Was ist neu

Traumtanz der Erinnerung

Seniors
Beitritt
29.01.2010
Beiträge
1.501
Zuletzt bearbeitet:

Traumtanz der Erinnerung

Milena Schütt studierte die neuesten Wohnungsanzeigen am Personal-Anschlagbrett. Drei neue waren dabei, doch keine ihren Vorstellungen entsprechend. Seit sechs Monaten logierte sie nun schon in einem Studio des klinikeigenen Personalhauses, aber die Räumlichkeit war ihr zu eng.
«Noch immer auf Wohnungssuche, Frau Schütt?» Es war Frau Blum, die aus dem Sekretariat trat, ein paar Akten in der Hand.
Ausgerechnet die Blum. Sie spielt sich wieder mal auf. Ach was soll es, es hat keinen Sinn sich mit der Sekretärin vom Chef anzulegen.
«Leider. Ich hatte ein Objekt in Aussicht, doch wurde die Wohnung einem Paar mit Kind vergeben. Man gewichtete das Bedürfnis einer jungen Familie höher.»
«Nur den Mut nicht verlieren, es wird schon mal klappen. Immerhin haben Sie mit dem Studio ja eine sichere Unterkunft.»
Wie immer nett, so von oben herab. Wenn die wüsste, wie sie mit ihrer Art abfällt und wie ich sie einschätze.

Zwei Wochen später erhielt Milena Schütt einen Anruf in der Klinik.
«Guten Tag Frau Schütt. Hier ist die Bella-Vita-Immobilienverwaltung, Herbert Müller am Apparat. Bei uns ist registriert, dass sie an einer Zwei- bis Dreizimmer-Wohnung interessiert sind. Ist dem noch so?»
«Ja doch», antwortete Milena schnell. Demnach hat man meine Nachfrage doch festgehalten, obwohl sie überall sagten, dass sie keine Wartelisten führen.
«Es handelt sich allerdings um eine möblierte Wohnung. Die Eigentümer sind für mindestens zwei Jahre im Ausland. Die Mietdauer wäre auf unbestimmte Zeit befristet, bei sechs Monaten Kündigungsfrist.»
«Das wäre für mich annehmbar. Wo befindet sich denn das Objekt?»
«An der Neubrunnstrasse. Also in einem von Ihnen gewünschten Quartier, auf halber Höhe am Hügel liegend.»
«Das wäre ideal. Könnte ich die Wohnung vielleicht morgen Nachmittag besichtigen? Ab sechzehn Uhr habe ich keine Patienten mehr.» Sie hörte das Ticken von Knöpfen, während Herr Müller anscheinend seine elektronische Agenda abfragte. Die kurze Zeit, bis er wieder sprach, wurden ihr zur Anspannung. Diesmal muss es klappen.
«Geht es bei Ihnen um siebzehn Uhr dreissig?»
«Ja.»
«Die Adresse ist Neubrunnenstrasse elf, zweiter Stock bei Söderblom. Also dann bis morgen. Auf Wiedersehen Frau Schütt.»
«Auf Wiederhören Herr Müller, vielen Dank für Ihren Anruf.» Milena war aufgeregt. Mindestens zwei Jahre. Das gibt mir Zeit, in Ruhe etwas Definitives zu suchen.

Am Eingang musste sie die Klingel betätigen, um ins Haus zu gelangen. Die Wohnungstür stand offen, Herr Müller kam ihr entgegen, als sie aus dem Aufzug trat.
«Frau Schütt, schön Sie kennenzulernen», er streckte ihr die Hand entgegen.
«Es freut mich auch, Herr Müller.» Sie schaute ihn etwas irritiert an. Komisch, er trägt in der Wohnung eine Sonnenbrille.
«Ein Augenleiden», erwähnte er, auf die Brille deutend. Ihm war ihr Blick nicht entgangen.
«Ich zeige Ihnen am besten erst die Räumlichkeiten, dann können wir uns über die Formalitäten unterhalten, falls Ihnen das Objekt zusagt.»
«Ja gern.»
Die Einrichtungen von Diele, Küche und Bad sind komfortabel und alles sehr gepflegt. Das Wohnzimmer ist allein schon grösser als mein Studio und dazu noch die lockere moderne Möblierung. Ah, der runde Tisch vor dem breiten Fenster, ideal um auch Gäste zu bewirten.
Vom Balkon aus bot sich ein weiter Ausblick in die Ferne. In näherer Umgebung standen einige Mehr- und ansonsten Einfamilienhäuser.
«Das ist die Südseite, also eine durchgehend sonnige Lage.»
Als sie das Schlafzimmer sah, war sich Milena sicher. Die Wohnung will ich, unbedingt. Der Mietpreis ist wahrscheinlich höher als ich ausgeben wollte, aber ich kann ja zusätzlich einige Privatpatienten annehmen, dann geht es.
In der Diele zeigte Herr Müller auf eine Tür. «Dieser Raum ist abgeschlossen. Herr und Frau Söderblom haben darin persönliche Effekten deponiert.» Dann trat er auf die letzte Tür zu, dessen Raum sie noch nicht besichtigt hatten. «Diesen fensterlosen Raum kann man beispielsweise als Abstellkammer nutzen. Derzeit befinden sich noch vier Terrarien darin, doch diese werden nächste Woche abgeholt.»
Er öffnete die Tür. Rotes Licht von Wärmelampen, die über den Terrarien hingen, gaben dem sonst leeren Raum einen intimen Charakter. Müller trat zurück, um Milena durchzulassen.
Abstellraum? Das sind ja mindestens vier auf fünf Meter. Wenn ich an der hinteren Wand einen Vorhang drapiere, brauche ich nur ein paar Sessel, ein, zwei Bilder und eine gute Beleuchtung. Dann habe ich sogar zu Hause einen Behandlungsraum. Das ist ja mehr als ich mir erträumen konnte.
Das Klicken der Tür liess sie sich umdrehen, Müller hatte sie zugemacht, ohne einzutreten. Der drehende Schlüssel im Schloss erzeugte ihr ein ungutes Gefühl. Sie griff nach der Türfalle, doch die Tür gab nicht nach. Er hatte sie eingeschlossen. «Herr Müller, Sie haben mich irrtümlich eingesperrt.» Da nichts passierte, klopfte sie, zunehmend verärgert über diesen schlechten Scherz. Verdammt was soll das, er muss doch gemerkt haben, was passiert ist und mich hören? Eine Weile blieb es noch still.
«Milena. Du hast mich wohl nicht mehr erkannt?», erklang Müllers Stimme.
Das ist nicht einfach ein schlechter Scherz. «Wer sind Sie?», ihre Stimme klang nun verunsichert.
«Du kennst meinen Namen, Herbert Müller.»
«Ich habe Sie heute zum ersten Mal gesehen. Was wollen Sie von mir.»
«Du willst mich nicht kennen? Böses Mädchen, dabei siehst du doch so brav aus.»
Milena wurde wütend. Ihr Temperament hatte sie an sich sonst gut unter Kontrolle. Als Kind war sie lange Zeit öfters unausstehlich gewesen, machte aber die Erfahrung, dass sich ihre Ausbrüche letztlich nur destruktiv auswirkten. Sie lernte, dass sie mit Schmeicheln mehr erreichen konnte. Nun trat sie heftig mit dem einten Fuss gegen die Tür.
«Das ist sinnlos Milena. Spare dir deine Energie, du wirst sie noch brauchen.» Er lachte eigenartig, guttural.
Was hat er mit mir vor? Will er Lösegeld? Meine Familie ist nicht reich.
«Sie verwechseln mich wahrscheinlich mit jemand anderen. Es ist ein Irrtum. Weder ich noch meine Familie sind vermögend.»
Warum reagiert Müller nicht?
«Hallo Herr Müller, haben Sie mich verstanden. Ich bin nicht die Person, die sie meinten.»
«Oh doch Milena, das bist du. Als ich dich vor zwei Wochen in der Klinik sah, erkannte ich dich sofort.»
In der Klinik? Ein Patient? «Ich habe sie dort noch nie gesehen.»
«Ich kam von Professor Hartmann, als du dich im Korridor mit einer Frau über deine anscheinend schon länger währende Wohnungssuche unterhieltest.»
«Woher kennen Sie mich?»
«Vom Gymnasium her. Dämmert dir nun etwas?»
Vom Gymnasium? In meiner Klasse war er nicht. Herbert Müller? Vielleicht habe ich seinen Namen mal gehört. Er ist aber zu alltäglich, als das ich ihn mir einprägte, wenn wir sonst nichts gemeinsam hatten.
«Nein, ich kenne dich wirklich nicht.»
«Das passt zu dir Milena. Du warst damals schon so. Deine Freunde standen im Mittelpunkt, alle anderen empfandest du als lästig und störend.»
«Das stimmt überhaupt nicht. Jetzt weiss ich es, du verwechselst mich mit Milena Schlomm von der 3B. Die war immer etwas zickig.»
«Nein Milena, du warst es, nicht die Schlomm. Die konnte ich überhaupt nicht leiden.»
«Aber ich habe dir doch nichts getan?»
«Nichts getan, so kann man es auch nennen. Du hast mich, am Abschlussball nur abgefertigt als sei ich der letzte Dreck. Aber dies hat für dich ja keine Bedeutung.»
«Das kann nicht sein, ich kenne dich ja gar nicht.»
«Als ich dich höflich um den ersten Tanz bat, hast du mich kaum angesehen und dich wortlos einem deiner Klassenkameraden zugewandt, um mit ihm zu tanzen. Diese Abfuhr war eine gewollt grobe Beleidigung. Deine zynischen Freunde hatten mich nur abfällig und hämisch angeschaut, als du mich abblitzen liessest. Diese Demütigung habe ich nie vergessen.»
«Davon weiss ich nichts. Möglicherweise habe ich dich ja nicht wahrgenommen, nicht gehört, dass du zu mir sprachst. Es war damals ein gewaltiger Rummel und sehr laut.»
«Keinen Moment hast du an diesem Abend mir dann auch nur einen Blick gewährt. Als ob ich Luft sei.»
«Es tut mir leid, wenn ich dich ungewollt verletzte.»
«Der Abschlussball war mir die passende Gelegenheit, einander endlich näherzukommen. Ich war mir sicher, wir würden uns an diesem Abend bei einem Traumtanz finden.»
«Du hast dich da in etwas hineingesteigert Herbert. Das kann sich in der Adoleszenz schon mal ergeben. Aber heute sind wir Erwachsene, da können wir mit solchen Situationen doch umgehen.»
«Du hast recht, ich kann damit umgehen. Als ich dich vor zwei Wochen nach so viel Jahren wieder sah, wurde mir klar, dass ich dir noch etwas schulde. Ich suchte etwas, dass mich dir unvergesslich einprägen wird, wie du es für mich bist. Endlich kann ich mich nun revanchieren.»
«Herbert. Mach bitte auf, wenn ich dir etwas bedeute.» Sie drückte erneut mehrfach die Türfalle.
Er lachte anfänglich gefällig, doch dann steigerte es sich in hysterisch wirkende Laute.
Er muss gestört sein. Rasterhaft ortete sie die Anzeichen von Symptomen. Nach dem, was er sagt, könnten narzisstisch als auch psychotisch stark ausgeprägte Züge vorliegen, möglicherweise Borderline. Sie klopfte nun in normaler Stärke gegen die Tür. Sie hatte schon einige Erfahrungen mit schwierigen Patienten sammeln können, doch noch nie war eine wirklich bedrohliche Situation aufgetreten. Angst verspürte sie keine.
«Für dich habe ich ein ganz besonderes Geschenk ausgesucht, Milena. So eine Art Wellness-Kur für Psychotherapeuten. Es ermöglicht dir einige Tage der Besinnung. Allein und doch von Leben umgeben. Dies ist für eine Psychologin doch ein wertvoller, persönlicher Erfahrungswert.» Es setzte wieder ein irres Lachen ein.
Sie lauschte, er war nicht zu hören. Hat er sich entfernt? Hier gibt es nichts, mit der ich die Tür gewaltsam öffnen könnte. Dummerweise hatte ich den Mantel und die Tasche im Wohnzimmer abgelegt, sonst könnte ich jetzt einfach zum Handy greifen.
Sie betrachtete nun die Terrarien, ob da vielleicht etwas einsetzbar wäre, um die Tür aufzubrechen. Hölzer, Sand und Erde, völlig unbrauchbar. Der Metallrahmen eines Terrariums vielleicht? Als sie näher trat, erstarrte sie. Im ersten Terrarium erblickte sie zwei Schlangen, die eine zusammengerollt, die andere unauffällig auf einem Ast liegend. Ihre Schuppen waren von einem warnenden Rot mit regelmässigen weissen und schwarzen Ringstreifen um den Körper. Auch die anderen Terrarien waren mit solchen Tierarten ausgestattet. Die einen in giftig wirkendem Hellgrün, andere in einem dreckigen Grau sowie zwei in sandfarbenem Beige. Das meinte er damit, allein aber doch von Leben umgeben. Damit beeindruckt er mich jedoch nicht. Da fehlen ja die Abdeckungen der Wärmelampen wegen. Dieses fiese Schwein.
«Herbert, du hast deinen Spass gehabt, mach jetzt bitte auf.» Nichts rührte sich. «Herbert, meine Geduld ist nun langsam zu Ende. Mach auf, dann werde ich die Sache vergessen. Ansonsten muss ich dich wegen Nötigung anzeigen, das willst du doch nicht?» Es blieb still.
Anscheinend will er mich allen Ernstes hier festhalten. Sie trommelte nun mit den Fäusten an die Tür. Plötzlich ging das Licht der Wärmelampen aus, es war stockfinster. Der spinnt wirklich. Entfernt war das Zuschlagen einer Türe zu hören. Ist er gegangen?
Sie versuchte sich ein Bild über Herbert zu machen, soweit dies aufgrund der wenigen Fakten möglich war, um sein weiteres Verhalten abzuschätzen. Bei Borderlinestörungen kann krisenhaft aggressives, widersinniges Verhalten auftreten, das dann auch wieder in selbststrafende Phasen übergeht. Es wäre möglich, dass er sein ungebührliches Verhalten schnell bereut. Sie zeigen allerdings oft ungewöhnliche Symptomkombinationen. Ihr Hoffnungsschimmer zerstreute sich wieder. Wenn das bei ihm zutrifft, ist er unberechenbar. Er wird wohl nicht so schnell zu normaler Einsicht gelangen.
Frühestens morgen wird man mich vermissen, wenn ich nicht zur Arbeit erscheine. Leider hatte ich nur der Blum gegenüber erwähnt, dass ich eine Wohnung ansehen gehe. Doch um ihr eins auszuwischen, hatte ich ihr ja auch die Adresse genannt. In einem solch guten Quartier wohnt die nicht. Aber ob die sagt, wohin ich zu gehen beabsichtigte? Der ist es doch nur recht, wenn ich ihr nicht begegne. Die mit ihrem Minderwertigkeitskomplex.
In der Dunkelheit war nichts zu sehen und aus dem Haus hörte sie auch keinen Laut. Sie begann, gegen die Türe zu hämmern, in der Hoffnung andere Hausbewohner könnten es hören und ungewöhnlich finden. Doch alsbald schmerzten ihr die Fäuste. Ich werde abwarten, bis ich irgendwelche Nachbarn höre. Irgendwann werden die auch nach Hause kommen.
Ihr Zeitgefühl war ihr abhandengekommen. Sie wusste nicht, ob sie erst eine oder bereits mehrere Stunden wartete. Es war zermürbend einfach dazustehen und in die Dunkelheit zu starren. Ermüdet setzte sie sich hin, den Rücken an die Tür gelehnt.

