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...und das alte Wissen...
Es ist Nacht. Kalter Wind weht über die Grabsteine und die letzten Blätter der Bäume ergeben sich dem Herbstwind und werden durch die Luft gewirbelt. Nebelfetzen ziehen zwischen den Grabsteinen umher. Der Mond scheint immer mal wieder kurz durch die Wolken, die der Wind am Himmel vor sich hertreibt. Es ist eine richtig gespenstische Nacht.
Anna geht schnellen Schrittes durch den dunklen Friedhof. Warum hat sie sich bloß auf diese blöde Wette eingelassen? Mittlerweile hält sie es für eine ausgemachte Schnapsidee, mitten in der Nacht sich auf einem Friedhof zu treffen, nur um zu beweisen, dass sie mutig genug ist, zu einer dummen Gang zu gehören.
Erst vor zwei Monaten war sie in die neue Stadt gezogen. Bald hat sie Anschluss an eine Gruppe in der Schule gefunden, die als merkwürdig gilt. Anna findet die Leute aber in Ordnung und will dazu gehören. Auch wenn das bedeutet, dass sie die „angesagten“ Mädchen aus ihrer Jahrgangstufe nicht mehr beachten würden. Aber Anna galt auch in ihrer alten Schule immer als Außenseiterin und deshalb war das nichts Neues für sie. Eigentlich will sie auch immer anders sein als die meisten.
Naja, bald hat sie es geschafft und hat hoffentlich diese Aufnahmezeremonie hinter sich. In der Ferne sieht sie bereits die trübe Lampe, die über dem Eingang der Aussegnungshalle hängt. Anna geht weiter darauf zu. Nebelfetzen ziehen immer wieder vor ihr vorbei. Plötzlich stolpert Anna über einen umgestürzten Grabstein, den sie im Nebel nicht gesehen hat. Sie schlägt sich die Handinnenflächen auf, als sie sich abfangen will. Anna schimpft vor sich hin, als sie wieder aufsteht und sich den Schmutz von der Hose klopft. Sie schaut nach unten, um den Grabstein zu betrachten, der sie zu Fall gebracht hat. Es ist ein alter verwitterter Stein, und als der Nebel sich ein wenig zurückzieht, liest sie die Jahreszahl 1649, mehr ist auf dem verwitterten Stein und bei diesem Licht nicht zu erkennen. So alt ist der Friedhof schon? denkt sie. Der Stein ist in Form eines Kreuzes gestaltet und erinnert stark an die irischen Grabmale. Ein Kreuz, das von einem Ring eingefasst ist, ein keltisches Kreuz.
Anna wendet sich wieder der Aussegnungshalle zu. Irgendetwas ist mit dem Licht passiert, das über dem Portal brennt. Ausserdem, war das Gebäude immer schon so groß und gedrungen? Es sieht fast aus wie eine Burg. Türme zieren das Dach. Anna kann sich nicht erinnern, ob das Gebäude immer schon so ausgesehen hat. Die Lampe scheint dunkler geworden zu sein und der Schein wärmer.
Allerdings ist der Platz vor dem Portal leer und es warten nicht wie ausgemacht, Tanja, Markus, Benjamin und Eva. Anna war noch nie besonders ängstlich und darum denkt sie sich nichts dabei. „Sie werden wohl in irgendeiner Hecke lauern, um mich zu erschrecken.“ Sie geht weiter und kommt vor dem großen Portal an. Unschlüssig bleibt sie stehen und blickt auf ihre Uhr, immer auf der Hut, nicht zu sehr zu erschrecken, wenn die anderen gleich aus dem Gebüsch auf sie zustürmen. Es ist bereits zehn nach 12 und sie ist eh schon spät dran. Sind die anderen vielleicht wieder heimgegangen, weil sie glaubte, sie käme nicht mehr? Nein, zehn Minuten hätten sie sicher gewartet. War es vielleicht nur ein Scherz, damit sie nachts alleine auf einem Friedhof rumstolpert. Das traut Anna ihnen eigentlich nicht zu. Anna fühlt sich immer unwohler, je länger sie hier vor dem großen Portal steht. Die Lampe über ihr schwankt im Wind und zaubert unheimliche Schatten auf den Boden. Ihre Uhr zeigt bereits 20 nach 12.
