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Tunnelblick
Schon wieder. Lazlo wischte sich den Schweiß von der Stirn und richtete sich von der durchgelegenen Matratze auf. Seine löchrige Decke lag zerknüllt zu seinen Füßen, das Kissen war klatschnass.
Schnaufend griff er mit seinem linken Arm nach der fast leeren Flasche Schnaps auf dem Fußboden und nahm einen kräftigen Schluck.
Das war bereits das dritte Mal in fünf Tagen, dass er nach einem Traumtod aufgewacht war. Ein Blick auf den Wecker sagte ihm, dass er noch drei Stunden hatte, bis die Sonne untergehen würde. Kein Sinn darin, vorher rauszugehen. Er zündete sich eine Zigarette an und blickte auf den schwarzen Umschlag des Buches, das neben dem Wecker lag. Eine düstere Friedhofskapelle vor wolkigem Himmel, Gräber und die Silhouette eines Menschen gegen den grauen Horizont. „Große Erwartungen“ stand darüber. Er fragte sich, wieso er das Buch nicht wieder zurückgegeben hatte. Charles Dickens hatte wirklich auch erfreulichere Literatur hervorgebracht.
Dann wurde sein Blick von einem Kratzgeräusch schnell zu dem kleinen Loch in der Wand gezogen. Vielleicht hatte er Glück und die Ratten waren wieder hier, dann hätte er wenigstens etwas zu essen für den Abend. Aber vergebens. Kein Tier ließ sich blicken, vermutlich war auch keines dort. Das Ungeziefer war schon lange von der nächststärkeren Ungeziefergruppe vertilgt worden, dachte er grimmig. Er drückte die Zigarette aus und beschloss weiterzuschlafen.
+++
Im schwachen Schein einer dreckigen Neonröhre konnte Lazlo wie schon so oft zuvor an solchen Abenden das verwitterte Tavernenschild sehen: „NO FUTURE – Bar, Inn, Beds, Suicide Chambers“
Ätzender Regen floss aus der rostigen Regenrinne auf den schmutzigen Boden neben dem Eingang, durch die milchigen, verhangenen Fenster konnte er schwachen Lichtschein und hin und wieder eine Bewegung wahrnehmen. Obwohl das „No Future“ eine der heruntergekommensten Kaschemmen war, die Lazlo je gesehen hatte, war es stets gut gefüllt. Das lag weder an dem nach Kupfer schmeckenden Spülwasser, das man als Bier, Schnaps oder Likör verkaufte (Lazlo vermutete, dass der Unterschied zwischen den Getränken höchstens in den unterschiedlichen Stadien der Verkalkung der Zapfhähne bestand), noch an dem die Magenschleimhäute zerfressenden Abfall, den man auf der Speisekarte fand. Nur hier traf man allerdings die Leute, die einen im Leben auf eine gewisse Weise weiterbringen konnten – was sie natürlich nicht aus Freundschaft oder allgemeiner Philanthropie taten, sondern nur, um ihre schmutzigen Geschäfte nicht selbst in die Finger nehmen zu müssen. Am besten, indem sie diese an jemanden weitergaben, der an einem Punkt im Leben angekommen war, an dem es ihm nur noch darauf ankam, dass Geld in seine Hände kam, und nicht, wie schmutzig diese waren. Wie es das Schicksal wollte, war Lazlo durch gewisse Umstände genötigt, sehr oft dieser Jemand zu sein.
Aus der Pfütze vor dem Eingang spritzte öliges Wasser davon, als Lazlo mit seinen ehemals schwarzen Arbeiterstiefeln hineintrat, dann war er bei der Tür angekommen. Kurz zögerte er, dann packte er den Griff der Tür fest in seiner rechten Hand, die in einen fingerlosen grauen Wollhandschuh gehüllt war, und öffnete.
Das übliche Bild menschlichen Abschaums tat sich vor ihm auf und er überlegte noch einmal, ob er wirklich erneut hier nach Arbeit suchen wollte. Dunkle Erinnerungen an vergangene Geschäfte kamen wie Köpfe einer Hydra zu dem bereits hässlichen Antlitz des „No Future“ hinzu, schnell schüttelte er die Gedanken an den Auftrag in der Chemiefabrik, die Mission „Schulschluss“ und den Ritt in U-Bahn 9 aus seinem Kopf.
