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Unter der Roten Sonne
„31 … 32 … 33 ...“
Michaels Brustmuskeln spannten sich, als er seine täglichen Klimmzüge ausführte. Er hatte sich angewöhnt, seinen Fortschritt dabei lautstark in den Raum zu stöhnen, damit auch jeder mitbekommt, was für ein kräftiger Kerl er sei.
Während er mit seinen Übungen beschäftigt war, hockte ich im Nebenraum und brütete über dem unübersichtlichen Schaltplan eines Stromgenerators, der ausgefallen war. Seit vier Monaten lebten wir schon in diesem metallenen Komplex, mitten auf diesem Gesteinsplaneten, unzählige Lichtjahre von der Wiege der Menschheit entfernt und alles schien von Tag zu Tag ein wenig mehr den Bach runterzugehen. Und jetzt dieser Generator! Ich war der beste Techniker, deshalb war es meine Aufgabe, für die Reparatur zu sorgen. Nur wie sollte ich mich konzentrieren können, wenn Mister Schwarzenegger jeden in Hörweite an seinem Training teilhaben ließ?
„Wenn du nicht in einem Gefrierschrank vor dich hin siechen willst, solltest du jetzt die Klappe halten, Michael. Ich kann mich so nicht konzentrieren und wenn ich mich nicht konzentrieren kann, wer repariert dann den verdammten Generator?“
„Warum so gereizt, Craig? Hast du wieder deine Tage?“
Er stolzierte in den Raum, ein unverschämtes Grinsen auf seinem kantigen Gesicht.
„Weißt du, es reicht! Du gehst mir schon seit Wochen auf die Nerven!“
„Was willst du tun? Mich mit Tech-Kram k.o quatschen, kleiner Mann?“
Arrogantes Arschloch! Gerade als ich mich erheben und meine Daumen wutentbrannt in Michaels Augenhöhlen versenken wollte, betrat der Captain den Raum.
„Was soll der Scheiß schon wieder? Haltet die Klappe und zieht eure Anzüge an! Das Xerarium findet sich nicht von alleine.“
„Jawohl, Captain!“, antworteten wir einstimmig.
Wir nannten ihn zwar Captain, sein militärischer Befehlston war schließlich omnipräsent, doch er war kein Captain mehr, seit ihn das Militär unehrenhaft entlassen hatte. Umstände unbekannt.
Hier oben war er unser Vorarbeiter, letztendlich aber bloß eine Marionette der Space Exploration and Mining Administration.
Unsere Aufgabe war es, auf dem eisigen Gesteinsplaneten, X-0231L59M05, wie er offiziell bezeichnet wurde, seltenes Xerarium zu finden und abzubauen. Jenes Element hatte, seit seiner Entdeckung auf einem Neptunmond, das Reisen in Lichtgeschwindigkeit ermöglicht. Es wurde als Treibstoff der Zukunft angepriesen. Doch die Sache hatte einen Haken. Die Voraussetzungen für ein signifikantes Xerariumvorkommen sind so spezifisch, dass bisher kaum welches gefunden wurde. Dabei ist es für die Weltraumkolonialisierung unverzichtbar. X-02 befand sich in einem Sonnensystem mit einem Roten Riesen, der um ein vielfaches größer aber auch kälter als unsere eigene Sonne war und erfüllte alle Voraussetzungen für ein vielversprechendes Aufkommen des wertvollen Treibstoffs. Unglücklicherweise hatten wir in unserem Sektor bisher nichts außer Eis und kaltem Stein gefunden. Kein Fund bedeutete eine geringere Bezahlung, daher wurden alle zusehends ungeduldiger und gereizter.
