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Unheilbare Ewigkeit [editiert]

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20.02.2002
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Unheilbare Ewigkeit [editiert]

„Oh du Meister der geschriebenen Gedanken, lieblicher Gesänge und der Liebe einzig wahrer Natur. Nimmer ward ein Mann gewesen, mit dieser Art, die dir zugrunde liegt, den Umgang hat gepflegt. Und in alle Ewigkeit wirst du der einzig wahre Dichter sein, drauf könnt’ ich schwören, hätt’ ich auch nur einen Besitz oder eine Kostbarkeit, auf die es sich zu schwören lohnte. So angetan wie ich von dir, so wärst du’s auch von mir – das ungelogen – erzählt’ ich dir des Schicksals Schlag mir widerfahren. So komme hervor, wie die Gedanken nun in deinem Kopfe schwirren, wie meine Stimme sich in dir erhebt, so folge ihr, letztlich der Gedanken wegen, welche ich dir geben kann.“

„War es nur Trug und Schein, oh nein, so kann’s nicht sein! Gedanken waren’s, eines Mannes größtes Hab und Gut, sähe man von seinen Kindern ab. Sind es die eig’nen, so ist nichts wundersames dran. Doch welch Gestalt sind sie mir dieses Mal erschienen? Ein Fremder, nein nicht Fremder, wohl vertraut, doch auch so unbekannt. Er sprach zu mir, oder sprach ich nun doch zu mir? Wenn ich doch nur Gewißheit hätte! Ein weiser Narr, das bin ich nicht, denn bin ich weder weise noch bereit mich lächerlich zu machen. Doch was war’s dann – was hat die wichtigen Gedanken unterbrochen? Wär’ es ein Laut, was es nicht war, würd’ ich die Ursach’ nun vor meinen Augen sehen. Wär’ es ich selbst, was ich nicht war, denn kenn ich mich doch gut genug, doch wenn ich es tatsächlich wäre, so sollten zwei von mir auf dieser Welt erscheinen, in Aussehen, Stimme, Gang und Denkens Art verschieden, dann könnt ich Leidenschaft befriedigen, mich des Schreibens und der Liebe gleicher Zeit hingeben. Doch war’s und ist’s nun nichts von alledem, was war es dann? Erfahre ich die Antwort noch in dieser Nacht, so schwör ich – selbe Weis’ Gedanken Kraft geschworen hat – dem gestellten Wunsche nachzugeh’n! Mögest du dich hier verstecken, so bring dein Angesicht vor meine Augen.“

„Noch kaum gesucht und schon gefunden, das trifft hier wohl auf unser beider Wesen zu. Ich bot um Audienz beim großen Meister Shakespeare, Ihren Worten – den Worten eines Edelmannes, wie mir scheint – nach sei’s mir gegönnt! Nun warte ich und wenn es sein muß, wart ich lang, denn Zeit ist mir bedeutungslos.“

„Zeit und bedeutungslos? Mag Zeit nicht existieren, da sie verschreitet niemals gleich, und dennoch ist sie da. Denn Zeit wird kommen, das gilt für Jedermann, wo man sich wiederfinden wird vor dem Gericht.“

„Doch nicht für mich, ich werd verschont, wenn andrer Glaube wird bestätigt. Zeit kann verschreiten wie sie will, egal ob stürmisch oder still, hinterläßt mir keine Spuren und wird mich auch nicht zum Gerichte führen.“

„Der Zeit entkommend? Was bist du denn? Du bist ein Mensch! Ein Mensch und doch kein Mensch? Kein Mensch! So sag mir doch, wie kann man das sein und auch jenes, gleichzeitig jedoch nichts von alledem? Diese Frage scheint noch über meinen Horizont zu steigen.“
„Wurd’ Antwort denn nicht schon gegeben? Ein Mensch und doch kein Mensch, wieso denn nicht? Sehe menschlich aus, in dieser Hinsicht bin ich Mensch. Doch können Menschen denn auch reden, einzig und allein mit der Gedankenkraft? So bin ich letztlich auch nur, was ich bin. Oder sei das nun etwa nichts? Geehrter Shakespeare, ’s ist nur ein menschliches Gewandt, das ich als Fassade trage, doch weder Mensch noch Tier, weder Gott noch Teufel hält sich darunter – sondern lediglich der Ewigkeit geliebtes Kind!“

