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...und ohnmächtig sehe ich zu.

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14.04.2002
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...und ohnmächtig sehe ich zu.

„Wie geht es dir?“, fragte ich Hanna und legte meinen Arm auf die Schulter des schweigsamen Mädchens. „Danke gut!“, war ihre Antwort. Augenblicke des Zögerns vergingen, dann sagte sie: „Naja, nicht so gut.“
Sie schob ihr langes, schwarzes Haar hinter ihr linkes Ohr und deutete darauf. „Sehen Sie? Das hat mein Papa gemacht.“ Die Strähnen verdeckten das Ohr wieder, bevor ich noch einen Blick darauf werfen konnte. Ich brauchte einen Moment, um die Situation zu erfassen, hob dann langsam meinen Arm und streifte nach einem kurzen, fragenden Blick vorsichtig die schwarze Mähne beiseite. Eine blutunterlaufene Ohrmuschel leuchtete mir entgegen - ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen!
„Und das auch!“ Hannas Stimme zitterte unter ihren ersten aufsteigenden Tränen, während sie die Ohrmuschel nach vorne bog. Direkt dahinter das selbe Bild. Der Schädelknochen des dreizehnjährigen Mädchens leuchtete in all den Farben, die ein kräftiger Schlag nur hinterlassen konnte.

An jenem Morgen, der mein ziemlich blauäugiges Lehrerleben mit einem Schlag ändern sollte, hatte ich gerade Gangaufsicht. Ich war gut drauf, patrouillierte über die Gänge und beobachtete die nach und nach eintrudelnden Schüler, wie sie geschwätzig und lachend, teils verschlafen zu ihren Klassen schlenderten. Ich liebte meinen Beruf und tu es noch, aber heute unter völlig anderen Gesichtspunkten. Meine Blauäugigkeit, meine rosarote Brille habe ich an jenem Morgen verloren.

