Treff 2000
Die Kirchturmuhr schlug 12 Mal und die Sonne stand hoch am Himmel. Es war heiß. Mitten im Sommer eben.. Draußen eilten Sie geschäftig, aber vor Hitze keuchend, umher. Drinnen in den Büros schwitzten Sie. „Summer in the city“ summte Jaqueline leise und ordnete gerade einen Stapel Rechnungen, als ihr Alleinsein plötzlich durchbrochen wurde.
„Hallo Jacky, darf ich Dich ansprechen? Ich bin Hans und einsam.“
Sie war aus den Gedanken gerissen. Was will dieser wildfremde Mann? Aber das passierte ihr ja öfter. Meist waren Sie doch einfach zu durchschauen.
„Hi. Du tust es schon. Was willst Du?“
„Jetzt nur reden, aber eigentlich suche ich eine Frau.“
Ganz schön dreist! In Gedanken gab Sie ihm noch maximal 2 Minuten dann ist er abgeblitzt.
„Du hast es nötig, was? So? Auf diese Weise?“
Hans schaute doch etwas verlegen auf seine Schuhspitzen, antwortete aber:
„Warum nicht?“
„Es ist seltsam und sehr direkt!“
„Effektiv und direkt!“
„Ah effektiv. Wohl für eine Nacht!“
„Ich habe zwar nichts gegen Sex, im Gegenteil, aber ich will im Grunde etwas Festes.“
„Zum Heiraten? Haha! Prinz was?“ Sie liebte Ironie. Wie viele selbsternannte Prinzen hatte Sie die letzten Wochen schon kennengelernt.
„Nicht ausgeschlossen.! Wenn es passt. Prinz: Mußt Du wissen. Man kann sich ja kennenlernen.“
Er ist zumindest nicht langweilig und das Ganze entwickelt sich zu einem schwungvollen Schlagabtausch, dachte sich Jaqueline. Er war wohl direkt; ja, aber zumindest übertrat er nicht die Schwelle des Anstandes. Deshalb antwortete Sie spitzbübisch „Soso, kennenlernen? Wie denn? Du machst das wohl öfter, einfach so fremde Frauen anzusprechen?“
„Das ist jetzt aber taktlos von dir, das zu fragen!“
„Nein, es ist effektiv und direkt!“
Das saß. Sie war wohl auch eher von der Sorte, die nicht auf den Mund gefallen ist, dachte sich Hans.
„OK ich habe es schon oft probiert. War aber nichts!“
„Herr Einsam wills zweisam und ist ein Prinz!“
Jaqueline blickte aus dem Fenster, sah den Teich im Park und dachte an die vielen kleinen Molche, die Sie gestern da gesehen hatte. Jetzt noch einen hinterher:
„Bist also ein Lustmolch !“
„Ich bin allein!“
Das war offen! Ehrlich scheint er ja zu sein.
Sie sprachen schon eine Weile und er machte Sie immer neugieriger. Das Gespräch hüpfte vom einen Thema zum anderen. Wurde immer angeregter. Sie war Single. Er hatte studiert. Sie mochte gelbe Schmetterlinge, er Weißbier mit Zitrone. Er mochte Fahrradtouren. Jaqueline entgegnete, da schwitze man so. Er grinste und antwortete, man könne wirklich besser ins Schwitzen geraten. Jaqueline mußte dann doch stark schlucken, als er Sie fragte ob Sie Sehnsucht nach Sex hätte und wie Sie damit umgehe. Sie hatte das noch nie jemandem vorher anvertraut, beschloß aber offen zu sein. „Und das nach einer Viertelstunde“, murmelte Sie noch.
„Wenn kein Mann da ist, komme ich selbst auf meine Kosten!“
„Nimmst Du Hilfsmittel!“
Sie nahm einen tiefen Schluck Luft, ihren Mut zusammen, und entgegnete:
„Ja. Vibrator!“
„Dunkle Ausführung?
„Nein. Normal. Reicht!“
„Na was für ein Glück!“
Jetzt mußte sie doch lachen und ihre Anspannung löste sich.
„Dann bist Du jetzt wohl Hans im Glück?“
„Nicht nur. Auch Hans der Witwer!“
„Frau verloren?“
„Vor 8 Jahren!“
„Da war ich noch verheiratet!“
„Ich auch!“
„Entschuldige!“
„Ist vorüber. Hab lang gebraucht!“
Und auch so ging das wieder eine zeitlang weiter. Schnell, hastig. Nach einer halben Stunde hatten Sie 100 Themen durch. Es floß zwischen den beiden. Man hatte einen Eindruck vom anderen.
„Wollen wir uns einmal treffen?“
„Haben wir das nicht im Grunde schon?“
„Jaqueline. Gib mir doch endlich die Rechnungen rüber. Mann. Labertante!“
Das war Frau Kühne, diese ewige Nerve!
Ende der Mittagspause. Sie vereinbarten einen Treffpunkt. Jaqueline alias Jacky beendet ihre Internetverbindung und war wieder ganz in der wahren Welt.