dann aber einen Text, der in die Breite geht, nicht in die Tiefe.

Wenn Du die einzelnen Teile nimmst- das Vögelschiessen, das Bad im kalten Wasser, die Sprachübungen... und einzeln in Geschichten fasst und dafür ausarbeitest (in welcher Form auch immer), bekommst Du evtl. die besseren Geschichten.

Ich sehe drei Geschichten in dem Text, jede davon reizvoll als Idee, aber keine ausgearbeitet. Und dadurch, dass sie sich den kurzen Text teilen, nehmen sie einander die Wirkung.

 

Hallo Damaris,
ich finde, dass Deine Geschichte recht gut geschrieben ist. Etwas mehr Handlung und vor allem eine Pointe wären gut, aber mir gefällt's auch so

 

Hallo Tammtamm und Jannes,
danke für Eure Kritik, ich glaube, sie hilft mir, die Geschichte wachsen zu lassen.
In welche Richtung? Ich weiß es noch nicht.
Vielen Dank auch für die Ermutigungen!
LG von Damaris :-)

 

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