Nachdem ich meinen dreißig Kilogramm schweren Anzug angezogen hatte, fragte Michael:
„Wo ist denn unser halluzinierender Froschfresser geblieben?“
Jean, der vierte im Bunde, hatte behauptet, er habe gesehen, wie sich Felsformationen von einem Tag auf den anderen verändert hätten. Natürlich glaubten wir ihm nicht. Steine, die sich selbständig bewegten? Lächerlich! Ich begann mir, Sorgen über Jeans Geisteszustand zu machen. Vier Monate in einem Metallkomplex eingepfercht zu sein, umgeben von Nichts, schien ihn langsam in den Wahnsinn zu treiben. Ich verspürte nicht das Bedürfnis, im Schlaf von einem durchgeknallten Franzosen abgemurkst zu werden, also behielt ich ihn stets im Auge und schloss meine Zimmertür immer ab, so paranoid das auch erscheinen mochte.
„Der ist bereits im Abbaugebiet und kontrolliert die Plasmaschneider“, antwortete der Captain.
Gut, gebt dem Irren Werkzeuge, die durch Gestein und Fleisch schneiden können, wie ein heißes Messer durch Butter! Jean war immer ein guter Kerl gewesen, freundlich und zuvorkommend, doch hätte ich hier das Sagen gehabt, hätte ich ihm die Plasmaschneider definitiv nicht überlassen. Aber wer bin ich, den Captain anzuzweifeln?
„LOS JETZT!“
Der Captain brüllte, wir setzten uns in den Rover und fuhren zu dem Abbaugebiet, welches keins war, da es nichts zum Abbauen gab, und zu Jean, der dort auf uns wartete.
Auf dem Weg dorthin fuhren wir an unserem Raumschiff, die Atlas, vorbei, deren Antriebskern scheinbar der einzige Ort auf diesem verdammten Planeten war, an dem wir tatsächlich Xerarium finden würden.
„FEIERABEND!“
Der Captain brüllte über Funk und ich fragte mich, ob er wusste, dass wir ihn laut und deutlich hören konnten und er nicht so zu schreien brauchte. Wahrscheinlich war es ihm egal. Wir packten unsere Werkzeuge in den Rover und der Gedanke an eine heiße Dusche lenkte mich von meinen Rückenschmerzen ab. Wenn man acht Stunden in einem schweren Anzug auf dem Boden herum gekrochen ist und etwas gesucht hat, was nicht da ist, fühlt man sich wie 80 und nicht wie 35. Am liebsten hätte ich meine Sachen gepackt, die Atlas gestartet und wäre schneller verschwunden, als der Captain „Arbeitsvertrag“ hätte sagen können.
„'ey Craig! 'ast du Zeit für ein Gespräch in meine Zimmer?“, fragte Jean, als wir im Hauptkomplex angekommen waren. Natürlich war die Suche mal wieder erfolglos verlaufen. Der 128ste Tag, wieder alles umsonst.
„Warum reden wir denn nicht im Gemeinschaftsraum?“
„Isch will unter vier Augen mit dir reden.“
Das war's, dachte ich, jetzt dreht er am Rad und will einen nach dem anderen erledigen und ich bin der Erste. Aber ich konnte auch nicht einfach nein sagen. Dazu war ich zu neugierig.
Ich zweifelte ja bereits an seinem Verstand, doch nach unserem Gespräch hätte ich ihn direkt einweisen lassen müssen.
Er erzählte mir, er höre des Nachts Geräusche, ein tiefes Brummen, als ob der Boden mit ihm sprechen würde. Zudem könne er seit Wochen nicht mehr schlafen und würde rastlos umher wandern. Allein bei der Vorstellung, dass Jean nachts durch den Komplex spaziert und mich beobachtet, während ich schlafe, bereitete mir eine Gänsehaut.
„Warum erzählst du mir das alles?“
„Isch musste einfach mit jemanden sprechen. Es mir von der Seele reden.“
„Ja, ist ja alles schön und gut aber warum erzählst du es MIR?“
„Der Captain... du hast ja keine Ahnung. Ich kann mit ihm nicht reden.“
Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Es der SEMA melden und Jean wegsperren lassen, bis er abgeholt werden würde, so, wie es der Captain sicherlich täte, würde er davon erfahren? Aber gerade davor schien Jean Angst zu haben.
