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Ums nackte Überleben
Wie eine Irre rannte ich den schmalen Trampelpfad quer durch den Wald entlang um so viel Land wie nur möglich zwischen uns zu bringen. Aber meine Kräfte ließen mit jedem Schritt, den ich tat spührbar nach. Normalerweise würde ich jetzt einfach stehen bleiben und versuchen mich wieder zu beruhigen. Aber in dieser Nacht war überhaupt nichts normal gewesen. Es war nicht normal dass unsere Klassenfahrt in einem Blutbad geendet war. Und es war auch nicht normal dass mich ein vollkommen ausgeflipptert Mann durch einen völlig fremden Wald hetzte.
Es begann alles mit einer harmlosen Klassenfahrt in die Natur. Das Harmlos sollte aber vorbei sein als sich der Jungendherbergsleiter als blutrünstiger Massenmörder entpuppte. In dem verzweifelten versuch ihre Schutzbefohlenen zu retten, mussten unsere Lehrer als erste ihre Leben lassen. Während einige von uns um ihr Leben rannten war ich eine der wenigen, die wie angewurzelt stehen blieben, als er sich erst über den einen, dann über den anderen Lehrer beugte und sie der Länge nach, angefangen beim Hals, aufschlitzte.
Erst als er sich wieder aufrecht hinstellte und mit seinem riesigen Jagdmesser im Anschlag zu uns rüber blickte konnte ich mich wieder bewegen.
Ich war die Klassenaußenseiterin und nicht die Dünnste. Also ein leichtes Opfer. Deshalb rannte er hinter mir her.
Das ich die ganze Zeit im Kreis lief merkte ich erst als ich auf die Lichtung zurannte auf der das große Gebäude der Jugendherberge stand. Ich weiß noch dass ganz froh darüber war, denn meine Kräfte würden diese ungewohnte Höchstleistung nicht auf Dauer durchhalten können. In dem Gebäude waren viele Räume, in denen ich mich verstecken konnte. Und hoffentlich auch einschließen.
Ich hastete die fünf Stufen zum Haupteingang hinauf und öffnete die schwere Tür. Im Korridor blieb ich japsend stehen und sah mich um. Schnell überlegte ich wo ich am sichersten wäre vor ihm. Da viel mir eigentlich nur ein Ort ein. Polizeirevier. Aber das war gerade unmöglich deshalb rannte ich in seine Büroräume. Dort musste ein Telefon sein, mit dem ich Hilfe rufen konnte. Und ich sollte Recht behalten, es war eines dort und ich konnte die Polizei anrufen. Ich wusste zwar nicht die Adresse dieses Höllengebäudes, aber die Polizistin am Telefon wusste trotzdem um welches es sich handelte, da es scheinbar das einzigste in der Umgebung sei.
Gerade als ich den Hörer wieder aufgelegt hatte, hörte ich Schritte auf dem Flur. So leise wie nur möglich ging ich zur Tür und sah dass er am anderen Ende des langen Korridors war. Er sah sich um und ich konnte sehen wie konzentriert er nach jedem noch so kleinen Geräusch horchte.
Mein Magen verkrampfte sich erneut bei dem Gedanken was er mit mir anstellen würde, wenn er mich finden würde. Geräuschlos zog ich meinen Kopf wieder zurück ins Büro. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren um eine Lösung zu finden. Was machten die Leute im Film in einer solchen Situation? Sie zückten ihre Superknarren und metzelten den Mistkerl nieder. Oder sprangen aus dem Fenster und rannten um ihr Leben. Da ich weder eine Superwumme hatte und das mit dem um sein Leben rennen schon getan hatte endschied ich mich dafür in seinem Büro nach einer Lösung zu suchen, die mich am Leben halten sollte bis die Polizei kam.
Um mir etwas mehr Zeit zu verschaffen schob ich das Sideboard vor die Tür. Und da hörte ich auch schon seine Schritte den Korridor entlang kommen. Immer lauter werdend. Meine Hände zitterten immer mehr. Mit jedem Schritt den er mir näher kam.