„Ist’s denn alles, was du kannst, zu befallen anderer Gedanken? Das reicht nicht aus, nun wahrlich nicht, um zu beweisen deine Kraft, die – weil der Ewigkeit zugrundeliegend – unendlich mehr als menschlich ist! Zeig mir doch mehr von diesen Kräften, wenn es tatsächlich geben sollte mehr. Dann, doch auch erst dann, werd ich den Eingang nicht verschließen, der führt dich hier zu mir. Nun, ich warte. Und mich warten lassen solltest du nicht, wenn des Edelmannes Herz in dir steckt.“

„Mich an deinem Fenster befindend, einen allzu unmenschlichen Sprung vollzogen. Ist das nicht schon Beweis genug? Master Shakespeare, dürft ich nun um eine Audienz bei Ihnen bitten? Ich kenn die Frage, so bemühen Sie sich nicht. Sie liegt sowohl in Zunge als auch im Verstand, doch die Verwunderung macht sie so nichtig. Ich könnt sie für Sie stellen, wenn es Ihnen so beliebt. Was, bei all den schlummernden Geheimnissen der Unterwelt, bin ich denn? Die Antwort ist gleich schwer wie simpel. Ein Vampir, am Tage schlafend, in der Nacht hellwach. So ward ich neu geboren, vor nicht allzu langer Zeit – auch wenn diese nichts bedeuten mag.“

„So schön hört es sich an, nicht anders als des Dichters Leben, der oft den Tag der Nacht hingibt, der Freiheit seines Geistes wegen. Doch weder morde, noch bestehle ich die Menschen. Darin liegt doch ein Unterschied in unser beider Existenz. Und Ewigkeit, ach du kleiner Narr, begehr ich keineswegs, nein ich verabscheu sie. Stünd’ ich nun vor Entscheidung, Deinesgleichen oder auf der Stelle tot zu sein, so glaub mir, in die sanften Fänge des Todes würde ich mich dann begeben und mich von Nachtigals Gesängen in den Himmel führen lassen. Lieber Jahrzehnte würde ich verpassen, als viele Jahrhunderte zu erleben!“

„Könnt Ihr es denn beurteilen? Menschen? Keine Menschen! Schwindler, Mörder und Halunken bringe ich dem Hades! So wahr ich meine Liebe habe nicht verloren, so schwör ich drauf, niemals würd’ ich Menschen reinen Herzens und von viel Bedeutung, so wie Sie mir zu sein scheinen, attackieren. Denn ich hab es mir zur Pflicht gemacht, mich nur der unreinen Menschen zu bedienen – und solchen, die es wollen.“

„So kommt auch mal die Zeit, da wirst du dich mit deiner Selbst bedienen. Denn Ewigkeit, der Lauf der Zeit, wird dich verwandeln, glaub mir oder glaub mir nicht!“

„So ungern ich Ihn’n widersprechen mag, muß ich’s zugunsten Wahrheits Willen tun. Wenn Sie verwundet und der Schmerz vergeht, wenn Sie des Todes Opfer und für ihn unantastbar sind. Was für ’ne Macht besitzt man dann? Zumindest diese Macht ist doch Unsterblichkeit aller bestes Mitgift!“

„Ja? Ich will nun sagen, was ein gutes Mitgift wäre, die Freiheit, grenzenlose Freiheit, über eigen Leben zu entscheiden wie man will! Wenn ich zum Beispiel sagte, mit 52, am Tag genau, wünsch ich von dieser Welt zu gehen. Ich könnt es machen, und ihr Vampire etwa auch? Für was die Macht, wenn eines Lebenskraft erlischt und Liebe fortgegangen ist? Wieso hat Romeo sich umgebracht? Aus Tollheit? Nein, der Liebe wegen. Denn welchen Sinn hat noch das längste, reichste Leben denn, wenn Liebe ist für immer fort?“

