Was ist neu

Und golden glänzen die Gitterstäbe

Seniors
Beitritt
31.07.2001
Beiträge
1.064
Zuletzt bearbeitet:

Und golden glänzen die Gitterstäbe

Wieso liege ich manchmal hier, höre dich gleichmäßig und ruhig atmen, während draußen der Wind den großen Ahornbaum in sanften Tönen zum Klingen bringt und denke, dass ich nicht all das habe, was ich mir wünsche?
Wieso schweifen meine Gedanken ab, sehen Orte, an denen ich sein möchte, sehen Menschen, die ich um mich haben will? Weshalb führe ich Gespräche, die ich nur in diesen Gedanken führen kann?
Ich spüre, wie diese Fragen sich in meine Traumbilder schleichen und ihnen langsam die Basis nehmen wollen, mit einer Lanze, mit schlechtem Gewissen an diese Orte kommen und die mächtige Waffe diesen Menschen durch den Leib stoßen. Und schon werden die Bilder schwach, in Bruchteilen einer Sekunde, verschwimmen nicht langsam, sind einfach weg und ich spüre wieder die Dunkelheit einer normalen Nacht um mich.
Wenn ich die Augen aufschlage, zuerst nichts erkenne, dann die gewohnten Umrisse des Zimmers wahrnehme, haben diese Fragen meinen Kopf ausgefüllt.
Es ist natürlich Nonsens, erzählen sie mir, als antworteten sie sich selbst. Du hast dich einfach nur gehen lassen und ich bin dabei, ihnen zu glauben. Sei glücklich mit dem, was du hast, sagen sie und sie haben recht, diese Fragen. Lies ein Buch, schaue Dir einen Film an und wir werden dich nicht stören, denn das ist richtig und wichtig. Gehe auf in den Geschichten, die dir da erzählt werden und genieße diese Momente.
Das tue ich. Wirklich. So antworte ich ihnen.
Aber kann ich nicht weiterspinnen?
Kann ich?
Gerne, sagen sie. Aber hier - und sie halten ihre Lanzen vor sich, junge, stolze Recken einer großen Armee – hier ist der Preis, der dich dann nicht schlafen lassen wird. Da liegt sie neben dir, da liegt dein Leben um dich herum, erfüllt von den Menschen, die du haben kannst, darfst. Kannst du es ihnen verübeln, fragen sie, wenn sie sich vor den Kopf gestoßen fühlen? Und fragend sehen sie mich an.
Aber sie wissen es doch nicht! Ich beharre auf meinen Träumen, eher trotzig als bewusst, so, wie ein gerade gefangenes Tier in die Stäbe seines Käfigs beißt.
Du weißt, antworten sie, es reicht, dass du es weißt. Du musst dich an diese Stäbe gewöhnen, das ist ihre Antwort. Wir dachten, du hättest es längst getan. Zeit genug hattest du dafür. Du bekommst doch deine Träume zugesteckt. In passenden Rationen. Der Käfig ist golden.
Ja, sage ich, ich weiß. Da sind Hände um mich herum, die mir alles geben, was ich wohl brauche. Aber was ist mit dem, das ich mir wünsche?
Wünsche, wünsche, wiederholen sie meine Worte, beinahe genervt. Sind denn die Menschen um dich herum nicht genug? Ist das Leben, das du hast, nicht genug?
Ich liege da und weiß im ersten Moment nicht, was ich sagen soll. Die Äste des Ahorn werfen lange Schatten an die Gardine und ich betrachte sie eine Weile. Ich höre den Wind, das Ticken der Uhr und spüre die wohlige Wärme, die um mich herum ist. Spüre, dass ich mich rundum wohlfühlen kann. Sie haben schon recht, diese Fragen, die da mit ihrem quälenden schlechten Gewissen herkommen und mir sagen, dass ich undankbar bin, dass ich Menschen, Orte, dass ich mein Leben verletze, wenn ich nach dem lange, was außerhalb dieses Käfigs liegt.
Ich bin glücklich, dass ich diese Menschen kennen- und liebengelernt habe. Ich bin froh, dass ich an diesen Orten sein kann, an denen ich lebe. Das ich all das tun kann, was ich tue.
Aber bin ich so nicht nur eine perfekt funktionierende Maschine? Ein Baum, der wächst, aber keinen Schatten wirft? Denkt ihr nicht auch? frage ich sie.
Nein, sagen sie. Du bist das, was du sein sollst. Ein Mensch, der perfekt funktioniert. Das ist ein Unterschied.
Sie dreht sich im Schlaf um, murmelt etwas in mein Ohr, spürt vielleicht dieses Zwiegespräch. Ihr Atem streichelt sanft meine Haut und ihr Haar liegt wie zufällig zwischen meinen Händen, so, dass ich es durch meine Finger gleiten lassen kann, wie ich es gerne tue. Sie kuschelt sich an mich und ich merke, dass das genug ist.
Es ist genug, sage ich den Fragen.
Sie beruhigen sich und ich kann sie fast untereinander murmeln hören: Na also, er hat es begriffen. Leute, packt die Lanzen zur Seite, gehen wir schlafen.
Für den Käfig, füge ich hinzu und sie erstarren im Weggehen.
Was war das? fragen sie, ohne sich auch nur umzudrehen.
Es ist genug für den Käfig, sage ich. Die Menschen, mit denen ich zusammen bin. Ich liebe sie. Alle. Die Orte, an denen ich bin. Sie gefallen mir und ich fühle mich wohl. Das Leben das ich lebe. Es ist eines der besten. Im Käfig.
Ich schweige kurz, so tun es die Fragen. Sie wissen nicht, was sie noch fragen sollen. Beinahe sehe ich die Gitterstäbe golden aufblitzen, als ich fortfahre:
Aber so bin ich kein Mensch, nicht, wie ihr es sagt. Das, was mich zum Menschen macht, ist die Freiheit da draußen, ist der Drang, sie zu spüren, sie zu besuchen und zu leben. In meinen Träumen.
Ich sehe die Fragen durcheinander rennen, kaum, dass sie ihre Starre überwunden haben. Sehe sie zu ihren Lanzen greifen.
Legt sie zur Seite, sage ich und lache, denn ich sehe, wie die Waffen in ihren Händen schrumpfen, schmelzen und schließlich verschwinden.
Sie können mir nichts mehr anhaben.