Was war das? Ich muss eingenickt sein. Als ob etwas Leichtes zu Boden gefallen sei. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Eine der Schlangen ist dem Terrarium entwichen. Wahrscheinlich, weil die Lampen keine Wärme mehr verbreiten. Sind schon mehrere Schlangen draussen und ich habe es nicht wahrgenommen? Ihre aufkommende Panik versuchte sie, mit rationaler Überlegung abzuwehren. Wenn sie draussen sind, werden sie Wärme suchen. Die finden sie bei mir. Sie schauderte und zog ihre Beine dichter an den Körper, möglichst keine Angriffsfläche bietend. War da nicht etwas? In nächster Nähe war da doch ein Geräusch, als ob etwas über den Boden streift. Das ist nur magische Angst, ich muss verhindern, dass ich die Kontrolle verliere. Sie begann als einfache Konzentrationsübung fortlaufende Zahlen laut auszusprechen, die Vorstellung ihrer Umgebung ausblendend. Doch die Wahrnehmung liess sich nicht übertölpeln. Sie stockte immer wieder und lauschte, den Blick in die Dunkelheit um sich gerichtet, ob sie etwas erkennen könne. Er versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben. Er ist ein perfider Sadist, der sich jetzt wahrscheinlich wollüstig vorstellt, wie ich mich ängstige. Ich werde die Angst umkehren, in Wut wandeln und wehe, wenn er hier wieder erscheint. Da war doch wieder etwas, unmittelbar vor mir. Mit einem Fuss hieb sie nach vorn auf den Boden. Bin ich auf etwas getreten? Schnell zog sie das Bein wieder zurück. Es ist gefährlich, was ich da tue. Wenn ich gebissen werde, habe ich keine Überlebenschance. Nun verlor sie die Beherrschung, Tränen quollen ihr über und zunehmend wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt.
«Au». Ich bin gebissen worden. Wie Nadelstiche am Knöchel. In Milena breitete sich eine Dumpfheit aus, sie gab sich verloren, ein Schleier von Gleichgültigkeit überzog ihr Bewusstsein. Da wieder ein Biss, es ist nicht einmal schmerzhaft, mehr ein piken. Wenn es wenigstens nur schnell geht, ich nicht langsam verenden muss. Der Gedanke, in Todesgefahr zu sein, weckte nun doch wieder ihre Lebensgeister. Nein, ich will nicht sterben. Sie hob zitternd die Hände rückwärts über den Kopf, um kräftig an die Tür zu pochen. Eine der Schlangen musste sich zu ihrem Schoss hochgeschoben haben, sie spürte da eine Bewegung. Ihre Hände erstarrten in der Luft, die Tränen rannen unaufhörlich. Wenn ich mich an einen andern Platz begebe, könnte ich wenigstens solang entkommen, bis das Gift wirkt und ich nichts mehr wahrnehme. Dieser Gedanke fixierte sich. Innerlich bemühte sie sich, alle Kraft zu sammeln, um hochzukommen und wegzuspringen. Es gelang ihr zwar nur schwer, sich zu erheben, ein Stich am Oberschenkel liess sie beinah wieder zurückfallen. Aber sie schaffte es trotz der Dunkelheit an die entgegengesetzte Wand zu gelangen, wo sie zu Boden sank, unfähig stehenzubleiben.
Da sind sie wieder. Sie zuckte zusammen, als sie über ihre linke Schulter ziehend ein leichtes Gewicht spürte. Ich darf mich nicht bewegen. Eine der Schlangen hat sich da hochgezogen. Widerlich dieses Ziehen des kühlen Körpers, der glatten Schuppen am Genick entlang. Wenn sie sich um meinen Hals windet, erwürgt sie mich. Ihr Atem ging heftig und ruckartig. Sie würgt mich. Wenn ich sie wegzureissen versuche, beisst sie mich in den Hals. Nein doch nicht. Sie schmiegt sich Wärme suchend an. Da, auch am rechten Bein schiebt sich eine unter der Hose hinauf. Ich muss flach atmen, sonst hyperventiliere ich noch und keine heftigen Bewegungen mehr machen. Wie lange dauert es, bis das tödliche Gift wirkt? Die dumpfe Verzweiflung liess ihr keine klaren Gedanken mehr zu. In ihr pochte die Vorstellung, die acht Schlangen haben mich als Wärmespenderin auserkoren. Wie ein Filmriss in Zeitlupe schaltete sich ihr die bewusste Wahrnehmung ab.