Sie betrachtet die Lampe mal näher an, deren Schein ihr vorhin schon merkwürdig vorkam. Es ist eine Gaslaterne. Wie ungewöhnlich in der heutigen Zeit. Aber sie hat schon öfter in diesem Ort erfahren, dass „die Uhren hier ein wenig anders gehen“. Viele Leute begegnen Neuen misstrauisch und sehr zurückhaltend, was dazu geführt hat, dass ihre Eltern noch nicht viel Anschluss gefunden haben.
Anna fasst den Beschluss, wieder nach Hause in ihr warmes Bett zu gehen. Es ist eh schon spät genug und morgen wird sie hundemüde in der Schule sein. Mit einem Ruck dreht sie sich um und wendet sich dem Ausgang zu, zu dem sie auch hereingekommen ist. Seufzend denkt sie an das Metalltor, über das sie nun wieder klettern muss, denn um diese Uhrzeit sind die Friedhöfe der Stadt natürlich längst geschlossen.
Je weiter sie sich von der Aussegnungshalle entfernt, desto gespenstischer werden die Schatten, die der Mond auf die Gräber und herbstlichen Bäume wirft. Anna friert und schiebt ihre Hände noch weiter in die Jackentasche. Merkwürdig war das schon, dass die anderen nicht gekommen waren. Vielleicht hat sie sich auch mit dem Friedhof geirrt. Gibt es mehrere Friedhöfe hier? Anna weiß es nicht.
Gerade geht sie an einer Gruppe Bäume vorbei. Waren die vorhin auch schon hier? Anna kann sich nicht erinnern, eine Baumgruppe gesehen zu haben. Aber vorhin waren auch Nebelfetzen immer wieder über den Friedhof gezogen. Diese haben sich nun vollständig aufgelöst und der Friedhof liegt in silbernes Mondlicht getaucht vor ihr. Auch der Wind hat nachgelassen. Die Grabsteine stehen kreuz und quer vor ihr. In der Ferne kann sie schon das Tor erkennen, zu dem sie hereingekommen ist. Aber war es nicht niedriger? Und der Weg zur Aussegnungshalle kam ihr auch länger vor. Aber Nacht und Nebel können den Sinnen öfter Streiche spielen.
Anna geht auf das Tor zu. Ratlos schaut sie an diesem hinauf. Hier war sie rübergeklettert? „So sportlich bin ich doch gar nicht.“ denkt sie. Das Tor ist gut zwei Meter hoch und die Metallstreben sind geschwungen und mit Ornamenten verziert. Das Tor, über das sie vorhin geklettert war, war modern und höchstens einenhalb Meter hoch. Unschlüssig steht sie davor. Eigentlich gibt es nur eine logische Erklärung. Anna hat im Dunkeln die Richtungen verwechselt und war durch den alten Teil des Friedhofes zu einem anderen Ausgang gelangt. Probehalber versucht Anna das Tor zu öffnen. Es ist nicht verschlossen und Anna muss nicht noch mal durch den Friedhof um den richtigen Ausgang zu finden.
Sie tritt auf die Straße hinaus. Ein paar Straßenlaternen versuchen die Nacht zu durchdringen und die Stadt in ein freundlicheres Licht zu tauchen. Aber irgendwie kommt das Licht Anna merkwürdig vor. Auch die Laternen haben nicht das gewohnte Aussehen. Als sie diese näher in Augeschein nimmt, entdeckt sie, dass die Laternen altmodische Gaslaternen sind. Auch die Straße ist anders. Sie besteht aus gestampftem Lehm und ist nicht gepflastert. Dass Anna in eine Stadt gezogen ist, die schon im Mittelalter gegründet wurde, weiß sie, aber dass es hier Teile gibt, die auch immer noch altertümlich hergerichtet sind, ist ihr neu. Langsam geht sie die Strasse weiter. Ihr ist nun schon unheimlich zumute. Eigentlich ist sie ziemlich oft durch die Strassen gestrichen und hat sich die Stadt angeschaut. Und so ein schön restauriertes Viertel wie dieses im Stil des 17. Jahrhunderts wäre ihr sicher aufgefallen. Irgendetwas stimmt hier nicht. Anna beschließt, an der Friedhofsmauer entlang zu gehen. Auf diese Weise wird sie irgendwann an das Tor gelangen, durch, oder besser über das sie den Friedhof betreten hat.