Von den ganzen Fragen und Antworten habe ich Durst bekommen, greife neben das Bett, finde die Wasserflasche, die da steht, wo sie immer ist. Ich lösche meinen Durst und schließe wieder die Augen. Teste noch einmal, ob ich in dem Käfig leben kann, denn das Bett ist weich, das Essen ist gut und die Hände reichen mir mein Kurzweil durch die Gitterstäbe.
Ich kann.
Und dann sehe ich meinen Atem vor mir. Er entweicht in leisen Schüben in die Nacht hinaus, der Käfig kann ihn nicht halten. Und dann kommen die Bilder wieder. Von den Orten, an denen ich nie war, wohl nie sein werde und die Menschen, die ich so gerne um mich haben würde, sie winken mir zu. Ich muss lächeln und höre leise Gitarrenmusik, sanfte Töne, die in Dur und Moll in meinem Geist tanzen und beiden keine Wertung abzwingen, sondern Freude und Trauer zu einem wonnigen Gemisch aus lachender Wehmut vereinen.
Ich freue mich und drehe mich in unserem Bett auf die Seite, um sie mit meinen Armen zu umfassen. Hier fühle ich mich auch wohl.
Gleichzeitig eilen meine Gedanken, meine Gefühle auf diese Welten zu, lassen den Käfig hinter sich. Mag er noch so golden sein, es ist ein Käfig.
Und während sich alles nähert, weiß ich, dass ich jederzeit mit Freude auch hierher zurückkehren kann, wo ich all das habe, was ich in der wirklichen Welt brauche. Ich kann zurückkehren, denn ich weiß, dass, wenn ich sterbe, mein Atem das Letzte sein wird, was von mir bleibt.
Und für ihn sind die Gitterstäbe kein Hindernis.

ENDE

 

Hi Baddax!