Michael würde Jean einfach nicht ernst nehmen. Also was tun?
„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich muss darüber nachdenken.“
Das war alles, was ich antworten konnte. Im Nachhinein wirkte es feige und ratlos, wie ich ihn da hab sitzen lassen und Jean wirkte enttäuscht. Schließlich stand ich einfach auf und ging.
In meinem Zimmer angekommen, wollte ich duschen, doch das Wasser war arschkalt. Natürlich, der Generator! Wieder angezogen ging ich in den Generatorraum und macht mich ans Reparieren. Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit verstrich, doch nach getaner Arbeit, war die rote Sonne untergegangen und ich war zu erschöpft, um jetzt noch eine heiße Dusche zu nehmen. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Als ich auf dem Rückweg aus dem Fenster blickte, sah ich Jean. Er stand in voller Montur vor der Atlas. Ohne Scheiß! Er trug den Anzug und hielt einen Plasmaschneider in der rechten Hand. Friedlich stand er da und sah aus, als würde er auf etwas warten. Ich wollte den Captain aufsuchen und ihm davon berichten, immerhin war es meine Pflicht, beunruhigendes Verhalten zu melden, doch er war nicht in seinem Zimmer. Selbst nach dem dritten Mal klopfen, erhielt ich keine Antwort. Naja, dachte ich mir, so wichtig wird es nicht gewesen sein. Vielleicht wollte Jean etwas kontrollieren oder so. Das redete ich mir zumindest ein. Verdammt, alle Müdigkeit war wie weggeblasen und im Nachhinein fragte ich mich, wie ich die folgenden Tage überhaupt einschlafen konnte.
Eine Woche später hatten wir immer noch nichts gefunden. Jean wurde immer blasser und wirrer. Ich wunderte mich, wie er überhaupt noch stehen, geschweige denn arbeiten konnte. Er musste ewig nicht geschlafen haben.
Das Bohren und Graben war wieder mal eine Qual und seltsamerweise anstrengender als sonst. Der Schweiß rann in Strömen meinen Körper hinab und sammelte sich in meinen Stiefeln. Gerade als ich fürchtete, vor Erschöpfung und Ekel in meinen Anzug kotzen zu müssen, rief jemand, wahrscheinlich Michael, über Funk, dass heute Zahltag sei.
Was labert der für ein Stuss, dachte ich mir noch und wollte gerade irgendwas Geistreiches entgegnen, als der Captain in Jubel ausbrach. Wenn der Captain jubelte, musste schon was verdammt Wunderbares passiert sein. 200 Schritte später stimmte ich in den Jubel ein.
Tag 135 und da war es! Es glitzerte orangefarben in dem Licht der roten Sonne. Ich hatte nie etwas Schöneres gesehen. Ein goldener Fluss, direkt unter der Gesteinsoberfläche, sprudelte uns förmlich entgegen und ich sah schon die Zahl auf meinem Gehaltscheck in die Höhe klettern, als plötzlich eine Xerariumfontäne in den Nachthimmel schoss. Es musste reichlich bescheuert ausgesehen haben, als drei Männer in schweren Anzügen einen Freudentanz aufführten.
„Männer, wir markieren die Stelle auf dem GPS und machen für heute Feierabend. Zeit für ne Runde Bier“, sagte der Captain.
Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass Jean sich nicht über unseren Fund freute. Vielmehr wirkte er an diesem Abend geistesabwesend und nachdenklich. Nach zwei Bier, mehr erlaubte der Captain nämlich nicht, gingen wir zu Bett. Mitten in der Nacht musste ich aufs Klo. Verdammtes Bier, dachte ich mir, als ich mich erhob und Richtung Bad schlenderte. Da hörte ich im Gang Stimmen. Ich muss in der überschwänglichen Stimmung vergessen haben, meine Tür zu schließen, denn sie stand einen Spalt breit offen. Alles verstand ich zwar nicht, aber der französische Akzent und der herrische Ton des zweiten, verrieten die Sprechenden. Um das Gespräch deutlicher zu verstehen, schob ich meinen Kopf leicht aus der Tür.
„Captain, isch fühl misch nicht wohl dabei, Craig und Michael zu belügen.“
„Verdammt, reißen Sie sich zusammen, Leutnant!“
Leutnant? Was geht da vor?
„Aber vielleicht gibt es 'ier oben gar nichts und die SEMA 'at sich getäuscht?“
„Sie haben Ihre Befehle, gottverdammt nochmal! Vergessen Sie nicht für wen Sie arbeiten, verstanden?“
„Oui.“
„Wenigstens haben wir was von dem Scheißzeug gefunden, bevor die beiden misstrauisch werden konnten. Werfen Sie diesen Vorteil nicht weg, indem sie ihnen auch nur irgendwas verraten, nur weil Ihnen Ihr Schwanz abgefallen ist.“
„Werd isch nicht“, antwortete Jean mit zittriger Stimme.
„Gut, nun gehen Sie ins Bett und halten Sie ihr Maul, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist oder muss ich Sie daran erinnern, was die SEMA mit Verrätern macht?“
„No, isch werde schweigen wie ein Grab.“
„Bei der ersten Gelegenheit benutzen wir die Maschine, Sie wissen welche, und wenn wir tatsächlich finden, weswegen wir hier sind, brauch ich Sie voll einsatzbereit. Allein kann ich die Atlas nicht fliegen.“
Das Gespräch erstarb und ich konnte zunächst nicht begreifen, was ich da gerade gehört hatte. Sie hatten eine andere Mission, das Xerarium war nur ein Alibi. Und was meinte der Captain damit, dass er die Atlas... Heilige Scheiße! Michael musste davon erfahren.
Schon am folgenden Abend bot sich die Gelegenheit mit Michael allein zu sprechen. Ich erzählte ihm alles.
„Sie wollen uns umbringen, sobald sie gefunden hab, was auch immer sie suchen“, sagte Michael.
„Das glaub ich auch, wir müssen was dagegen unternehmen.“
„Was suchen die wohl?“
„Ich hab keinen Schimmer und es ist mir auch egal. Wenn es bedeutet, dass wir in Gefahr sind, werd ich etwas dagegen unternehmen.“
„Nur was? Es der SEMA melden? Die stecken doch erst dahinter.“
„Ja, das ist keine Option aber wir könnten den Spieß umdrehen.“
„Du willst sie umbringen?!?“
„Nein, du Idiot! Man braucht nur zwei Mann um die Atlas zu fliegen.“
Ich sah ihn lange an und er begriff.
„Wir klauen das Schiff und hauen ab.“
Vier Tage später erwachte ich und fand den Komplex verlassen vor. Niemand war im Gemeinschaftsraum, die Küche leer und nur Stille umgab mich. Als ich mich genauer umsah, bemerkte ich, dass nur zwei Anzüge fehlten. Also war ich doch nicht allein hier. Da hörte ich Schritte hinter mir. Angst machte sich in mir breit. Was, wenn sie uns jetzt schon umbringen wollen? Die Erleichterung, als ich Michael erkannte, war unbeschreiblich.
„Shit, du bist's nur.“
„Ich freu mich auch dich zu sehen. Wo sind die anderen beiden?“
„Vermutlich sind sie raus gegangen, zwei Anzüge fehlen.“
„Was machen sie denn allein da draußen?“
„Das will ich gar nicht wissen. Das Einzige, was zählt ist, dass jetzt eine günstige Gelegenheit ist.“
„Du willst jetzt abhauen?“
„Nein, WIR wollen jetzt abhauen oder willst du als Leiche enden?“
Damit war die Diskussion beendet. Wir zogen unsere Anzüge an und traten in das grelle rote Licht der Sonne. Hätte ich gewusst, was uns erwarten würde, wäre ich im Bett geblieben.