Dichter Rauch, Gesprächsfetzen und der beißende Alkoholgeruch brannten sich in sein Empfinden und halfen ihm, seine Bedenken zu überkommen. Er hatte viel mitgemacht, aber das hier war trotz allem seine Welt, daran gab es keinen Zweifel, und er sollte verdammt sein, wenn er jetzt schon aufgeben würde. Dabei hatte er es noch nicht einmal nötig, sich irgendwelche Körperteile oder Organe künstlich nachbessern oder ersetzen zu lassen. Tatsächlich hatte kaum jemand sonst so viel Glück in diesem Aufgabenbereich wie er, allein beim Umsehen hier erkannte er auch deutlich jüngere Menschen mit bionischen Augen, künstlichen Fingern oder gar mechanischen Beinprothesen.
Er zog die hellgraue Kapuze vom Kopf und fuhr sich durch die ungewaschenen, schwarzen Haare. Den dunklen Trenchcoat, den er über dem Kapuzenpullover trug, öffnete er nur oben ein wenig weiter.
Nur vereinzelt hatten sich ein paar Männer und Frauen umgedreht, als die Tür geöffnet wurde, jedoch schnell das Interesse verloren, als sie sahen, dass er kein Ordnungshüter war – nicht, dass die sich oft hierher trauten, und dann ganz sicher nicht alleine.
Langsam trat Lazlo an einen freien Platz an der Theke und bestellte bereits angewidert ein Bier. Während er darauf wartete, hielt er auf beide Seiten die Ohren offen. Zu seiner Linken unterhielten sich zwei Frauen leise über irgendeinen Laden, der aufgemischt werden sollte. Die größere, rothaarige Dame zog aus ihrer ausgebleichten, mit Flicken übersäten Armeejacke einen Zettel, den sie ihrer blonden Gesprächspartnerin möglichst unauffällig zuschob. Diese steckte ihn in eine braune Ledertasche, die über eine Schulter hing, dann nickte sie kurz und ging zum Ausgang. Lazlo überlegte kurz, ihr nachzugehen, entschied sich dann aber dagegen und drehte sich um.
Auf der rechten Seite redete ein stark nach Schnaps stinkender, älterer Mann scheinbar mit sich selbst, während er stetig weiter sein Glas zum Mund führte, das meiste verlor sich jedoch in seinem schmutzigen, graubraunen Bart.
Lazlo starrte missmutig auf den Spiegel hinter dem Tresen, auf dem verschiedene Angebote des Tages notiert waren. Noch sah er nicht so heruntergekommen wie der Alte aus, aber er trug auch bereits mehr als einen Dreitagebart, abgesehen von dem Schnauzer, den er sich ohnehin stehen ließ. Der einzige Vorteil war, dass seine eingefallenen Wangen durch den dunklen Bart etwas bedeckt wurden, aber auch so war sein kantiges Gesicht weder lebensfroh noch ansehnlich. Er blickte sich selbst aus blaugrauen Augen an und fragte sich zum hundertsten Mal, was wo in seinem Leben eigentlich falsch gelaufen war, dass es ihn in diese Spirale gezogen hatte.
Sein Selbstmitleid wurde plötzlich durch den Wirt unterbunden, der sich vor ihn stellte und ihm das, was er als „Bier“ gekauft hatte, auf den Tresen knallte. Lazlo ließ eine entsprechende Anzahl Münzen daneben klimpern, dann nahm er einen Schluck aus dem Glas, verzog das Gesicht und drehte sich weg.