Irgendwie kommt ihr der Friedhof auch kleiner vor als vorhin. Zum anderen fängt Anna sich an zu wundern wie groß dieses merkwürdig alte Viertel ist. Nach ungefähr einer halben Stunde steht sie wieder vor dem Tor, durch das sie vorhin den Friedhof verlassen hat. Nirgends war eine vertraute Stelle gewesen. Alles sieht aus wie vor 400 Jahren, oder zumindest so, wie Anna es sich vor 400 Jahren vorgestellt hätte. Überhaupt war das die Zeit, über die Anna am meisten weiß. Sie hat sich lang und ausgiebig mit dieser Epoche beschäftigt und zu ihrer Angst gesellt sich nun immer mehr die Neugier, wohin sie hier gelangt ist. Da es bereits nach ein Uhr ist, ist auf den Straßen auch niemand mehr zu sehen. Auch einem Nachtwächter, den Anna nun erwartet hätte, begegnet sie nicht. Zweifel und Ängste keimen in ihr auf. Was passiert, wenn sie den Weg zurück nach Hause nicht findet? Und wo zum Henker ist sie überhaupt?
Durch den langen Spaziergang ist Anna auch noch sehr müde geworden, aber zu ihrem Appartement findet sie hier sicher nicht mehr. Anna streift nun ziellos durch die Gassen. Allzu dunkle Wege meidet sie, denn man weiß nie, was in dunklen Schatten auf einen lauert. In der Ferne sieht sie ein kleines Haus, in dem ein Fenster erleuchtet ist. Flackernder Kerzenschein fällt auf die Straße davor. Das Haus ist ebenerdig und wirkt gedrungen und windschief. Das Dach ist mit Reed gedeckt. Anna ist nun so müde, dass sie alle Vorsicht fahren lässt und auf das Haus zu eilt. Davor angekommen, bleibt sie kurz stehen um tief Luft zu holen und sich Mut zu machen. Dann klopft sie an die niedrige Holztüre.
Nach kurzer Zeit hört sie drinnen schlurfende Schritte, die sich der Tür nähern. Die Tür wird einen Spalt geöffnet und Anna schaut in ein paar braune freundliche Augen. Die Augen gehören zu einem Frauengesicht mittleren Alters, dass von schwarzen lockigen Haaren umrahmt ist und sie freundlich anlächelt.
„Guten Abend Anna, ich habe dich bereits erwartet.“
Anna blickt die Frau verdutzt an.
„Wie konnten Sie auf mich gewartet haben, wenn ich nicht einmal weiß, wo ich hier bin und wie ich hierher gekommen bin?“
Die Frau öffnet die Tür ganz und warmer Kerzenschein dringt nach draußen. Anna, vom Schlaf nun doch bald überwältigt, schiebt alle Zweifel beiseite und tritt durch die Tür.
Ihre Gastgeberin ist ungefähr so groß wie Anna und trägt einen langen schwarzen Rock und ein langes, wie der Rock fast zum Boden reichendes, schwarzes Hemd. Ihr Gegenüber dürfte die 30 überschritten haben und einige weiße Härchen zeigen sich bereits auf ihrem schwarzen Lockenkopf.
„Mein Name ist Lela und ich heiße dich in meiner bescheidenen Hütte herzlich willkommen. Du hast ganz schön lange gebraucht, bis du zu mir gefunden hast.“
Anna sah Lela verdutzt an. „Ich wusste ja auch nicht, dass ich erwartet werde und ich weiß auch immer noch nicht, wo ich hier bin und wie ich hierher gekommen bin.“
„Setz dich erst mal und wärm dich auf. Draußen ist es in den Nächten schon kühl.“
Lela deutet auf einen Sessel direkt vor dem Kamin und Anna merkt erst jetzt, wie kalt ihr geworden war.
Anna nimmt in dem Sessel platz und Lela rückt sich einen Stuhl zurecht, um sich zu ihr zu setzen. Vorher nimmt sie noch eine Tasse aus dem Geschirrbord und gießt heißen Tee hinein um ihn Anna zu reichen.
„Also, du bist in der Zeit 333 Jahre in die Vergangenheit gereist. Als Pforte dient der Friedhof über den du gegangen bist. Deine Freunde haben dich angekündigt und ich habe auf dich gewartet.“
Nun war Anna völlig verwirrt.
„Welche Freunde? Markus, Benjamin, Eva und Tanja? Sind sie auch hier? Und warum bin ich hier?“
Lela schaut ihr beruhigend in die Augen.