Hanna stand vor mir, in ihren Augen funkelten die Tränen, funkelte Zorn über das, was passiert war, lag Verständnislosigkeit, schrie es um Hilfe. „War das ein „Ausrutscher?“, fragte ich, obwohl ich die Antwort schon wusste. Hanna schüttelte den Kopf. Das sonst so stille Mädchen hatte nach all den Jahren endlich ihr Schweigen gebrochen.
Schon in den ersten Schultagen, in denen ich „meine Kinder“ kennen gelernt hatte, war mir aufgefallen, dass Hanna die stillste unter all den Schülern war. Selten kam ein Wort über ihre Lippen. Noch seltener ein ganzer Satz. Der Kindermund diente nur dazu, nie geöffnet zu werden. Sorgte dafür, ein grausames Geheimnis zu verschließen, das ich in den folgenden Tagen und Wochen noch kennen lernen sollte - nein, nach drei Jahren, in denen ich Hanna nun kannte, endlich kennen lernen durfte.
Die Schulglocke rief zur Pflicht.
Kurz drückte ich sie noch an mich, spürte, wie auch mir Tränen in die Augen stiegen, die ich mit meiner angezüchteten Vernunft gerade noch unterdrücken konnte, dann schob ich sie auf Armeslänge von mir, sah in ihre rehbraunen Augen und - musste sie auf die nächste Pause vertrösten.
Ich hatte Unterricht. Nur eine Stunde, doch die kam mir vor wie ein ganzer Tag. Ständig flogen meine Gedanken fort, versuchten sich vorzustellen, wie es zu dem Bluterguss hatte kommen können, versuchten die Tiefe dieser Kinderseele, die jahrelang schier Unmögliches ertragen musste, zu ergründen. Am liebsten wäre ich geblieben, hätte sie in den Arm genommen, mit ihr geweint.
Nach meinem Unterricht raste ich zu Hanna. Schon von weitem sah ich, dass sie auf mich wartete. Sie lächelte mich an. Ein dankbares Lächeln. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Karin, die über alles Bescheid wusste, die Hanna absolutes Schweigen versprochen hatte, folgte sie mir wortlos in einen leerstehenden Klassenraum.
Karin war die jenige, die mir völlig aufgebracht alle Details aus Hannas traurigem Kinderleben berichtete. Von den Stockschlägen, vor denen ihr Vater das Fenster immer sorgsam verschloss, von den Fausthieben, die er gänzlich grundlos an sie und ihre Schwestern verteilte, von dem Alleinsein, eingesperrt in ihrem Zimmer und von den vielen anderen Dingen, die mein gesunder Verstand nicht fassen konnte.
Hanna hielt die ganze Zeit über meine Hand, ihr Blick war gesenkt.
Mit der flehentlichen Bitte, nur ja niemandem davon zu erzählen, und schon gar nicht die Eltern zu einem Gespräch in die Schule zu holen, fanden wir nach einigen Stunden zu einem erschöpften Ende. Ein Ende, das erst der Anfang sein sollte. Der Anfang eines neuerlichen Schweigens.
Hanna schien es in den nächsten Tagen besser zu gehen. Wahrscheinlich schon alleine deswegen, weil sie wusste, dass ich es wusste. Ich konnte einen Teil der Last mit ihr tragen. Aber diese Last wurde zusehends zur Belastung. Sollte ich handeln? Wie sollte ich handeln? Sollte ich auch schweigen? Sollte ich tatsächlich auf die Bitte des Mädchens Rücksicht nehmen? Wie konnte ich ihr damit eine Hilfe sein? Gleichzeitig wusste ich, dass ich ihr schon längst eine Hilfe war. Und ich wusste auch, ich würde das Vertrauen brechen müssen, das sie endlich zu einem Menschen gefunden hatte!
Wochenlang hatte ich Zweifel. Wochenlang verschleppte ich die Meldepflicht. Wochenlang erzählte mir Hanna von ihrem Martyrium. „Aber ist alles nicht so schlimm, solange er nur nicht das Fenster schließt“, versicherte sie mir immer wieder.
Doch er hatte das Fenster wieder einmal geschlossen. Das reichte! Unser Schularzt war im Haus ......
Es musste etwas geschehen! Es konnte nicht sein, dass ich hier ohnmächtig zusah, der Bitte eines geschlagenen Mädchens nachgebend.
Von da an begann das Formelle seinen Lauf zu nehmen. Schulärztliche Kontrolle, blaue Flecken an Rücken, Oberarmen und Oberschenkel, Besprechung mit der Direktorin, Verständigung des Jugendamtes, ein formloses Schreiben mit dem Ersuchen, man möge behutsam vorgehen, da das Mädchen womöglich mit Konsequenzen für ihr Handeln zu rechnen hätte.
Ich machte mir Vorwürfe, hätte am liebsten alles rückgängig gemacht. Ich hatte wirklich kein gutes Gefühl dabei und es sollte mich nicht enttäuschen.
Denn schon nach wenigen Tagen stand ein völlig eingeschüchtertes dreizehnjähriges Mädchen vor mir und blickte mich mit seinen hilfeschreienden, rehbraunen Augen an. „Wie geht es dir?“, fragte ich Hanna vorsichtig und legte meinen Arm auf ihre Schulter. „Danke gut“, flüsterte sie und ihre Stimme zitterte unter den ersten aufsteigenden Tränen.

 

Hallo Barbara,

gruselige Geschichte, gruseliges Thema - aber wirklich toll erzählt!

Es kommt gut raus, daß auch vermeintlich richtiges handelnd fürchterlich falsch und dennoch "richtig" sein kann ... Ein guter Beitrag zum Thema Nicht-Wegsehen und dennoch keine Instanz zu haben, die einem sagt, was man tun kann, um wirklich zu helfen!

Hat mir wirklich gut gefallen, und hinterläßt einen sehr nachdenklich!