„Was auch immer Liebe ist, so ist sie unvergänglich, oder nicht? Täusch ich mich denn, wenn meiner Worte Klang besagt, daß Romeo und Julia in alle Ewigkeit zusammen sind? So kann der Tod die wahre Liebe niemals schmälern, nein heilig wird sie erst dadurch! Wenn Tod beseitigt all das Materielle, dann stirbt mit ihm auch aller Geilheit Lust. Im Jenseits dann, unmöglich ist’s zu widersprechen, daß nur die wahre Liebe bleibt – zwei gleiche Seelen wieder zueinander führend – die fern all körperlicher Lust besteht in alle Ewigkeit. Zwei liebend Geister, nur mit ihrem Seelenschatz verseh’n, nur wahre Liebe bleibt bei ihn’n besteh’n. Doch wenn sich kleinstvorstellbarer Teil des Trugs befindet, in dieser heil’gen Wahrheit, was wird den Liebenden noch bleiben? Ewige Verdammnis? Immer liebend, immer lebend, welch garantiertes Glück! “

„Unmöglich ist’s zu widersprechen, versuchen will ich’s auch auf keinen Fall. Doch bedenke nur, daß es zwei Liebend’ Leben sind, die beid’ zu Ende gehen. Dann, und auch erst dann, bereit in alle Ewigkeit sich zu verschmelzen. Doch du, geblendet durch unrühmlich Ewigkeit, bleibst ewiglich getrennt durch Nichtigkeit des Todes. Nichtig? Nein, für Menschen nur, denn Tod, was mag es sein? Verglichen mit der Qual der Einsamkeit, dir auferlegt durch die Unsterblichkeit. Der Tod – was soll’s – eine Welt viel schöner, wo freilich Freiheit uns erwartet!“

„Oh junger Dichter, der du läßt mein Herz erblüh’n, wieso stehst du in diesem Widerspruch zu mir? Hab ich’s verdient, mich deinem Spotte auszusetzen?“

„Höre, Regen – des Himmels größt’ Bestand – fällt hernieder, schlägt auf Boden auf und zerbricht. Im Himmel war’s ein Ganzes, dann wurd’s beim Fall getrennt. Auf Erden kommt erneut zusammen, was zusammenkommen soll und bleibt bestehen für ’ne gewisse Zeit in Meer, in See, in Fluß oder in einer Pfütze. Sie bleiben eine Zeit vereint bestehen, bis Himmel lockt erneut hinauf, der Weg sie trennt. Doch dann am Ziel, beginnt’s von vorn, die heilige Vereinigung! Darum verspott ich dich, denn du bist nur die Erde, für kurze Zeit von Liebe wird berührt, wird gleich darauf von ihr verlassen, sie kehrt zurück an fremdem Orte, doch du wirst sein, wo du schon immer warst! Darum verspott ich dich, auch wenn du ewig leben magst, ewig lieben bleibt dir unerreichbar wie der Tod!“

„Nein! Ich wünscht es wär’ nicht wahr, doch spür ich tiefen Wahrheitsschmerz in meinem Herzen. Mein Herz, so paradox es ist, es schlägt nicht mehr, doch zieht es sich zusammen, es lebt nicht mehr und doch empfindet’s Schmerzen. Wie kann’s nur sein, in solch kurzer Zeit, ein ewig Leben voller glück getrübt. War Trauer denn Euer Ziel? Respekt, in allen Belangen haben Sie es jetzt erreicht. “

„Du, mein trauriger Freund, der wahrlich Grund zu Trauer hat, bist verdammt die Schmerzen spüren bis in alle Ewigkeit. Nicht ich hab diesen Fluch gelegt, es war dein finstres Schicksal selbst, dich hat in diesen Bann getrieben. Erkennst du jetzt die Freiheit, die uns Menschen offen steht? Wir haben eine Wahl, doch du, in Worten unerfaßbar deine Qual, mußt damit leben! Ich spür, mein Freund, daß Gutes liegt in deinem Herzen – davon auch kein minderer Bestand – bewahre es auch weiterhin, so lang du lebst, denn irgendwann, dank diesem Guten, wirst du begnadigt werden. Vertraue mir und deiner Liebe! Denn selbst dein Schicksal, ewiglich verdammt zu sein, trotzt nicht der Zeit, die – wenn auch so grob zu dir – wird eine Einsicht haben.“