„Genau diese vier. Und nein, sie sind nicht hier, aber sie werden bald kommen. Das Warum ist eine längere Geschichte und die solltest du besser erst morgen erfahren.“
„Aber wenn ich nicht nach Hause zurückkomme und morgen nicht in meinem Zimmer bin, werden meine Eltern krank vor Sorge sein.“
„Deine Eltern werden nichts merken. Vertraue mir.“
Anna vertraut ihr. Sie wusste zwar nicht, warum, aber sie hat das untrügliche Gefühl, dass sie Lela trauen konnte. Aber so sehr Anna auch noch bettelte, den Grund für ihr Hiersein zu erfahren, Lela ließ sich nicht erweichen. Statt dessen führt sie sie in die angrenzende Kammer, in der ein Bett bereitsteht. Da Anna wirklich am Rande ihrer Kräfte ist, fügt sie sich in ihr Schicksal und legt sich Schlafen und fällt augenblicklich in einen tiefen traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen wird sie durch einen Sonnenstrahl geweckt, der sie in der Nase kitzelt. „Was für ein verrückter Traum“ denkt Anna und schlägt die Augen auf. Sie sieht auf eine mit grobem Lehm verputze Wand und durch ein kleines Fenster mit altem Holzrahmen, durch das der Blick auf einen Kräutergarten fällt. Erschrocken setzt sich Anna auf. Es war also kein Traum. Sie ist im 17. Jahrhundert! Sie fährt herum und ihr Blick fällt auf Lela, die neben ihrem Bett steht.
„Guten Morgen Anna. Ich hoffe du hast gut geschlafen. Komm doch herüber, wenn du angezogen bist. Das Frühstück ist bereits fertig.“
Lela verlässt das Zimmer wieder und Anna steht auf um sich anzuziehen. Lela hat ihr neue Kleider bereit gelegt, in denen sie in dieser Zeit wohl weniger Aufmerksamkeit auf sich zieht als mit ihrer Jeans und dem Pulli, welches sie gestern getragen hat.
Als Anna fertig ist, geht sie nach nebenan. Zu ihrer größten Überraschung sitzen an dem Tisch ihre vier Freunde und unterhalten sich leise. Als Anna eintritt, verstummt das Gespräch und vier Augenpaare wenden sich ihr zu. Tanja, die älteste und Wortführerin der Gruppe lächelt Anna an.
„Setz dich zu uns.“
Anna nimmt Platz und Benjamin schiebt ihr einen Becher Tee hin.
„Vielleicht könnt ihr mir mal erklären, was hier vor sich geht und wo ich bin.“
Tanja senkt schuldbewusst den Kopf.
„Wo du bist hat dir Lela gestern schon erklärt. Warum du hier bist, sollst du heute erfahren. Wir konnten dich nicht im Voraus einweihen, denn wir waren nicht ganz sicher, ob du die Richtige bist.“
„Für was die Richtige? Und was soll ich hier und wie komme ich wieder zurück?“
Lela war mittlerweile an den Tisch herangetreten und setzt sich nun neben Anna.
„Die Richtige, die Tradition fortzuführen. In jeder Generation wird eine geboren, die das gesamte Wissen der alten Druiden weiterführt. Es ist immer eine Frau und kurz vor ihrem 18. Geburtstag erfährt sie von ihrem Auserwähltsein und wird in alle Geheimnisse eingeweiht. Aber ob du die Richtige bist, wird sich heute herausstellen.“
Anna schaut die ganze Runde verblüfft an. Dass ihre neuen Freunde nicht so ganz normal sind, weiß sie ja, aber dass sie so verrückt sind...? Allerdings in einer anderen Zeit scheint sie sich ja wirklich zu befinden. Und hat sie davon nicht immer geträumt? Etwas Besonderes zu sein? Besondere Fähigkeiten zu haben?
Lela steht auf.
„Am besten werden wir gleich mal testen, ob wir die Richtige erwischt haben.“
Die anderen am Tisch stehen ebenfalls auf und Lela schaut Anna auffordernd an, ihr zu folgen. Zusammen treten sie in den kleinen Kräutergarten, der sich hinter dem Haus befindet und den Anna vorhin schon durchs Fenster gesehen hat.
Lela tritt auf eine Pflanze zu, pflückt ein Blatt und dreht sich zu Anna um. Anna nimmt das Blatt entgegen
„Was soll ich mit einem Alraunenblatt?“
Anna schaut verdutzt auf ihre Hand in der sie das Blatt hält. Woher weiß sie, was eine Alraune ist, und auch, was dieses Blatt für Kräfte hat, wenn man richtig damit umgeht? Gute wie schlechte Kräfte, alles Wissen, das die Menschheit über diese Pflanze gesammelt hat, ist plötzlich in Anna. Obwohl sie so eine Pflanze niemals zuvor in ihrem Leben gesehen hat. Das Wissen ist plötzlich in ihr, als hätte jemand eine Tür zu Verborgenem in ihrem Kopf aufgestoßen, das immer schon da war, aber nie zum Vorschein gekommen ist.