Eine verdammt feine, nachdenkliche und nachdenklich machende Geschichte über die inneren Konflikte zwischen Vernunft und Wunsch-Traum, in der Du wieder Gefühle, Gedanken und Handlung perfekt wie ein Apotheker aufeinander abgestimmt hast und die Du in Deinem nun schon gewohnt perfekten Stil geschrieben hast, auf den ich mittlerweile schon so gut wie süchtig bin - weshalb Du auch nicht aufhören darfst mit dem Schreiben deiner Geschichten, denn die Folgen des Entzuges könntest Du sicher nicht verantworten... ;)

Alles liebe
Susi

Fast vergessen :lol: :
"in sanften Tönen zum Klingen bringt..."

"Lies ein Buch, sieh (dir) einen Film (an)..."

"Spüre, dass ich mich rundum wohlfühlen kann."

"Gemisch aus lachender Wehmut vereinen."

[ 19.07.2002, 00:43: Beitrag editiert von: Häferl ]

 

Hallo baddax!
So viele innere Kämpfe können das Leben schon schwer machen. Es schmeckt mir nicht, aber ich muß akzeptieren, daß das Leben für manche ein goldener Käfig ist. Wie verhält es sich denn mit "wärst du nicht reich, wär ich nicht arm"? Aber was von diesen ganzen Segnungen der Warenwelt durch die Gitterstäbe marschiert und was draußen bleibt, entscheiden wir zum Glück noch selbst.
Ich habe mich schon oft gefragt, warum es manchem Reichen unendlich schlecht und manchem Armen wiederum so offensichtlich gut gehen kann. Vielleicht hängt alles von frühen Erlebnissen ab oder von einer generellen Erwartungshaltung; es wird wohl auf den einzelnen Fall ankommen. Aber ich werde nicht schlau aus einer gewissen dekadenten Haltung, die alles Glück ohne Aufwand voraussetzt. Ich kann sehr schlecht mit so etwas umgehen. Es beschleicht mich ein Unbehagen bei dem Gedanken an Deinen Protagonisten.
Lieber baddax, geht es lediglich um Kurzweil? Für die meisten sieht die Realität doch ganz anders aus.

Dir ist hier ein verstörendes Psychogramm gelungen, das nicht nur gut geschrieben, sondern auch gut aufgebaut ist. Bitte wieder so was!

 

Hi Baddax,

zu später Stunde schon fast zu tiefsinnig. Aber zu gut geschrieben, um nicht auch zu später Stunde den Leser zu fesseln. Eine sehr gefühlvolle Laudatio auf die Aussage: Die Gedanken / Wünsche sind frei.

M.E. ist in den letzten Absätzen eine kleine Unstimmigkeit: Der Atem kann von den Gitterstäben nicht gehalten werden, dann, damit ist nicht der Atem gemeint: "Gleichzeitig eile ich auf diese Welten zu, lasse den Käfig hinter mir." Das heißt für mich, dass der Protagonist ebenso wenig an den Käfig gebunden ist, wie sein Atem. Hier einen Unterschied herauszuarbeiten, der nicht vorhanden ist, scheint unlogisch.
Doppelt unlogisch in diesem Zusammenhang die Aussage: "ich weiß, dass, wenn ich sterbe, mein Atem das letzte sein wird, was von mir bleibt." Etwas sträubt sich in mir, Atem als Metapher von Seele zu sehen. Nur dann erschiene es mir schlüssig. Würde mich interessieren, ob ich ich da was falsch gelesen habe.

Aber eigentlich sind das nur Kinkerlitzchen, die KG wirkt auch mit kleinen Unstimmigkeiten.
Imponierend Gelungen.

Gruß vom querkopp

P.S. um Susi zu zitieren: Fast vergessen :lol: :
Lies ein Buch, sehe einen Film (schau, sieh)
Wünsche, wünsche, wiederholen sie meine Worte (2x Wünsche)
mein Atem das letzte sein wird (Letzte)

 

Entspricht man den Normen, also bleibt man innerhalb des goldenen Käfigs, kann man mit höherer Gewißheit auf Anerkennung zählen. Was aber ist die Anerkennung der anderen gegen das eigene Glücksgefühl, die eigene Freiheit? Kann die Anerkennung, oder auch nur Akzeptanz der anderen jemals mehr wert sein, als die Freiheit?