Der Weg zur Atlas schien viel weiter zu sein, als in meiner Erinnerung. Meine innere Anspannung und das Gewicht des Anzugs schienen meine Beine zu Blei werden zu lassen.
„Was, wenn du dich verhört hast und sie uns gar nichts tun wollen?“, fragte Michael.
„Ich bin sicher, dass ich es ziemlich gut verstanden hab.“
Doch hatte ich das? Was wenn ich falsch lag und das alles nur ein Missverständnis war? Dann würde ich grundlos ein Schiff entführen, zwei Kameraden verraten und auf unbestimmte Zeit hier zurücklassen. Ich darf mich nicht getäuscht haben.
„Es ist nicht mehr wei...“
Der Boden begann zu beben. Ich hörte Michael hinter mir schreien, als ich zu Boden stürzte.
„WAS ZUM HENKER WAR DAS?“, brüllte Michael.
„Hilf mir hoch verdammt.“
Wieder auf den Beinen, versuchte ich zu verstehen, was gerade passiert war.
„War das ein Erdbeben?“
„Laut Daten ist dieser Planet tektonisch inaktiv.“
„Was zur Hölle war das dann?“
Dann sahen wir Jean und den Captain. Sie liefen, so schnell es ihre Anzüge erlaubten, auf uns zu. Panik erfüllte uns. Waren wir aufgeflogen?
„Schnell in das Schiff!“
Es war noch gut 300 Meter entfernt, dennoch war die Wucht der Explosion gewaltig. Die Druckwelle schleuderte mich auf meinem Hintern, doch ich spürte keinen Schmerz, nur Fassungslosigkeit. Die Atlas verwandelte sich in ein Inferno, Trümmerteile schossen durch den blutroten Himmel und alle Hoffnung, von hier zu fliehen, war in die Luft geflogen. Ehe ich mich versah, standen der Captain und Jean neben uns. Niemand sagte ein Wort, bis ein gewaltiges Wesen durch die Flammen schritt. Was immer es war, es war riesig. Ich schwöre bei Gott, es musste mindestens fünf Meter hoch gewesen sein und es schien aus Stein zu bestehen.
„FUCK FUCK FUCK, bewegt eure Ärsche in das Wohnmodul!!“
Der Captain gab die Anweisung und wir folgten. Was immer das war, es war schnell. Es pflügte durch die Trümmer wie eine Walze und Flammen und Rauch stoben in den sternenübersäten Himmel, als die Kreatur zum Sprint ansetzte.
„Mon dieu!“, sagte Jean, der wie angewurzelt stehen blieb.
„KOMM SCHON, VERDAMMTE SCHEIßE!“
Ich zog und zerrte an ihm, doch er machte keine Anstalten zu fliehen. Er blickte gebannt zu der rasch näher kommenden Kreatur.
„LASS IHN, BEWEG DICH!“
Als die Kreatur nur noch 50 Meter entfernt war, sah ich ihre goldglänzenden Augen und scharfe, schwarze Zähne. Die Fratze schien zu grinsen. Ihr Anblick erinnerte mich an frische Erde und Verwesung. Ich lief so schnell ich konnte und blickte nicht zurück, als ein widerliches Knirschen und ein grässlicher Schrei ertönten.