Weiter hinten im Raum sah er einen leeren Tisch und bewegte sich darauf zu, während er spürte, wie seine Schuhe auf dem dreckigen Boden zu kleben begannen. Er ließ seinen Blick durch die Bar schweifen, sah jedoch auch jetzt nichts Erfolgversprechendes. Dann erreichte er den Tisch und griff nach einem Stuhl, als von der Seite plötzlich zwei Personen kamen und sich hinsetzten. Leicht verärgert blickte Lazlo zu der Frau und dem Mann, die seinen Tisch weggenommen hatten und wollte sich gerade umdrehen, als die Frau sagte: „Zwei Stühle sind noch frei, setz dich doch.“
Lazlo stockte, überlegte kurz und setzte sich dann hin. Wenigstens sahen die beiden interessant aus. Die Frau hatte braune, zu einem Zopf geflochtene Haare und trug einen dunkelblauen Parka. Ein anderer Mann hätte ihren feinen Gesichtszügen, den grünen Augen hinter einer schwarzgerahmten Brille und ihren vollen Lippen vielleicht eine gewisse Schönheit bescheinigt. Das Gesicht des Mannes war fast vollständig von einem getrimmten, dunkelblonden Vollbart bedeckt, der nach oben hin in ebenso kurze, ebenso blonde Haare überging. Unter seiner schwarzen Lederjacke konnte Lazlo ein eng anliegendes, weißes Muskelshirt erkennen.
Die Frau holte eine Metallbox hervor, nahm sich eine Zigarette heraus und zündete sie sich an, dann sagte sie nach dem ersten Zug: „Du bist nicht nur zum Biertrinken hier. Ich kenne Leute wie dich, ihr habt alle den gleichen Ausdruck im Gesicht. Du brauchst Geld, nicht wahr? Ich bin Tess, und ich kann dir vielleicht helfen.“
Ihr Nebensitzer brummte, darauf fügte sie lächelnd hinzu: „Wir können dir vielleicht helfen. Das ist übrigens Greg. Wie darf ich dich nennen?“
Greg nickte Lazlo zu, dann holte er einen abgegriffenen Notizblock heraus und legte ihn auf den fleckigen Holztisch. Bedächtig blätterte er durch eng beschriebene Seiten.
Währenddessen saß Lazlo immer noch stumm und ratlos da und nippte an seinem Bier. Dass die Arbeit zu ihm kam, war fast zu schön, um wahr zu sein. Was generell hieß, dass es in Scherben enden würde, aber letztlich hatte er keine Wahl.
„Lazlo. Ich bin Lazlo“, sagte er und spürte, wie lange es her war, dass er mehr als zwei Wörter hintereinander gesprochen hatte. „Was muss ich tun?“
Tess lächelte zufrieden und sagte mit einer gleitenden Handbewegung, die eine Rauchwelle in die Luft zeichnete: „Du musst nur Postbote sein und etwas an einen anderen Ort bringen.“
Lazlo verzog das Gesicht zu einem gequälten Grinsen. Ein Paketdienstjob. Jeder Idiot konnte, wenn er sich nicht allzu dumm anstellte, etwas schnell von A nach B bringen, ohne dabei allzu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Eigentlich. Also war eine dritte Partei beteiligt, die vermutlich keine Rücksicht darauf nehmen würde, ob sie das Paket aus den lebendigen oder toten Händen eines Überbringers ziehen musste.
Er nahm einen großen Schluck, blickte die Frau, dann den Mann an, der inzwischen die richtige Seite gefunden zu haben schien, und sagte dann: „Ich tu’s. Was krieg ich dafür?“
Tess blickte zu Greg, der riss einen Zettel aus dem Notizblock und schob ihn zu Lazlo über den Tisch.
Dieser drehte ihn zu sich hin, überflog die Stichpunkte zu seinem Auftrag, sah die Summe und zog eine Augenbraue hoch, während sein Mund wie von selbst einen Pfiff ausstieß.
„Das sollte ein anständiger Lohn sein“, sagte die Frau, „der Anzug muss danach zurückgegeben werden.“
Lazlo wusste, dass er den Auftrag bereuen würde. Er wusste nur noch nicht, wie sehr.