[ 19.07.2002, 05:08: Beitrag editiert von: Häferl ]

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Leute,
vielen Dank für's Lesen und das Lob!
Habe nur mal eben schnell die Fehler berichtigt.
Zu den Motiven sage ich nachher mal was, weil ich jetzt erstmal weg muss... :D

@querkopp:
Das erste stimmt, da füge ich noch was bei. Zu Seele und Atem sage ich nachher noch was.
Ach ja, das "wünsche" soll das Verb sein (1. Person Singular...nägnäg ;) ), deswegen muss es klein sein.

Gruß, baddax

 
Zuletzt bearbeitet:

So, jetzt nochmal schnell was hierzu, bevor ich in knapp zehn Stunden im Flugzeug nach Bulgarien sitze (Hurra!!!):

@querkopp: Das eine hab ich geändert. Du hast recht, das "...eile ICH auf diese Welten zu..." klingt so, als wäre damit konkret die Person gemeint. Sollte es nicht, klang schwammig - jetzt was neues, bezieht sich jetzt auf Gedanken und Gefühle...
Das letzte mit dem "...wenn ich sterbe..." soll nicht unbedingt auf die Seele hindeuten, sondern einfach aussagen, dass man irgendwann eh dahin kommt, wo es einem am besten gefällt. Deswegen ist es kein Ding, sich auf die echte Welt einzulassen, sprich, in den Käfig zurückzukehren.
Keine Angst vor dem Real Life, keine Angst vor den eigenen Wünschen und Träumen.

@all:
Allgemein ist das nur eine Erlaubnis an den, der's braucht, sich mit gutem Gewissen Wunschträumen oder so hinzugeben. Dabei, Noam, geht es weniger um die Umstände des wirklichen Leben oder wer seinen Käfig wie betrachtet. Man muss sich in seinem echten Leben wohlfühlen, dann kann man auch ohne schlechtes Gewissen 'träumen' gehen.
Vielen Dank also nochmal für Euer Interesse!

Gruß, baddax (der bald doch noch mal Sonne in diesem Sommer erlebt...)

 

Hi Baddax
Ein wunderschönes, auch mich nachdenklich stimmendes Plädoyer für (gedankliche/innere) Freiheit aus Deiner Feder.
Die wenigen Fehler wurden vorher schon angesprochen.
Wenn ich Dich/Deine geschichte richtig verstanden habe besitzt der Käfig eine Dualität aus Körper und Gesellschaftlicher Norm, welcher sowohl von Atem, wie durch Träume und Glauben an sich selbst getragene Träume durchbrochen werden kann.Sehr gut in Szene gesetzt und unaufdringlich gekonnt beschrieben.
Deine Story lebt.
Meehr !!

Lord ;)

 

Hi Lord,
entschuldige die späte Antwort, bin aber gerade erst aus'm Urlaub zurück... :)
danke für's Lesen und Dein Lob.

Gesellschaftliche Norm ist so eine Sache. Wenn man die Fragen (sozusagen das schlechte Gewissen) mit denen der Protagonist hier kämpft so versteht, als dass sie entstehen, weil die Gesellschaft Regeln aufgestellt hat, die seinen Wunsch, seine Gedanken auf Reisen zu schicken aufhalten oder verwerflich erscheinen lassen, dann ist es wohl richtig, das so zu betrachten. Ausserdem ist ja fast jeder innerer Konflikt irgendwo auf die soziale Umgebung zurückzuführen, oder? Das war aber nicht der Gedanke, den ich hatte. Hauptsächlich ist es nur der einfache Konflikt, ob man mit sich im Reinen ist, wenn man 'träumt'. Die Frage, ob Normen da mit drinhängen, ist sicherlich enthalten, sprengt aber den Rahmen meiner Geschichte, glaube ich.
Der Körper hingegen, gerade weil er in dieser realen Welt lebt, ist eben ein Teil des Käfigs und man verlässt ihn, indem man seine Gedanken losschickt. Deswegen auch das Sinnbild mit dem Atem. Und wenn ich mich in meinem Körper (dem Käfig), in der echten Welt (dem Käfig) wohlfühle, dann kann ich ihn jederzeit mit gutem Gewissen verlassen und auch zurückkehren.
Ich bin mir sicher, Du hast die Story richtig verstanden. ;)

Gruß, baddax

 

Hi baddax,

das ist heute schon meine zweite Baddax-Geschichte. Wie Du siehst, suche ich mir gerade die kürzeren Deiner Geschichten aus.

