Tupper Ware...
Tupper Ware ...
Christel, eine Freundin von mir, hat mich gebeten, mit ihr auf eine sogenannte "Tupper-Ware-Party" zu gehen. Ich als Mann - unter Tupper-Hyänen...
Nun, ich ließ mich breitschlagen - ich hatte an diesem Nachmittag nichts Besseres vor.
Wir klingelten. Es öffnete eine etwas rundliche blonde Dame, blauäugig und die Lippen für meinen Geschmack etwas zu grell geschminkt. Sie lächelte uns an, hinter den etwas zu grell geschminkten Lippen kam ein gelbliches Nikotin-Pferdegebiß zum Vorschein.
Nach viel heftiger Begrüßung führte uns die nette Pferdegebiss-Dame in ihr wohnzimmerliches Gemach, wo sie auf dem Tisch bereits ein ganzes Sammelsurium von Plastik-Schüsseln aufgetürmt hatte. Vor dem Tisch, auf einer gelben Samtcouch, saßen vier Damen mittleren Alters, dichtgedrängt wie die Hühner auf der Stange.
Sofort wurde ich argwöhnisch beäugt. Schließlich war ich ja der einzige Mann. Normalerweise interessieren sich Männer für Tennis, Fußball oder Computer. Ich erweckte sofort Verdacht. Wahrscheinlich hielten mich die Damen entweder für einen Softie, einen Schwulen, einen Hobbykoch oder einfach nur für einen Übergeschnappten. Jedenfalls warf ich vorbeugend - soweit es mir möglich war - ein paar erotische Blicke um mich, murmelte ein leises "Guten Tag" und setzte mich auf artig einen freien Stuhl, Christel nahm neben den Damen Platz und wohlgefällig gackernd rückten die Damen zusammen.
Zuerst gab es eine Tasse Kaffee mit je einem Keks auf dem Unterteller.
Nun ergriff die blonde Dame das Wort: "Schön, dass ihr alle gekommen seid. Das ist nun die 32te Tupper-Party, die ich veranstalte, und immer noch ist jede Party so zahlreich besucht."
Ich blickte in die Runde. "Na ja - zahlreich...", sagte ich in einem Anfall von Galgenhumor. Sofort erntete ich einen strafenden Blick, der mir unmißverständlich sagte: "Noch so eine Bemerkung, und die Party ist für dich gelaufen".
Ich beschloss also, den Mund zu halten.
Die Blonde nahm nun eine Schüssel und begann: Lassen Sie uns gleich beginnen. Dies ist das neueste Produkt -eine Schüssel mit Vakuumdeckel in S-Form. Besonders geeignet für lange Nudeln, aber auch für kurze Erdnuß-Flips."
Eine Dame in der Mitte der Samtcouch fragte: "Wieviel Tüten Erdnuß-Flips gehen denn da rein?"
"Eine Tüte mindestens" antwortete die Blonde.
"Was mache ich aber, wenn ich zwei Tüten Erdnuß-Flips habe?" fragte die Dame weiter.
"Sie haben gar nie zwei Tüten Erdnuß-Flips", antwortete der blonde Tupper-Engel, "denn sobald Sie eine Tüte aufmachen, naschen Sie wahrscheinlich schon die Hälfte der Erdnuß-Flips".
Dieses Argument fand ich durchaus einleuchtend. Ich warf mein gesamtes logisches Denkvermögen in die Runde und fragte: "Wie verhält sich das aber mit zwei Tüten Nudeln - die sind doch wahrscheinlich zu hart, um davon zu naschen?"
Der Blick der Blonden traf mich wie der Blitz. "Dann müssen Sie eben zwei Dosen kaufen", sagte sie scharf.
"Gut", meinte ich, "dann kauf ich gleich zwei. Ich esse nämlich wesentlich mehr Nudeln als Erdnuß-Flips".
"Ja was, Sie kaufen gleich zwei?" Die Nikotin-Pferdegebiss-Dame konnte es nicht fassen. Ihr Ton schien mir gleich milder.
"Klar."
Jetzt kam das Mädchen in Fahrt. Sie hatte ihr Opfer gefunden – glaubte sie.
"Da hätte ich noch was für Sie!" Sie flötete mich an wie eine sanfte Waldfee und lächelnd zeigte sie mir ihr gelbes Gebiss.
"Hier habe ich eine Dose mit Luftventilklappen – neueste Technik, individuell einstellbar."
"Was kann man denn da alles Schönes hineintun?" fragte ich scheinheilig.
"Alles was Sie wollen, Lebensmittel aller Art."