Laute drangen in ihr Bewusstsein, Stimmen. Sie vermeinte nun jene von Professor Hartmann, zu erkennen. Ist dies der Tod, der mir Erinnerungen an das Leben vorgaukelt? Die Stimmen werden klarer, ein leises Gespräch.
«… es ist noch nicht abschätzbar, wie weitgehend, ihr der Aufenthalt in dem Raum zu akut traumatisierendem Erleben ... Inwiefern sich ihr die Wirklichkeit mit überbordend angstvoller Fantasie überdeckte. … ist jedoch anzunehmen, dass sie ihre Selbstkontrolle völlig verlor und sich das Schlimmste ausmalte.» Wem gehört diese Stimme, ich kenne sie nicht?
«… beinah schon Vorsehung, dass sie Frau Blum von … Wohnungsbesichtigung erzählte.» Das ist jetzt aber eindeutig Hartmanns Stimme. «Niemand hätte sonst gewusst, wo sie sich aufhalten ... Auch wenn es ungiftige Schlangen waren, … über kurz oder lang wären sie den Terrarien entwichen. … nur schon ihre Körper in der Dunkelheit zu …, muss grauenhaft sein.»
Es brauchte eine Weile, ehe ihr Verstand den Sinn dieser Wortfetzen filterte. Es waren keine Giftschlangen und sie waren überhaupt nicht ausserhalb der Terrarien. Ein verzweifelter Weinkrampf schüttelte sie. Das Gift erzeugt mir Halluzinationen. Es muss die Agonie sein, die mir solch wahnhafte Wunschfantasien aufkommen lässt.
«Frau Schütt, können Sie mich hören. Ich bin es, Hartmann.» Es klingt so, als ob er direkt neben mir stehen würde. Ich darf die Augen nicht öffnen, sonst wird mir die Sinnestäuschung der Stimmen endgültig bewusst und der Wahnsinn vereinnahmt mich vollends.
«Vorläufig kommen wir noch nicht an sie ran. Es wird jedoch nicht allzu lange Zeit dauern, bis sie dieses grauenhafte Erleben einigermassen überwindet und sich wieder ein normales Alltagserleben einstellt. Beruflich wird sie aber eher in eine andere Sparte wechseln müssen. Diese Erfahrung wird sie nachhaltig sensibilisieren, was in ihrem jetzigen Arbeitsbereich nachteilig sein könnte. Ich werde ihr gleich wieder eine Beruhigungsspritze geben, die sie traumlos schlafen lässt.» Dies war wieder, diese unbekannte Stimme.
Wahrscheinlich steht Herbert neben mir und schaut boshaft auf mich herab. Ja, er musste gesprochen haben, nur hatte ich seine Stimme verdrängt, die Worte gewollt falsch uminterpretiert und anders besetzt. Traumtanz hatte er es erinnernd genannt, welche Ironie. Ich müsste wütend sein, aber schaffe nicht mal mehr das. Diese Dumpfheit ist unerträglich, als ob der Verstand sich zersetzt, Debilität sich stattdessen ausbreitet. Das Gift soll es doch endlich zum Abschluss bringen, mir ein völliges Auslöschen schenken.
Ein Stich, ich hatte mich doch gar nicht bewegt. Sie kriechen wieder auf mir herum, schmiegen sich intim an mir an als wäre ich ihre Amme.
Was ist das? Ich Falle, wie wenn der Boden sich unter mir geöffnet hätte, es muss der Tod ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anakreon,

geht gleich los mit Textkram. Einige Sachen sind nur Vorschläge.

der den Behandlungsraum von Professor Hartmann, verliess.
Komma weg

auf ihre Anfrage dahin gehend reagiert, dass sie keine Wartelisten führen.
dahingehend; führten

Sie hörte das ticken von Knöpfen,
Ticken

«Geht es Ihnen um siebzehn Uhr dreissig?»
bei Ihnen

Das gibt mir Zeit in Ruhe etwas Definitives
Zeit, in

Es kam ihr in den Sinn, dass sie vergass, nach dem Mietpreis zu fragen.
vergessen hatte

Dopamin setzte sich in ihr frei,
Das war mir zu klinisch-steril

Das Haus hatte vier Etagen und wirkte ziemlich neu. Die Umgebung war begrünt und die Wohnungen wiesen grosse Balkone auf, wie sie erfreut feststellte.
Hier würde ich ihren Namen nehmen, sonst denkt man im ersten Moment, das "sie" bezöge sich auf irgendwas davor

sie hatte präzis berechnet
präzise

«Ein Augenleiden», erwähnte er, auf die Brille deutend. Ihm war ihr Blick auf seine Gläser nicht entgangen.
Den letzteren Satz finde ich überflüssig

«Ich zeige Ihnen am besten gleich erst die Räumlichkeiten, dann
"gleich" weg

Umwerfend nahm sie das Wohnzimmer wahr,
Als umwerfend (sonst liest es sich ,als würde sie den Raum betreten und erstmal Schränke usw. umschmeißen.. ;))

einige Wohn- und ansonsten Einfamilienhäuser.
Sind Einfamilienhäuser keine Wohnhäuser?

entsprach dem Komfort der andern Räumlichkeiten
anderen

wenn es leicht über ihrem obersten Limit liegen würde.
liegen sollte

Effekten
Ah, ein neues Wort. Kannte ich noch nicht. Wieder was gelernt, danke. ;)

dessen Raum sie noch nicht besichtigten.
besichtigt hatten

war nicht sehr gross aber geeignet um Dinge unterzubringen, die
gross, aber

einander endlich näher zu kommen.
näherzukommen

Sein Lachen, klang anfänglich gefällig
Komma weg

Er muss psychisch gestört sein,
Das und das Folgende fand ich gut, an dieser Stelle, denn ich hatte innerlich schon zu murren angefangen: Was, wegen einem ausgeschlagenen Tanz ... ??

Auch die andern Terrarien
anderen

Der spinnt wirklich, war ihr Gedanke.
Den zweiten Teil nicht kursiv

An ihn erinnern, konnte sie sich nicht.
Komma weg

wusste nicht ob sie erst fünfzehn Minuten oder
nicht, ob

Sie begann gegen die Türe zu hämmern, in der Hoffnung ein
begann, gegen; Hoffnung, ein

ein Nachbar anwesend war und auf die Idee kommt
käme

Als ob etwas Leichtes zu Boden gefallen sei.
ist

Sie wollte sich weigern den Gedanken zuzulassen
weigern, den

draussen und ich hatte es nicht wahrgenommen?
habe

Sie meinte in nächster Nähe, ein leicht ziehendes
Das Komma da weg und hinter "meinte"

Wie feine Nadelstiche hatte sie am Knöchel verspürt.
Fehlt was; es/etwas am Knöchel

Der Gedanke in Todesgefahr zu sein
Gedanke, in

sie spürte da eine Bewegung zwischen ihrem Körper und den angezogenen Beinen.
Find ich unglücklich, die Beine sind doch auch Körper. Nach "Bewegung" würd ich's einfach streichen, du hast davor ja schon den Schoss erwähnt

bemühte sie sich alle Kraft zu sammeln
sich, alle

nur schwer sich zu erheben
schwer, sich

da ihr die Kraft stehen zu bleiben fehlte.
Kraft, stehenzubleiben, fehlte

Einer der Schlangen fühlte sie
...

Sie versuchte flach zu atmen
versuchte, flach

Verzweiflung liess ihr keinen klaren Gedanken mehr zu.
"ihr" weg

die Unfähigkeit etwas dagegen zu unternehmen
Unfähigkeit, etwas

Sie wagte nicht die Augen zu öffnen
nicht, die

Milena weigerte sich die Augen zu öffnen
sich, die


So. Kommas fehlen auch noch oft in der wörtl. Rede, da hab ich's aber nicht rausgepickt, die anderen fand ich wichtiger.

Ja, hat mir im Prinzip gefallen. Ich fand's angenehm, dass es nur wenige Charaktere gab, da konnte man gut den Überblick behalten, und alles spielte sich auf kleinerem Raum ab, fast wie beim Kammerspiel.
Die Wohnungsbesichtigung könntest du etwas straffen; er könnte sie früher in den Raum führen, schließlich muss er ja auch die ganze Zeit über fürchten, dass sie ihn plötzlich erkennt...
Wie bereits erwähnt; ich fand's gut, dass sie versucht hat, Herbert zu analysieren und dann "psychisch gestört" usw. aufkam, sein Motiv wäre mir sonst als unglaubwürdig schwach erschienen.
Wo sie im Raum war, war es schön intensiv.
Das Ende hast du offen gelassen - netter Gedanke. Würde mE noch stärker wirken, wenn du sie vielleicht vorher schon als ein ganz klitzekleines Bisschen phobiebelastet darstellen könntest, vielleicht nebenbei erwähnt, dass sie Schlangen nicht abkann, oder so. Denn im Moment überwiegt für mich, dass sie sich das einbildet, dass sie stirbt, und ich frage mich ein bisschen, warum sie so darauf beharrt. Obwohl die Stimmen ja auch nichts zu der Tatsache, dass sie eingesperrt war, oder zu Herbert sagen. Hmmm... ;)

Dein Stil kam mir wie immer etwas hölzern vor, aber ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. ;)

Soweit von mir, gern gelesen!

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hallo Anakreon

Mir hätten ja Spinnen in den Terrarien deutlich besser gefallen als Schlangen, weil ich zu denen ein doch deutlich angespannteres Verhältnis habe ... :)

Zur Geschichte: Du wählst ein recht schwieriges Thema. Beim Höhepunkt haben wir nur noch die isolierte Hauptfigur in absoluter Dunkelheit und den Psychopath auf der anderen Seite der Tür. Irgendwann verschwindet auch der, und spätestens dann wird es für den Autor kompliziert, denn wie hält man den Leser bei einem solch reduzierten Setting bei der Stange? Natürlich, erst wird geschrien und geklopft, dann kommt irgendwann die Stille und die Angst ... tja, und dann braucht man als Autor etwas in der Hinterhand. Du wählst die Schlangen, eine schöne Idee wie ich finde, funktioniert bei mir nicht ganz weil ich mich vor Schlangen weder fürchte noch ekle, aber das ist halt subjektiv wieder bei jedem anders.

Für mich stimmen die Proportionen in der Geschichte nicht. Das Vorgeplänkel ist mir deutlich zu lang, der eigentliche Horror-Teil geht dann viel zu schnell vorbei. Ich finde, die Geschichte könnte sofort mit der Wohnungsbesichtigung starten. Die ganze Geschichte mit mindestens zwei Jahre im Ausland, der Agentur etc. pp. macht das Ganze ein wenig zäh. Ich sehe auch keinen Grund, weshalb die Wohnung möbliert sein sollte - unmöbliert fände ich es beängstigender, denn dann ist ungewiss, wann (und ob überhaupt) nochmal jemand zurückkommt. Klar, als auf einmal die Tür zufällt überrascht du den Leser, ich hätte mir aber statt der Beschreibungen des Wohn- und Schlafzimmers (die deutlich kürzer ausfallen, wenn die Wohnung nicht möbliert ist) vielmehr eine Beschreibung der Chemie zwischen der Protagonistin und dem Vermieter gewünscht. In dieser Geschichte gehts um einen Psychopath, die spielt sich auf emotionaler Ebene ab, da ist es doch viel interessanter, die Spannung zwischen den Figuren langsam ansteigen zu lassen anstatt eine Beschreibung der Einrichtung abzuliefern. Ich finde, es sollte sich hier langsam ein beklemmendes Gefühl bei der Protagonistin einstellen (bspw. aufgrund des Erscheinens des Vermieters oder seiner Aussagen), das dann - letzten Endes - als Höhepunkt in dem Einsperren gipfelt. Es ist natürlich schwierig, eine solche Atmosphäre zu schaffen und den Bogen langsam zu spannen, aber vielleicht hast du ja Inglourious Basterds gesehen und erinnerst dich an die erste Szene mit Christoph Waltz, dann weißt du, was ich meine.

Der Teil, in dem die Frau eingesperrt ist, hat mir dann deutlich besser gefallen. Leider ist er recht kurz, aber dafür intensiv. Die Idee mit den Schlangen wie gesagt sehr schön, auch dass sie sich einbildet, diese kriechen in der Dunkelheit langsam auf sie zu (oder tun sie es tatsächlich?) trägt zur Spannung bei. Nicht abnehmen tu ich dir, dass sie innerhalb weniger Minuten (kommt mir zumindest so vor) in dem Zimmer einnickt. Das braucht es eigentlich nicht, finde ich.

Der Psychopath bleibt leider sehr schemenhaft. Eigentlich ist es doch recht unsinnig von ihm, ihr die Gründe für sein Tun darzulegen, das ist doch ein Klischee. Ich fände es viel besser, wenn es keinen Grund gäbe. Er knallt die Tür zu, sperrt sie ein, fertig. Die Beschreibung von ihm und seinem Charakter sollte - wie schon erwähnt - während der Besichtigung erfolgen, da bin ich als Leser noch näher an ihm dran, als wenn er dann durch die geschlossene Tür hindurch seine Gründe durchruft. Und um das Ganze noch etwas realistischer zu gestalten, sollte der Raum schalldicht sein. Ich höre bei mir schon wenn meine Nachbarn mal zu laut das Radio laufen lassen, wie sollte es da erst sein, wenn eine Frau aus voller Kraft schreit ... ;)

Also soweit mal mein inhaltliches Feedback. Ich will dir nicht deine Geschichte zerquatschen, versteh mich da bitte nicht falsch, sieh es doch einfach als Anregungen. Ich denke eben, bei solchen Horrorgeschichten ohne übersinnliche Elemente und mit der Konstellation "Held" vs. "Psycho" sollte man möglichst viel Augenmerk darauf legen, die Spannung zwischen beiden zu beschreiben und diese langsam und schleichend aufzubauen, davon ist mir hier zu wenig drin.

Zum Stil hat Maeuser ja schon viel Vorarbeit geleistet, mir ist noch das aufgefallen:

Es kam ihr in den Sinn, dass sie vergass, nach dem Mietpreis zu fragen.

vergessen hatte

«Die Einrichtungsgegenstände sind sind allesamt von Molteni entworfen, dem bekannten Designer», warf Müller ein.

ein sind zu viel

Das Klicken der Tür liess sie umdrehen,

ein sich zu wenig

Soviel für heute.

Viele Grüße.

 

Ich habe es so verstanden:

Die Protagonistin war wohl in dem Raum, hat dort einen panischen Schock bekommen hat. Die Protagonistin hat ihrer Kollegin vom Anfang wohl erzählt, wo sie sich die Wohnung anschaut. Sie ist am nächsten Tag nicht erschienen und die Kollegin wusste, wo man suchen musste. Dort wurde sie gefunden und ins Krankenhaus gebracht.

Jetzt liegt die Protagonistin im Koma bzw. ist nicht bei bewusstsein. Die "Bisse" der Schlangen sind dann Spritzen, die sie bekommt um irgendwann aufzuwachen. Das Gespräch führt der Arzt am Krankenbett.


Thomas

 

So, jetzt finde ich endlich die Zeit, auf eure Kommentare einzutreten.

Hallo Maeuser

Die Korrekturhinweise und Vorschläge habe ich übernommen, auch bei Zusammenschreibungen, die auch als einzelne Worte zulässig wären. Ich gehe davon aus, dass sich dies inzwischen so eher etablierte. Ausnahmen bildeten mir nachfolgende Stellen:

Dopamin setzte sich in ihr frei,

Das war mir zu klinisch-steril

Ich ahnte, dass die Formulierung Anstoss erregen wird. Mag mich aber noch nicht davon trennen. Aber vielleicht hol ich es noch nach.

«Ein Augenleiden», erwähnte er, auf die Brille deutend. Ihm war ihr Blick auf seine Gläser nicht entgangen.

Den letzteren Satz finde ich überflüssig

Mir scheint eine verstärkte Betonung hier von Bedeutung. Auch wenn es nicht explizit steht, dient die Brille nur dem Zweck, ihn nicht zu erkennen und ihm nicht in die Augen zu sehen.

Effekten

Ah, ein neues Wort. Kannte ich noch nicht. Wieder was gelernt, danke.

Ja, in der Schweiz verwendet man dieses Wort auch für bewegliche Habe.

da ihr die Kraft stehen zu bleiben fehlte.

Kraft, stehenzubleiben, fehlte

Komma ja, aber stehen zu bleiben getrennt, denke ich, da das Verb davor steht.


Die Wohnungsbesichtigung könntest du etwas straffen; er könnte sie früher in den Raum führen, schließlich muss er ja auch die ganze Zeit über fürchten, dass sie ihn plötzlich erkennt...

Ich war mir bewusst, dass die Handlung, bis endlich etwas passiert, sich hinzieht. Doch wollte ich auch nicht zu schnell auf den Punkt kommen. Es sollte annähernd ein Stück alltäglichen Horror ausdrücken. Aber ich werde mir noch Gedanken machen, in welcher Form die Wohnungsbesichtigung sich einschränken lässt, ohne dass es eine klaffende Lücke wird.

ich fand's gut, dass sie versucht hat, Herbert zu analysieren und dann "psychisch gestört" usw. aufkam, sein Motiv wäre mir sonst als unglaubwürdig schwach erschienen.

Ich wählte absichtlich einen nichtigen Anlass, um das krasse seines Affekts dadurch noch zu betonen. Dadurch konnte sie seine Symptome auch einfacher zuordnen, da sie ja nur über diese wenigen Angaben verfügte.

Wo sie im Raum war, war es schön intensiv.

Da bin ich froh, dass dies greift. Ich hatte Bedenken, ob es für ein horrorresistentes Publikum auch ausreichend ist. Und doch wollte ich es realitätsnah zeichnen.

Das Ende hast du offen gelassen - netter Gedanke. Würde mE noch stärker wirken, wenn du sie vielleicht vorher schon als ein ganz klitzekleines Bisschen phobiebelastet darstellen könntest, … im Moment überwiegt für mich, dass sie sich das einbildet, dass sie stirbt, und ich frage mich ein bisschen, warum sie so darauf beharrt.

Ich fasste es gewollt so ab, dass der Leser im unklaren bleibt, welche der beiden Möglichkeiten nun zutrifft. Wurde sie da befreit, oder ist es eine halluzinatorische Wahrnehmung. Ich werde mir aber noch Gedanken machen.

Dein Stil kam mir wie immer etwas hölzern vor, aber ich wusste ja, worauf ich mich einlasse.

Exakt. :D

Soweit von mir, gern gelesen!

Das gern gelesen freut mich. Ich danke dir für deine Korrekturhinweise, die kritischen Anmerkungen und die konstruktive Kommentierung.

*****

Hallo Schwups

Mir hätten ja Spinnen in den Terrarien deutlich besser gefallen als Schlangen, weil ich zu denen ein doch deutlich angespannteres Verhältnis habe ...

Ein paar so schön behaarte Taranteln wären natürlich niedlich gewesen. Da ihr Gift aber lediglich dem von Apitoxin entspricht, also Bienenstichwirkung, müsste man noch eine Allergie dazu dichten. Nein, das würde die Spannung aber eher abflachen, da die Bedrohung dann nackte Realität wäre.

Du wählst ein recht schwieriges Thema. … die Schlangen, eine schöne Idee wie ich finde, funktioniert bei mir nicht ganz weil ich mich vor Schlangen weder fürchte noch ekle, aber das ist halt subjektiv wieder bei jedem anders.

Dass die Vorstellung individuell kein oder nur unzureichendes Gruseln erzeugt, hatte ich einkalkuliert, sah aber keine Alternative. Aber ehrlich, würdest du dich einem solchen Experiment unterziehen? Bei ähnlichen Belastungsexperimenten, nicht mit Schlangen, versagten auch unängstliche Probanden ab einem gewissen Grad.

Für mich stimmen die Proportionen in der Geschichte nicht. Das Vorgeplänkel ist mir deutlich zu lang, der eigentliche Horror-Teil geht dann viel zu schnell vorbei. Ich finde, die Geschichte könnte sofort mit der Wohnungsbesichtigung starten.

Es würde den Charakter von alltäglichem Horror mindern, wenn es sofort da einsteigt. Aber ich werde mir über Kürzungen noch Gedanken machen. Ich bekomme da sicherlich noch mehr verbalen Abrieb.

Die ganze Geschichte mit mindestens zwei Jahre im Ausland, der Agentur etc. pp. macht das Ganze ein wenig zäh. Ich sehe auch keinen Grund, weshalb die Wohnung möbliert sein sollte - unmöbliert fände ich es beängstigender, denn dann ist ungewiss, wann (und ob überhaupt) nochmal jemand zurückkommt.