Gruß
Kay

 

Danke, Kay!

Eine wahrhaftig wahre Geschichte! Das muss man sich erst mal vorstellen.
Aber dieses Mädchen geht sehr gerne in die Schule - sogar, wenn es krank ist!

Liebe Grüße

Barbara

[ 20.04.2002, 15:57: Beitrag editiert von: Barbara ]

 

Hi Barbara!

Mir hat deine Geschichte auch ganz gut gefallen und sie hat mich über zum Nachdenken gebracht, was eine Story mit dem Thema wohl auch tun sollte!
Ich kann mich mit meiner Kritik nur Kay anschliessen!

Nur eine Frage, die mich nicht losgelassen hat:
Warum bricht Hanna gerade bei ihrer Lehrerin das Schweigen? Warum so plötzlich, wo sie doch die Jahre zuvor immer geschwiegen hat? Das verwirrt mich ein wenig und ist meiner Meinung nach auch etwas unglaubwürdig. Ich bitte um eine Erklärung! :D

Ansonsten fand ichs gut.

Gruss, Sam.

 

Hallo Barbara

Auch mich rührte sie an, deine Geschichte.
Wie ich deinem Nachtrag entnehmen kann, ist sie wahr, und so finde ich es um so besser, dass Du über die Wahrnehmung hinaus versuchst, etwas zu tun, selbst wenn erstmal das falsche damit erreicht zu werden scheint.

Die Zeit wird zeigen, ob es richtig war.

Für richtig halte ich auf jeden Fall den Versuch zu helfen, und die Bürde zu erleichtern.

Ich war gerade 5 Tage auf Klassenfahrt mit einer 10. Klasse in Hamburg als Betreuer und es fanden Viele Gespräche zwischen den Schülern und mir statt, die mich nachdenklich gestimmt haben.

Aber auch wenn Deine Geschichte nur pure Fiktion wäre, würde ich den Inhalt unterschreiben, daß es einfach Dinge gibt(und gerade als Lehrer)in die man sich einmischen muß, denn wenn man sich taub stellt, hat man sowohl seinen Beruf verfehlt, als auch seine Menschlichkeit an der Tür abgegeben und vergessen sie wieder abzuholen.

Lord

 

Hi Gamdschie!

Warum sich das Mädchen an ihre Lehrerin, sprich an mich gewendet hat, kann ich mir nur so erklären, dass sie drei Jahre gebraucht hat, um zu sehen, dass ihr in der Schule im Unterricht nichts von dem passiert, was ihr zuhause widerfährt. SIe hat offensichtlich Vertrauen gefasst, hat gesehen, wie ich mit anderen Kindern Probleme wälze.....
Es ist so, dass wir als Hauptschullehrer in vielen Fällen einen Eternteil ersetzen, nicht wirklich - gefühlsmäßig!
Außerdem ist das Mädchen zuhause eingesperrt, darf nicht fort und hat also niemanden zum Reden. Ihre beste Freundin kann ihr auch nicht wirklich HILFE bieten, und die hat sie an dem besagten Tag ganz dringend gebraucht. Da war scheinbar ihr Maß an Erträglichkeit voll.
Und so wie der Lord sagt: Man kann sich gar nicht vorstellen, was Schüler einem Lehrer oder Betreuer oft anvertrauen: Von Liebschaften über Drogen bis hin zum Missbrauch - unter Umständen.

Ich hoffe, ich konnte deine Frage ein bisschen erklären!

@ Lord

Erstmal alles Gute zum Geburtstag!
Ich bin froh, dass du dieses Gefühl nachvollziehen kannst. Es war tatsächlich nicht leicht, diesen Schritt zu tun, aber ich wusste einfach, dass dem Mädchen geholfen werden musste!

Wir werden sehen, was es bringt!

