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Unter der Weide

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22.09.2018
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Unter der Weide

Ich war nicht darauf vorbereitet, wie sehr es weh tun würde. Seit Monaten lebte ich nun mit diesem Schmerz irgendwo im Hintergrund meines Bewusstseins, der sich jedoch wie Unkraut immer wieder an die Oberfläche drängte. Doch die beiden jetzt zusammen zu sehen, schien all das wieder hervorzuholen, was sich die letzten Wochen quälend langsam und schleichend zurückgezogen hatte. Aus dem Unkraut schien innerhalb von Sekunden ein riesiger Baum zu wachsen, der den Himmel verdunkelte und in dessen Schatten ich mich jetzt befand. Jeder Fortschritt, jede verabschiedete Erinnerung, jeder Moment der Akzeptanz – nichts davon hatte jetzt noch eine Bedeutung.

Sie saßen in einem Restaurant nahe der Wasserbrücke. Die triste Farblosigkeit des Herbstes schien sich an diesem Tag noch ein letztes Mal zurückzunehmen und machte den Weg für ein paar zaghafte Sonnenstrahlen frei. Der Platz unter der Weide muss gerade heute ein ziemlich romantischer Ort gewesen sein. Das Mädchen, dessen Namen auf meiner Seele tätowiert zu sein schien, saß mit dem Rücken zu mir, doch das hinderte mich nicht daran, sie trotzdem zu erkennen. Selbst wenn man weiß, wie unwahrscheinlich es ist, ein Gesicht in der Menge wiederzusehen, heißt es doch nicht, dass man jemals gänzlich damit aufhört, danach zu suchen.

Natürlich hatte ich gewusst, dass ich sie irgendwann wiedersehen würde. In einer Kleinstadt wie dieser ist das kaum vermeidbar. Und ich war so gut gewappnet gewesen, wie es eben geht, und möglicherweise hätte ich den Anblick von ihr allein auch ertragen können. Wäre mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck vorbeigegangen und erst ein paar Ecken später still und heimlich zusammengebrochen, bis ich mich wieder unter Kontrolle gehabt hätte. Doch stattdessen hatte das Schicksal wohl entschieden, mich, die eigentlich bereits genug unter seiner Willkür gelitten hatte, noch einmal mit voller Härte zu bestrafen.

"Ich weiß, dass meine Beziehung kurz vor dem Scheitern ist. Aber ich möchte darum kämpfen, solange es noch geht."
Ihre Stimme in meinem Kopf machte mich wahnsinnig. Diese Worte hörte ich nun seit zehn Tagen wieder und wieder, nahm sie auseinander und klebte sie wieder zusammen. Immer in der vergeblichen Hoffnung, dass sie irgendwann Sinn ergeben würden. Jeder Moment in all den Wochen vorher spulte sich in jedem wachen Augenblick vor meinem inneren Auge ab und wenn ich Schlaf bekam, träumte ich davon.

Sie hatte beinahe mir gehört. Und das Beinahe brach mein verdammtes Herz immer und immer wieder.

Ich blieb mitten auf dem Gehweg stehen, vielleicht zwanzig Meter von dem glücklichen Pärchen entfernt. Der Mann hätte mich entdecken können, doch er achtete gar nicht auf mich. Warum auch? Er kannte mein Gesicht nicht und ich bezweifelte, dass er jemals von meiner Existenz gewusst hatte. Denn wenn doch, würde er möglicherweise nicht so glücklich mit seiner Freundin hier sitzen.

Denn das war sie – seine Freundin. Sie war es immer geblieben, obwohl sie ihre Beziehung andauernd infrage stellte und die Nerven besessen hatte, sich lange genug über eine Alternative Gedanken zu machen. Die Erinnerung schnürte mir die Kehle zu und ich rang nach Luft. Ich war diese Alternative gewesen, eine zweite Option, eine Wahlmöglichkeit, die jedoch wieder verworfen wurde. Tagelang war ich blind durch mein Leben gestolpert und litt unter Appetitlosigkeit, nächtelang wäre ich beinahe an meinen Tränen erstickt. Und dieser Mann wusste von all dem nichts und er würde es nie erfahren, denn ich war aus ihrem Leben ausgelöscht worden und musste mich wieder in meinem eigenen zurechtfinden.

Ich stand auffällig lange da und starrte zu ihnen herüber. Ich kannte den Mann nicht und doch hasste ich ihn, hasste ihn mit jeder Faser meines Körpers, die einer Empfindung mächtig ist. Er hatte mir etwas genommen, egal, ob er es die ganze Zeit über besessen hatte oder nicht. Ich war der festen Überzeugung, dass er dieses Mädchen ihm gegenüber nicht verdiente, dass ich selbst ihr etwas Besseres hätte bieten können.
Er bemerkte mich. Stockte mitten im Satz und sah immer wieder zu mir herüber, zu der angewurzelten Gestalt am Fuße der Wasserbrücke. Er hatte einen arroganten, selbstzufriedenen Blick, selbst in dieser Situation. Als wüsste er, wer ich war und was er mir angetan hatte, ohne wirklich irgendetwas zu tun.

Gleich würde sie auch herüberschauen, das wusste ich. Sie würde die Ablenkung ihres Freundes bemerken und sich umdrehen, um den Grund herauszufinden. Seit Wochen fragte ich mich, wie es wohl sein würde, wenn ich sie wiedersehen würde. Wie sie reagieren würde. Ob sie sich einer Schuld bewusst wäre oder ob sie mich so begrüßen würde, als wäre nie etwas zwischen uns vorgefallen. Oder ob Ignoranz alles wäre, was ich bekommen würde.

Diese Augen wiederzusehen, bereitete mir Gänsehaut am ganzen Körper. Dieses Gesicht verwandelte meine Beine in ungelenke Klumpen und zog all das Blut aus meinem Gehirn, sodass es seine Funktion aufgab. Ich fühlte mich wie früher, wenn wir uns getroffen hatten, konnte sogar diesen unverwechselbaren Duft noch einmal tief in meine Lungen aufnehmen. Das war die perfekte erste Sekunde.
Danach verwandelte sich ihr Blick in leise Überraschung und ihr Mund verzog sich zu einem kleinen Lächeln.

