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Treppenduell

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10.06.2010
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Treppenduell

Auf dem Weg zum täglichen Tod – inmitten einer anonymen Horde Lemminge schob ich mich gerade die Stufen zum Bahnhof hinab – bemerkte ich zwei hilflose Gestalten, die sich, beide das Treppengeländer fest umklammert, so unversöhnlich gegenüberstanden wie Protagonist und Antagonist im Finale eines Westernstreifens. Den Part des Bösewichts hatte man in diesem Stück einer alten, keifenden Frau angetragen, die dem Tod nur noch eine Nasenlänge voraus zu sein schien. Der strahlende Held war ein sabbernder Lockenkopf, der mit autistischer Regelmäßigkeit Grunzlaute produzierte, die – so vermutete ich zumindest – seinen Unmut über die verfahrene Situation zum Ausdruck bringen sollten. Das greise Mütterchen schimpfte in einem fort zu, gebärdete sich wie ein neidender Rohrspatz und versuchte gar, ihren Widersacher unter Einsatz des Krückstocks zur Aufgabe zu piksen. Vergeblich. Der Lockenkopf bewegte sein Haupt mit rhythmischer Monotonie auf und ab, wobei die Speichelfäden zwischen Mund und Dreieckstuch, das man ihm um den Hals geknotet hatte, lang und länger wurden, bis sie schließlich durch besonders heftige Kopfstöße entzweit wurden und abwärts baumelnd einen glitschigen Film auf seiner Jacke hinterließen. Ich indes war interessiert auf der anderen Treppenseite stehen geblieben und beobachtete belustigt die weitere Entwicklung des Geschehens. Menschen hasteten vorbei und versperrten mir die Sicht, weshalb ich es vorzog, zum Treppenabsatz zurückzukehren, um von oben einen besseren Blick auf die Szenerie zu erhaschen. Die Greisin schimpfte, der Lockenkopf sabberte (und grunzte) – so ging das einige Minuten, ohne dass etwas passiert wäre. Die Treppe hatte sich mittlerweile geleert und nur noch vereinzelt flüchteten Leute an mir vorbei, ihrer vermeintlichen Bestimmung entgegen. Das Mütterchen schien nunmehr eingesehen zu haben, dass Piksen allein sie nicht zum Ziel führen würde, weshalb sie sich anschickte die Samthandschuhe abzulegen, um sogleich und wiederholt mit dem Krückstock auf ihren Kontrahenten einzuschlagen. Doch der reagierte immer noch nicht. Also verlieh sie ihren Hieben noch mehr panischen Nachdruck und ich glaubte, in ihrem Gesicht ablesen zu können, wie ihre verbliebenden Lebensgeister sich zu einem allerletzten Angriff gegen die Widrigkeiten des Alterns zusammenrotteten. Dem Lockenkopf wurde es schließlich zu bunt: er setzte sich in Bewegung und schob die gehbehinderte Greisin zur Seite. Die versuchte noch, eins mit dem rettenden Treppengeländer zu werden, doch der Behinderte verstand ihre Angst nicht zu deuten und rollte über sie hinweg wie ein außer Kontrolle geratener Panzer. Ein Schrei, dann stürzte sie auch schon die Stufen hinab und blieb regungslos am Fuß der Treppe liegen. Das wiederum war mein Signal zum Aufbruch; wäre ich länger geblieben, ich hätte mich am Ende gar den Sanitätern oder schlimmer noch, der Polizei, erklären müssen. Eine Aufgabe, die ich als überaus unangenehm empfand und es war wirklich nicht einzusehen, weshalb ich mich aufgrund der Probleme anderer auf solch lästige Scherereien hätte einlassen sollen. Als ich über den drollig verrenkten Körper der Alten hinweg stieg, stellte ich fest, dass jede Hilfe ohnehin zu spät gekommen wäre. Als ich abends in mein Gefängnis zurückkehrte und an dem Bahnhof vorbeikam, der am Morgen noch die Bühne jener fatalen Begegnung gewesen war, stach mir ein signalfarbender Zettel ins Auge. Und so trat ich näher, um seinen Inhalt zu studieren. Man suchte nach Augenzeugen, die den morgendlichen Vorfall beobachtet hätten. Vorsichtig löste ich den Zettel von der Scheibe, faltete ihn und ließ ihn in meiner Manteltasche verschwinden – als Souvenir sozusagen.

 
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Moikka und nö,

das ist vllt Humor, aber nicht Gesellschaft.