Liebe Grüße

Barbara

 

Hi Barbara,

danke für die Antwort, die hat meine Fragen ausgeräumt und da die Geschichte anscheinend auf Tatsachen beruht, nehm ich das mit dem Unglaubwürdig zurück.

@Lord
Du hast Geburtstag? Na dann, hoch die Tassen und Herzlichen Glückwunsch!!! :prost:

Gruss, Sam.

 

nochmaliger Versuch einer Antwort! :)

Hallo Barbara,

diese Geschichte ist voll aus dem Leben gegriffen und deshalb so erschütternd. Du hast das einzig Richtige getan und es dem Jugendamt gemeldet. Wenn nun nichts unternommen wird, dann zeugt das nur von der Ignoranz unserer Gesellschaft.
Wann wachen wir endlich auf und schützen die Kinder, nicht die Täter!!!?

Überzeugend geschrieben und flüssig lesbar. Jeder fühlt mit Hanna und dir mit.
Und ich besonders ;)

Eine Geschichte die das Leben schrieb.

liebe Grüße, Talklady

 

Danke!

Ich freu mich, dass du es geschafft hast! :bounce:

Es ist ein großes Problem, wenn man die Täter schützt. Die Sorge ist auch: Wird das Opfer oder der Täter "bestraft"? Meist wird das Opfer aus dem Familienverband gerissen. Und das ist doch doppelte "Strafe", nicht?

Liebe Grüße und einen schönen Tag
Barbara

 

Ich weiß nicht, ob man da von "Strafe" reden sollte. Ich will auch - weiß Gott - nicht die Täter in Schutz nehmen. Aber ich weiß, dass es auch Eltern gibt, die aus einer psychischen Überlastungsstituation heraus, die nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden kann, ihre Kinder schlagen. Diese Eltern bereuen es fast augenblicklich, schämen sich zu Tode, überschütten ihr Kind mit Zuneigung und tun alles, um die Schläge wiedergutzumachen. Und bei der nächsten Streßsituation rutscht ihnen wieder "die Hand aus".

Solche Menschen sind tatsächlich, wirklich krank - so wie jeder andere psychisch Kranke auch. Was liegt also näher, als Täter und Opfer zunächst einmal voneinander zu trennen und beiden Gelegenheit zu geben, ihre jeweiligen Probleme erst unabhängig voneinander, später gemeinsam zu bewältigen, in den Griff zu kriegen und zu verarbeiten?

Kindesmißhandlung ist mit Sicherheit etwas ganz, ganz Schreckliches. Aber nicht immer bedeutet das, dass die Eltern Monster sind und ihrerseits Freude oder Spaß am Quälen dahinter steckt.

 

Für mich ist Kindesmisshandlung auf jeden Fall krankhaft! Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand so etwas tun kann!!

Ich habe eine Tochter und würde für ihr Glück mein Leben geben!
Dafür gibt es keine Entschuldigung, in meinen Augen.

Bin also absolut :dagegen: , was auch immer der Grund dafür sein mag!

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallöchen!

Auch mir hat Deine Geschichte ziemlich gut gefallen, Barbara (anstatt selbst mal wieder was zu schreiben, hock ich schon den halben Morgen vor dem Computer und surfe hier auf kg.de rum... hihi)! :thumbsup:

Was das "Hand ausrutschen" betrifft: Ich denke, jedem Elternteil rutscht einmal die Hand aus. Da wären wir ja bei antiautoritärer und autoritärer Kindererziehung. Ich hab mal einen Film über antiautoritäre Kindererziehung gesehen (da gab's so "Kinderläden", die das nach Rousseaus Prinzipien ausprobiert haben) und kann das nicht wirklich gut heißen. Ein Kind muß durchaus lernen, wo die Grenzen liegen. Und wer dann versucht, mit einem Zweijährigen darüber zu diskutieren, warum es jetzt diese Herdplatte da nicht anfassen darf, beißt sich die Zähne aus. :D
Ich denke, der Weg hierbei liegt irgendwo dazwischen (zwischen antiautoritär und autoritär).

