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Ungemach in Ungestalt

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23.10.2013
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Ungemach in Ungestalt

Wir befinden uns in einer wunderschön antik gehaltenen Apotheke. Sobald Sie die Tür hinter sich schließen befinden Sie sich in einer anderen Welt, einer Welt die noch an Magie und Zauber glauben lässt. Zwischen all den edlen Holzkommödchen und hohen Eibenholz-Apothekerschränken regiert ein kleiner Gnom, ein Mensch von Ungestalt. Zuvorkommend tanzt er um die Kundschaft, hört sich die Wünsche und Sorgen an und bedient sie mit unveränderter Miene. Nicht einmal die Augenbrauen bewegen sich über den grün schimmernden Aügelein. Behände weiß er auf die Leitern zu klettern, um die höchsten Höhen der Eibenholzwand zu erklimmen. Die Schubladen laufen leicht in ihren Schienen, der gleichmäßige Ton ist gedämpft und tut dem Ohr wohl.
Die alte Madame Ungemach betritt, leicht behindert im Gehen, eine hochmütige Distanz ausstrahlend, den Laden. Die Ladenglöckchen klingen schön zur Begrüßung, doch die Tür fällt ungewohnt hart hinter ihr zu. Ihr Gehstock mit güldener Spitze klackert schwer auf dem schwarz-weiß gekachelten Boden. Sie möchte ein Mittelchen gegen das Rheuma, spricht sie, es ist eher ein Rauchen. Den Mensch von Ungestalt fröstelt auf einmal leicht. Er bemerkt eine feine Kühle als er sich um 180 Grad dreht, um das auf Augenhöhe befindliche Rheumamittelchen zu greifen. Er sieht sich selbst unter die Ladentheke greifen. Dort befindet sich ein geschwungenes schmiede-eisernes Scherchen. Er rammt es, so meint er, der Alten in ihre mit bemalten Fingernägeln gekrönte Hand. In Wirklichkeit starrt er sie nur an. Madame Ungemach ist verärgert. Der Gnom scheint ihr nicht ganz bei Verstand, er hält die Schachtel so unwahrscheinlich verkrampft. Sie zahlt, sogar in bar und entreißt ihm die grün-weiße Schachtel. Umständlich findet das Rheumamittelchen den Weg in die Tasche. Mit Glöckchenklingeln schließt sich die Tür. Das Gebimmel verstummt und die alte Frau friert. Sie sieht die Menschen einen Bogen um sie laufen, schaut in bestürzte und ängstliche Mienen. Da erblickt sie ihre Hand, in der ein blutloses Loch klafft. Der Schnee fängt sie auf und der Notarzt tippt auf Herzversagen. Sie wollen einen Blick in die eibenholzgetäfelte Apotheke wagen?
Der Gnom ist ungewöhnlich fröhlich zugange. Sehen Sie, sogar die Augenbrauen bewegen sich kaum merklich über grün strahlenden Äugelein.

 

Hallo Orchideenfee,

die Stimmung, die du in der Geschichte entwirfst, gefällt mir. Die antiquierte Ausdrucksweise lässt die Apotheke vor dem inneren Auge bildlich entstehen. Es ist leider nicht ganz stimmig, wie z.B. Eibenholz. Du meist sicher Ebenholz.

Der erste Satz beginnt mit "Wir". Der Erzähler und der Leser in einer Gruppe. Aber direkt danach wechselt die Perspektive und der Leser wird direkt angesprochen. Das wirkt sehr abrupt und hat mich ein bisschen irritiert. Ein Wechsel in die dritte Person wäre sanfter und würde meines Erachtens den Leser mehr "mitnehmen". So schaffst du eine Distanz, von der ich mir nicht sicher bin, das sie beabsichtigt war.

Dann der "kleine Gnom". Ist ein Gnom nicht immer klein?

"Sie möchte ein Mittelchen gegen das Rheuma, spricht sie, es ist eher ein Rauchen." Meinst du hier "hauchen"?

"...der Alten in ihre mit bemalten Fingernägeln gekrönte Hand." Die "bemalten" Fingernägel passen nach meinem Empfinden nicht in die Stimmung. Das klingt so billig und passt nicht zum Bild der "Madame Ungemach".

"er hält die Schachtel so unwahrscheinlich verkrampft. " Hier bin ich über das "unwahrscheinlich" gestolpert. Das hat mich im Lesefluss gestört, das passt irgendwie nicht rein.

Zur Zahlung, "sogar in bar". Hm, mal ehrlich, kannst du dir in dieser Geschichte eine Zahlung mit EC Karte vorstellen?

Warum ist das Loch, das in ihrer Hand klafft "blutlos"? Ich stelle mir ein Loch in der Hand vor, dass von einem "geschwungenen schmiedeeisernen Scherchen" stammt. Hm, ist jetzt bei einmal "reinrammen", nicht ganz so groß. Und wenn es auch noch blutlos ist, dann ist die beschriebene Reaktion der vorbeilaufenden Passanten mit "bestürzten und ängstlichen Mienen" ziemlich unerklärlich. Aber vielleicht sehen die das Loch ja gar nicht, vielleicht sieht das nur Madame Ungemach. Zumal der Notarzt es ja nicht zu bemerken scheint. Hat bei mir ein Fragezeichen hinterlassen. War das Absicht?

Abschließend geselle ich mich zur Einschätzung von Herrn Schuchmann, auch ich habe deine Geschichte gerne gelesen und mir hat die heraufbeschworene Atmosphäre gut gefallen.