Terrarien in einer sonst leeren Wohnung erschienen mir zu auffällig. Ein gutes Haus ist auch so gebaut, dass eine einigermassen solide Schallisolation besteht.

ich hätte mir … vielmehr eine Beschreibung der Chemie zwischen der Protagonistin und dem Vermieter gewünscht. In dieser Geschichte gehts um einen Psychopath, die spielt sich auf emotionaler Ebene ab, da ist es doch viel interessanter, die Spannung zwischen den Figuren langsam ansteigen zu lassen anstatt eine Beschreibung der Einrichtung abzuliefern.

Diese Möglichkeit verwarf ich, da eine solche Spannungssteigerung ein Mehrfaches an Raum benötigt hätte. Aber ich verstehe natürlich deinen Einwand.

Der Teil, in dem die Frau eingesperrt ist, hat mir dann deutlich besser gefallen. Leider ist er recht kurz, aber dafür intensiv. … Nicht abnehmen tu ich dir, dass sie innerhalb weniger Minuten (kommt mir zumindest so vor) in dem Zimmer einnickt.

Es waren nicht Minuten, sie hatte ihr Zeitgefühl verloren und wusste nicht, wie lange sie schon eingesperrt war. Ein Zeitbruch war dann auch durch einen neuen Absatz signalisiert. Vielleicht kommt mir ja noch eine Idee, wie sich dies markanter anzeigen lässt. Nur auf die Uhr sehen kann sie nicht, es ist ja dunkel.

Der Psychopath bleibt leider sehr schemenhaft. Eigentlich ist es doch recht unsinnig von ihm, ihr die Gründe für sein Tun darzulegen, das ist doch ein Klischee. Ich fände es viel besser, wenn es keinen Grund gäbe. Er knallt die Tür zu, sperrt sie ein, fertig.

Ihn seine Gründe nicht nennen zu lassen, würde ihn einzig als gestörte Persönlichkeit ohne weitere Merkmale erscheinen lassen. Diese Rechnung ginge hier nicht auf, es fehlte an Profil. Auch wäre es dann einfach simpel auf Horror getrimmt, was nicht in meiner Absicht lag.

Auch dir vielen Dank für deine Korrekturhinweise und die kritische Kommentierung des Inhaltes.


***


Hallo Thomas

Die Protagonistin war wohl in dem Raum, hat dort einen panischen Schock bekommen hat.

Dies stimmt schon für den Punkt, als sie zur Meinung kommt, dass sie Schlange sich im Raum bewegen. Die weitere Entwicklung war dann eine akute Traumatisierung, sie kann sich einer schrecklichen und lebensbedrohenden Situation nicht entziehen.

Die Protagonistin hat ihrer Kollegin vom Anfang wohl erzählt, wo sie sich die Wohnung anschaut. Sie ist am nächsten Tag nicht erschienen und die Kollegin wusste, wo man suchen musste. Dort wurde sie gefunden und ins Krankenhaus gebracht.

So hört sie es in den Worten von Prof. Hartmann. (Wahrscheinlich hat sie ja Frau Blum von diesem Termin erzählt.)

Jetzt liegt die Protagonistin im Koma bzw. ist nicht bei bewusstsein. Die "Bisse" der Schlangen sind dann Spritzen, die sie bekommt um irgendwann aufzuwachen. Das Gespräch führt der Arzt am Krankenbett.

Die Frage, die sie in diesem Stadium quält, ist, ob dies die Realität ist oder eine Halluzination. Vom Text her sind beide Versionen möglich. Der Leser kann da nur für sich selbst entscheiden, zu welcher er mehr neigt. Etwas fies dieser Schluss, aber mit Absicht so gesetzt.

Ich hoffe, diese salomonische Antwort vermag dich zu befriedigen. Zumindest lässt sie dir die Antwort zu, die dir als passend für die Geschichte erscheint. Aber sicher kannst du nicht sein, dass es nicht die andere ist. Das ist nur eine subtile Form von Horror, dass der Leser es nicht einfach ad acta legen kann, die Scheusslichkeit.

Gruss

Anakreon

 

Okay Maeuser

Ich beuge mich der höheren Gewalt der Empfehlung. Nein eigentlich nicht, aber aus Gründen der Einheit, da ich die andern auch änderte. Merkwürdig ist, ich habe ein Programm vom Duden Verlag, dass dies eben umgekehrt als korrekt anzeigt. Aber was Solls.

Danke fürs nochmalige Feedback und den Link auf korrekturen.de, der sehr interessant ist.

Gruss

Anakreon

 

Hallo Anakreon!

Wieder eine Horrorgeschichte von dir. Auf den Geschmack gekommen?

Sie bemerkten den ambulanten Patienten nicht, der den Behandlungsraum von Professor Hartmann verliess. Er blieb in Hörweite stehen, kramte sein Handy hervor und hantierte damit, wie wenn er Nachrichten abfragte. Dann ging er, ohne von den beiden Frauen beachtet zu werden, dem Ausgang zu.
Perspektive!

«Ich werde dich in drei, vier Tagen aus deiner freiwilligen Klausur befreien.
Die Schlangen hast du geschickt gewählt. Mit den beschriebenen Färbungen gibt es jeweils giftige und ungiftige Exemplare. Nur dieser Satz von Müller nimmt die Spannung, welche Arten sich in den Terrarien befinden. Auch das Ende bleibt nicht so offen wie beabsichtigt.

Einer der Schlangen, fühlte sie nun auf ihrer linken Schulter am Genick entlang ziehend, sich dann wärmend anschmiegend. Auch an einem Bein war ein spürbares Gefühl in der Hose, eines sich hinaufschiebenden Körpers.
Hier wird eine Menge Ekelpotenzial verschenkt. Diese Situation überträgt sich nicht auf den Leser. Wie fühlt sich eine Schlange an? Ist sie trocken und glatt, ist sie feucht und kühl, geschmeidig oder rau, muskulös oder schwammig und welche Effekte/Gefühle lösen diese Eigenschaften auf der menschlichen Haut aus und welche Bilder – es ist ja dunkel – entwickelt Milena Fantasie.

„sich dann wärmend anschmiegend.“ Müsste es nicht heißen: „dann sich wärmend anschmiegend.“? Klingt zwar wie Gruseldeutsch – dagegen fällt dir bestimmt was ein – aber die Schlange wärmt sich an Milenas Körper, nicht umgekehrt.

Die Geschichte hat mir recht gut gefallen. Ich meine jedoch, sie (ver)birgt noch Potenzial zu mehr Grusel.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Anakreon,

mir gibt die Geschichte nicht viel. Mit Schlangen eingesperrt sein und das resultierende Trauma fand ich als Idee ganz gut, aber der Stil ist so schwerfällig und ausführlich, dass ich den Text mehr überflogen als gelesen habe. Die Milena lässt einen kalt, man erfährt schließlich auch kaum etwas von ihrem Charakter, außer dass sie mal beim Tanzen einen links stehen lassen hat, obwohl der Erzähler Einblick in ihr Fühlen und Denken hat. Es ist nicht schlecht geschrieben, aber es ist ein Von-außen-Erzählen, man erlebt nicht mit, man schaut sich das Ganze an und legt es dann zur Seite.

Milena Schütt studierte die neuesten Wohnungsanzeigen am Personal-Anschlagbrett, welche neben der Tür des Sekretariats hingen. Drei Neue waren dabei, doch keine ihren Vorstellungen entsprechend.

neue klein - das sind keine Personen

Gruß
Kasimir

 

Hallo Asterix

Wieder eine Horrorgeschichte von dir. Auf den Geschmack gekommen?

Ich war selbst etwas überrascht, dass manche Ideen die mir aufkommen, durchaus für diese Rubrik tauglich sein könnten. Von Nosferatu bis Rosemary‘s Baby kenne ich zwar einige Filme, und von Poe bis Stephen King, von dem ich nur ein Buch las, gehöre ich eher zu den Unerfahrenen dieses Genres. Inzwischen habe ich jedoch einige KGs hierin gelesen, die meinen Unterhaltungs- und Niveauanspruch teilweise sehr befriedigten.

Perspektive!

Wenn ich diese Anmerkung richtig deute, vermisst du den direkten Bezug, vielleicht eine tiefere Bedeutung zum späteren Geschehen.
Der Brückenschlag ist dadurch gegeben, dass Müller sich an Milena erinnerte, schmerzlich an seine subjektive Demütigung erinnert wurde und zufällig hört, dass sie eine Wohnung sucht. Es bestehen hierbei natürlich Lücken. Ob Milena bei dieser Verwaltung wirklich nachfragte, ist unwichtig. Wohnungssuchende zapfen i. d. R. alle Quellen an. Es könnte also reiner Bluff gewesen sein, dass Müller sagte, sie sei bei ihnen registriert. Aus dem gehörten Gespräch konnte er ahnen, was sie suchte.

Die Schlangen hast du geschickt gewählt. Mit den beschriebenen Färbungen gibt es jeweils giftige und ungiftige Exemplare. Nur dieser Satz von Müller nimmt die Spannung, welche Arten sich in den Terrarien befinden. Auch das Ende bleibt nicht so offen wie beabsichtigt.

Die Idee Schlangen mal in eine Geschichte einzubinden, hat mit einer Erinnerung zu tun. Als Kind trat ich im Wald mal auf ein vermeintliches Stück Ast das auf dem Weg lag. Es schnellte um meinen Fuss und ich schrie auf, eine Schlange. Es war eine Blindschleiche, ein Tier, das ich gar nicht kannte.
Für diese Geschichte habe ich mich erst mal schlaumachen müssen und bin darauf gestossen, dass es ungiftige Schlangen gibt, die mir von den Zeichnungen und Farben her hochgefährlich erschienen wären. Auch lernte ich dazu, dass Schlangen an sich nur bei Gefahr beissen, sonst eher flüchten. Eine besondere Ausnahme bildet eine australische Art, die ihre Opfer sogar über weite Strecken verfolgt.
Dass der Satz von Müller die Spannung mindert, war mir nicht bewusst. Ich werde es ändern. Die Einschränkung des Festhaltens schien mir strafrechtlich bedeutsam, da er nicht dumm und sich allfälliger Konsequenzen bewusst ist. Aber an sich muss es ja nicht von ihm erwähnt werden. Milena erblickt in dem Zeitpunkt ja auch nur eine Nötigung darin.

Hier wird eine Menge Ekelpotenzial verschenkt. Diese Situation überträgt sich nicht auf den Leser.

Ja, da hast du vollkommen recht. Ich werde noch vertiefte Empfindungen von Milena einbringen, die Grenzen des Erträglichen strapazierend. Ich habe selbst noch nie eine Schlange berührt, aber darüber werde mich noch informieren, um es intensiver ausgestalten zu können.

„sich dann wärmend anschmiegend.“ Müsste es nicht heißen: „dann sich wärmend anschmiegend.“? Klingt zwar wie Gruseldeutsch – dagegen fällt dir bestimmt was ein – aber die Schlange wärmt sich an Milenas Körper, nicht umgekehrt.

Das stimmt. Durch die Vorstellung, wie es sich da eine Schlange gemütlich macht, habe ich mich da vor lauter gruseln selbst übertölpelt. Ich werde es noch neu formulieren, eine präzisere Wendung suchen.

Die Geschichte hat mir recht gut gefallen. Ich meine jedoch, sie (ver)birgt noch Potenzial zu mehr Grusel.

Es freut mich sehr, dass die Geschichte deinen Gefallen fand. Für die Hinweise und die Kritiken, welche mir Anregung geben, danke ich dir. Ich hoffe, es gelingt mir mit der Überarbeitung, dann das Potenzial an Grusel vertiefter auszuschöpfen.

Lieben Gruss

Anakreon


***


Hallo Kasimir

mir gibt die Geschichte nicht viel. Mit Schlangen eingesperrt sein und das resultierende Trauma fand ich als Idee ganz gut, aber der Stil ist so schwerfällig und ausführlich, dass ich den Text mehr überflogen als gelesen habe.

Dass dich die Idee ansprach, nehme ich doch positiv auf. Ich war mir nicht sicher, ob dies nicht unzureichend wäre. Dass dich der Stil störte, bedaure und verstehe ich zugleich. Es hatte nicht die Leichtigkeit erhalten, die ich mit einer eher alltäglichen Handlung damit verbinden wollte. In der anfänglichen Ausführlichkeit werde ich auch Kürzungen vornehmen.

Die Milena lässt einen kalt, man erfährt schließlich auch kaum etwas von ihrem Charakter, außer dass sie mal beim Tanzen einen links stehen lassen hat, obwohl der Erzähler Einblick in ihr Fühlen und Denken hat.

Da geb ich dir recht, hier bedarf es mehr Hinweise auf ihre Eigenart. Ich werde versuchen dies in geeigneter Form einfliessen zu lassen.

Es ist nicht schlecht geschrieben, aber es ist ein Von-außen-Erzählen, man erlebt nicht mit, man schaut sich das Ganze an und legt es dann zur Seite.

Natürlich ist es eine Aussensicht, auch wenn es die Perspektive von Milena abbildet. Aber ich sehe, es vermag dem Leser zu wenig Identifikation mit ihr zu erzeugen. Da nützen keine Ausflüchte, diese ist unabdingbar und ich werde versuchen dies mit der Überarbeitung dann zu erzeugen.

neue klein - das sind keine Personen

Peinlich. Danke für den Hinweis.

Ich danke dir für deine präzise Kritik, die mich bereits zu weiteren Überlegungen an der Überarbeitung inspirierte.

Gruss

Anakreon

 

Zitat:
Perspektive!
Wenn ich diese Anmerkung richtig deute, vermisst du den direkten Bezug, vielleicht eine tiefere Bedeutung zum späteren Geschehen.

Hello again!

Nein, du bist dort von der Erzähl-Perspektive abgewichen. Das kann man machen, jedoch find ich es unelegant und überflüssig, zumal es im Text ein Einzelfall ist.

Sie bemerkten den ambulanten Patienten nicht, der den Behandlungsraum von Professor Hartmann verliess. Er blieb in Hörweite stehen, kramte sein Handy hervor und hantierte damit, wie wenn er Nachrichten abfragte. Dann ging er, ohne von den beiden Frauen beachtet zu werden, dem Ausgang zu.
Die ganze Story wird aus Milenas Sicht erzählt. Nur in dem kurzen Abschnitt erzählst du, was zwei Figuren nicht sehen.
Das ginge auch ähnlich aus Milanas Sicht. Sie bemerkt (kurz) den „Mann“, wie er mit seinem Handy hantiert, ärgert sich für einen Moment darüber, weil Handys im Krankenhaus nicht erlaubt sind, kümmert sich aber nicht weiter darum, weil die Kollegin zu ihr spricht.
Oder so ähnlich.

Lieben Gruß

Asterix

"Handy hantiert" :hmm:

 
Zuletzt bearbeitet:

Ist dies der Tod, der mir Erinnerungen an das Leben vorgaukelt?,
fragt sich letztlich die Protagonistin zum scheinbaren Ende des Rachefeldzuges des von ihr einst verschmähten Traumtänzers,

lieber Anakreon,

und erinnert mich -

an Hölderlins Wanderer in beiden Fassungen, wenn die Mutter (Erde) stürbe, sofern sie sich nicht im Kinde wiedererkennte -

freilich steht zu fürchten, dass die Geschichte nur zur Hälfte erzählt ist und dem Leser überlassen bleibt, sich die psychischen Folgen erzwungener Isolation und bedrohlicher Gesellschaft wie Kratzer am Selbstbildnis und Ängsten gleich im halben Dutzend.

Die Geschichte wird mit der gewohnt großen Nüchternheit - die erwartungsgemäß dem einen / der andern schwer- oder gar missfällt - und Distanz erzählt, als wäre es ein Experiment, in der dann letztlich das Getier die Versuchsanordnung bestimmt und der Schöpfer der Versuchsanordnung eben auch nur noch eine Nebenrolle spielt.

Man will doch nicht meine Kleinkrämerseele verhungern / -dursten lassen? Und wenn schon!

Die Formulierung

Sie hörte entfernter eine Tür zuschlagen
vermag den Eindruck zu wecken, eine Tür könne aktiv etwas tun. Tatsächlich widerfährt ihr alles ohne ihr Wollen. Passiv wäre mE korrekter anzuwenden. Aber vielleicht ist es unter den vorgefundenen Bedingungen, dass der Betroffene mit einem Mal alles als beseelt und mit Willen begabt ansieht.

Einige Bemerkungen zur Verwendung des Konjunktivs:

Wenn das bei ihm zutrifft, wäre er unberechenbar.
Im Konditionalsatz sind i. d. R, Haupt- und Nebensatz im selben Modus.

Warum das Gemisch der Konjuktive?

Sie müsste horchen und abwarten, ob sie im Haus Geräusche vernehme, um dann laut zu klopfen,
warum nicht durchgänge Konj. II?
Und ebenso im Folgesatz:So bestände eher die Chance, dass ein Nachbar anwesend war und auf die
Idee käme, hier stimme etwas nicht?
und letztlich
Als ob etwas Leichtes zu Boden gefallen ist.
Konjunktiv:als ob ... gefallen sei bzw. wäre.

So, das wär's für heute ...

Gruß

Friedel

 

Hallo Asterix

Nein, du bist dort von der Erzähl-Perspektive abgewichen. Das kann man machen, jedoch find ich es unelegant und überflüssig, zumal es im Text ein Einzelfall ist.

Ich gebe dir recht, es ist in dieser Form ein Fremdkörper. Ich werde dies in die Überarbeitung einbeziehen. Ob ich es ganz fallen lasse, einen nuancierten Blick von Milena oder eine spätere Bemerkung von Müller einbaue, weiss ich noch nicht.

Vielen Dank für die Erläuterung.

Lieben Gruss

Anakreon

***


Lieber Friedel

erinnert mich - an Hölderlins Wanderer in beiden Fassungen, wenn die Mutter (Erde) stürbe, sofern sie sich nicht im Kinde wiedererkennte -

Hölderlins Worte aus dem Zusammenhang zitiert, könnten so leicht auch als Regression missverstanden werden, dadurch aber sich in die angesprochene Situation einfügend.

freilich steht zu fürchten, dass die Geschichte nur zur Hälfte erzählt ist und dem Leser überlassen bleibt, sich die psychischen Folgen erzwungener Isolation und bedrohlicher Gesellschaft wie Kratzer am Selbstbildnis und Ängsten gleich im halben Dutzend.

Unsinn, die Geschichte ist nicht nur zur Hälfte erzählt, sondern endet folgerichtig an der Stelle, mit der sie der Rubrik Horror auch gerecht wird. Ein darüber hinaus wäre eine neue Geschichte, mit dem Fokus Genesung, aber in einer andern Rubrik. Zu erwarten, dass der Leser allgemein die Folgewirkung einer Akut Traumatisierung abschätzen kann, wäre vermessen. Dass er sich drastische Vorstellungen macht, ist zu erwarten. Insofern relativierend gibt die andere Stimme dazu kurz einen Kommentar ab. Ob die Erfahrung für Milena sich künftig stärkend oder schwächend auf ihre Persönlichkeit auswirken würde, hinge von zusätzlichen Faktoren ab.

Die Geschichte wird mit der gewohnt großen Nüchternheit - die erwartungsgemäß dem einen / der andern schwer- oder gar missfällt - und Distanz erzählt, als wäre es ein Experiment, in der dann letztlich das Getier die Versuchsanordnung bestimmt und der Schöpfer der Versuchsanordnung eben auch nur noch eine Nebenrolle spielt.

Ich setze mal an die Stelle von Nüchternheit das Rationale, was mir treffender erscheint und wohlweislich eine Differenz ist, die manchem Betrachter jedoch möglicherweise verwischt bleibt. Dass bei dieser Gegebenheit vielleicht, wie bei jedem anderen Text der einem Leser nicht zusagt, ein schwer- oder missfallen auftritt, ist selbstredend. Deiner Interpretation, dass es wie ein Experiment anmutet, bei dem quasi die Reptilien Regie führen, kann ich nicht folgen. Aber es ist sicher nicht ganz ungewöhnlich, wenn einem Leser seine subjektive Sicht überhand gewinnt und ihm die die Konturen anders erscheinen. Ein Grund mit dafür ist, dass manche Leser sich vielleicht nicht unbefangen auf eine Geschichte einlassen, nicht einfach dem Autor folgen, sondern gleich mit interpretieren beginnen. Dem Täter hingegen sind Grenzen gesetzt, da er ja nicht wissen kann, inwiefern seine Inszenierung greift, wie verletzlich sein Objekt wirklich ist. Es bewegt ihn demnach keine Allmachtsfantasie, eher denn eine Gleichstellung, da er in Behandlung ist.

vermag den Eindruck zu wecken, eine Tür könne aktiv etwas tun. … unter den vorgefundenen Bedingungen, dass der Betroffene mit einem Mal alles als beseelt und mit Willen begabt ansieht.

Spontane Gedanken treten i. d. R. in gebräuchlichen Redensarten auf, wie dargelegt, ausser vielleicht bei Germanisten u. Ä. Auch wenn deine zusätzlichen Bemerkungen einzig ironisch gemeint sein können, sei zur Klarstellung erwähnt, dass in einem solch beschriebenen Stadium noch keine Regression einsetzt.
Der sprachlichen Präzision willen, werde ich aber das Zuschlagen der Tür anpassen.

Wenn das bei ihm zutrifft, wäre er unberechenbar.

Im Konditionalsatz sind i. d. R, Haupt- und Nebensatz im selben Modus.

Gebe ich dir recht, ebenso auch zu den drei nachfolgenden Anmerkungen. Werde diese anpassen.

Danke fürs Lesen, Kommentieren sowie die Korrigenda.

Gruss

Anakreon

 

Hallo Anakreon!


Bisserl Textliches, das ich dir zur Veränderung anbiete, aber das auch zugleich schon Kritik an der Geschichte enthält.

Vorweg möchte ich betonen, dass all meine Formulierungsvorschläge nicht der Weisheit letzter Schluss und mehr dazu gedacht sind, meine Kritik zu verdeutlichen.
Ich erwarte auch von keinem Autor, dass er in dieser Hinsicht etwas ändert. Aber für mich ist es eine Art Übung, wie ich etwas anders machen möchte, ich lerne daraus, und für dich ist es eine Möglichkeit aus meinem Blickwinkel deinen zu kontrollieren.


Die Einrichtungen von Küche und Bad waren komfortabel und auf dem neuesten Stand. Als umwerfend nahm sie das Wohnzimmer wahr, welches modern möbliert einen grossen Freiraum aufwies. Integriert darin das Esszimmer, ein runder Tisch mit vier Stühlen vor einem der breiten Fenster platziert.
«Die Einrichtungsgegenstände sind allesamt von Molteni entworfen, dem bekannten Designer», warf Müller ein.
Hier könnte man die Gedanken der Protagonistin aufzeigen, das könnte lebendiger wirken.
'Bad und Küche wirken komfortabel. Und was für ein umwerfendes Wohnzimmer. So modern möbliert und mit viel Freiraum und vor dem breiten Fenster der Esstisch. Gelungen.'
"Die Einrichtungsgegenstände sind alle von dem bekannten Designern Molteni entworfen", unterbrach Müller ihre Gedanken.


Auch hier würde ich kürzen und nur ihre Gedanken darstellen:


Das Schlafzimmer entsprach dem Komfort der anderen Räumlichkeiten, sodass in Milena sich der Wunsch festigte, das Objekt auch dann zu nehmen, wenn es leicht über ihrem obersten Limit liegen sollte. Ich könnte ja zusätzlich einige Privatpatienten annehmen.
'Diese Wohnung will ich. Sie wird garantiert teurer sein als mein oberstes Limit, aber wenn ich noch einige Privatpatienten zusätzlich annehme, müsste es reichen.'

Wieso in der Klinik? Was machte er da?
Genau das würde ich in einer solchen Situation nicht denken.
Sondern: 'Klinik? Ich erinnere mich an niemanden.'
Oder ersatzlos streichen.

«Du kennst meinen Namen, Herbert Müller. Das letzte Mal, als ich dich sah, hast du mich abgefertigt als sei ich der letzte Dreck. Es war der Abschlussball am Gymnasium. Wir gingen zwar nicht in die gleiche Klasse, doch ich hatte dich lange davor schon öfters bemerkt. Als ich dich höflich um den ersten Tanz bat, hast du mich kaum angesehen und dich einem deiner Klassenkameraden zugewandt, um mit ihm zu tanzen. Diese Abfuhr war eine gewollt grobe Beleidigung. Keinen Moment hast du mir dann an diesem Abend auch nur einen Blick gewährt. Deine Freunde hatten mich nur abfällig und spöttisch angeschaut, als du mich abblitzen liessest. Diese öffentliche Demütigung habe ich nie vergessen. Mir war der Abschlussball sehr bedeutsam gewesen. Die passende Gelegenheit, einander endlich näherzukommen. Ich war mir sicher, wir würden uns an diesem Abend bei einem Traumtanz finden. Als ich dich vor zwei Wochen nach so viel Jahren wieder sah, wurde mir klar, dass ich dir noch eine Revanche schulde. Ein Strauss dorniger Rosen wäre dafür unzulänglich, zu schnell welkend und vergänglich. Ich suchte etwas, dass mich dir unvergesslich einprägen wird, wie du es für mich bist.»
Diese Szene klingt nicht glaubwürdig und zu deutlich konstruiert. Du wolltest den Sachverhalt nicht noch an anderer Stelle unterbringen, so wirkt es, und so wird dein Müller zur unmännlichen Sabbeltasche. :D
Ich bin mir sicher, dass weniger Text hier mehr an Effekt erzielen würde.
Wenn du dir hier mehr Platz für Dialog lässt, könnte zusätzlich Spannung aufgebaut werden.
Wenn Müller nur Bruchstücke rausrückt und sie nachfragen muss, erhöht das den Druck, dass er SIE in der Hand hat.

So könnte man es anfangen z.B.: "Du kennst meinen Namen. Damals hast du mich wie Dreck behandelt gehabt. Aber nun kann ich mich endlich revanchieren." Pause
Jetzt muss sie fragen, erraten, wer er ist, um die Gefahr einschätzen zu können.
"Bist du ein ehemaliger Privatpatient, aber schlecht behandelt? Wer bist du?"
"Kein Privatpatient. Erinnere dich! Damals, das Gymnasium, der Abschlussball."
"Abschlussball? Wer bist du? Ich kann mich nicht entsinnen."
"Wusst ichs doch, du kannst dich nicht entsinnen, denn schon damals war ich ja nur Luft für dich. Diese Demütigung, deine spöttischen Freunde, die Häme als du mir vor allen einen Korb gabst. Dein Herablassendes "Nein Danke Herbert, ich habe keine Lust mit dir zu tanzen" zerreißt mir heute noch meine Ohren. Dafür bezahlst du." (ich halte selbst diese Passage noch für zu lang.)
"Herbert, bitte mach auf. Es tut mir leid, wenn ich ..."
"Es tut dir leid? Nein, nichts tut dir leid, du elende Lügnerin!"
Hier würde ich sein schon irres Lachen dazwischen schieben.
"Dieser Tanz, unser Tanz damals, der hätte mir alles bedeutet."


Der Absatz, in dem sie auf ihre Fähigkeiten aus dem Job zurückgreift ist gut.

Der nachfolgende Absatz könnte so aussehen:

«Ja Milena, du bedeutest mir viel. Deshalb habe ich für dich auch ein ganz besonderes Geschenk ausgesucht, eine Art Wellness-Kur für Psychotherapeuten. Das ist doch auf dich zugeschnitten. Der Zufall kam mir an meiner Arbeitsstelle zu Hilfe, als ich das Dossier mit dem Auftrag in die Hände bekam, diese Wohnung temporär zu vermieten. Es ermöglicht dir einige Tage der Besinnung. Dies ist für eine Psychologin doch ein wertvoller, persönlicher Erfahrungswert.» Es setzte wieder ein irres Lachen ein. «Ich werde dich in drei, vier Tagen aus deiner freiwilligen Klausur befreien. Also bis dann.»

"Für dich habe ich ein ganz besonderes Geschenk ausgesucht, Milena. So eine Art Wellness-Kur für Psychotherapeuten. Es ermöglicht dir einige Tage der Besinnung. Dies ist für eine Psychologin doch ein wertvoller, persönlicher Erfahrungswert.» Es setzte wieder ein irres Lachen ein. «Ich werde dich in drei, vier Tagen aus deiner freiwilligen Klausur befreien. Also bis dann.»

Alles andere ist, so finde ich, überflüssig und verwässert die Aussagekraft nur.

Bei den nachfolgenden Passagen kommt mir fortwährend in den Sinn, dass man es anders verpacken könnte. Wenn du anstelle des Dritten, der von aussen auf die Szene schaut, Milenas Gedanken darstellst. Dann wäre automatisch Nähe geschaffen und du kannst den Leser besser in die Angst mitnehmen, die aus dieser Situation sich langsam aufbaut.

Sie versuchte sich ein Bild über Herbert zu machen, soweit dies aufgrund der wenigen Fakten möglich war, um sein weiteres Verhalten abzuschätzen.
Hier z.B. könnte sie denken: 'Was macht Herbert als Nächstes? Ich muss sein weiteres Verhalten abschätzen. Was für ein Typ ist er? Was weiß ich über ihn? Nichts, ich weiß noch nicht mal, wer er damals gewesen sein soll. Ich habe niemanden abgewiesen. Eher vielleicht, dass ich seine Aufforderung in dem Lärm und Gewusel nicht wahrgenommen habe.'

Sie könnte sich selbst auffordern: 'Los, streng dich an, das ist dein Beruf, Menschen einzuschätzen. Das kannst du.'

Die ganze Geschichte könnte durchgängig aus der Sichtweise ihrer Gedanken geschrieben werden. Ich springe daher an das Ende und bringe nochmals ein kleines Beispiel:

Milena weigerte sich, die Augen zu öffnen, die Halluzinationen könnten sonst noch schrecklicher werden. Der Wahnsinn endgültig über sie hereinstürzen.
Sie könnte mit sich selbst reden. 'Nicht die Augen öffnen, das sind nur Halluzinationen. Ruhig bleiben, sonst stürzt der Wahnsinn über dich herein.'

Insgesamt fand ich die Geschichte ein wenig zu geschwätzig. Es steht an manchen Stellen zuviel drin, was rauskönnte, ohne, dass der Sinn verloren geht. Das Herausstreichen ist aber meist nach einiger Zeit, wenn man mit genügend Abstand seine Geschichte nochmals durchliest, gut möglich. Ich habe daher nicht alle Punkte rausgesucht, wo gekürzt werden könnte.