„William, Meister aller Dichter, Eurem Geiste sind so wundersame Dichtungen entsprungen, in alle Ewigkeit werden sie bestehen, solang es Menschen gibt von großem Herzen werden Sie niemals in Vergessenheit geraten. Das ist die einzig wahre Ewigkeit, die es nicht kennt, Euch Leiden zuzufügen. So wünscht ich mir, zu sein wie Sie, die Welt und Körper zu verlassen, und dennoch bleiben von Bestand. Weil Sie erreicht, was mir niemals wird gewährt – das ewig Leben ohne Last – trau ich auf das, was Sie mich gelehrt. Ich trau darauf, zu finden irgendwann Vergebung, um nicht ein Sklav’ der Ewigkeit zu sein. Doch Sie bleiben unerreichbar, sowohl in Eurer Kunst als auch der Art der Ewigkeit, Euch wurd’ verdient geschenkt!“

„Ich glaub so sehr an deine Stärke, wie Kreuzritter glaubten an die Religion, doch ist mein Glaube nicht so fehlgeleitet! Lebe nun, mein mir unbekannter und gleichsam auf das Innigste vertrauter Freund, versuche nicht in Demut und Verzweiflung zu entgleiten. Denn es kommt der Tag, an dem auch du wirst finden das ersehnte Ende. Mir widerspricht’s davon zu reden, da ich nicht weiß, wie viele Jahre du schon hast erlebt und wie viele dir bevorstehn.“
„So jung wie Sie, sehr wohl noch junger.“

„Nun gut, so wird’s noch Jahre geben, die dir von Nutzen sind und mögen dir gefallen. Doch findet dies bestimmt ein Ende, an dessen Punkt du trauern wirst, nicht eins zu sein mit deiner Liebe. Und irgendwann, auch wenn in tausend Jahren, wird Schicksal zeigen sein Erbarmen, und dich entfliehen lassen in den Tod. Wenn es soweit, sollst du jetzt wissen, soll dir die gleiche Ehr’ erwiesen werden, die du für mich hast prophezeit. An diesem Punkt werden unsre Werte dann verschmelzen.
Kein goldnes Monument, kein Marmorstein
Wird überleben dieses mächt’ge Lied;
Aus ihm strahlst du in hellerm Glorienschein
Als dumpfer Stein, den Moder überzieht.
Wenn wüster Krieg Denkmale macht zu Staub,
Paläste stürzt und Mauern niederbricht,
Du wirst dem Schwert, dem Feuer nicht zum Raub,
Du lebst in diesem ewigen Gedicht.
Du gehst durch Tod und Allvergessenheit
Lächelnd hindurch, und deine Schönheit ragt
Noch zu den Menschen jener späten Zeit;
Für die das Ende aller Tage tagt.
Bis du dich selbst wirst aus dem Grab erheben,
Sollst du durch mich in Menschenherzen leben.
Wisse das, mein guter Freund, daß ich dir werd’ erweisen gleiche Ehr, die du mir an den Tag gebracht. Den Tod in nicht zu naher Zukunft – in weiter Ferne sichtbar sollt’ er dennoch sein – wünsch ich dir nun vom ganzen Herzen, doch liegt es außer meiner Kraft ihn dir zu geben. Doch Ewigkeit, die mir nach deinen Worten wird geboten, von nun an wird sie deine sein, in meiner Dichtkunst wirst du immer leben!“

[Beitrag editiert von: zorenmaya am 07.03.2002 um 14:43]

 

Hallo zorenmaya,

würde Deinen Beitrag gerne lesen, aber so ist der Text das reinste Augenpulver. Kannst Du vielleicht ein paar Absätze reinmachen?

Vielen Dank im voraus!

gruss,
philipp.

 

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