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Unter sich
Unter sich
Viele mehr oder weniger nette Blicke erntend , führte ich unsere Hündin Gassi. Nur vereinzelte Aussagen wie : "gosch Gassi?"oder "schener Hund" begleiten mich auf meinem Weg. Ich finde das nett und weiss es zu schätzen. Aber der Preis für diese Dörfliche Idylle ist hoch und nur schwer ,ohne Opfer zu bringen, bezahlbar.
Ein Opfer wäre da zum Beispiel die Freundlose Zeit nach der vierten Klasse. Wie konnte ich es auch wagen, auf eine grössere Schule in der Kreisstadt zu besuchen? Ich laufe weiter und begebe mich nach unserem kleinen Gang in das örtliche Fussballtraining. Fussball zu spielen ist das schönste was es gibt, aber immer wieder höre ich solche Sätze wie: " Hajo du gosch ja au uffs Gymi." Toll nur weil sie denken, ich würde denken ich wäre was besseres denke ich es noch lange nicht. Ich habe hier keine echten Freunde. Ich beende das Training wie immer, ziemlich angenervt. Und wie immer, habe ich es genossen mit ihnen zu spielen. Dabei ist alles klar ich habe nichts gegen sie und sie nichts gegen mich. Aber...
Ich gehe eben auf eine andere Schule, da kann ich nichts machen wenn ich die Bildung, die mir eben vom Staat anerkannt wurde nicht aufgeben will. Ausserdem wäre ich dann der, der auf der grossen Schule war. Also was solls? Dabei sollte ich mich doch freuen, schliesslich ist in zwei Wochen Dorffescht. Aber die Tatsache dass ich mich nicht freue, stärkt mich nur in meiner Aussenseiterposition. Wie kann ich nur? Wie kann ich dieses Dörfliche Event nur auslassen? Schliesslich könnte ich mich doch besaufen und ein geiles Weib poppen. Das ist doch Standard. Ich entschliesse mich dann aber, auf Anfrage eines Leidensgenossens, doch hinzugehen.
Ich stehe in diesem Zelt und stelle fest. Ich will hier raus! Ich sehe sie schon, diese kleinen Gestalten mit ihren grossen Gläsern. Ich setze mich an einen Tisch und bestelle ein SPEZI, wie kann ich nur noch keinen Alkohol trinken wenn es schliesslich schon fast 5 ist? Diese Frage werde ich leicht abgeändert gefragt : "Wa trinksch ko Bier?" Ok es hält sich in Grenzen aber dann muss ich hören wie mich eine andere Stimme fragt :" Isch unser Bier dir net guet gnueg?" Darauf platzte ich und fragte : "Isches verboten kein Bier zu trinken? Muss ich mich euch denn immer anpassen? Ist es strafbar, nicht euren Maßstäben zu entsprechen?" Ich ging. Ich musste mir das nicht weiter antun. Lästerndes Gemurmel begleitete mich hinaus. Ich drehte mich nochmal um und rief: " Na dann wünsch ich euch noch viel Spass hinterm Rathaus. " Sie wussten alle was gemeint war. Zumindest hoffte ich das. Hinter dem Rathaus war ihr Lieblingsplatz. Hier poppten sie am Liebsten. Natürlich nur wenn sie sich davor mit ihrer Braut ordentlich einen hinter die Binde gekippt hatten. Stinkwütend verkroch ich mich bis das Fest vorbei war. Fern von all den dorfjugendlichen Weisheiten: Ohne Kondom machts mehr Spass. Bier mit süssem Sprudel schmeckt itte so guet wie a echts Colaweize. S´isch warm. Des leit am Wetter. Warum isch der Bode do nass? Haja swird gregnet hau. Dies ist leider nur eine kleine willkürliche Ansammlung mich krankmachender Weisheiten. Nicht alle sind so. Nein, die Kinder, die hinter dem Rathaus entstanden sind, weil es ohne Kondom mehr Spass macht, vertreten eher die Meinung, die ich euch hier näherbringe.
Aber ich sitze hier, überlege und komme zum Schluss mich in nichts mehr einzumischen. Ich glaube nämlich, dass ich es als Aussenseiter viel besser habe, als so manche Insider. Am Tag nach dem Dorffest gehe ich in die Gedankenaustauschmetropole schlechthin unserer Gemeinde. Dem Dorflädele. Ich gehe hinein und bleibe unbemerkt. Dies ließ mich sehr interessante Tatsachen über mich erfahren :
"I han ghert das der kleine Pimedia (mein werter Name) ganz sche Stunk gemacht habe soll." "Jo s hät ghosse er hät a Schlägerei agfange und sich über uns lustig gmacht." "Die sollet doch furt bleibe." "Stimmt so ebbes kinne mer hier echt it bruche." "Der hält sich halt für ebs besseres."
Breit grinsend ging ich an die Kasse, an welcher sich das Gespräch abgespielt hatte und zahlte.
Als ich meinen Weg nach Hause antrat, beschloss ich sie unter sich bleiben zu lassen und sie nicht mehr zu belästigen.
Schliesslich halte ich mich doch für was besseres.