"Kann ich da auch meine Socken hineintun?“ Ich setzte meine schönste Unschulds-Engelsmiene auf. Die Damen neben mir sahen mich fragend an, eine schüttelte gar den Kopf.
"Aber ich bitte Sie, Socken sind doch keine Lebensmittel."
"Ich kann aber ohne meine Socken nicht leben. Ich brauche sie zum Leben. Also sind es doch logischerweise Lebensmittel."
"Socken sind Kleidungsmittel, keine Lebensmittel", klärte mich die Pferdegebissige auf.
"Sie meinen wohl, dass Socken Kleidungsstücke sind?", fragte ich unschuldig.
"Das habe ich doch gesagt", antwortete sie barsch.
"Nein, Sie haben gesagt, Socken seien Kleidungsmittel. In Wahrheit sind es aber Kleidungsstücke. Sie sagen ja auch nicht Lebensstücke, sondern Lebensmittel. Natürlich könnten Sie sagen: ein Stück Lebensmittel oder ein mittleres Kleidungsstück. Sogar ein lebendes Mittelstück ginge noch. Wenn Sie gesagt hätten: Sie kleiden sich mittels der Socken, dann wäre das in Ordnung. Andererseits kann ich aber auch sagen: Ich lebe mit meinen Socken. Der Umkehrschluss daraus ist: Socken sind eindeutig Lebensmittel. Wenn man allerdings sagen würde: Ich lebe mittels meiner Socken, dann wäre das leicht übertrieben, weil man dann annehmen könnte, dass jemand, der keine Socken trägt, tot ist. Ist doch logisch, oder?"
"Sockenstücke, äh Kleidermittel – was soll der Unsinn? Wir reden hier von Tupper Ware und nicht von Lebensmitteln." Irgendwie hatte ich das Mädchen aus dem Konzept gebracht, die Damen neben mir lächelten süß-sauer.
"Sehen Sie", sagte ich, "das gefällt mir. Kleidermittel lasse ich mir gefallen. Darunter kann ich mir entweder ein Fleckentfernungsmittel oder aber auch ein Mittel gegen Motten vorstellen. Auch Sockenstücke definiere ich völlig einwandfrei als Stücke von Socken."
"Sie sind wohl übergeschnappt!" Der Tupper-Dame mit dem Pferdegebiss ging jetzt der Gaul durch. Sie japste nach Luft, ihre Augen sprühten förmlich Blitze. "Das habe ich ja noch nie erlebt, dass einer so einen Quatsch daher redet – was wollen Sie eigentlich hier? Die Party stören?"
"Ich dachte ja bloß – tschuldigung". Für einen Moment war ich fast eingeschüchtert – insbesondere wollte ich ja nicht, dass Christel durch mich in Verruf kam.
Die Tupper-Dame schüttelte den Kopf, nahm wieder eine Tupper-Schüssel in die Hand und begann: "Also meine Damen, ab und zu kommt es ja vor, dass wir auch mal einen Kuchen backen..."
"Ich habe noch nie einen Kuchen gebacken", sagte ich wahrheitsgemäß.
Die Dame sah mich schon wieder strafend an, auch Christel warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. "...also, ab und zu kommt es vor, dass wir einen Kuchen backen."
"Wir? Ich habe noch nie mit irgend jemandem hier im Raum einen Kuchen gebacken – wirklich nicht, das wüßte ich – außerdem würde ich es ehrlich zugeben", meinte ich.
"Ich meine – jede von uns, lieber Herr", geiferte die Tupper-Lady.
"Ach so. Aber heute haben Sie noch keinen gebacken?"
"NEIN!!!!". Das Pferdegebiss kam jetzt gefährlich zum Vorschein.
"Was regen Sie sich denn auf? Das sollte doch kein Vorwurf sein. Ich hab mir nur gedacht, wegen der Aldi-Plätzchen auf der Kaffee-Untertasse, da dachte ich halt..."
"WAS???" schrie die Tupper-Lady, "das sind keine Aldi-Plätzchen, das sind, das sind..."
"Ist doch eigentlich auch egal, von wem die sind", bemerkte ich lakonisch.
"Jetzt aber raus!!!" Die Tupper-Fee stand vor mir, die Arme in die Hüften gestemmt. Ich stand vorsichtig auf, denn mit ihrem Gewicht konnte ich einfach nicht mithalten. In meiner Phantasie malte ich mir bereits die schrecklichsten Dinge aus. Christel war auch aufgestanden – schnell verließen wir beide die Wohnung.
"Du bist ein unmöglicher Mensch", meinte Christel ernst. Aber ihre Augen lachten mich an. "Mit dir gehe ich überall hin, aber nie mehr auf eine Tupper-Party!"
Schade – ich liebe Tupper-Partys...