Es ist ein großes Problem, wenn man die Täter schützt. Die Sorge ist auch: Wird das Opfer oder der Täter "bestraft"? Meist wird das Opfer aus dem Familienverband gerissen. Und das ist doch doppelte "Strafe", nicht?
Barbara, diese Meinung teile ich auch! In erster Linie wird in der heutigen Gesellschaft der Täter geschützt, nicht das Opfer. Ich hab mal im Fernsehen gesehen, da gab's 7 Jahre für 7 Morde - toll, oder? :mad: Was ist denn aber ein Menschenleben heutzutage wert??? :confused:

So, jetzt schreib ich Mathe :(

Griasle,
stephy

 

Ein halbes Jahr auf Bewährung für Vergewaltigung.

Sechs Monate Beugehaft wegen nicht bezahlter Steuern.

Unser Rechtssystem straft diejenigen Vergehen am meisten, die dort bohren, wo's wehtut. Und das ist heutzutage - trotz allen Geredes über Menschlichkeit und Menschenwürde - leider das Portemonnaie. Mehr nicht.

Lakita: Nicht schlagen, bitte.

 
Zuletzt bearbeitet:

hi Barbara, hi Pip,

meine zwei Mädels mussten noch keine Schläge spüren, ich meine jetzt mit Schlägen keinen Klaps auf die Finger, und doch kann ich nicht behaupten meine Kinder antiautoritär zu erziehen. Sie wissen genau, was sie dürfen und was nicht. Ich will mich nicht von Fehlern freisprechen, perfekte Eltern gibt es nicht. Aber Misshandlung und Missbrauch in der Familie ist durch nichts zu entschuldigen.

Talky

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Babs!

Deine Geschichte zeigt das Leid eines mißhandelten Kindes von einer anderen Seite - und wie man ohnmächtig danebensteht und nicht weiß, was man tun soll, wenn man so etwas als Außenstehender mitbekommt.
Ich kann nur sagen, Du hast sehr gut beobachtet und es freut mich, daß es Lehrerinnen wie Dich gibt, die sich solche Gedanken machen.

Es war auf jeden Fall ein Fehler, die Sache dem Schularzt usw. zu übergeben. Ich habe Dir ja schon, ohne die Geschichte vorher zu kennen, in meinem PM die Gründe dafür geschrieben...

Wichtig ist, keinen Schritt ohne Einverständnis des Kindes zu treffen. Das Kind kennt seine Situation und weiß was ihm blüht, wenn die Eltern erfahren, daß es gesprochen hat...
Oft kennt es ja auch die Möglichkeiten nicht, die es - besonders heute - hätte. Selbst zu meiner Zeit hätte ich vermutlich ja gesagt, hätte man mir ein Heim gezeigt und mich gefragt, ob ich das lieber wollte, als bei meiner Mutter zu sein. Aber das war ja nicht der Fall, ich hatte den Auftrag, Tiere zu erkennen.
Heute gibt es bei uns, gerade für Jugendliche, viel bessere Alternativen, wie etwa betreute Wohngemeinschaften. Würden sie diese kennen, wären sie wesentlich überlaufener, als sie schon sind, d.h., es müßten noch mehr aufgemacht werden...
Als Lehrerin kannst Du ja vielleicht mit Deiner Klasse einen Lehrausgang in ein Museum um eine Stunde länger ansetzen, und ohne die Eltern zu informieren, zusätzlich eine Besichtigung einer solchen Einrichtung organisieren. Dann haben sie gesehen, daß es sich um keine Gefängnisse handelt...

Aber am wichtigsten ist, daß solche Kinder jemanden haben, dem sie vertrauen können und der sie ernst nimmt, was eben auch heißt, mit ihm über die Schritte zu reden, bevor man sie unternimmt. ;)

Aber Deine Geschichte zeigt genau diesen Fehler auf, was sie für mich zu einer einmalig guten Geschichte macht!