Anders, als die meisten anderen Leser(innen), die immer wieder in ihren Antworten auf die Freiheit der Gedanken anspielten, habe ich Deinen goldenen Käfig als ein fertiges, festgefügtes, selbstgewähltes Leben interpretiert. Ein Leben, für das man sich freiwillig und gerne entschieden hat und das man möglicherweise nur noch verlassen kann, indem man anderen Menschen, die einem sehr nahe sind, Schmerzen zufügt. Ich mußte jedesmal, wenn du über die Frau, die neben dir liegt etwas schriebst (ihr Haar, ihren Atem), denken: Wie würde sie es aufnehmen, wenn er den Käfig verlassen würde?

Deshalb gefiel mir Dein Bild von dem Atem, der durch die Gitterstäbe hindurchgehen kann so gut. Ich mußte sofort denken: Der Atem kann auch wieder zurückkehren. Der Gefangene, also Du, kannst sozusagen kleine Stippvisiten in der anderen Welt (der Welt Deiner Träume) machen.

Ich habe die Geschichte sehr gerne gelesen.

Gruß, Barbara

 

hallo baddax.
hat mir prima gefallen, ist echt und von Herzen.
ich werte den Käfig in deiner Geschichte nicht als negativ, nicht als aufdoktroierte Normenkiste oder sowas, mehr als der tägliche Käfig in den wir uns aufgrund unserer Entscheidungen immer wieder freiwillig begeben.
das Spiel mit den Gedanken, dem ´was wäre wenn´ ist ein schönes, am schönsten ist es in der Vorstellung vom ´wo möchte ich gerne hin´ dort anzukommen wo man ist.
klingt wohl ein bißchen komisch, vielleicht bin ich völlig vorbeigeschreddert, liebe Grüße, alex.

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus baddax!

Was mich sehr aufwühlte beim Lesen dieser wunderschön erzählten Geschichte, ist, dass der Mensch innerhalb der Gitterstäbe eine Sehnsucht spürt die ungestillt ist. Vielleicht könnte dieses Fehlen außerhalb erfüllt sein. Aber da sind die Wächter mit den Lanzen die ihn zur scheinbaren Besinnung mahnen. Er betrachtet also fast ein wenig selbsttadelnd und reuig wieder das Innere des Käfigs und findet es ja auch wundervoll. Er sagt sich: es ist ohnehin alles gut, das was zu fehlen scheint, das träume ich mir in den Käfig herein. Damit verletze ich niemand und ich brauch kein Wagnis eingehen. Und es bleibt am Ende ja immer noch der letzte Atem der keine Mauern oder Gitter oder goldene Käfigstangen kennt - die letzte große Freiheit. Mich hat deine Geschichte sehr wehmütig gemacht, dennoch - ich habe sie wirklich gerne gelesen.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

Hi ihr,

ich bedanke mich für das Lesen der Geschichte. :)

Ich kann bei keiner Eurer Interpretationen etwas finden, dem ich nicht zustimmen könnte. Der Käfig ist selbstgewählt, er entsteht durch unsere eigenen Entscheidungen und es fehlt ihm das, was nur durch Träume hereingebracht werden kann.

Al-dente, Du bist auf einen interessanten Aspekt eingegangen - würde man den Käfig physisch verlassen, mag man sich vielleicht die Träume verwirklichen (die dann irgendwann wohl zu einem neuen Käfig würden), aber auch ich denke, man verletzt andere Leute, wenn man das täte - eben die Menschen, die unser Leben ausmachen und uns manchmal den Sinn geben, den wir sonst nicht immer finden können.

Lieben Gruß an Euch drei
baddax

 

gleichzeitig eilen meine Gedanken,... (letzter Absatz).
Nach dem "Beistrich" würde Häferl sagen, ...kommt ein Leeraum.