Der ach so coole, überlegene Prot und die ach so dusseligen Rentner/Deppenalkis oder frag mich ist ein furchtbar ungern gesehener Aufbau. Dieser überheblichen Sicht, "ich indes" sag ich nur, mag man sich nämlich meist nicht anschließen, wenn der Prot nicht noch ein paar interessante andere Aspekte vorzuweisen hat. Am doofsten findet man bei sowas nämlich dann den Erzähler, und das ist wohl der Tod eines Textes, der unterhalten soll. Zum Nachdenken regt hier nichts an - außer was den Autor geritten hat, sowas zu posten.

Als ich über den drollig verrenkten Körper der Alten hinweg stieg, stellte ich fest, dass jede Hilfe ohnehin zu spät gekommen wäre.
Total drollig! Versteh mich nicht falsch, ich liebe schwarzen Humor, aber der sollte intelligent - besser noch: subversiv - sein. Das ist so Sat 1 Nachmittagsprogramm-Niveau.

autistischer Regelmäßigkeit
Was hat Regelmäßigkeit mit Autismus zu tun? (schlag mal nach, was Du verwendest)
panischen Nachdruck
:confused: Das ergibt kein sinnvolles Bild.

Übrigens: Es gibt auch Substantive, die man ohne Adjektive verwenden kann. Ziemlich viele sogar. Kurz gesagt: es nervt.

Bitte sag mir Bescheid, ob Du mit einer Verschiebung einverstanden bist - hier im thread oder per PN. Falls Du Dich nicht in den nächsten zwei Tagen meldest, verschiebe ich ohne Rückmeldung.

Was mich hierbei wirklich ärgert ist, daß so eine menschenverachtende Haltung als Gesellschaftskritik verkauft wird. Willst Du damit die Haltung des Erzählers ankreiden, müßtest Du die Sache anders angehen. Wenn Du einfach nur etwas Humoriges unterbringen wolltest, dann findet der Text in einer entsprechenden Rubrik ja vllt sein Publikum - einfach, weil dort die Lesererwartung eine andere ist.

Herzlichst,
Katla

 

Hallo Charles de Levre,

und herzlich willkommen hier.
Positiv fällt mir auf, dass du versuchst, deine Figuren genau zu skizzieren und dich in die Situation zu versetzen, die du beschreibst. Negativ finde ich daran die Bewertungen, die du vorgibst, anstatt sie entstehen zu lassen.
Gerade den ersten Satz finde ich in der Beziehung zum einen als besonders schlimm, zum anderen auch als inkonsistent in der Wahl der Bilder. Zum einen sind die Wertungen "täglicher Tod" oder "Lemminge" für den Weg zur Arbeit wirklich schon so häufig benutzt worden, dass sie allmählich langweilen, zum anderen beinhalten sie immer eine unglaubliche Anmaßung.
Inkonsistent hier, weil du nicht in den verwendeten Bildern bleibst oder sie doppelt und widersprüchlich verwendest.
Wenn du zum Beispiel die Horde Lemminge verwendest, stört anonym, da du die Tiere, die du zum Vergleich nimmst, ja benennst.
"Hilflos" als Attribut für die zwei Streitenden widerspricht der Darstellung der beiden, allerhöchstens der Mann wird als hilflos beschrieben, aber auch nur zu Beginn. Wie kommt der Erzähler auf die Wertung?
Die Formulierung "dem Tod voraus" beschreibt das Gegenteil des im ersten Satz Behaupteten. Da eilen alle dem Tod zu, anstatt vor ihm wegzulaufen, nur dann kann man ihm aber voraus sein.

Sympathisch muss dein Erzähler nicht sein, das fällt auch schwer angesichts seiner Haltung. Vielleicht empfindest du ihn als typisch für den Zynismus einer Gesellschaft, die über alle Schwachen hinweggeht und hast die Geschichte deshalb in diese Rubrik gesteckt. Ich finde sie durchaus berechtigt hier.

Schwierig finde ich die Formulierung "in mein Gefängnis zurück", denn entweder ist es bildlich gemeint und beschreibt die als Gefängnis erlebte Wohnung, dann fehlen aber die Schilderungen, was diese Wohnung für ihn zum Gefängnis macht, die haben aber in dieser Geschichte eigentlich nichts zu suchen. Oder aber es ist wörtlich gemeint, dann ist dieses der einzige Hinweis darauf, dass es sich bei dem Erzähler um einen Freigänger handelt, das allerdings ändert an der Geschichten so wie sie ist, auch nicht wirklich etwas, es könnte also drauf verzichtet werden.

Lieben Gruß
sim

 

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