Alles liebe
Susi

 

Hi Barbara,

sehr gut geschrieben, mit einem erschütternden Ende, das alle Gedankennischen offen lässt. Das System ist das Problem. Ein System, in dem so etwas möglich ist, immer aufs Neue passiert.
Die Ohnmacht aller steht in jedem deiner Sätze.

Liebe Grüße - Aqualung

 

Liebe Leute! Danke fürs Lesen.

@Häferl =) PM

@acre

Eigentlich hatte ich schon vor, die Ohnmacht auch in der Geschichte mit voller Kraft auszudrücken. Vom Stil her ist sie absichtlich eher nüchtern gearbeitet, denn ich hatte eigentlich zum Ziel, eben durch den Inhalt zu bewegen.

@Aqualung

Ich glaube, man kann hinsehen, wo man möchte: Das System macht einen ohnmächtig. Es zwingt einen zu Schritten, die man gerne unterlassen würde, weil man weiß, was man unter Umständen damit anrichtet. Wie man es auch dreht und wendet, die Ohnmacht bleibt.

Danke für eure Kritiken!

Liebe Grüße
Babs

 

Liebe Barbara!

Damals, als Du die Geschichte gepostet hast, wurde zwar sehr viel über den Inhalt gesprochen – und das zurecht –, aber das Stilistische ist dabei ein bisschen untergegangen. Und als ich in Deine Geschichtenliste geschaut hab, dachte ich mir, das hole ich jetzt nach, und deshalb wünsch ich Dir hier alles Gute zum Geburtstag! :)

Ich finde die Geschichte nach wie vor sehr wichtig. Sie spricht von einer traurigen Wahrheit, von einem Fehler, den Erwachsene, die es absolut ehrlich meinen, die den Kindern nichts anderes als helfen wollen, immer wieder machen, weil sie es nicht besser wissen.

Vom Inhalt bin ich immer noch befangen, aber doch nicht mehr so, daß mir nicht ein paar stilistische Kleinigkeiten aufgefallen wären, die Du natürlich nicht übernehmen mußt. ;)
(Mit irgendwas muß ich ja die neuerliche Kritik rechtfertigen… :lol: )

»„Wie geht es dir?“, fragte ich Hanna und legte meinen Arm auf die Schulter des schweigsamen Mädchens. „Danke gut!“, war ihre Antwort.«
– „Danke gut!“ besser in eine neue Zeile

»Sie schob ihr langes, schwarzes Haar hinter ihr linkes Ohr und deutete darauf.«
– zweimal „ihr“

»„Sehen Sie? Das hat mein Papa gemacht.“«
– würde eventuell „Sehen Sie?“ wegnehmen und es beim knappen „Das hat mein Papa gemacht“ belassen, da sie ja ohnehin darauf deutet

»ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen!«
– meinst du hier wirklich ein Rufzeichen?

»in all den Farben, die ein kräftiger Schlag nur hinterlassen konnte.«
– evtl. „die nur ein kräftiger Schlag“?

»Ich liebte meinen Beruf und tu es noch, aber heute unter völlig anderen Gesichtspunkten. Meine Blauäugigkeit, meine rosarote Brille habe ich an jenem Morgen verloren.«
– dreimal „meine(n)“
– statt „tu es noch“ würd ich vielleicht „so ist es noch“ schreiben
– Im zweiten Satz würde ich irgendwo ein „aber“ oder ein „doch“ einfügen, z.B. nach „Morgen“

»Hanna stand vor mir, in ihren Augen funkelten die Tränen, funkelte Zorn über das, was passiert war, lag Verständnislosigkeit, schrie es um Hilfe.
– für mein Gefühl verschwindet das Schreien um Hilfe ein bisschen hinter dem Zorn und der Verständnislosigkeit, ich würde einen eigenen Satz draus machen, etwa so: „Ich sah, wie ihre Augen um Hilfe schrien.“

»fragte ich, obwohl ich die Antwort schon wusste.«
– „wusste“? Vielleicht besser „ahnte“ oder „obwohl ich mir die Antwort schon denken konnte“?

»Kurz drückte ich sie noch an mich, spürte, wie auch mir Tränen in die Augen stiegen, die ich mit meiner angezüchteten Vernunft gerade noch unterdrücken konnte, …«
– drückte/(unter)drücken

»Karin war die jenige«
– diejenige (zusammen)

»Wahrscheinlich schon alleine deswegen, weil sie wusste, dass ich es wusste. Ich konnte einen Teil der Last mit ihr tragen. Aber diese Last wurde zusehends zur Belastung. Sollte ich handeln? Wie sollte ich handeln? Sollte ich auch schweigen? Sollte ich tatsächlich auf die Bitte des Mädchens Rücksicht nehmen? Wie konnte ich ihr damit eine Hilfe sein? Gleichzeitig wusste ich, dass ich ihr schon längst eine Hilfe war. Und ich wusste auch,«
– viermal „wusste“

»Unser Schularzt war im Haus ......«
– nur drei Punkte … ;)

»Schulärztliche Kontrolle, blaue Flecken an Rücken, Oberarmen und Oberschenkel,«
– würde „Oberschenkeln“ schreiben, oder zum Beispiel „am linken Oberschenkel“


Alles Liebe,
Susi :)

 

Liebe Susi!

Vielen Dank, dass du dich noch einmal genauer mit der Geschcihte auseinandergesetzt hast. Du hast ganz berechtigte Fehler, bzw. Schwächen aufgezeigt, alle Achtung. Ich werd mich morgen,... ähm heute, ... ähm heute Morgen noch einmal damit befassen. Oder vielleicht doch im neuen Jahr?
Dickes Bussi für deine Mühe!

Alles Liebe
Barbara

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Barbara,

sorry, aber mir gefällt deine wahre Geschichte nicht. Ich geh mal davon aus, dass wir hier über Literatur reden, nicht über die Wirklichkeit. Und dann denke ich, du warst wahrscheinlich emotional zu nah dran an deinem Thema. Ich nehm nur mal den Anfang:

„Wie geht es dir?“, fragte ich Hanna und legte meinen Arm auf die Schulter des schweigsamen Mädchens. „Danke gut!“, war ihre Antwort. Augenblicke des Zögerns vergingen, dann sagte sie: „Naja, nicht so gut.“

Es gibt so viele Arten, einen Dialog doppeldeutig und tief zu machen, aber "Wie geht es dir? Danke gut" ist zu nah am Alltagsgeschwätz - oder hast du das heute noch nicht gehört? Dialogsprache muss man lernen wie eine Fremdsprache.

Dann das schweigsame Mädchen: Dazu fällt mir nur die gebetsmühlenartige Antwort ein: Show, don't tell. Nicht behaupten, dass sie schweigsam ist, sondern sie so handeln (also schweigen) lassen. Sonst wird der Leser misstrauisch.

Augenblicke des Zögerns vergingen: Das haben Augenblicke so an sich, dass sie vergehen. "Sie zögerte, dann sagte sie..." wär etwas besser. Aber ich glaube, was hier gerade abläuft, sollte man anders beschreiben. Die Gefühle des Mädchens bringst du vielleicht besser zum Ausdruck, wenn du schreibst, was sie mit ihren Augen tut - die sollten übrigens nicht rehbraun sein. Ich nehme an, das Mädchen weicht dem Blick aus, senkt sie, sie sucht den Boden ab, sie schaut der Ich-Erzählerin auf den Bauch oder so. Wenn du Gefühle bei den Lesern wecken willst, dann musst du die Gefühle der Protagonisten zeigen.

Naja, sei mir nicht bös.

Grüße,
dein Stefan aka leixoletti

 

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