Viele Grüße
Toirol

 

Guten Morgen Alexander Schuchmann und Toirol,

vielen Dank für die interessanten Anmerkungen. Ich werde sie mir durch den Kopf gehen lassen, den Text entsprechend ändern und mit diesen Änderungen lesen. Er wird sicherlich eine etwas andere Wirkung haben, aber vielleicht ist er dann tatsächlich besser. Der Text ist eigentlich ein satirischer Text (folgt jedoch nicht den in diesem Forum aufgeführten Ansprüchen an einen satirischen Text) - das erklärt die Übertreibungen sprachlicher und inhaltlicher Art, die von Euch kritisiert werden.

Vielen Dank nochmal für Euer Feedback:))
Viele Grüße
Orchideenfee

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Orchideenfee,

auch mir gefällt die Beschreibung der Apotheke und des Gnoms, ich kann mir das gut vorstellen.
Aber teilweise ist die Beschreibung ungenau oder widersprüchlich.

Zuvorkommend tanzt er um die Kundschaft, hört sich die Wünsche und Sorgen an und bedient sie mit unveränderter Miene.

Geht das?

Der Gnom ist ungewöhnlich fröhlich zugange. Sehen Sie, sogar die Augenbrauen bewegen sich kaum merklich über grün strahlenden Äugelein.

Woran merkt man dann, dass er fröhlich ist?


Horror kann ich gar nicht empfinden in der Geschichte, die Protagonisten anscheinend auch nicht.

Den Mensch von Ungestalt fröstelt auf einmal leicht

Madame Ungemach ist verärgert

Nur die Passanten sind erschrocken.

Sie sieht die Menschen einen Bogen um sie laufen, schaut in bestürzte und ängstliche Mienen

Klar, keine schöne Vorstellung, wenn eine alte Dame vor meinen Augen tot umfällt, aber ist das Horror?

Du schreibst, dass Du eigentlich einen satirischen Text schreiben wolltest.
Das kann ich überhaupt nicht erkennen.

Vielleicht ist das das Problem.
Man kann sicher satirische Horrorgeschichten schreiben.
Aber wenn das sowohl-als auch nicht gelingt, hat man kein entweder-oder, sondern ein weder-noch.

Mir bleiben die schönen Bilder im Kopf, die Du herauf beschworen hast.
Dafür hab ich es gern gelesen.

Liebe Grüße
Karakum

 

Hi Orchideenfee!

Vom Stil her muss ich sofort an ein Märchen denken. Sehr schöne Sprache. Gefällt mir gut. Wenn du auch manchmal ein wenig zu dick aufgetragen hast. Haben die anderen ja auch schon gesagt.
Ich habe nur ein kitzekleines Problem. Ich habe Horror erwartet. Also, das ist bestimmt kein Horror. Oder?
Zumindest nicht in dem Sinne, was ich unter Horror verstehe.
Und: Beim Ende würde ich noch was machen. Es vielleicht noch ein wenig ausschmücken. Der Umschwung geht mir ein wenig zu abrupt. Oder habe ich etwas nicht kapiert - kann auch sein.
Aber auf der Straße könntest du noch was rausholen. Oder überhaupt. Vielleicht kann man da vorher ein wenig mehr darauf hindeuten, wöhrend die Frau in der Apotheke ist. Eine kleine Anspielung könnte nicht schaden.

Ps: Ist es eigentlich wirklich so? Schreibst du normalerweise Märchengeschichten?

Weiter so!

GLG, Mirkoo

 

Hallo Karakum, hallo Mirkoo,

zunächst einmal auch euch herzlichen Dank für das konstruktive Feedback:)
In der Rubrik Horror ist die Geschichte gelandet, weil ich mir die Anweisungen zu den unterschiedlichen Rubriken genau durchgelesen habe. Geht man nach den hier gewünschten Kriterien, muss man die Geschichte bei "Horror" einordnen. Allen Horror-Fans empfehle ich einmal, die Angaben zu jener Rubrik durchzulesen -würde mich interessieren, wie ihr sie findet. Ich hätte die Geschichte lieber unter "Satire" ins Forum gestellt, aber sie entspricht wie gesagt nicht den dort aufgeführten Kriterien. Nun wird angemerkt, dass sie nicht als Satire erkennbar ist. Das muss ich akzeptieren. Es gelingt mir in der Geschichte offensichtlich nicht, das Vorstellungsvermögen der Leser entsprechend anzuregen. Hier fehlt wohl ein Vorwort oder eine Hinführung, die sie in den entsprechenden Kontext einbetten würde.
Ich habe bisher noch keine Märchen geschrieben - ist aber eine schöne Idee. Ich schreibe Lyrik, Kurzgeschichten, Novellen, satirische Balladen und richtige satirische Texte (dieser hier fällt wegen des Inhalts aus der Reihe, weil der Leser den Realitätsbezug nicht ohne Weiteres herstellen kann). Dabei variiere ich den Schreibstil, da er jeweils dem Inhalt angemessen sein muss.

Da Satire kritisiert - wer hat denn eine Idee, welche Kritik hinter der hier verfassten Boshaftigkeit stecken könnte?

Nochmals herzlichen Dank für eure Beiträge.

Meine Zustimmung an euch... ich wäre ohne die Forumsempfehlungen ehrlich gesagt nicht auf die Idee gekommen, die Geschichte unter Horror einzuordnen.
Vielen Dank für die Anregung, das Ende besser auszuarbeiten:)) ist eine gute Idee!

Liebe Grüße
Orchideenfee

 

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