+++
Zischend brannten sich die Plasmastrahlen in den Stahlträger, hinter den er gerade gesprungen war. Vorwärts. Er rollte sich ab und hastete weiter, vorbei an weiteren Stangen, Rohren und Rauchschloten. Lage sondieren. Seine Verfolger kamen immer näher, wie ihm sein Orter am Handgelenk mitteilte. Lazlo fluchte und wischte sich über den Visor, als ätzender Regen an ihm heruntertropfte und seine Sicht einengte. Mit einem Knistern fraßen sich die Tropfen in seinen Neoprenanzug, doch die gummierte Schutzschicht darunter konnten sie nicht durchdringen. Raus hier. Vor ihm endete das Metalldach und er setzte zum Sprung an, gute zehn Meter unter ihm begann ein weiteres Dach.
Im Sprung schaltete er über die Membransteuerung des Anzuges seine Vektorschubdüsen an, und mit einem Geräusch, das dem eines Föhns nicht unähnlich war, schoss er durch die von Blitzen erhellte Nacht davon, während der prasselnde Regen hinter ihm jegliche Sicht verhinderte. Erneut Lage sondieren. Seine Autosinne registrierten Hitze: Klar, die Exos waren sicher reich genug, ebenfalls Düsen zu kaufen, vielleicht sogar Jetpacks, was ihnen einen immensen Vorteil geben würde. Bereitmachen.
Lazlo fasste an den Gürtel und holte seine Waffe hervor: Eine Laner36zI, die Spezialvariante mit Doppellauf und Laserpunktvisier. Sie feuerte ultraerhitzte Plasmastrahlen in Sekundenschnelle ab, jeder einzelne tödlich. Zumindest, wenn man wie er über keine Panzerung verfügte.
Plötzlich hörte er hinter sich das Dröhnen eines Motors, dem Geräusch nach zu urteilen hatten die Exos tatsächlich mindestens ein Jetpack.
Damit war Flucht praktisch ausgeschlossen; um zur City zu kommen, war er einfach zu langsam. Konfrontation. Auf seine Autosinne vertrauend, flog er im Spiralflug nach oben und stürzte dann in Richtung der Punkte auf seinem Orter herunter. Glühende Plasmastrahlen kamen aus seiner Waffe geschossen und er sah durch den Regen, wie sie mit einem Zischen die Exos trafen.
Zwei von ihnen trudelten langsam nach unten, um mit einer grellen Explosion an einem der Dampfschlote zu vergehen.
Noch vier weitere hielten sich in der Luft, und jetzt wussten sie auch, wo er genau war. Flucht.
Ein sengender Blitz verfehlte nur knapp seinen Kopf. Lazlo versuchte, seine Atmung zu beruhigen und flog im Zickzack-Kurs nach unten. Hinter ihm flammte ein wahres Sperrfeuer durch den grauschwarzen Himmel.
Vor ihm lag die Metrostelle “Paranoia”, ein verwitterter Luftschutzbunker, in dessen Eingeweiden Schienen gelegt worden waren, auf denen man entweder mit Glück die City erreichen konnte, wenn man nicht unterwegs von einem Mitreisenden erschossen wurde, oder diesen gottverdammten Ort verlassen konnte, um in einer anderen Stadt sein Glück zu versuchen und dort zu sterben, verlassen und unbekannt.
Lazlo hatte weder das eine noch das andere vor, aber er schmetterte durch ein zerschossenes Fenster in den Bunker und setzte auf dem rostigen Boden auf. Eigentlich hatte er diesen Weg vermeiden wollen. Sprintend folgte er den trüben Lichtern in die Tiefe, immer den flackernden Wegpfeilen nach.
Unten angekommen, hörte er hinter sich bereits die schweren Schritte der Exos. Keine Bahn. Wenige Meter vor ihm lag der Metroschacht, schwarz wie ein Schlund in die Hölle. Vereinzelte Passagiere standen da, ein paar warteten auf die Metro, ein paar auf neue Opfer. Ein Stalker und ein seltsamer, extrem bionisch verbesserter Halbmutant stritten sich, der Streit war kurz vor der Eskalation. Lazlo beachtete sie jedoch nicht, er zündete seine Düsen wieder und sprang in den Metroschacht in Richtung City. Die Exos hatten den Boden auch erreicht, und er sah noch ihre glühend roten Visoren, bevor er in der Dunkelheit des Schachts verschwand. Schreie breiteten sich hinter ihm aus, aber die Exos wollten nur ihn. Wieder erklang das Dröhnen und sie schossen hinter ihm in den Tunnel hinein. Konzentration.