Doch es stank nach Falschheit. Ihre Emotionen waren nicht echt, nicht tief und nicht real. Sie war nicht überrascht, mich zu sehen und sie freute sich auch nicht darüber. Doch das Gegenteil war genauso wenig der Fall. Es löste auch keinen Kummer oder Ärger oder zumindest Genervtheit in ihr aus.
Es war ihr egal.

Vielleicht ist es ihr immer egal gewesen, meine Gefühle und wie man damit umgehen sollte und die ihres Freundes, den sie zumindest in Gedanken unentschlossene zehn Tage lang betrogen hatte. Ich würde es nie herausfinden.

Ihr Freund fragte etwas und ohne es zu hören oder seine Lippen lesen zu können, wusste ich, was er wissen wollte. Wer dieses Mädchen war, das dort scheinbar unbeweglich stand und mit den Tränen kämpfte.
Seine Freundin drehte sich herum. Und winkte ab.

Ich erwachte aus meiner Schockstarre und lief auf die Brücke. Ich war immer noch in Sichtweite, doch es war mir egal. So egal wie ich dieser scheinbar Fremden dort hinten geworden war, die mir noch vor wenigen Wochen versprochen hatte, sie würde sich ernsthafte Gedanken über eine Beziehung mit mir machen. Vielleicht hatte sie sich die gemacht. Doch ihre Gedanken schienen so wechselhaft und unbeständig zu sein wie das Laub der Bäume in diesem Herbst. Nur die Weide war unberührt grün, als wolle auch sie das einsame Mädchen auf der Brücke verspotten.

"Du bist mir wichtig und ich will dich nicht verlieren. Aber-"
Sie hatte nie ausgesprochen, was dem Aber folgen sollte, doch ich habe die Worte trotzdem gehört. Und jetzt saß das Aber mit ihr unter dieser Weide. Am liebsten würde ich ihn wie Unkraut aus dem Boden reißen, um etwas Neuem, Besserem Platz zu machen.
Doch sie hatte gelogen. Ich war ihr nicht wichtig und sie hatte es ohne Weiteres hingenommen, dass ihre Entscheidung uns voneinander trennen würde. Aber diese Erkenntnis kam zu spät und sie änderte nichts.

Jeder Stein der Brücke lag nicht mehr solide unter meinen Füßen, sondern schwer und niederdrückend auf meinem Herzen. Das Gewicht drückte mich zu Boden, doch nicht nur auf die Brücke, sondern tiefer herunter, ins Wasser, auf die Steine, unter die Erdoberfläche. Die leichte Brise war wie starke Böen auf meiner angeschlagenen, verwundeten Haut. Meine Kleidung scheuerte sie auf, meine Tränen waren Nadelstiche, die mir der eigene Körper zur Folter geschickt hatte. Das Blut, das nun wieder durch meine Adern rann, war reine Feuerglut. Alles in mir schrie auf.

Vergessen war der Fortschritt, vergessen die Versprechen auf Besserung, die ich meinen Freunden und Familie gegeben hatte. Es gab keine Zukunft mehr, keine Hoffnung und keine Genesung. Und meine Wunde vernarbte nicht einmal, nein, sie wurde aufgerissen und mit neuem Futter versorgt, bis sie alles verschlingen würde.

Mein Körper stand in Flammen und nichts außer Wasser vermochte Feuer endgültig zu löschen. Ich blickte hinunter. Die dunklen Wellen sahen einladend aus, friedlich und kühl. Kälte, ja, danach verzehrte sich mein Körper.

Ich schaute mich noch einmal um. Der Tag ging weiter, niemand beachtete mich. Die Weide war grün und es war ein romantischer Anblick.
Mein Kopf traf das Wasser zuerst.

 
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Hi, @StoryTraveller

Und ein herliches Willkommen bei den Wortkriegern! :herz:

Du hast ja ein Ziel, und deshalb habe ich mich dazu entschieden, Dir einfach die volle Textwand zu geben. Ich sage das, weil ich in letzter Zeit eher versuche, mich gegenüber neuen Gesichtern im Forum ein bisschen zurückzuhalten mit Anmerkungen, einfach weil ich den Eindruck gewonnen habe, dass es eher abschreckend als hilfreich wirkt. Ich gehe aber erstmal davon aus, dass Du Dich mit dem Thema Schreibhandwerk schon ein wenig auseinandergesetzt hast und weißt, was Dich erwartet. Wenn das nicht der Fall sein sollte, lass Dich nicht erschrecken, sag einfach Bescheid, dann breche ich es wieder ein wenig runter. ;)

Angeschnallt und los geht's!

Du hast ein sehr sensibles Thema gewählt, die enttäuschte Liebe, und ich habe mich da total wiedergefunden. Als ich als Teenager richtig verknallt war und er dann eine andere hatte, war ich auf diese andere eine Zeitlang total fixiert. Ich finde mich also in Deiner Prota wieder, und dann hat mir auch der Twist wirklich gut gefallen.

Ich muss Dir Deine Geschichte ja eigentlich nicht erklären, aber dass Deine Prota so fixiert auf das Mädchen ist, nicht weil das Mädchen jetzt "ein Mädchen mit einem Freund" ist, sondern weil Deine Prota in dieses Mädchen verliebt ist, das kam für mich dann doch überraschend und hat mir gut gefallen. Plötzlich haben all diese verworrenen Gefühle – obgleich ich auch diese nachvollziehen konnte – Sinn ergeben. Da hast Du mich überrascht, und das ist erstmal gut. Es zeigt, dass Du in der Lage bist, nicht zu geradlinig zu erzählen. Das musste ich persönlich erstmal lernen, und das ist nicht leicht. Also: Achievement freigeschaltet! :D Sehr gut.

Das weitere Achievement ist, dass Du kaum (oder gar keine, weiß ich jetzt nicht genau, weil ich die Geschichte gestern schon gelesen habe) RGZ-Fehler machst. Das erspart allen Beteiligten (Textbesprecher/inne/n und Dir) eine Menge Arbeit.

Zwei stilistische Anmerkungen hätte ich jedoch.

Erstens: Dass Deine Charaktere keine Namen haben, finde ich extrem ungünstig. Ich vermute, das soll irgendwie geheimnisvoll wirken? Das Problem ist, dass sie für mich dadurch alle 1) relativ unpersönlich und schattenhaft bleiben, obwohl das hier ja ein sehr persönliches Thema ist (als hätten Deine Figuren sich Dir nicht richtig vorgestellt, und das kann ja nicht gut ausgehen), und 2) ich mich ständig in den "sie"s verheddere und vorwärts und rückwärts lesen muss, um herauszufinden, wer gerade "sie" ist. Das ist natürlich alles andere als ein schönes Leseerlebnis.