Plötzlich kam mir eine Idee. Dieser Kerl wirkte nicht so als sei das seine erste Massenschlachtung. Dann mussten hier noch andere Mordinstrumente sein. Ich rannte um seinen großen Schreibtisch. Dabei fiel mir ein in einem Film gehört zu haben dass Einbrecher die Schubladen immer von unten beginnend ausräumen würden, weil das Zeit sparen würde. Also durchsuchte ich hektisch und mit zittrigen Händen jede Schublade. Aber fand nichts. Bis ich zur obersten Lade gelangte. Die war verschlossen. Hier musste ich richtig sein.
Mir gefror das Blut in den Adern als ich bemerkte wie die Türklinge langsam runter gedrückt wurde. Beim zweiten Versuch legte er etwas mehr Kraft hinein. Aber auch das brachte ihm nichts. Ich schickte ein kleines Dankgebet gen Himmel für das mit Akten und dicken Büchern vollgestopfte Sideboard. Während er mit jedem Versuch, die Tür zu öffnen, energischer wurde, suchte ich einen Gegenstand mit dem ich die verschlossene Schublade öffnen konnte. Plötzlich fiel mein Blick auf den Brieföffner, der wie ein Minischwert aussah. Ich fasste über die Schreibtischplatte und griff nachdem Öffner, der auf der Postablage ruhte. Verzweifelt versuchte ich die Lade damit zuöffnen. Musste aber feststellen, dass ich davon keinen blaßen Schimmer hatte.
Durch den plötzlichen dumpfen Knall gegen die Tür erschrack ich so sehr dass ich mit dem Brieföffner abrutschte und ihn mir ih die linke Hand rammte. Er musste mit seinem gesamten Körpergewicht gegen die Tür gerannt sein.
Entsetzt starrt ich abwechselnd auf die Tür und auf meine blutende Hand, von der nur ein höllischer Schmerz ausging. Ich hätte beinahe laut aufgeschrien, als ich sah wie mein Blut von der Hand tropfte und auf dem Boden unter mir eine Pfütze bildete.
Ich riss mich erst wieder zusammen als ich merkte, dass er die Tür schon so weit geöffnet hatte dass ich sein Gesicht sehen konnte. Dieses hässliche Grinsen, das nach Blut schrie, werde ich nie mehr vergessen.
Ich weiß nicht mehr warum, aber bevor ich um den Schreibtisch rannte hob ich den Brieföffner auf. Durch die Tür rechts neben dem Schreibtisch gelangte ich in ein Nebenzimmer. Ich machte Licht an um mich besser orientieren zukönnen. Das musste sein Privatraum sein. An der einen Wand hingen lauter Bilder von Leichen. Mir wurde übel. Meine Panik stieg ins unermessliche bei dem Gedanken, dass das mir auch bevor stünde. Deshalb war ich zu allem bereit. Notfalls auch wieder um mein Leben zu rennen.
Ich öffnete also das Fenster und stellte erleichtert fest, dass meine Klassenkameraden noch lebten. Schnell gaben sie mir zu verstehen dass ich zu ihnen kommen sollte. Als ich dort angelangt war teilten wir uns gegenseitig mit, mit kurzen Sätzen, was geschehen war. Und dann passierte etwas das ich niemals gedacht hätte. Wir arbeiteten zusammen.
Wenig später befand ich mich wieder in dem langen Korridor am Eingang und schrie meine ganze Angst raus. Es hatte die erhoffte Wirkung. Er kam aus seinem Büro geeilt und blieb wie angewurzlet stehen als er mich sah.
Jede Faser in meinem Körper wollte wegrennen. Als er mit langen Schritten auf mich zu kam schrie alles in mir auf. Aber ich blieb wo ich war. Während der Abstand zu ihm immer kleiner wurde. Als er direkt vor mir war, sprangen die anderen aus ihren Verstecken. Zusammen erledigten wir ihn.