Hallo Baddax, ich habe wohl irgendwann beschlossen einige Autoren anzuklicken andere nicht. Weil die Auswahl gross ist. Du warst nicht dabei. Ein Fehler, aber ein ganz grosser. Was für "herrliche innere Kämpfe". Ich sehe es ähnlich wie Al-dente, wenn man mag kann man den Protagonisten so sehen, dass er sich irgendwann seinen "Raum" zurecht geschustert hat. Aber: Trotzdem darf man voller Missklänge und Ungleichgewichten sein.

Ein Schriftsteller namens Ernst Jünger meinte einmal in einer seiner Kurzgeschichten: Jeder lebt willkürlich, aber willkürlich leben kann keiner.

Klasse.

Liebe Grüsse Archetyp

 

Hi Archtyp,

danke für's Lesen, danke für Dein Lob. :)

Den Fehler sehe ich Dir nach, Du hast ja noch genug Zeit, ihn zu berichtigen... :D
Nee, freut mich, dass Dir die Geschichte gefallen hat.

Gruß, baddax


PS: Man darf Missklänge in sich tragen, sollte aber stets um die eigene Melodie kämpfen. *philosophier*

 

Na Baddax, da will ich aber noch einen drauf seztez.

Man muss Missklänge in sich tragen, sonst kann man sich nicht entwickeln, weil sonst ein Gleichgewicht entsteht, und keine Prozesse stattfinden "noch mehr philosophier":rolleyes:

stefan

 

Hi baddax,

ich habe mich mal eben auf kurzgeschichten.de eingeloggt, um Deine faszinierend tiefgängige Geschichte kommentieren zu können, bin also quasi ein „einmaliger Gast“ dieser Site (und muß anbei ja mal kurz anmerken, dass hier irgendwie ein Gastzugang fehlt für eben solche Leute, die nicht unbedingt selbst schreiben, sondern inspiriert sind von schönen Geschichten wie Deiner und einfach mal die Möglichkeit haben wollen, ein entsprechendes Lob loszuwerden...).

Deine Geschichte ist zauberhaft, wirklich ergreifend und offenbart vielleicht auch ein klitzekleines Fragment der Tiefen Deiner Seele, Deiner Gedanken- und Gefühlswelt, ...
Diese Geschichte hat ein wenig von der Erzählkunst der Tabaluga-Geschichten...
damals, als wir sie gemeinsam hörten, draußen strich der Wind durch jenen alten Baum, der direkt vor dem Zimmer stand, und ließ ihn ächzen und stöhnen –war es eine Birke??? Dunkelheit umgab uns, wie gebannt verfolgten wir Tabalugas Abenteuer, teilten seine Gefühle, waren traurig, wenn er Trauer verspürte (bes. beim Tode seines Vaters), summten zu fröhlichen Liedern, die seinen weiteren Lebensweg beschrieben........................lang, lang ist’s her...

Der Käfig ist eine schöne und sprechende Metapher, die ein jeder in eigener Ausprägung und Gestalt vor Augen hat; die einen vegetieren in harten, dunklen und kalten Käfigen, die irgendwo verlassen in der Wildnis stehen und jeglichen Kontakt zur inneren (die Welt des eigenen Ichs) und zur äußeren Welt verbieten, gar unmöglich machen.

Andere leben in Käfigen, die farblos und eintönig sind; sie fühlen sich recht wohl dort und verschließen die Augen vor den Reizen und Einflüssen der Außenwelt, leben ihr eigenes kleines einfaches Leben.

Dann gibt es die Raubkatzen. Nach Freiheit hungernd drehen sie ihre Runden im viel zu kleinen Käfig, ständig bestrebt, bei der nächsten Gelegenheit den einengenden Käfig für immer verlassen zu können...aber wären sie damit überlebensfähig, nicht doch viel zu gebunden an die gewohnte Umgebung, an die stählernden Grenzen zwischen dem Käfig und der Unendlichkeit, der Ungewissheit, des abenteuerlichen aber vielleicht auch gefährlichen Unbekannten???...

