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Unerwartet
Tief ein- und ausatmen. Immer wieder.
Emily hasste es zu warten.
Aber manchmal musste man da durch. Heute war einer dieser Tage, an denen man einfach warten musste, auch wenn es zum Haare rausreißen war.
Sechs Minuten standen auf ihrem Timer, den sie sich gestellt hatte. Ohne den Kopf zu verdrehen starrte sie den kleinen Stab, der auf dem Badewannenrand lag, an.
Dieser verdammte Stab, genauer genommen war es ein Schwangerschaftstest, den sie in Eile gekauft hatte, würde ihr sagen was jetzt Sache war.
Sie hätte schon viel früher Verdacht schöpfen müssen. Vor zwei Monaten zum Beispiel, als sie das erste Mal ihre Regel nicht bekommen hatte. Spätestens bei zweiten Mal irgendetwas ahnen müssen.
Aber sie war so leichtsinnig, hatte es auf den Stress geschoben, den sie bei der Arbeit im Café hatte.
Sowas passiert öfter hatte sie sich gedacht, hat an dieser Hoffnung festgehalten und jeden Gedanken daran verdrängt.
Beim dritten Ausbleiben der Periode konnte sie den Gedanken nicht mehr verdrängen.
Jetzt saß sie auf dem Badewannenrand neben diesem gefährlichen Stab. Zugegeben er war nicht gefährlich, aber trotzdem hatte Emily verdammt große Angst vor dem Ergebnis, das er preisgeben würde.
Das Piepen von ihrem Handy ließ sie aufschrecken, schnell machten sie ihren Timer aus.
Mit geschlossenen Augen nahm sie den Stab in die Hand, hoffte auf das beste und bereitete sich mental auf das Schlimmste vor.
Sie stand unter Schock und sie fühlte eine warme Träne ihre Wange rollen.
Es waren zwei Striche. Zwei. Nicht einer, wie sie sich es so sehr erhofft hatte.
Sie war schwanger. Den zweiten Test, den sie sich gekauft hatte, wollte sie nicht ansehen. Dieser würde genau dasselbe sagen. Das war klar mit dem drei-maligen Ausbleiben ihrer Tage.
Mit beiden Stäben in der Hand lief sie leise in ihr Zimmer.
Aufmerksam auf sich machen wollte sie nicht. Ihre Eltern sollen nicht bemerken was sie gerade im Badezimmer abgespielt hat. Noch nicht jedenfalls.
Leise schloss sie die Zimmertür hinter sich und schmiss sich heulend auf ihr Bett.
Was sollte sie denn jetzt machen? Mit 19 Jahren schwanger zu werden war nicht ihr Plan, ganz und gar nicht.
Das Studium zum Lehramt hatte sie doch gerade erst angefangen. Den Job im Café hatte sie auch noch nicht lange. Sollte sie das alles etwa einfach so hinwerfen? Sie kann mit einem Baby nicht arbeiten gehen, oder studieren.
Der Gedanke an ihren festen Freund von zwei Jahren schlich sich in ihren Kopf. Oh Gott, was der wohl sagen wird?
Ben war die Liebe ihres Lebens da war sie sich sicher.
Eigentlich war er auch nicht die Art von Person, die direkt jemanden abservieren würde, wegen einer kleinen Lebenskrise, oder was auch immer das hier gerade war. Zumindest hoffte Emily das sehr.
Aber das hier war nicht irgendeine Lebenskrise, die man einfach so bewältigen konnte. Das hier war ein großer Eingriff in ihrer beider Leben.
Kurz, ganz kurz, dachte sie an etwas wie Abtreibung, aber sie wusste das sie das niemals übers Herz bringen könnte.
In der kurzen Zeit, seit sie den Verdacht hatte schwanger zu sein, hatte sie darüber nachgedacht. Doch sie hatte diese Idee schon mehrfach verworfen. Emily war einfach keine Person, die so etwas tun könnte.
Sie musste aber jetzt daran denken was sie jetzt tun sollte.
Ahnung von sowas hatte sie natürlich nicht.
Also tat Emily das, was sie am besten konnte, und das war Dinge im Internet zu recherchieren. Außerdem würde sie das von ihrem emotionalen Drama ablenken.
Ihr Handy lag auf ihrem weißen Schreibtisch, immer noch am Ladekabel angeschlossen. Beim Aufstehen nahm sie eine leere Kekspackung von ihrem Nachttisch und packte die Tests hinein und legte diese in ihre Handtasche. Nur zur Sicherheit, damit sie keiner findet.
Auf ihrem Handy blitzte das Display auf. Eine Nachricht von Ben. Er wollte sich mit ihr treffen, aber sie fühlte sich wirklich nicht danach. Wusste nicht einmal ob sie ihm in die Augen gucken konnte.
Schnell schrieb sie ihm, dass sie sich nicht wohl fühle und sie wann anders etwas unternehmen sollten.
Danach ging sie auf ihren Internetbrowser und fing an diverse Sachen, die mit Schwangerschaft zu tun hatten zu suchen. Was dabei rumkam war auf jeden Fall, dass sie einen Termin beim Frauenarzt machen muss. Hätte Emily sich auch selbst denken können.
Wieder poppte Bens Name auf ihrem Handy auf.
Hast du schon wieder Magendarm? Vielleicht solltest du echt zum Arzt gehen, auch wenn du das hasst. Überanstreng dich dann am besten nicht und ruh dich aus. Gute Besserung, hab dich lieb.
Sie schrieb ihm, dass sie nur eine Migräne hätte und sich hinlegen würde. Einem Danke und ein Ich dich auch, schrieb sie ihm zusätzlich.
Sie lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück und guckte auf die pinke Uhr, die an ihrer Wand hing. Es war erst 21 Uhr, aber sie fühlte sich müde genug um schlafen zu gehen.
Morgen hatte sie Frühschicht im Café und musste deshalb auch früh aufstehen.
Die Müdigkeit hatte über sie gewonnen und sie legte sich eine halbe Stunde später in ihr Bett.
Ein kurzes Gute Nacht schrieb sie noch ihrem Freund und legte ihr Handy weg.
Zu leiser Musik legte sie sich hin und überlies ihre Sorgen erstmal der morgigen Emily, die würde das regeln müssen.