Ich sehe zwei Möglichkeiten, um das zweite Problem zu lösen. 1) Namen geben. Damit würdest Du wahrscheinlich auch das erste Problem lösen, weil es Deine Figuren einfach greifbarer machen würde. Oder 2) Deine Sie-Erzählerin zur Ich-Erzählerin machen, sodass Du "ich", "sie", "er" hast. Das löst das Problem, dass ich manchmal nicht sofort weiß, welche "sie" gemeint ist, löst aber nicht das Problem der Schattenhaftigkeit der Figuren. Bei der ich allerdings ein bisschen befürchte, dass sie absichtlich erzeugt wurde. Nja. Meinen Geschmack trifft das nicht.

Zweitens: Kennst Du "Show, don't tell"? Es ist so ziemlich der wichtigste Grundsatz für Schreibeinsteiger/innen. Das lernst Du als erstes, und wenn Du das kannst, ist ein sehr großer Schritt zu gutem Schreiben getan.

Ich schicke voraus, dass dieses Forum mich zu einer extrem militanten Zeigerin gemacht hat. Irgendwo (nicht in diesem Forum) habe ich mal die Übung gelesen, ein paar Monate einfach auf jegliches "wollen", "wünschen", "denken", "fühlen" usw. zu verzichten. Obwohl in der Übung stand, dass man irgendwann wieder damit aufhören kann, fällt es mir immer noch schwer, diese Wörter zu verwenden. Das heißt, meine Meinung zu dem Thema ist womöglich etwas extrem. Da warte nochmal andere Kommentare ab.

Allerdings glaube ich wirklich: Du tellst viel zu viel und zeigst viel zu wenig. Schau Dir den Anfang Deiner Geschichte an: Da sind zwei Blöcke, in denen nichts passiert, bis dann der erste sichtbare Satz kommt:

Sie saßen in einem Restaurant nahe der Wasserbrücke.

Das ist viel zu spät. Deine Aufgabe als Autor/in ist es, Bilder in meinem Kopf zu erzeugen. Stell Dir Deine Geschichte ein bisschen wie eine Bühne vor. Solange Deine Prota irgendwas erzählt von ihren Gefühlen und irgendwelchen Unkrautmetaphern, höre ich im dunklen Theatersaal nur ihre Stimme. Ich will aber was sehen! Und das möglichst schnell.

Sie hatte sehr lange darunter gelitten, nächtelang wäre sie beinahe an ihren eigenen Tränen erstickt.

Ein gutes Beispiel dafür, was Tell und was Show ist, finde ich hier in Deinem Text. "Sie hatte sehr lange darunter gelitten", das ist reines Tell. Da ist nichts Sichtbares dran. Wenn Du das schreibst, entsteht in meinem Kopf kein Bild. "Nächtelang wäre sie beinahe an ihren Tränen erstickt" (eigenen würde ich weglassen, ist ja klar, dass sie nicht an anderer Leute Tränen erstickt) hingegen malt ein Bild vor meinem inneren Auge.

Eine Freundin von mir sagt immer, man solle der Bilder und nicht der Worte wegen schreiben. Das ist sehr, sehr weise. Zu Anfang hat sie mich damit sehr frustriert, denn sie ist wirklich streng, was das angeht. Aber sie hat recht.

Du willst ja, dass Deine Leser/innen mit Deinen Figuren mitfühlen. Was ist also problematisch an Sätzen wie diesem hier?

Seit Monaten lebte sie nun mit diesem Schmerz irgendwo im Hintergrund ihres Bewusstseins, der sich jedoch wie Unkraut immer wieder an die Oberfläche drängte, wo ihn niemand haben wollte.

Abgesehen davon, dass er tierisch verschachtelt ist? ;) Auch etwas, worauf Du achten könntest. Metaphern und zwei Nebensätze auf einmal, und das ist auch noch der zweite Satz der Geschichte ... Puh.

Und als wenn das nicht genug wäre, finde ich das auch noch ziemlich tellig. Das Problem ist, dass Du nur behauptest, dass das Mädchen Schmerzen hat. Das Problem mit Behauptungen ist, dass ich als Leserin nichts davon spüre. Ich muss Dir einfach glauben, dass es diese Gefühle gibt, ohne sie selbst bezeugt zu haben. Wie kann man Gefühle zeigen? Zum Beispiel Schmerzen bei Liebeskummer? Wie fühlt sich das an? Frag Dich das selbst immer. Ich zum Beispiel kenne die Enge in der Brust, das Gefühl, da sitzt etwas Schweres drauf und hindert mich am Atmen. (Übrigens auch ein Symptom von Depressionen, würde also gut passen.) Viel lebendiger als "Ich habe Schmerzen", nicht wahr?

Ich würde empfehlen: Steige schneller ins tatsächliche Geschehen ein. Versuche, die Gefühle Deiner Prota nicht nur zu behaupten, sondern sie auch wirklich fühlbar zu machen. Schmerzen zum Beispiel zeigt man, in dem man vom Ziehen in der Brust berichtet, der plötzlichen Atemnot, den schwarzen Sternchen vor den Augen. DAS sind Schmerzen. Keine behaupteten Schmerzen, sondern Schmerzen, die ich nachfühlen und dann für mich selbst interpretieren kann: Okay, dieses Mädchen hat solchen Liebeskummer, dass es wehtut.

Kompliziert ist natürlich, dass Du wahnsinnig viele Gedanken schilderst. Bis auf den Suizid spielen sich ja alle wirklich wichtigen Geschehnisse Offstage ab, also in der Vergangenheit. Das ist ein dickes Brett fürs Schreiben, denn wir wollen natürlich, dass immer möglichst viel auf der Bühne und vor den Augen der Leser/innen geschieht. So, wie Du die Vergangenheit schilderst, ist es halt, als würde auf der Bühne jemand stehen und erzählen, was geschehen ist. Nicht besonders spannend. Im Kontext der Geschichte weiß ich leider auch nicht genau, wie man das Problem löst. Möglicherweise ist es aber auch nicht mehr ganz so krass, wenn Du Dich etwas stärker auf die Geschehnisse im Jetzt konzentrierst, versuchst, mehr Emotionen richtig zu zeigen. Ich schaue mir das gerne nochmal an, und wir machen es doch eher häppchenweise. ;)

Sie, die ihr so viel Kopfzerbrechen und Herzschmerz bereitet hatte, saß mit dem Rücken zu ihr, doch das stoppte sie nicht, das Mädchen trotzdem zu identifizieren.

Ein drittes Manko sind für mich die furchtbar verschachtelten Sätze und die teilweise sehr umständliche Formulieren. Wolf Schneider schreibt, man solle sich von Wörtern, die auf "-ieren" enden, fernhalten. Das hast Du hier recht eindrucksvoll gezeigt. Genauso wie "stoppen", das klingt einfach nach Fahrschule. Und "identifizieren" klingt nach Gegenüberstellungen in polizeilichen Ermittlungen. Was spricht denn gegen "abhalten" und "erkennen"?

Und "Kopfzerbrechen und Herzschmerz", das ist mir wieder zu abstrakt. Das würde ich an dieser Stelle streichen, dann ist der Satz auch leichter zu lesen, und woanders einfach zeigen, sodass ich als Leserin selbst erkenne: Hier ist unerwiderte Liebe im Spiel. So schwer, wie das jetzt klingt, ist das gar nicht. Ich empfehle, mal noch ein paar Online-Beiträge zum Thema "Show, don't tell" zu lesen und beim Lesen von Geschichten sehr konsequent darauf zu achten, wie andere Autor/inn/en das umsetzen. Zum Beispiel hier im Forum. Auch Neulinge sind sehr willkommen, ihren Senf dazuzugeben, also habe keine Scheu, selbst zu kommentieren. Das schärft das Auge, und ein scharfes Auge kann beim Schreiben nur hilfreich sein.

Oki, ich hoffe, ich konnte Dir etwas Hilfreiches an die Hand geben. Dadurch, dass ich den Kommentar, als ich eigentlich nur Zitate eingefügen wollte, aus Versehen zu früh abgeschickt habe, war ich jetzt doch ein bisschen hektischer als sonst. Und dieses Gedankending ist wirklich kniffliger, als ich dachte.

Ich würde einfach empfehlen, dass Du Dich mehr auf die Geschehnisse im Jetzt konzentrierst, immer Dinge auf Deiner Bühne passieren lässt. Wichtig ist vor allem, dass Du direkt im Jetzt anfängst und nicht bei irgendwelchem Unkraut. Am Anfang der Geschichte will ich wissen, wer Deine Prota ist und was sie tut. Das ist mein dringendstes Bedürfnis an dieser Stelle. Deshalb: Am Anfang auf jeden Fall mit sichtbaren Geschehnissen beginnen.

Außerdem Schachtelsätze entzerren und das "sie" und "sie"-Problem lösen. Ich bin gespannt, was Du draus machst. Sag einfach Bescheid. Make it work!

Und viel Spaß hier im Forum.

Gedankliche Grüße,
Maria

 

Hi @TeddyMaria
und erstmal vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung! Ich gebe offen zu, so eine konstruktive Kritik zu bekommen, ist für den Anfang ganz schön überwältigend. Aber ich will mich nicht beschweren, denn genau deshalb habe ich mich hier ja angemeldet :)

Erstens: Dass Deine Charaktere keine Namen haben, finde ich extrem ungünstig. Ich vermute, das soll irgendwie geheimnisvoll wirken? Das Problem ist, dass sie für mich dadurch alle 1) relativ unpersönlich und schattenhaft bleiben, obwohl das hier ja ein sehr persönliches Thema ist (als hätten Deine Figuren sich Dir nicht richtig vorgestellt, und das kann ja nicht gut ausgehen), und 2) ich mich ständig in den "sie"s verheddere und vorwärts und rückwärts lesen muss, um herauszufinden, wer gerade "sie" ist. Das ist natürlich alles andere als ein schönes Leseerlebnis.

Beide Probleme kann ich absolut nachvollziehen. Als ich angefangen habe, diese Geschichte zu schreiben, waren all die Empfindungen meiner "sie" sehr persönlich und ich hatte erst nie vor, das Ganze zu veröffentlichen. Die Ich-Form war mir in dem Moment zu nah an mir selbst, aber ich sehe ein, dass sie hier einige Verwirrungsprobleme lösen würde. (Kleine Anmerkung nebenbei: obwohl die Geschichte und die Gefühle der Prota sehr persönlich sind, spiele ich absolut nicht mit Suizidgedanken). Trotzdem hast du recht und ich werde die Geschichte wohl in die Ich-Form ändern (ist sowieso meine Lieblingsperspektive zum Schreiben). "Schattenhaft" und unerkannt sollen meine Figuren jedoch eigentlich bleiben. Ich sehe ein, dass das Geschmackssache ist, hat aber mal wieder persönliche Gründe - die eigentlichen Namen zu verwenden, wäre mir zu nah an mir selbst dran und andere Namen würden sie zu weit von mir entfernen (wenn das irgendwie Sinn ergibt).

Zweitens: Kennst Du "Show, don't tell"? Es ist so ziemlich der wichtigste Grundsatz für Schreibeinsteiger/innen. Das lernst Du als erstes, und wenn Du das kannst, ist ein sehr großer Schritt zu gutem Schreiben getan.

Kenne ich und mal wieder hast du recht :). Ist glaube ich eine der größten Schwachstellen meines Schreibens, aber ich werde versuchen, daran zu arbeiten und mehr darauf zu achten. Manchmal finde ich die Ausdrücke "wünschen", "wollen" etc. sogar ganz schön - ich will nicht gleich von unvermeidbar sprechen - aber ich sehe ein, dass ich sie wohl ein paar mal zu häufig verwende. Ob ich jetzt diese Geschichte danach absuchen oder nur in Zukunft darauf achten werde, weiß ich noch nicht so genau. Aber danke für den Tipp, ich werde versuchen, mich zu bessern!

Das ist viel zu spät. Deine Aufgabe als Autor/in ist es, Bilder in meinem Kopf zu erzeugen. Stell Dir Deine Geschichte ein bisschen wie eine Bühne vor. Solange Deine Prota irgendwas erzählt von ihren Gefühlen und irgendwelchen Unkrautmetaphern, höre ich im dunklen Theatersaal nur ihre Stimme. Ich will aber was sehen! Und das möglichst schnell.

Absolut verständlich, ich werde daran arbeiten usw. :) Ich neige, glaube ich, ziemlich häufig dazu, zu tief in die Gedankenwelt meiner Protas einzutauchen, was wahrscheinlich irgendwann langweilig/zu abstrakt wirkt. Passiert mir immer wieder.

Ein drittes Manko sind für mich die furchtbar verschachtelten Sätze und die teilweise sehr umständliche Formulieren. Wolf Schneider schreibt, man solle sich von Wörtern, die auf "-ieren" enden, fernhalten. Das hast Du hier recht eindrucksvoll gezeigt. Genauso wie "stoppen", das klingt einfach nach Fahrschule. Und "identifizieren" klingt nach Gegenüberstellungen in polizeilichen Ermittlungen. Was spricht denn gegen "abhalten" und "erkennen"?

Jetzt klingst du wie meine Deutschlehrerin :) Was leider heißt, dass du - wieder einmal - recht hast. Ich habe eine Schwäche für verschachtelte Sätze (eine Familienkrankheit), aber ich werde mich bemühen, ein paar mehr Punkte einzubauen! Das "identifizieren" habe ich, wenn ich mich richtig erinnere, geschrieben, um irgendeine Wortwiederholung zu vermeiden. Die "Regel", auf Wörter, die mit "-ieren" enden, zu verzichten, kannte ich noch nicht, werde aber mal darauf achten :) "Stoppen" klingt tatsächlich ziemlich nach einem Auto.

Ich glaube, das war es erst einmal (wenn ich was vergessen habe, tut mir das leid). Nochmal danke für dein Feedback! Da habe ich jetzt ja was zu tun :)
Liebe Grüße,
StoryTraveller

 

Hallo @StoryTraveller
Die Eifersucht der Protagonistin resultiert aus der Erkenntnis, für ein oberflächliches Abenteuer benutzt worden zu sein. Gleichzeitig hatte sie anscheinend 100% in die Beziehung gegeben. Shit Happens! Haben wohl schon einige erlebt - von beiden Seiten aus betrachtet.
Ihre Gefühle, ihre nahezu manische Gedankenspirale bringst du ganz gut = glaubwürdig - rüber. Bis auf den Schluss. Wenn eine wacklige Affäre über 10 Tage, jemanden ins Wasser treibt, dann war da bereits vorher etwas angeknackst. Ich, der Leser, glaube diese radikale Reaktion erst, wenn ich über minimales Hintergrundwissen über die Figur verfügen würde. Steckt ein Trauma in ihr? Würde sie zuvor bereits ähnlich benutzt? War sie eventuell vorher schon suizidal?
In der Geschichte führt allein die Enttäuschung über die kurze Affäre zum Selbstmord. Das ist mir zu übertrieben.
Und dann: Ich bin mehrmals ins Straucheln gekommen, weil ich nicht wusste, welche "Sie" gerade denkt oder handelt. Das könnte klarer konstruiert werden. Einfacher wäre es, einer der beiden Damen einen Namen zu verpassen. könnte ja auch ein Kosename sein, wie Bitch oder Miststück.
Freundliche Grüße
Kellerkind

 
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Hey @Kellerkind
Vielen Dank für dein Feedback!
Zuerst zum einfacheren der beiden Kritikpunkte: dieses "sie"-Dilemma. Nachdem ich jetzt schon einmal darauf hingewiesen worden bin, werde ich das Ganze wohl in die Ich-Form umändern, damit es übersichtlicher wird.
Und jetzt der Weg in den Suizid. Ich gebe zu, dass dieser Schritt erst einmal ziemlich radikal wirkt. Ich selbst wusste, als ich angefangen habe zu schreiben, noch nicht, wie ich die Geschichte enden lassen würde. Aber je näher ich dem Ende kam, desto sicherer war ich mir, dass meine Protagonistin zu tief in ihrem Abgrund steckt, um innerhalb der Geschichte noch herauszufinden. Natürlich sind 10 Tage nur eine kurze Zeitspanne, doch wenn sie vollgestopft sind mit Warterei, Hoffnung und all dem, können sie ziemlich ausschlaggebend sein. Was ich aber vermutlich nicht genug oder deutlich genug ausgeführt habe (und hier verstehe ich deine Kritik) ist, dass es vor diesen zehn Tagen schon etliche Treffen gab. Die 10 Tage beziehen sich hier auf die Zeitspanne zwischen dem "Gestehen der Liebe" und der endgültigen "Entscheidung". Das werde ich auf jeden Fall deutlicher machen!
Ob noch weitere Faktoren zum Suizid der Protagonistin geführt haben, ist auf jeden Fall eine berechtigte Frage und ich denke, die Antwort lautet Ja. Mal schauen, ob ich das noch irgendwie besser rüberbringen kann :)
Nochmal vielen Dank und liebe Grüße,
StoryTraveller

 

Hi!
Hab die Geschichte gelesen und mir Notizen gemacht, da war hier noch kein Kommentar, jetzt steht hier schon 'ne ganze Unterhaltung.
Will sagen: Kann gut möglich sein, dass meine Kritikpunkte schon angesprochen wurden.

Kritik habe ich, aber zunächst das Positive:susp:
Im Gegensatz zu anderen "ersten" Geschichten hier im Forum, war diese alles in allem recht angenehm zu lesen. Man merkt, dass es nicht dein erster Versuch war, du hast dran gearbeitet und das schlägt sich schon nieder. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kam ich gut rein in die Story und sie hat mich auch über die Kürze bei der Stange gehalten. Du vermeidest es, dich bei dem Leser anzubiedern und ihm jede kleine Information zu liefern. Soll er sie sich doch selbst erarbeiten. Recht so! Bis auf das eine Mal, glaube ich, hast du das schön durchgehalten.

Doch:

Der erste Satz! Eigentlich sollte der einprägsam, verständlich, einfach, aber nicht simpel sein. Wieso machst du es so kompliziert? So mit Negation und Konjunktiv?
Der erste Satz, als Entree, als Reinholer sozusagen, müsste umgestellt werden.
Der Schmerz traf sie unvorbereitet.
Vielleicht so? Nachfolgende Sätze müssten bearbeitet werden, um Wortdoppelungen zu vermeiden.