Tränen füllten meine Augen, mein Herz raste und mein Körper schmerzte, doch ich lief schneller und schneller. Als der Komplex in Sichtweite geriet, riss plötzlich der Boden auf. Direkt vor uns erhob sich eine weitere Kreatur. Michael war immer ein sportlicher Mann und ein schneller Läufer. An diesem Tag war er zu schnell. Er lief geradewegs in die Reichweite der steinernen Arme. Er schrie, als sich die steinerne Faust schloss und seinen Unterleib zu einer blutigen Masse zerquetschte. Das Blut gefror, ehe es den Boden erreichen konnte. Ich hoffte, er starb sofort.
Der Captain und ich machten eine 90 Grad Drehung und versuchten, die Kreatur in einem Bogen zu umlaufen.
Es schien zu funktionieren, während die Bestie mit Michaels Leiche beschäftigt war. In dem Augenblick, als wir den Komplex erreichten, waren fünf oder sechs dieser Kreaturen hinter uns her. Die schwere Eisentür schloss sich zum Glück noch rechtzeitig.
„Scheiße scheiße, was geht hier vor?“
„Diese Viecher sind der Grund warum wir hier sind, Craig. Die Sonde der SEMA hat Spuren von außerirdischem Leben entdeckt und entschieden, eine Geheimmission zu starten. Die Öffentlichkeit sollte glauben, dass wir hier nach Xerarium suchen. Die Arschlöcher kamen aus ihren Löchern gekrochen, nachdem wir einen Impuls in den Boden gejagt haben.“
„Das Erdbeben..“
„Aber niemand hat gesagt, dass die so groß und hungrig sind! Fuck, wir dachten es sind Bakterien oder höchsten so groß wie Katzen... zumindest hat das die SEMA erzählt. Scheiße!“
Er schlug auf den Tisch. Die Plasmaschneider darauf bebten. Der Captain war außer sich. Hektisch sprach er weiter:
„Ich muss Kontakt mit der SEMA aufnehmen. Die sollen ein Team schicken und mich hier rausholen. Aber vorher muss ich dich erledigen. Ist nichts persönliches, du weißt schon top secret und keine Zeugen blablabla.“
Er kam bedrohlich näher. Wut und Mordlust blitzten aus seinen Augen und ich erkannte, dass ich handeln musste, wenn ich nicht hier und jetzt sterben wollte.
„Das können Sie vergessen, Arschloch“, sagte ich, als ich nach dem Plasmaschneider griff und das Gesicht des Captain in eine ekelerregende braunrote Masse verwandelte. Er sackte leblos zu Boden, sein flüssiges Gehirn verteilte sich über den Boden und meine Schuhe. Da fingen die Biester an gegen die schwere Tür zu hämmern.
Ich sitze nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit hier und warte. Warte darauf, ihnen in die Augen zu sehen, sobald sie durchbrechen. Ein kleines Loch haben sie schon in die Tür geschlagen und ich hab einem mit dem Plasmaschneider die Finger gegrillt. Schwarzes öliges Blut sprudelte durch das Loch, goldene Fäden durchzogen die Flüssigkeit. Es blubbert immer noch auf dem Boden vor meinen Füßen. Während ich so auf die Flüssigkeit starre, wird mir klar, dass Jean nicht durchgedreht ist, sondern die Anwesenheit der Biester als einziger wahrgenommen hatte. Und der Captain musste ihn konstant unter Druck gesetzt haben. Ich hab Mitleid mit ihm, doch das alles bringt mich jetzt auch nicht mehr weiter.
Ich hab die Ereignisse hier niedergeschrieben, eigentlich nur um mir die Zeit bis zu meinem Tod zu vertreiben. Doch wer weiß, vielleicht findet das mal jemand, wenn die SEMA kommt um nachzusehen, warum sich keiner mehr meldet. Sie sind fast durch aber es ist eng hier drin und sie sind groß. Wenn ich Glück hab, schaffe ich es eventuell, einen umzulegen. Das wär doch was. Naja, ich hör jetzt auf zu schreiben und such mir noch einen zweiten Plasmaschneider, bereit das schwarze Gold zu vergießen, auch wenn es das letzte ist, was ich tue.