Die Metrostrecke war eng und kurvig, und aus den Wänden ragten Metallstangen und Rohre hervor, deswegen war dies seine letzte Option. Ein Fehler, und das Leben endete in zwei Teilen. Alternativ als matschiges Etwas auf der Frontscheibe einer Metro.
Wie um ihn daran zu erinnern hörte er hinter sich das Zischen der eintreffenden Bahn an der Haltestelle. Panik.
Die Bahn war schneller als er, wenn er es nicht vor ihr in die City schaffen sollte und eine andere Bahn entgegen kam, war es aus. Auch die Exos spürten die Gefahr, sie schossen weniger und flogen schneller heran. Ihre Jetpacks waren leistungsfähiger als seine Düsen, aber mit den klobigen Waffen und schweren Rüstungen waren sie nicht so beweglich wie er.
Er schoss blind nach hinten und hörte ein Krachen. Ein Exo war seinem Schuss ausgewichen und dabei in ein Rohr geflogen, aus dem tödliche Chemie in den bereits toxischen Boden sickerte.
Noch drei…
Dann hörte er ein schweres Motorengeräusch hinter sich. Die Metro fuhr an.
Er strengte sich an, um den Düsen mehr Energie zuzuteilen, aber sein Visor und das Respirationsgerät benötigten dieses Minimum an Energie einfach.
Die Exos kamen wieder näher, und drei Schüsse erhellten für einen Augenblick den Tunnel. Lang genug, um Lazlo dazu zu bringen, einen Schlenker nach links zu unternehmen. Fauchend sprang der schwarze Schemen an ihm vorbei und krachte auf die Schienen.
Nach den Exos nun auch noch Kanalmutanten. Lazlo hasste sein Schicksal kurz, dann verlegte er sich wieder aufs Fliegen.
Hinter ihm hörte er den metallischen Schrei eines Exos, als ein Mutant auf diesen gesprungen war und mit ihm auf dem Boden aufkam. Kurz nachdem das Wesen ihm den Schädel eingeschlagen hatte, wurden beide noch einmal von der Metro erhellt. Heulend sprang der Mutant davon und der Exo wurde unter Tonnen von Stahl begraben.
Lazlo gab noch einmal alles, was seine Flugkünste hergaben und schoss durch den Tunnel davon. Die zwei Exos riefen panisch Kommandos durchs Vox, aber hier unten konnte ihnen ihre Einheit nicht helfen. Sie schossen erneut auf ihn, und diesmal traf der eine. Schmerz!
Lazlo schrie, als sein linker Fuß bis zum Knie schmolz. Wenigstens war die Wunde sofort kauterisiert. Endorphine fluteten durch den Anzug in seinen Körper, er biss die Zähne zusammen und flog weiter.
Rasche Schüsse seiner Plasmawaffe zischten nach hinten, verfehlten aber ihr Ziel.
Er wechselte die Plasmazelle und wich instinktiv einem Metallrohr aus.
Nun war die Metro fast direkt hinter ihm. Er flog auf die Gegenfahrbahn, um ihr notfalls zu entgehen, als ihm zwei grelle Lichter aus dem Tunnel entgegen kamen.
Panik.
Vor ihm kam eine andere Bahn in seine Richtung, und er musste schleunigst wieder auf seine Spur kommen, wenn er eine Chance haben wollte. Die Exos hinter ihm schrien auf, als sie die Metro sahen und zogen auf die rechte Spur zurück. Der Erste war ein bisschen schneller und schaffte es knapp hinter Lazlo noch auf die rechte Spur, der andere streifte mit dem Jetpack die entgegenkommende Bahn und wurde durch den Raum geschleudert. Mit einem lauten Krachen schmetterte er in die Wand.
Der verbleibende Exo war aufgrund des Jetpacks fast so schnell wie die Bahn und holte auf der geraden Strecke gewaltig auf. Er warf sein großes Gewehr weg und holte eine Pistole heraus, während er immer näher an Lazlo herankam. Dann legte er an. Jetzt!
Lazlo drehte sich im Flug halb um und schoss auf die Pistole, wodurch diese mitsamt der Hand des Exos verbrannte. Ein schwarzer Stumpf blieb zurück. Ein verzerrter Schrei hallte aus der Maske des Exos und er wurde kurz langsamer. Lazlo hoffte kurz, dass er Bekanntschaft mit der Metro machen würde, aber der Exo tat ihm den Gefallen nicht und kam wieder näher. Stirb.
Lazlo hob seine Waffe und drückte ab. Ein kurzes Fauchen, ein blaues Glühen... dann verebbte die Energie. Oh.
In der verbliebenen Hand hatte der Exo nun einen glühenden Stab, den er auf Lazlo schwang und ihm tief in die rechte Schulter schnitt. Lazlo schrie auf und zog seinerseits ein Messer aus seinem Gürtel. Verbindung kappen.
Er blockte den Schlag des Exos und rammte sein Messer in dessen Membranspur auf dem Rücken. Schlagartig wurde das Jetpack langsamer und begann unsicher zu trudeln. Die Spur war nicht durchtrennt worden, aber die Verbindung war zu schwach, um die Höchstgeschwindigkeit aufrecht zu halten. Heulend blieb er hinter Lazlo zurück, krachte gegen die Frontscheibe der Metro und rutschte nach unten, um wie sein Kollege über die Schienen verteilt zu werden.
Endlich war die andere Metro durchgefahren und Lazlo zog wieder auf die Gegenschienen hinüber. Neben ihm rauschte die Metro vorbei, in das bereits sichtbare Licht der City-Haltestelle. Er atmete aus und steuerte auf diese zu.
Unbeholfen setzte er auf und fiel keuchend auf den Boden. Lage sondieren. Erst jetzt fiel ihm wieder ein, dass er seinen linken Fuß verloren hatte. Langsam schwand das Adrenalin aus seinem Körper, und auch die Endorphine, die ihm der Anzug immer spärlicher zuführte, reichten nicht, um den Schmerz auszublenden.
Er lag eine Weile schnaufend da und kämpfte nur gegen die Ohnmacht an. Konzentration. Schließlich erhob er sich wieder und schleppte sich an den Gaffern vorbei auf die graue Tür vor ihm zu, während er sich an der Wand abstützte. Das Blut, das aus seiner Schulter floss, registrierte er schon nicht mehr. Langsam zogen bunte Schlieren in seinen Visor ein, nur die Tür vor ihm konnte er noch erkennen.
Er öffnete sie langsam und schloss sie schnell wieder hinter sich. Drinnen drückte er seinen Daumen auf eine der vielen Türen; instinktiv wusste er, welche die Richtige war. Geh auf…
Zischend öffnete sich diese und er schlurfte hinein. Helle Punkte waberten durch seine Sicht, und der Visor wurde immer dunkler. Er setzte sich auf einen klobigen Metallklotz und holte die Tasche von seinem Gürtel.
“Hier… ist das, was Sie wollten. Z- zwei Riesen, wie vereinbart“, hörte er sich schnaufen.
Aus dem Dunkel des Raumes glühten zwei grünliche Lichter, und eine menschliche Stimme sagte: “Perfekt. Alles läuft nach Plan. Aber Sie sehen nicht gut aus, mein Freund.”
Lazlo winkte schwach ab. “Ach, nicht der… Rede… wert…”
Die Stimme lachte leise, dann sagte sie freundlich: “Nun, wie dem auch sei, hier ist Ihre Belohnung.”
Er hörte ein Klicken, und durch seinen fast toten Visor sah Lazlo noch die Mündung einer Pistole.
Die Stimme erklang noch einmal, bestimmt, aber immer noch freundlich: “Behalten Sie den Rest.”
Spring…
Der Visor setzte aus, als sein Gehirn hinter ihm durch den Raum flog. Langsam kippte er nach hinten von dem Metallklotz und fiel in sein eigenes Blut.