… der sich jedoch wie Unkraut immer wieder an die Oberfläche drängte, wo ihn niemand haben wollte.

Weg damit! Das ist ein ernsthafter Hinweis: Kürze, wo zu kürzen ist! Du machst deinen Text verständlicher und erheblich einprägsamer. Wie dieser Satz hier, was kümmert mich der Zusatz? Ich kann auch ohne ihn leben und zwar viel besser!

Im Übrigen solltest du in deinen Texten unbedingt auf die Suche gehen nach lange, verschachtelte Sätze. Nimm sie auseinander, teile sie neu auf nach den Wertigkeiten der Informationen darin und bilde daraus möglichst einfache Sätze mit jeweils einer relevanten Information. Natürlich muss jeder einzelne Fall abgewägt werden, aber es ist schwer, sich von einer Information zur nächsten zu hangeln und wieder zurück, wenn das alles innerhalb der Grenzen eines Satzes geschieht.

Des weiteren solltest du mal nach den vielen Konjunktiven Ausschau halten, die sich im Text tummeln. Sind wirklich alle notwendig? Sie hemmen den Lesefluss und bringen einen immer wieder raus.

Der Herbst zeigte noch einmal seine vollkommene, goldene Schönheit...

Zunächst ist das, wenn nicht frontal erwischt, dann wenigstens ganz knapp am Klischee vorbeigeschrammt. Hundert Mal gelesen, und deshalb laaaaangweilig und null aussagekräftig.
Vielleicht könnte der Herbst mal was anderes zeigen? (aber keine bunte Blätterpracht:D)

Es nervt furchtbar, wenn in einem Satz von zwei Personen die Rede ist, und man keinen Namen, keine Zuordnung erhält. Du hast keine Figur eingeführt, ich als Leser muss mich zufrieden geben, von sie und ihr zu erfahren. Wie gesagt, das nervt.

Ihr Atem ging auf einmal stoßend.

Sehr unglückliche Formulierung. Vielleicht stoßweise (wobei wir da wieder beim Klischee wären).

Sie war diese Alternative gewesen, eine zweite Option, eine Wahlmöglichkeit, die jedoch wieder weggeworfen wurde.

Ich find's nicht gut, den Fakt jetzt explizit zu erwähnen, der Leser hätte das sich gemerkt auch ohne den Satz und hätte seine Schlüsse gezogen.

… den sie zumindest in Gedanken unentschlossene zehn Tage lang betrogen hatte.

Das finde ich eine gelungene Formulierung:shy:

Wer dieses Mädchen war, das dort scheinbar unbeweglich stand und mit den Tränen, sowie mit der Schwerkraft kämpfte, die sie auf den Boden ziehen wollte.

Um wieviel mehr würde der Satz wirken, wenn du geendet hättest: … mit den Tränen kämpfte.
Alles andere ist Beiwerk, überflüssig und unnötig.

Sie blickte herunter.

Hinunter.
Von einem weg - hin
Zu einem hin - her.


Das Ende ist zu krass, hätte es ganz sicher nicht bedurft, um der Intention zu folgen. Ansonsten habe ich die Story gern gelesen.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 
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Hey @Hanniball
erst einmal vielen Dank für dein ausführliches Feedback und deine Mühe! Ich weiß das wirklich zu schätzen.

Deine Kritik zu meinem ersten Satz kann ich verstehen. Als Reinholer ist er vermutlich zu kompliziert und alles darauffolgende wohl nicht erklärend genug (vor allem, wenn du sagst, dass du mit dem Einstieg etwas Probleme hattest). Deinen Vorschlag finde ich gut, wenn auch für meinen Geschmack wieder zu "einfach", aber vermutlich ist das hier reine Geschmackssache.

Meine verschachtelten Sätze wurden jetzt schon ein paar mal angesprochen, aber vermutlich ist es gut, dass du es auch tust. Ist eine ziemlich fiese Angewohnheit und wird auch von meinen Lehrern regelmäßig bemängelt - ich werde mir Mühe geben, mehr Punkte zwischendrin zu setzen. Ähnliches gilt für meine Konjunktive (auch wenn es hier vermutlich besonders auffällig ist, da die Geschichte sich ja auch viel mit den "was wäre wenn"- Gedanken der Protagonistin auseinandersetzt).

Auch das "sie"- Problem wurde jetzt schon regelmäßig kritisiert. Ich werde die Geschichte in die Ich-Perspektive ändern, um die Missverständnisse herauszunehmen.
Und ich werde mich von Klischees fernhalten! Manchmal sind sie einfach zu schön, um sie nicht zu verwenden, dafür aber relativ langweilig, da gebe ich dir recht.

Über das Ende kann man sich wohl zurecht streiten. Ebenso kann man sich darüber streiten, ob unerwiderte Liebe allein zum Suizidversuch führen kann. Da ich jedoch glaube, dass das stark von der Sichtweise, dem Charakter und der Figur abhängt, habe ich meine Protagonistin die Entscheidung treffen lassen, die für sie "richtig" war. Dass ich und viele andere wohl (zum Glück) anders reagieren würden und diese Entscheidung "zu krass" finden, spielt dabei für mich aber nur eine untergeordnete Rolle.

Noch einmal vielen Dank für deine Kritik, ich werde sie mir sowohl für diese Geschichte, als auch für zukünftige Geschichten zu Herzen nehmen!
Liebe Grüße,
StoryTraveller

 

Hey @StoryTraveller,
da du mir so ausführlich geholfen hast, dachte ich, ich schau auch mal in deine Geschichte rein.

Es wurde ja schon recht viel Kritik geübt und alles, was mich selbst auch gestört hat, eigentlich schon gesagt. Runtergebrochen würde ich sagen, dass das größte Problem darin besteht, dass das eigentlich Interessante an der Story – das Nichtzustandekommen der Beziehung – eigentlich schon passiert ist, bevor du mit der Erzählung anfängst. Darum sieht sich der Leser mit einer Figur, die er gar nicht wirklich kennengelernt hat und Gefühlen, die er gar nicht miterleben durfte, konfrontiert.
Hätte die Erzählung beispielsweise mit einer intimen, glücklichen Szene zwischen der Protagonistin und ihrer damals Geliebten eingesetzt, sehr nah und detailreich (vielleicht im Präteritum) und wäre dann mit hartem Schnitt zu der Szene gewechselt, wo sie sie mit ihrem Freund sieht (dann im Präsenz), hätte das ganze sicher mehr Wucht. Nur so eine Idee.