Letztlich ist da der goldene Käfig, jener Käfig, der ein Leben in ihm am Angenehmsten und Lebenswertesten gestaltet, da selbstgewählt, selbstkreiert, eigens aufgebaut...denn es geht ja doch nicht ohne diese weisenden Grenzen(Gitterstäbe);
wäre man doch allzu einsam, würde man tatsächlich nach dem Stil der Raubkatzen leben, einmal dem Gewohnten, Alltäglichen entflohen, aber doch so allein...und was, wenn sich diese Gelegenheit vielleicht nie bietet? Ein lebenlang erfüllt von dem unstillbaren Durst, Verlangen nach Freiheit, ohne überhaupt dem eigenen Dasein eine Chance zu geben; verbittert, unglücklich, einsam...??
Würde es denn überhaupt glücklicher machen, alles hinter sich zu lassen, was gewohnt, richtungsgebend ist, den nötigen Halt bietet, um nicht verrückt zu werden?

Wie auch immer, Deine bildliche Beschreibung des inneren Kampfes mit sich selbst, die Erfahrung, sich selbst zu erfahren, die eigenen Wünsche, Träume und Realitäten und die damit verbundenen Grenzen kennenzulernen, ist wie gesagt faszinierend und bestärkt jeden Leser/jede Leserin, den eigenen Wünschen und Träumen ohne schlechtes Gewissen nachgehen zu können, insofern diese im Gleichgewicht mit dem realen Leben stehen, einem Leben im goldenen Käfig...
Die menschliche Psyche ist doch unergründlich, so wird man manchmal von eben solchen Menschen überrascht, die man sein ganzes Leben zu kennen glaubt... Weiter so!!:) :) :rolleyes: (Got an idea???)

 

Hallo baddax,


Deine Geschichte fasziniert durch zweierlei: Die ruhige Atmosphäre, die Deine Sprache vermittelt und dem Inhalt, der grundsätzliches anspricht. Glück – Unzufriedenheit („und denke, das ich nicht all das habe, was ich mir wünsche?“), Freiheit – Sicherheit („das Bett ist weich, das Essen gut“) werden gegeneinander aufgewogen. Ohne Protest, in einer ruhigen (stoischen?) Gelassenheit. (Obwohl es mir so vorkommt, dass der Protagonist noch nicht die von den Stoikern geforderte Übereinstimmung mit sich selbst erlangt hat).
„Sind denn die Menschen um dich herum nicht genug?“ - das erinnert mich an Epikur: `Die Fähigkeit, Freundschaft zu erwerben, ist unter allem, was Weisheit zum Glück beitragen kann, bei weitem das Wichtigste´.
Wenn ich Dich recht verstanden habe, sieht der Protagonist die Lösung seines Problems spätestens nach seinem Tod: Selbst wenn man in den Käfig zurückkehrt - nach dem Tod ist alle Freiheit gegeben. (Das setzt natürlich den Glauben an eine Seele, oder ähnliches, voraus).

Ein prima Text,

tschüß... Woltochinon

 

Hi Woltochinon,

erst einmal danke fürs Lesen und Dein Lob. :)

Die ruhige Atmosphäre ist entstanden, weil es eine 'ruhige' Enscheidungsfindung ist. Nichts akutes, aber eben sehr wichtig für das Leben. Die Lösung des Problems findet er schon vor dem Tod, er hat sie ja gerade entdeckt, da er in seine Träume ausserhalb des Gitters entschwindet - für heute nacht und auch immer wieder wann er will. Da er mit dem Tod spätestens und 100%ig in seine Träume, in die Freiheit wechselt, muss er einfach keine Angst haben, diese Möglichkeit zu verlieren. Somit kann er beruhigt auch in der Realität aufgehen und sie mit all dem genießen, was sie bietet (z.B. eben Freunde, Liebe, etc - der von Dir zitierte Spruch gefällt mir sehr gut).

Stoisch ist er - denke ich - nicht. So wie ich das Hauptprinzip hinter dieser Haltung verstehe, ist es vor allem so etwas wie emotionale Losgelöstheit von den Problemen, mit denen man sich befasst. Und er ist ja tief involviert. Er protestiert einfach nicht, sondern trifft seine Entscheidungen und lässt dabei die Macht der Fragen, des Zweifels, die/der einen bei so entscheidenden Fragen in der Hand halten können und ständig wieder löchern, auflaufen.

Wichtig ist einfach, dass beides schön ist: die Realität und die Träume und Wünsche.

Herzlichen Gruß,
baddax

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom