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Traurige Gewissheit

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14.10.2014
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Traurige Gewissheit

Die Narben saßen tief. Nach all den Jahren zeichneten sie das Mädchen noch immer. Bei jedem Atemzug, jedem Wimpernschlag und jedem ihrer Schritte schoss ein Schmerz durch ihren Körper, welcher unheilbar war. Er setzte an den Zehenspitzen an und endete an den Spitzen ihres schulterlangen, braunen Haares. Manchmal war es dieser schreckliche Schmerz, der sie zusammenfahren ließ, sie aus dem Alltag riss und für einige Tage in eine Leere fallen ließ, aus welcher nicht einmal ich sie herausholen konnte. Sie lag dann in unserem Bett, eingerollt wie unsere Katze an kalten Winterabenden und starrte mit leeren Augen die Wand an. Solche Momente wurden weniger aber die Tatsache, dass sie existierten, machte mir Angst. Ich hatte bereits vieles getan, um die "Tage der Erinnerung", wie wir sie nannten, zu verkürzen oder gar aus ihrem Leben auszulöschen. Aber solche Erinnerungen konnte man nicht einfach vergessen machen, sie waren für die Ewigkeit, wie Narben eben...

Jede erneute Phase bereitete auch mir Kopfzerbrechen. Es tat mir weh sie dort liegen zu sehen, zu beobachten, wie ihre Tränen in das Bettlaken eindrangen, wie sie sich wand und ich kein Mittel fand, sie zu beruhigen. Ich wusste ja nicht einmal, was mit ihr nicht stimmte, aber nach Jahren akzeptierte ich ihr Geheimniss. Meist legte ich mich einfach neben sie auf den Rücken, blickte hinauf zur Decke und erzählte ihr eine Geschichte, die mir gerade in den Sinn kam. Normalerweise tat ich mich schwer mit dem Interpretieren, doch wenn sie so da lag, flossen die beruhigenden Worte nur so aus meinem Mund. Meine Hoffnung, sie auf andere Gedanken zu bringen wurde mit ihrer andauernden Traurigkeit im Keim erstickt. Ich fühlte mich so hilflos...

Es tat mir unglaublich weh, als sie am Morgen des 25. Dezembers im Bett liegen blieb und nicht auf meine Worte reagierte. Auf die Frage nach einem Frühstück im Bett antwortete sie nur mit einem leisen, schwachen Gemurmel. Zwar war mir die vorzufindende Situation nach all den Jahren nur zu bekannt, doch routiniert handelte ich trotzdem nicht. Der frisch gemachte Kaffee lief mir über das Handgelenk, ich stieß mich mit den Füßen am Küchentisch und versäumte es, den Futternapf unserer Katze aufzufüllen. Doch wie ich so in aller Stille die Zeitung laß, packte mich die Angst und ich blickte auf. Bis auf das Ticken der Küchenuhr war nichts zu hören. Panisch sprang ich auf, stieß den Stuhl beiseite und stürmte ins Schlafzimmer. Da saß sie. Kerzengerade im Bett und blickte zu mir hoch. Keine Träne war zu sehen. Überrascht und etwas beunruhigt näherte ich mich ihr, setzte mich auf den Bettrand und streichelte ihr über die Wangen. Sie fasste meine Hand, beugte ihr Gesicht zu mir herüber, sodass ihre Lippen mein Ohr berührten, und raunte mir mit klarer, zarter Stimme zu: „Ich werd gern geküsst, bevor ich gefickt werde."
Es traf mich wie der Blitz und diesmal waren es meine Tränen, welche auf das Bettlaken tropften...

 

Hallo GhostStories,

herzlich willkommen!

Die Geschichte liefert mir keine Erkenntnis. Der Ich-Erzähler ist halt ein Beobachter, der einfach nur berichtet, was er sieht und nicht einmal das, was er noch so weiß, über das Mädchen.
Das ist mir zu wenig. Vielleicht sollte man über eine andere Erzählperspektive nachdenken.

Lieben Gruß

Asterix

 

Danke für deine Einschätzung :)
Ja, zu einer Erkenntnis zu kommen fällt vielleicht etwas schwer. Ich wollte dem Leser viel Interpretationsspielraum geben und nutzte dafür einen unwissenden Erzähler. Vielleicht etwas zu viel Spielraum?

Gruß zurück

GhostStories

 

Hallo,

was genau meinst du denn mit "unwissender Erzähler"? Ich finde nicht, dass der Erzähler unwissend ist, der weiß ja eine ganze Menge über die Person; wo der Schmerz genau anfängt zum Beispiel. Ich weiß nicht, welche Erzählperspektive du hier genau meinst.

Fakt ist, du erzählst nichts. Das sind Beschreibungen, die sich selbst genügen. Für einen Interpretationsraum müsstest du dem Leser Raum eröffnen, du müsstest ihm eine Tür anbieten, die er aufmachen kann (wenn er will), aber die hast du hier nicht. Man spürt schon, du hast dir mit dem Verfassen Mühe gemacht, wolltest das sicher schön schreiben, aber leider ist mir das auch zu wenig. Mit dem Blood Diamond Zitat ganz am Ende reißt du es dann auch nicht raus.

Konstruktiv: Szenen schreiben, oder szenischer an sich, überlegen, wie man den Charakter anlegt und wie der von A nach B kommt, wie der einen Konflikt bewältigt, der den Leser animiert, nachzudenken, weiterzulesen, zu interpretieren.

Gruss, Jimmy

 

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