Was mir wirklich sehr gut gefallen hat, war die Unkrautmetaphorik am Anfang.

Aus dem Unkraut schien innerhalb von Sekunden ein riesiger Baum zu wachsen
Ist der Zusammenhang zum Titel der Geschichte intendiert? Vielleicht könntest du das länger und konsequenter durchziehen.

Ein letzter kleiner Hinweis, der nur indirekt mit deiner Geschichte zu tun hat:
Die Kurzgeschichte "Jumper" vo Garrett Addams ist zwar inhaltlich von deiner verschieden (hier geht es nicht um enttäuschte Liebe, sondern Hass auf die Gesellschaft), aber strukturell in vielerlei Hinsicht ähnlich. Vielleicht eine ganz lohnenswerte Lektüre, um erzähltechnisch ein paar Inspirationen zu sammeln. Sie findet sich u.a. im Anhang von Stephen Kings "On Writing", was in jedem Fall eine lohnenswerte Lektüre ist, wenn man sich für das Handwerk des Schreibens interessiert.

Soviel von mir dazu.
Beste Grüße!

 

Hi :) Es wurde ja schon viel geschrieben. Ich habe zwei Dinge, die darüber hinaus vielleicht hilfreich sind. Zunächst die Zusätze, welche bereits angesprochen wurden. Ohne würden die Passagen viel stärker klingen.

In einer Kleinstadt wie dieser ist das kaum vermeidbar und noch dazu wohnten sie beide recht nah an der Innenstadt.
Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen. Da spielt es keine Rolle, ob man am Rand oder in der Innenstadt wohnt.

immer wieder zu ihr herüber, zu der angewurzelten Gestalt am Fuße der Wasserbrücke und runzelte die Stirn.
Mit dem immer wieder herüberschauen hast du die Situation nach meinem Leseverständnis schon sehr gut rübergebracht.

Sie kannte den Mann nicht und doch hasste sie ihn, hasste ihn mit jeder Faser ihres Körpers, mit jeder Zelle, die eigentlich keiner Empfindungen mächtig ist.
Dass etwas, das nichts empfindet, in dieser Situation fühlt, trägt wenig bei. Sie hasst ihn ja eh schon.


Ansonsten hatte ich bei deiner Geschichte ein tolles Lesevergnügen. Was mich ins grübeln gebracht hat, ist die grüne Weide am Schluss. Da musste ich nochmal zum Anfang der Geschichte zurückspringen. Zu der Stelle, als aus dem Unkraut ein Baum wächst. Wieso eigentlich nicht eine Weide? ;)

 
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Hi @fuzzbian,
erst einmal sorry für die späte Antwort - die Schule ist vor zwei Wochen losgegangen und da ist man immer mit irgendetwas beschäftigt. Aus demselben Grund bin ich auch leider noch nicht dazu gekommen, etwas an meiner Geschichte zu ändern. Hoffentlich findet sich bald die Zeit dazu.
Dann vielen Dank für deine Kritik und die Anregungen!
Dass das Ganze bereits passiert ist und deshalb rein in der Vergangenheit stattfindet ist eigentlich so gewollt, dennoch verstehe ich natürlich das Problem. Die Geschichte ist mehr eine "Gefühlserzählung" als eine wirkliche Aneinanderreihung von Handlungen. Vielleicht würden Rückblenden dieses Problem teilweise lösen, doch das würde meiner Meinung nach den Rahmen einer Kurzgeschichte sprengen. Aber ich werde schauen, was sich machen lässt und mir den Tipp auf jeden Fall für die Zukunft merken!
Auch bei der Unkrautmetaphorik finde ich bestimmt noch ein paar passende Stellen. Danke für die gute Idee!
Auch den Lektüretipp werde ich beherzigen, gerade im Hinblick auf ein mögliches Studium.
Liebe Grüße,
StoryTraveller

Hi @Momokomp,
vielen Dank für das Feedback und vor allem die detaillierten Lösungsvorschläge! Werde ich auf jeden Fall ändern.
Zu deiner Anregung bezüglich der Weide/des Unkrauts: als ich den Anfang der Geschichte geschrieben habe, kam es mir ein bisschen zu offensichtlich vor, aus dem Unkraut eine Weide wachsen zu lassen (so kurz nach dem Titel). Ich werde den Gedanken der Weide aber definitiv noch weiter ausbauen und vielleicht bekomme ich ja auch das Unkraut noch einmal unter!
Nochmals Dankeschön und liebe Grüße,
StoryTraveller

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @StoryTraveller ,

ich habe die Voll-Zitate in deinen letzten vier Antwort-Posts herausgenommen. Bitte in Zukunft nur die Stellen des Kommentators zitieren, auf die du dich speziell beziehst. So, wie du es ganz am Anfang bei TeddyMaria getan hast. Ansonsten brauchst du die Zitate doch gar nicht, da sie ja sowieso schon weiter oben im Original stehen.

Wir wollen doch nicht, dass das Internet überläuft ;)

Danke und Gruß, GoMusic

P.S.: Außerdem habe ich einzelne Antworten zusammengefasst, die du innerhalb einiger Minuten geschrieben hast. Bitte in solchen Fällen in Zukunft eine Antwort posten.

Willkommen hier.

 

Hey @StoryTraveller ,

erst einmal sorry für die späte Antwort
Kein Stress! (Also nicht meinetwegen.)

Vielleicht würden Rückblenden dieses Problem teilweise lösen, doch das würde meiner Meinung nach den Rahmen einer Kurzgeschichte sprengen.
Finde ich ganz und gar nicht. Wenn sie mich die Gefühle der Prota als Leser miterleben lassen, statt dass die mir nur erzählt werden, les ich dafür auch gern n paar hundert Wörter Rückblende. :read::thumbsup:

Liebe Grüße!

 

Hey @fuzzbian,
Also ich habe die Geschichte jetzt geändert (was man wohl vor allem an der Ich-Perspektive merken wird), aber auch ein paar wenige Passagen hinzugefügt, die (hoffentlich) die Beziehung zwischen meiner Prota und der "sie" etwas deutlicher machen. Dabei würde ich zwar noch nicht gleich von Rückblenden sprechen, aber so etwas in der Art.
Danke für die Anregungen und liebe Grüße,
StoryTraveller

 

Hey @StoryTraveller,
zunächst einmal finde ich die Änderung der Perspektive allein aus Gründen der Lesbarkeit sehr hilfreich.