Lela schaut Anna lächelnd an.
„Ich denke, wir haben die Richtige gefunden.“
Anna dreht sich zu ihren Freunden um.
„Woher wisst ihr von dieser Welt oder zumindest von dem Übergang in diese Zeit? Warum habt ihr mich hierher geholt?“
In Anna brennen immer mehr Fragen. Nachdem sie alle gemeinsam noch ein wenig durch den Kräutergarten gegangen waren um sich noch mehr Pflanzen anzusehen und damit Anna ihr Wissen auf die Probe stellen konnte, gingen sie wieder ins Haus. Dort sitzen sie nun um den Holztisch bei Tee und Keksen und Annas Fragen werden endlich befriedigt.
Sie erfährt, dass ihre Freunde auch Druiden sind. Es sind immer fünf, wobei eine alles Wissen über die vier Elemente, Wasser, Feuer, Luft und Erde, in sich trägt, die anderen vier nur jeweils das Wissen über ein Element. Lela ist das Verbindungsglied zur Vergangenheit und die Hüterin des Wissens. Nur sie kann erkennen, wer die Auserwählte der vier Elemente ist.
Anna und ihre Freunde verbringen fast eine ganze Woche bei Lela, bis Anna mit ihren immer stärker werdenden Kräften richtig umgehen kann. Allerdings warnt Lela Anna davor, ihre Kräfte zu offensichtlich zu zeigen, denn auch wenn es in Annas Zeit keine Hexenverfolgung mehr gibt, so wird alles Andere und Mystische doch mit viel Argwohn betrachtet.
Nach einer Woche, in der sich Anna sehr wohl fühlte, ist der Zeitpunkt der Rückkehr in ihre eigene Zeit gekommen. Lela bringt die fünf in der Nacht kurz nach Mitternacht zum Friedhof.
„Das Tor in eure Zeit öffnet sich nur auf meinen Geheiß. Geht einfach zur Kapelle, die in der Mitte des Friedhofs steht. Dann werdet ihr das Tor durchschreiten. In eurer Zeit ist übrigens nur eine Stunde vergangen, so dass sich eure Eltern nicht sorgen müssen.“
Alle fünf verabschieden sich von Lela und betreten den Friedhof. Schweigend gehen sie auf die Kapelle zu als plötzlich Nebelschwaden zwischen den Grabsteinen aufziehen. Anna blickt nach unten, um nicht wieder über einen Grabstein zu fallen. Als sie wieder aufsieht, hat sich das Gebäude auf das sie zugehen verändert. Vor dem Tor brennt ein elektrisches Licht und es ist auch nicht mehr die burgähnliche Kapelle sondern die Aussegnungshalle, vor der Anna vor ungefähr einer Woche (oder doch nur eine Stunde?) auf ihre Freunde warten sollte.
Der Nebel macht den Ort unwirklich und gespenstisch. Die fünf schauen sich an.
„Wir sind wohl wieder zu Hause.“ meint Tanja.
Anna schaut auf die Uhr. Halb zwei. Aber welcher Tag? Nachdem die fünf den Friedhof verlassen haben, trennen sie sich und jeder geht nach Hause.
Annas Haus liegt dunkel da und alle scheinen zu Schlafen. Leise schleicht sie sich hinein und in ihr Zimmer. Sie legt sich ins Bett und schläft ein.
Am nächsten Morgen wird sie wie immer von ihrer Mutter geweckt und zum Frühstück geholt. Anna tapst die Treppe nach unten und reißt verwundert die Augen auf. Auf dem Küchentisch steht eine Torte und eine Menge Geschenke liegen daneben. Wie konnte sie das nur vergessen! Heute war ja ihr 18. Geburtstag!
Alles scheint so wie sonst zu sein. Lela hatte recht. Anna war nur eine Stunde weg gewesen.
Nach der Schule trifft sich Anna mit ihren vier Freunden, um ihren Geburtstag zu feiern. Die vier hatten bei Lela noch einige schöne Sachen für Anna mitbekommen und so war Anna nun auch ausgestattet wie eine Druidin.
Wer weiß, wie lange diese Tradition schon fortgesetzt wird? Aber wen wundert es da heute noch, warum das alte Wissen auch durch Mord und Totschlag an den Wissenden nie ganz verschwunden ist aus unserer doch so modernen Welt....