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Und jetzt ist es zu spät

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02.02.2021
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Und jetzt ist es zu spät

„Bei dir bin ich zuhause“ möchte ich sagen. „Bei Dir bin ich zuhause, hier ist es gut.“ Ich möchte ihn an mich drücken. An seinem gut gebügelten Hemdkragen möchte meine Nase gern wohnen, sich festsaugen an dem weichen, tiefen Geruch der Haut unter dem glatten Stoff. Meine Ohren möchten seine Stimme gern hören wie sie leise "Heeee" flüstert. Ein beruhigendes, warmes Wort in das ich mich hineinkuschle. Diese Stimme, die noch schöner summt wenn man ganz nah ist und das Ohr an seine Brust legt. So nah, dass man sehen könnte, dass der schwarze Kragen ein ganz klein wenig ausgewaschen ist, aber natürlich schließt man in so einem Moment die Augen.

Ich reiße mich los aus den Gedanken, der Erinnerung, schüttele den Kopf, versuche wieder anzukommen im jetzt.

Diese Erinnerung ist wie eine Scherbe, ein tief sitzender Dorn. Auch wenn man versucht sie zu vergessen, sie vielleicht oft kaum spürt. Plötzlich sticht sie wieder, genau dann wenn man kaum mehr damit rechnet. Und dann ist alles wieder da.

Viele Jahre habe ich dafür gekämpft, dass trotzdem alles seine Ordnung behält. Zwanzig Jahre. Mehr als mein halbes Leben. Die Haltung bewahrt. Versucht, erhobenen Hauptes durchs Leben zu kommen.

Hast Du ihn gefunden, diesen besonderen Menschen? Und ist nun jeder Morgen rosa-rot und das Leben wallt unverschämt üppig um Euch?

Ich ertrage Dich nicht. Hör auf das hier zu lesen. Du wirst es nicht verstehen. Wirst Deinen Kopf mit den warm leuchtenden Wangen schütteln und sagen „Hach ist das tragisch, die zwei! Ach je! Naja, ich mache Schatzi dann mal Pfannkuchen zum Frühstück.“

Ich kann Dich nicht leiden, Du Glückseliger! Geh bitte einfach picknicken und Urlaub planen. Ich kann nichts bekommen von Deinem Glück, so will ich auch mein Unglück nicht mit Dir teilen. Denn das allein ist mir geblieben.

Oder bist Du noch ein junger Träumer? Ein Schmetterling? Ein Glühwürmchen? Dann liebe ich Dich, weißt Du? Ich sehe Dich, und in Dir träume ich ein wenig mit. Mit Dir will ich teilen. Nur bitte, wenn Du das liest, und wenn Du mit mir fühlst, dann tu es nicht mit Hingabe. Es ist eine Warnung. Nimm sie ernst, und werde dann zu einem von denen, die ich nicht ertrage. Das ist der Sinn.

Am Meer
Vor zwanzig Jahren, war ich ein Schmetterling, ein Träumer. Da saß ich, etwas nervös, aber zuversichtlich auf dem Deck einer Fähre. Neugierig, jung, faltenfrei, das Abitur beinahe, aber noch nicht ganz in der Tasche. Mit großen Träumen und guten Chancen einen Teil davon auch zu verwirklichen. Vom Deck der Fähre schaute ich hinunter in das grünliche Wasser der Nordsee, das in der Ferne faszinierenderweise tief-blau strahlte. Und ich wusste, dass ich dieses Meer liebe, dass ich hier hin gehöre.

Ich war auf dem Weg zu einem Sommerjob. Etwas für die Zeit „dazwischen“. Nach der Schule, aber vor dem Studium. Vor den großen Entscheidungen, die ich einfach noch nicht treffen wollte. Ein salzig-sonniges Glücksgefühl im Bauch. Und natürlich war ich auf der Suche nach der großen Liebe. Ich wusste nur nicht, dass es nicht reicht sie zu finden.

Heute

Heute, mit Ende Dreißig, sitze ich allein, nur mit meinem großen, alten Hund, in einem viel zu großen, leeren Haus. Ich habe eine interessante Arbeit. Mein kleiner Sohn ist für ein paar Tage bei Oma und Opa. Ich muss viel arbeiten, aber das gefällt mir, so bin ich beschäftigt. Zwar bin ich getrennt von seinem Papa, aber in aller Freundschaft und so entspannt wie es nur sehr disziplinierte und organisierte Menschen schaffen.

Ich habe dafür gesorgt, dass meine Hosen locker sitzen (das ist unter Kontrolle), was bedeutet, dass ich, trotz eines wunderbar bestückten Weinkellers (auch unter Kontrolle, wunderbar, man weiß ja nie ob mal Besuch kommt), doch wieder nüchtern ins Bett gehen werde. Wegen der Kalorien, und überhaupt. Ich hab das im Griff. Ich habe alles im Griff.

Alles ist alles wunderbar geordnet, aufgeräumt, organisiert.

Es macht alles keinen Sinn.

Mit 19

„Bei dir bin ich zuhause“ denkt mein junges ich. „Bei Dir bin ich zuhause, hier ist es gut.“ Meine Arme drücken ihn an mich. An dem gut gebügelten Hemdkragen prüft meine Nase, ob sie hier gern wohnen möchte. Es gefällt ihr. Es duftet nach Zukunft und neuem Zuhause.

Ich sauge mich fest an dem weichen, tiefen Geruch dieser Haut. Meine Ohren hören diese vertraute, tiefe, warme Stimme ganz nah. Sie summt noch schöner an diesem Platz. Wenn sie leise "Heee" brummt. Ich bin ihm so nah, dass ich sehen könnte, dass der schwarze Kragen ganz leicht ausgewaschen ist. Aber ich sehe nichts, denn die Nacht ist dunkel. Und ich schließe meine Augen.

Ich bin neunzehn. Mein erster Sommer weg von zuhause, mein Sommer auf der Insel, geht gerade zuende. Herbstwind bewegt die Blätter der Bäume des Wäldchens. Und jetzt küsst er mich endlich. Küsse ich ihn. Im Dunkeln, in einem Wäldchen küssen wir uns. Das Pflaster ist feucht und glänzt im Mondschein, es ist kalt, der Wind kommt vermutlich aus dem Osten. Er hält mich fester. Ich lasse mich halten. In diesem Moment ist alles richtig. "Augenblick verweile, denn du bist so schön" denke ich.

Beide sind wir vielleicht ein wenig überrascht, dass wir tatsächlich hier sind. Das dieser Moment wirklich passiert.

Vor Monaten haben wir uns das erste Mal gesehen. Hier auf der Insel im Sommer.

Meine neuen, meine ersten Kollegen haben mich mitgenommen. Wir kommen in diesen Raum, ich sehe ihn.

Für mich ist Liebe auf den ersten Blick. So überwältigend und groß das Gefühl, dass ich mich erschrecke. Es ist ein Gefühl, dass nicht in erster Linie schön ist. Es ist wild, überwältigend. Wie eine Lawine fällt es über mich, schleudert mich hin und her, ich verliere die Orientierung.

Die Menschen, mit denen ich hier bin, verstehen zum Glück nicht was gerade passiert. Aber sie verstehen, was ich brauche. Ich werde auf einen Stuhl geschoben, mit Getränken versorgt und habe einen Moment mich zu fangen während sie die wichtigsten Neuigkeiten austauschen.

Groß, mit dunklen Augen und braunen Locken und warmem Lachen beherrscht er den Raum. Er ist einige Jahre älter als ich. Und wir sind in einem Alter, in dem das noch wichtig ist. Mit einem breiten Grinsen kommt er vorbei und begrüßt uns. Man kennt sich wohl. Steht er ein klein wenig zu lang bei mir?

Seine Nähe irritiert mich. Die Stimme verwirrt mich. Es ist ein Gefühl, irgendwo zwischen Panik und Freude, Aufregung, Entzücken. Ich verstehe es nicht. Es ist zu viel. Ich flüchte.

Draußen, an der Luft kann ich mich langsam wieder selbst spüren. Atmen. Langsam nehme ich mein Fahrrad und mache mich auf den Heimweg.

So fing es an.

Den ganzen Sommer über nutze ich jede mehr oder weniger glaubhafte Ausrede um ihn aus sicherer Entfernung zu sehen. Ich musste auf der Hut sein. Nur ein wenig zu nah, und ich kann nicht mehr denken. Ein wenig zu nah, und ich verliere jede Kontrolle, laufe davon obwohl ich so gern bleiben will.

Doch heute Abend ist alles anders. Heute ist er bei mir, und er hält mich sanft fest. Wir haben uns angesehen, getanzt. Sein Knie an meinem. Jetzt sind wir allein.

Endlich dürfen meine Hände wissen, wie sich diese Stelle hinten am Nacken anfühlt. Diese Stelle, an der die Haut etwas dunkler aussieht, kurz bevor das Haar beginnt. Endlich fließen meine Finger durch diese dunklen Locken. Er hält mich fester. Ich rieche, fühle, spüre ihn. So nah. So unvernünftig und gedankenlos. Wild, hoffnungsvoll und sinnlich.

Wenn ich heute daran denke, dann ist es, als wäre es gestern gewesen.

In diesem Moment sah ich schon unsere Zukunft vor mir.

Doch dann, ein Anruf, ein kleiner Notfall. Wir waren bald nicht mehr allein. Im Morgengrauen ging jeder seiner Wege. Ich werde da sein sagte er. Und halte den Moment fest, es war etwas besonderes. Und ich ging, und er ging, und der Moment kam nicht zurück.

Er interessiert sich nicht für mich, dachte ich. Es war für ihn nur eine Spielerei dachte ich. Kopf hoch, es wird sich schon noch jemand finden.

Tapfer schaffe ich es bis um die nächste Hausecke. Dann werden die Knie weich. Irgendwie schaffe ich es, mich zu drehen, taumle mit dem Rücken gegen die Wand. Langsam fließe ich an der Wand herunter, die Brust, aus der man gerade das Herz gerissen hat wölbt sich in einem stummen Schrei vor, dann kommen die Tränen. Sehr viele davon.

Wenn ich heute daran denke, dann atme ich tief, schließe die Augen, schüttle den Kopf. Möchte vielleicht weinen oder schreien oder ihn anrufen, aber das geht nicht.

Ende 30

Vor ein paar Monaten noch war ich vernünftig verheiratet. Gut, ja, wir verstanden uns nicht mehr so gut. Wir verstanden uns gar nicht mehr, OK. Aber alles war gut organisiert, und wir kamen schon klar. Kein Grund die Nerven zu verlieren, Romantik wird überbewertet. Wir haben einen wundervollen kleinen Jungen, zwei gute Jobs, ein solides Netz aus Unterstützern. Den Hund.

Romantik hatte mir kein Glück gebracht, also habe ich es anders versucht.

Das hier war wenigstens solide.

Bin ich zynisch, frustriert? Wahrscheinlich schon. Es ist ja wie's ist.

Aber heute, heute fahre ich ein Wochenende mit meinen liebsten Freundinnen in die Sonne. Ich will shoppen, Blubberbrause trinken. Ich will das Meer sehen und eine leicht rote Nasespitze haben von der Sonne, so wie früher. Hallo liebes Wochenende, hier komm ich! Und ich sag es gleich, ich habe keine Toleranz für Abweichungen vom Plan.

Ich sitze auf der Fähre. Während der Wind meine Haare zerzaust mische ich eine Weinschorle aus dem teuersten, verfügbaren Kiosk-Fusel (der trotz des frechen Preises noch grauenhaft ist) und Mineralwasser im Pappbecher. Ich bin höchst zufrieden. Und fest entschlossen zufrieden zu sein egal was kommt.

Am Anleger die gleiche Euphorie wie immer. Auch bei all den Mitreisenden, die man nie kennenlernt aber deren Energie doch mitreißend ist. Taschen werden geschultert, Rucksäcke fliegen haarscharf an fremden Nasen vorbei. Was anderswo Streit brächte wird hier ignoriert. Alle wollen nichts als eine gute Zeit. Keiner will das hier kaputt machen. Die Tür öffnet sich und mit all den anderen stampfe ich zielstrebig von Bord.

Ich gehe zu Fuß zum Hotel, das habe ich damals so gemacht, bei meiner ersten Reise, so habe ich es immer gemacht, und so mache ich es heute. Bei jeder Bank stoppe ich und genieße ein Schlückchen Schorle, das ist neu. Nach einer Laufzeit von zwanzig Minuten netto, zwei Stunden brutto, erreiche ich den Ort. Auch wenn ich gerade so unreflektiert bin wie selten, es ist offensichtlich: wenn ich so weitermache wie in den letzten zwei Stunden erlebe ich den Abend nicht. Das wäre fatal.

Ich ziehe die Reißleine und gönne ich mir in einem Bistro ein Luxus-Krabbenbrot mit Spiegelei. Sicherheitshalber, und weil es heute einfach mein Tag sein soll, noch ein Schörlchen dazu. Heute will keiner den Tisch mit mir teilen, niemand Fremdes bei mir sitzen. Ich hasse ja allein schon die Frage: „Is der Platz noch frei?“ Innerlich werd ich schon garstig wenn ich nur daran denke.

Heute fragt keiner. Denn, ich sags wie’s ist, ich stinke. Is mir egal. Alles egal. Es schmeckt fantastisch, und, naja, ich riech nix. Und hab meine Ruhe. Ein Hoch auf Sommer, Sonne, Wochenende!

Von hier aus sind es jetzt nur noch wenige Meter bis zum Hotel. Der pikierte Blick des freundlichen Rezeptionisten bringt mich nun doch zum nachdenken.

Bevor die anderen Damen ankommen entscheide ich zu duschen und die getragenen Klamotten in einer Plastiktüte luftdicht zu verknoten. Den Rest der Wartezeit nutze ich für Einkäufe. Obst und Wasser erstmal, weil das vernünftig und erwachsen wirkt. Außerdem Prosecco und Kekse. Weil wir das wirklich brauchen werden.

Wieder duftend, aber bedenklicher Weise fast nüchtern öffne ich schnell eine Flasche (sagen wir um die Qualität zu testen) als zwei heiß geliebte Gesichter in der Tür auftauchen um sich im nächsten Moment kreischend und quietschend auf mich, die Kekse und den Prosecco zu stürzen.

Wir lachen, sind albern und glücklich wie damals mit neunzehn, es ist wunderbar. Ich könnte platzen vor Glück, und die zynische Tante löst sich in Luft auf.

Um nicht wegen Ruhestörung aus dem Hotel geworfen zu werden verlagern wir die Party an den Strand direkt vor dem Hotel. Alte Geschichten, neue Geschichten. Beobachten Möwen, die mehr oder weniger erfolgreich Tagesgästen Eiswaffeln und Fischbrötchen aus der Hand rauben. Erledigen nebenbei Prosecco und Kekse. Wir sind ein alberner, kichernder Haufen älter gewordener Mädchen von der Sorte, die man nur erträgt wenn man selbst ein Teil des Haufens ist.

Irgendwann wird es kühl. Es wird Zeit den Ort zu wechseln.

Nostalgisch wie wir sind gibt eigentlich nur ein Ziel, das jetzt in Frage kommt. Heimlich habe ich darauf gehofft. Mich auch davor gefürchtet. Nun ist es soweit. Ob er wohl da sein wird?

„Na komm, das ist alles so lange her, es wäre doch einfach schön sich mal wieder zu sehen.“ denke ich. „Es wäre doch wunderbar zu hören, wie es ihm so ergangen ist.“ Ich werfe mein Herz voran und springe hinterher. Es geht los.

Es ist nicht weit, schon sind wir da und schieben wir die schwere Tür auf.

"Dich sah ich, und die milde Freude / Floss von dem süßen Blick auf mich" zitiert mein Herz Goethe "Ganz war mein Herz an deiner Seite / und jeder Atemzug für Dich"

Wie ich mich freue dieses Gesicht zu sehen. So sehr habe ich ihn vermisst. Wie sehr, das merke ich jetzt erst. Es ist alles wieder da: die leichte Panik, die Aufregung, die Freude, die sich warm ausbreitet von der Brust aus in den ganzen Körper. Ich halte mich an einem Tisch fest weil sich alles etwas dreht, schiebe es auf den Prosecco. Ich bin glücklich. Was die Mädels gerade machen oder reden? Ich kann mich nicht erinnern. Meine Welt ist sehr klein geworden. Und sie leuchtet.

Wenn ich jetzt daran denke frage ich mich, was passiert wäre wenn ich ihn einfach festgehalten hätte bei der kurzen Umarmung zur Begrüßung? Wenn ich mutig oder wild gewesen wäre. Eine Ausflucht erfunden und ihn allein in einen Nebenraum gezerrt hätte? Ich werde es nicht erfahren.

„Ich bin ja da“, das hat er damals versprochen, vor zwanzig Jahren. Und das war er. Aber ich konnte nicht bleiben. Ich war zu jung, und als ich älter war, da wusste ich nicht, dass er gewartet hat. Und jetzt bin ich zwar da, aber nur kurz. Und zwischendurch ist das Leben einfach so passiert.

Das Problem ist Folgendes:

Wenn eine große Liebe kaputt geht, dann geht sie nicht weg. Sie bleibt.

Das ist so wie mit Glasscherben am Strand. Sie fallen in den Sand, sie versinken. Nach einiger Zeit kannst Du sie nicht mehr sehen, aber sie sind da. Zuerst bist du noch vorsichtig. Du passt auf, meidest die Stelle, oder eben die Person. Du willst dich nicht verletzen. Passt auf dich auf so gut es geht.

Aber irgendwann wirst du übermütig und denkst: Das ist lange her. Das ist OK jetzt, alles im Griff. Es ist vorbei. Und die Stelle war doch so schön.

Dann kommst Du wieder hier her, weil der Strand so schön war, weil du ihn vermisst. Und du tanzt über den warmen Sand, genießt seine Wärme, das Weiche, Rauhe. Und dann bohrt sich die Scherbe tief in deinen Fuß. Der Schmerz fährt durch den ganzen Körper, und du erinnerst Dich. Du weißt, dass es dein eigener Fehler war. Du wusstest, dass es weh tun würde. Du weinst, weil es so weh tut, und weil du weißt, dass du selbst schuld bist daran.

Also lass das nicht zu, hörst du? Sei mutig, mach dich lächerlich, ändere Pläne, frag nach auch wenn es weh tut. Aber lass es nicht einfach liegen.

Es ist alles wieder da

Jetzt ist mir also schwindlig, die Welt ist klein geworden und leuchtet, ich zitiere in Gedanken Goethe. Ich stehe nach zwanzig Jahren wieder vor ihm und bin kein bisschen souveräner als mit neunzehn.

Um etwas Halt zu haben halte ich mich am Tisch fest und sage das interessanteste, das mir einfällt. Es ist „Hallo“. Erkundige mich nach der Familie, den Kindern. Es ist alles gut, natürlich. Job gut, Wetter gut, Nachbarn wunderbar. Natürlich.

Das meiste ist gelogen, das Wetter tatsächlich gut. Die Jahre, Sorgen, Arbeit, ich kann es sehen. Es berührt mich. Seine Nähe berührt mich tief. Er geht an meiner distanziert-zynischen Hülle einfach vorbei, ich weiß, dass er mich wirklich sieht. Das war immer so, er ist mir sofort nah. Tapfer, aber gezeichnet ist er heute. Der Wunsch mein Herz zu öffnen ist überwältigend. Ich kenne das nicht, es ist so lang her. Aber ich weiß ich will seine Hand nehmen. Ihn in den Arm nehmen und den Schmerz aus den Linien im Gesicht streichen. Ihm alles erzählen was mich bewegt.

Aber das darf ich nicht. Es geht nicht. Und so halte ich den Tisch mit beiden Händen, um die Hände beschäftigt zu halten und nicht das Gleichgewicht zu verlieren und bewahre irgendwie Haltung.

Bei mir auch alles gut sage ich. Familie, Kind, alles gut, natürlich. Job gut, Nachbarn wunderbar. Natürlich. Auch gelogen. Fast alles gelogen. Mein Kind und meine Nachbarn sind toll. Der Rest, naja. Von meinem Mann will ich nicht sprechen. Aber er sieht mir ins Herz, das weiß ich. Die Frage ist zu viel. „Lass mal. Kein gutes Thema.“ sage ich.

Trotz aller Selbstbeherrschung, ich muss kurz wegsehen. Zu viele Gedanken gleichzeitig. Doch trotz Prosecco und all der Gefühle gerade, die Selbstkontrolle ist schnell wieder da. Und sp schaffe ich es, sehr schnell wieder in seine Augen zu sehen. Zu schnell für ihn.

Und so sehe ich es jetzt. Nach zwanzig Jahren sehe ich es endlich. Zum ersten Mal sehe ich, wie er mich ansieht, wenn ich es nicht bemerken würde. Und wir sehen uns in die Augen. Ganz kurz nur ohne Filter. Eine Sekunde.

Sofort dreht er sich weg, schaue ich weg. Geht er weg, sehe ich ihm nach. Es ist zu spät.

Das hier, das zieht mir die Schuhe aus. Es drückt meine Füße tief in den Sand in die Scherben. Der Schmerz nimmt mir die Luft. Ein Stich in die Brust. Vom Herz aus in den ganzen Körper. Vielleicht fühlt es sich ähnlich an vor einen Bus zu laufen? In meinem Kopf wird es ganz still, läuft jetzt alles in Zeitlupe.

Ich starre ihm nach und sehe, wie er sich abwendet und geht. Ich sehe, wie er sich im Gehen auf den Schenkel schlägt, wie er sich schüttelt als wäre ein Eimer Wasser über ihn gekippt worden. Verwundert, hypnotisiert starre ich noch als er den Raum schon verlassen hat.

Ich habe seine Augen gesehen. Warme, liebevolle Augen. Ein Blick, der Unverständnis hatte, und Wut vielleicht. Ein Blick, der mich beschützen möchte aber nicht kann.

Und langsam, während ich ihm nachstarre, ganz langsam verstehe ich es jetzt.

Er liebt mich.

So wie ich ihn. Von ganzem Herzen und von ganzer Seele.

Seit zwanzig Jahren und für den Rest meines Lebens.

Warum hat es nie geklappt hat mit uns beiden? Was immer es war, zu wenig Gefühl war es sicher nicht. Das weiß ich jetzt.

Als er schließlich zurückkehrt hat er Schnaps dabei, in stillem Einvernehmen meiden wir direkte Blicke und scherzen mit den anderen.

Aber jetzt weiß ich es, und das ändert alles.

„Bei dir bin ich zuhause“ hätte ich sagen sollen. „Bei Dir bin ich zuhause, hier ist es gut.“ Denn das ist wahr. Meine Arme möchten ihn noch immer an mich drücken. An dem gut gebügelten Hemdkragen möchte meine Nase noch immer gern wohnen. Sich festsaugen an dem weichen, tiefen Geruch dieser Haut den ich nie vergesse. Meine Ohren möchten diese Stimme gern von hieraus, seiner Schulter aus, hören. Weil sie noch schöner summt wenn man ganz nah ist. Weil sie noch so klingt wie früher, als alles hätte gut werden können mit etwas Mut. So nah möchte ich sein, dass man sehen kann, dass der schwarze Kragen ganz leicht ausgewaschen ist.

Und jetzt sitze ich hier, mit meinem Hund in dem viel zu großen Haus und frage mich was ich nun tun soll mit all dem Gefühl.

 

Hi @DerWirbelwind und willkommen im Forum! :)

Zunächst muss ich sagen: Einen interessanten Text hast du da.
Aber an einigen Stellen bin ich gestolpert.

aber noch mehr, wenn man
An manchen Stellen fehlt ein Komma.
Haltung bewahrt, denk Kopf hoch erhoben
Zudem gibt es einige Rechtschreibfehler. Lies den Text vor dem Veröffentlichen genau durch.

Bevor es losgeht, noch kurz zu Dir, lieber Leser:
Ich finde es sehr gut, dass du den Leser einbeziehst. Ich hätte es aber nicht angekündigt, sondern den Leser zusammen mit der ersten Frage angesprochen.

or zwanzig Jahren, da war meine Nase noch einfach Teil meines Gesichts
Du beziehst dich öfter auf den Geruch - deshalb schreibst du hier anscheinend Nase. Aber es klingt trotzdem komisch. Vielleicht weglassen.

Es ist alles wunderbar geordnet und aufgeräumt. Es macht alles keinen Sinn.
Das finde ich sehr gut!

Endlich fühlen meine Hände sein Haar
Nimm doch lieber einen anderen Körperteil. Außer deine Prota steht total auf Haare.

Ich rieche, fühle, spüre ihn. So nah.

Ist es überhaupt wirklich passiert?

Du willst sagen, dass es für deine Prota unwirklich erschien. Ich war aber wirklich nach dem Satz verwirrt, ob es alles gar nicht passiert ist.

Pflichtbewusst kaufe ich für alle Obst und Wasser, mit freudig, und weil
Der Satz macht keinen Sinn.

Ob er wohl?
Ob er wohl ...?

Gerade wenn man sie gerade neu kennenlernt, dieser Zauber, der ist was wunderbar.
Was Wunderbares?

Von meinem Mann will ich nicht sprechen, kein gutes Thema.

„Lass mal, kein gutes Thema“ sage ich.

Von meinem Mann will ich nicht sprechen. „Lass mal, kein gutes Thema“ sage ich.

Und nach 20 Jahren sehe ich es. Zum ersten Mal sehe ich, wie er mich ansieht, wenn ich es nicht bemerken würde. Und wir sehen uns in die Augen. Ganz kurz nur, ohne Filter. Eine Sekunde.
Finde ich super!

Weil es wohl nur alle zwanzig Jahre eine Sekunde zu geben scheint, in nicht zwei Rollen voreinander stehen, sondern zwei Herzen.
Komisch formuliert.

„Bei dir bin ich zuhause“ hätte ich sagen sollen. „Bei Dir bin ich zuhause, hier ist es gut.“ Denn das ist wahr. Meine Arme möchten ihn noch immer an mich drücken. An dem gut gebügelten Hemdkragen möchte meine Nase noch immer gern wohnen. Sich festsaugen an dem weichen, tiefen Geruch dieser Haut den ich nie vergesse. Meine Ohren möchten diese Stimme gern hören wenn mein Ohr auf seiner Brust liegt. Weil sie noch schöner summt wenn man ganz nah ist. Weil sie noch so klingt wie früher, als alles hätte gut werden können. So nah möchte ich sein, dass man sehen kann, dass der schwarze Kragen ganz leicht ausgewaschen ist.
Dass sich diese Sätze an mehreren Stellen wiederfinden, ist gut gemacht.

Also insgesamt finde ich, dass du noch mehr schreiben könntest. Die Emotionen würden dann besser rüberkommen. Es gibt einige Zeichen- und Rechtschreibfehler und ein paar Stellen sind ungelenk formuliert.
Arbeite doch noch ein bisschen daran - die Idee ist gut. :)

Liebe Grüße,
Waldläufer

 
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Hey Waldläufer, vielen Dank, das ist sehr hilfreiches Feedback! Danke! Werde ich mich heute Abend mal dransetzen!

@Waldläufer , hoffe ich habe das richtig gemacht mit dem Bearbeiten. Hattest wirklich komplett recht, einiges habe ich mir beim gegenlesen zurechtgedreht. Viel besser jetzt. Denke ich. DANKE :-)

 

Hallo DerWirbelwind,

interessante Optik auf das beschauliche Leben; nachvollziehbare Gefühle, die tief unter der Oberfläche wie ein Pendel durch die Erinnerungen geistern. Deine Art, sich auszudrücken ist anders und doch leicht verständlich, wenn auch mir an einigen Stellen der rote Faden schlurt. Ihr geht an den Strand und nachdem es regnet mit dem Fahrrad ... naja, gut, okay ... Nebensächlichkeiten, aber ich hätte sie nicht erwähnt, wäre ich nicht gestolpert. Noch ein paar kleine Fehlerlein, aber das gibt sich mit ein bisschen mehr Disziplin. Lass nicht locker, das erste Hufeisen ist geworfen. Grüße - Detlev

 

@Detlev guter Punkt mit dem Fahrrad, das muss ich etwas besser erklären. Danke Dir! In meinem Kopf ist das alles logisch, das ist es tatsächlich, aber ich verstehe warum Du gestolpert bist. DANKE :-)

 

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