Seit Monaten lebte ich nun mit diesem Schmerz irgendwo im Hintergrund ihres Bewusstseins
meines (ist dir durch die Lappen gegangen)

Die Dialogfetzen-Erinnerungen find ich auch ganz gut. Natürlich leisten sie nicht genau das, was eine Rückblende könnte, nämlich die Grundlagen der beschriebenen Gefühle zu zeigen.

Insgesamt liest sich die Geschichte jetzt aber schon besser. Cool, dass du nochmal Arbeit reingesteckt hast!

Liebe Grüße!

 

Hallo @fuzzbian,
danke nochmal für die Verbesserung, ich bin es echt tausendmal durchgegangen, aber irgendwo musste sich die "sie"-Perspektive wohl nochmal verstecken :)
Vielleicht werde ich die Geschichte hinsichtlich evtl. Rückblenden oder mehr Dialogfetzen noch einmal verändern, doch im Moment bin ich recht zufrieden mit der Überarbeitung. Schön, dass sie dir jetzt auch besser gefallen hat!
Liebe Grüße,
StoryTraveller

 

„Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.
...“ W. v. d. Vogelweide​

Wollte immer schon in den schönen Titel hineinschauen, weil er mich zunächst an das bekannteste Lied (neben dem Nibelungenlied) des Hochmittelalters erinnert. Dabei symbolisiert die Linde Friede und Liebe, die Weide hingegen in ihrer Artenvielfalt das gesamte Leben bis hin zur - Trauerweide.

Dennoch könnten – sehen wir von ab, dass „an der Heide“ für den Reim „Weide“ offen wäre – die Verse „dâ muget ir vinden / schône beide / gebrochen bluomen unde gras.“ (da mögt ihr finden / schon beide / gebrochen, Blumen und Gras“ [eigene Übersetzung] auch unter der Weide einen symbolischen Platz für Deine Geschichte – ein uraltes Problem, das man auch frei nach Heinrich Heine zusammenfassen kann zu „Ein Mädchen liebt ein Mädchen, / Das hat einen Andern erwählt; / Der Andre liebt eine Andre, / Und hat sich mit dieser vermählt. // Das Mädchen heiratet aus Ärger / Den ersten besten Mann, / Der ihm in den Weg gelaufen; / Der Jüngling ist übel dran. // Es ist eine alte Geschichte, / Doch bleibt sie immer neu; / Und wem sie just passieret, / Dem bricht das Herz entzwei“, was für jedes Geschlecht gilt, solang Liebe / Freundschaft mit Besitzansprüchen verknüpft wird, die in der pseudoreligiösen und doch eher doch bloßen Haftungsfrage nach der Schuld

Ob sie sich einer Schuld bewusst wäre ...
und somit weniger mit Liebe und Freundschaft, denn mit Eigentum zu tun hat.
Lohnt es sich, für vermeintlichen Besitz ins Wasser zu gehen, seinen wertvollsten Besitz – das Leben wegzuwerfen? Gut, es wäre eigentlich der konsequenteste Ausdruck der Wegwerfgesellschaft ...

Aber ach, es ist von Anbeginn an eine würde-Inflation vom

Ich war nicht darauf vorbereitet, wie sehr es weh tun würde
bis zur totalen Denglisierung im
Immer in der vergeblichen Hoffnung, dass sie irgendwann Sinn ergeben würden.
(“would & to make sense“).

Gar dem doppelt gemoppelten

Denn wenn doch, würde er möglicherweise nicht so glücklich mit seiner Freundin hier sitzen.
(möglicherweise würde, „Möglichkeitsform“)und dem
Gleich würde sie auch herüberschauen, das wusste ich.

Ich bring‘s hier mal auf den Punkt: Wenn die Icherzählerin es doch weiß – warum nicht das schlichte Futur I. „gleich wird sie ...“? - und das von der ersten Zeile an!

Kein Grund, ins Wasser zu gehen, nicht mal den Kopf hängen zu lassen. Aber um den Unterschied von Indikativ und Konjunktiv zu wissen, kann nicht schaden, findet der

Friedel,

und damit herzlich willkommen hierorts,

StoryTraveller!

 

Hallo @Friedrichard,
und danke erst einmal für deine gründliche Auseinandersetzung mit dem Text! Das von dir zitierte Lied kannte ich nicht, wenn es dich jedoch dazu bewegt hat, diese Geschichte zu lesen, bin ich W. v. d. Vogelweide sehr dankbar.

Zunächst zum Inhalt der Geschichte und somit auch zum bereits oft angesprochenem Ende. Ja, natürlich ist es extrem. Für die meisten von uns auch - zum Glück - zu extrem. Trotzdem ist es die persönliche Entscheidung jedes Menschen, wie man mit dieser Situation umgeht. Ich würde mich anders entscheiden, du wahrscheinlich auch (zumindest entnehme ich das deinem Feedback) und die meisten anderen Leute auch. Meine Protagonistin nicht. Alles, was ich an dieser Stelle noch verändern kann, ist, ihre Gefühle noch besser zu erklären, um ihre Entscheidung "verständlicher" zu machen. Allerdings glaube ich, dass das in Perfektion gar nicht möglich ist, da auch meine Protagonistin nicht rational über das, was sie tut, nachdenkt. Und ihre Gefühle noch mehr auszuschlachten, würde für mich irgendwann die Geschichte und den Lesefluss kaputt machen.

Zu deinem zweiten großen Kritikpunkt … vermutlich ist das würde ein paarmal zu häufig drin und ja, vermutlich stört es. Den Unterschied von Indikativ, Konjunktiv I und Konjunktiv II kenne ich. Aber letztendlich setzt sich die Protagonistin auch sehr lange und häufig mit ihren "was wäre wenn"-Gedanken auseinander, weshalb die gesamte Geschichte davon dominiert. Ich werde den Text aber noch einmal überarbeiten und das würde hoffentlich ein paarmal zum Konjunktiv I oder sogar Indikativ ändern können.

Noch einmal danke für dein Feedback und liebe Grüße,
StoryTraveller

 

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