Der erste Teil bis zum ersten Konflikt für die Protagonistin ist etwas zu wortlastig. Bitte traue dem Leser durchaus zu, dass er ein wenig kombinieren kann und setze ihm nicht alles in kleine Häppchen geschnitten vor.


Der Plot hat mir gut gefallen, weil dein Fokus auf der Wahrnehmung und Einbildungskraft liegt und man damit durchaus auch Horrorgefühle erzeugen kann. Wäre es eine Geschichte gewesen, in der jemand mit Schlangen eingeschlossen ist, wäre die Geschichte nicht so besonders innovativ. So hat sie aber Effet bekommen.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass du das Ende offenlässt, man als Leser selbst entscheiden darf, ob Milena in ihren Empfindungen richtig liegt oder nicht.

Fazit: ich habe deine Geschichte gern gelesen, ein guter Plot und noch viel an Textarbeit drin, falls du dich entschließt, mehr die Gedanken der Protagonistin in den Vordergrund zu setzen. Ich glaube, das würde sich lohnen.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo!

Zitat lakita:
Ich erwarte auch von keinem Autor, dass er in dieser Hinsicht etwas ändert. Aber für mich ist es eine Art Übung, wie ich etwas anders machen möchte, ich lerne daraus, und für dich ist es eine Möglichkeit aus meinem Blickwinkel deinen zu kontrollieren

Das ist wirklich schön, dass du das nochmal erwähnst, lakita. Bei einigen Autoren (wirklich nur bei einigen) hat man manchmal den Eindruck, dass man ihnen mit solchen Vorschlägen auf díe Krawatte tritt. Ich mach das aber auch aus überwiegendem Grund für mich. Um zu lernen, um zu erkennen.


Hi Anakreon!

Im Gegensatz zum Pater Anselm hat mir diese Geschichte hier deutlich weniger gefallen. Der Grundgedanke ist natürlich - hier wie dort - faszinierend, und allein dafür hast du einen Sonderpunkt verdient. Doch dieses Grundmotiv, diese Variation kommt ja wirklich erst im letzten Absatz zum Tragen. Wäre schön gewesen, wenn ich Andeutungen, Spielereien mit diesem Gedanken schon durch die gesamte Geschichte präsentiert bekommen hätte.

Der Text macht auf mich im Ganzen den Eindruck, dass er einzig auf den letzten Satz hin zugeschrieben ist. Das haben schon viele getan, es sind Super-Geschichten drunter, man darf aber den Weg zur Schlusspointe (möchte ich mal sagen, ist es ja eigentlich nicht) nicht vergessen.

Hier in diesem Text ist mir viel zu viel Erklärendes. Es wird beschrieben wie in einem Katalog, es werden jede Menge Informationen gegeben, von denen mindestens die Hälfte für die Geschichte überflüssig sind.
Allein die Wohnungssuche, die Informationen, welche Wohnung Milena sucht und wie sie das tut, das ist entweder überflüssig oder müsste neu gefasst werden. Meiner Meinung nach.

Jede Szene funktioniert ja im Innern wie eine eigene Kurzgeschichte (jede gute, möchte ich meinen). Das heißt, es muss ein Konflikt her. Ein Konflikt verspricht Spannung, man hält den Leser bei der Stange und nebenbei kann man ihm alle notwendigen Informationen unterjubeln.

Nehmen wir die erste Szene, Milena schaut am Schwarzen Brett, ob neue Wohnungsanzeigen hängen. Die Sekretärin des Chefs (warum schreibst du nicht einfach Chefsekretärin?) kommt hinzu. Jetzt werden ein paar belanglose Worte gewechselt, der geheimnisvolle Mann wird eingeführt, Ende. Dadurch, dass uns die eigentliche Szene nicht weiter berührt, kommt uns der Mann natürlich sofort spanisch vor. Halt, wir merken, die ganze Szene existiert nur für diesen Mann, also muss er wichtig sein, er ist der Fiese, den treffen wir wieder.
Alles Gedanken, die du nicht hervorrufen wolltest.

Warum bringst du nicht etwas Spannung in die Szene, indem du die beiden Frauen verfeindet sein lässt, muss ja nichts großartiges sein - Ach, die Blum, Milena konnte ihre hochnäsige Art noch nie leiden.
"Na, Frau Shütt. Immer noch auf Wohnungssuche?"

Ganz kurz nur, ein leichtes Waffenkreuzen der beiden Frauen, und wenn du dann im Dialog diese Informationen unterbringst, dass Milena schon lange sucht, usw., dann reißt der Leser dir diese Infos aus der Hand, gierig wie er ist.

So sollte eigentlich eine gute Szene funktionieren, denke ich.

Wenn Milena in der Dunkelkammer eingesperrt ist, läuft das analog.
Du beschreibst viel, das ists auf Dauer ermüdend und schreckt mich als Leser ab, besser ist es, die Details der Umgebung in die Handlung einzubetten.

Ich glaube, die Geschichte würde enorm gewinnen dadurch, denn der Schlussgedanke an sich ist faszinierend und der Überlegungen wert.


...Wohnungsanzeigen am Personal-Anschlagbrett, welche neben der Tür des Sekretariats hingen.

Das hast du ein paar Mal drinne, dass du statt die welche nimmst. Ohne Not, ich kenne das nur, wenn sich Artikel wiederholen würden. Das klingt gewählt, aber auch affektiert.

Das wäre dann meine Sicht auf die Dinge.
Nichtsdestotrotz habe ich die Story sehr gern gelesen.

Schöne Grüßen von diesseits!

 

Hallo Lakita

Wie ich sehe, hast du dich da minutiös durch die Geschichte gelesen und auf Herz und Nieren geprüft.

Vorweg möchte ich betonen, dass all meine Formulierungsvorschläge nicht der Weisheit letzter Schluss und mehr dazu gedacht sind, meine Kritik zu verdeutlichen.

Für fundierte Kritik, die es mir ermöglicht die Sichtweise des Kritikers/der Kritikerin vertiefter nachzuvollziehen, bin ich stets offen. Im günstigen Fall vermag dies meinen blinden Spiegel zu polieren und Wesentliches zu erkennen. An tauben Stellen verharre ich vielleicht borniert auf meiner Sicht, aber im Konsens finden sich dann nicht selten Erkenntnisse, welche den Text in seiner Darstellung vollenden lässt.

Die Einrichtungen von Küche und Bad waren komfortabel und …

Hier könnte man die Gedanken der Protagonistin aufzeigen, das könnte lebendiger wirken.

Auch hier würde ich kürzen und nur ihre Gedanken darstellen:

Das Schlafzimmer entsprach dem Komfort der anderen Räumlichkeiten …

Zur Wohnungsbesichtigung habe ich im Manuskript bereits Streichungen vorgenommen. Auch Molteni geopfert und, ach das schöne Design, das ich dabei verholzte, – diesen Möbeldesigner gibt es wirklich – es mehr hinleitend zu fassen versucht.
Deine Überlegung, es hier mehr mit ihren Gedanken wahrzunehmen resp. auszudrücken gefällt mir. Es ist zwar eine sehr intensive Arbeit so tief in ihr Innerstes einzusteigen, die ganzen Szenarien rein mit diesem Charakter, Temperament und Empfindungen zu durchleben, aber ich wage es mal, so weit zu gehen.

Wieso in der Klinik? Was machte er da?

Genau das würde ich in einer solchen Situation nicht denken.
Sondern: 'Klinik? Ich erinnere mich an niemanden.'
Oder ersatzlos streichen.

Ich werde mir überlegen, wie sich dieser Bezug besser einbinden lässt.

«Du kennst meinen Namen, Herbert Müller. Das letzte Mal, als ich dich sah, hast du mich abgefertigt als sei ich der letzte Dreck. …

Diese Szene klingt nicht glaubwürdig und zu deutlich konstruiert. Du wolltest den Sachverhalt nicht noch an anderer Stelle unterbringen, so wirkt es, und so wird dein Müller zur unmännlichen Sabbeltasche.
Ich bin mir sicher, dass weniger Text hier mehr an Effekt erzielen würde.
Wenn du dir hier mehr Platz für Dialog lässt, könnte zusätzlich Spannung aufgebaut werden.
Wenn Müller nur Bruchstücke rausrückt und sie nachfragen muss, erhöht das den Druck, dass er SIE in der Hand hat.

Rein dialogische Stücke haben sich als sehr schwierig erwiesen. Auch ist es nicht unreal, dass eine Person in der Erregung einen Wortschwall ergiesst. Aber ich werde versuchen, es dialogisch aufzuteilen und ihn seine Motive widerspenstiger preisgeben lassend.

Der Absatz, in dem sie auf ihre Fähigkeiten aus dem Job zurückgreift ist gut.

Seufz!

Der nachfolgende Absatz könnte so aussehen:

"Für dich habe ich ein ganz besonderes Geschenk ausgesucht, Milena. So eine Art Wellness-Kur für Psychotherapeuten. Es ermöglicht dir einige Tage der Besinnung. Dies ist für eine Psychologin doch ein wertvoller, persönlicher Erfahrungswert.» Es setzte wieder ein irres Lachen ein. «Ich werde dich in drei, vier Tagen aus deiner freiwilligen Klausur befreien. Also bis dann.»

Alles andere ist, so finde ich, überflüssig und verwässert die Aussagekraft nur.


Ja, stimmt schon. Die drei, vier Tage sind im neuen Entwurf schon rausgekippt, wie es Asterix empfahl, dies lasse ich zeitlich nun eher offen.

Sie versuchte sich ein Bild über Herbert zu machen, soweit dies aufgrund der wenigen Fakten möglich war, um sein weiteres Verhalten abzuschätzen.

Hier z.B. könnte sie denken: 'Was macht Herbert als Nächstes? Ich muss sein weiteres Verhalten abschätzen. Was für ein Typ ist er? Was weiß ich über ihn? Nichts, ich weiß noch nicht mal, wer er damals gewesen sein soll. Ich habe niemanden abgewiesen. Eher vielleicht, dass ich seine Aufforderung in dem Lärm und Gewusel nicht wahrgenommen habe.'

Ich werde mir da noch vertieft überlegen, wie ihr Gedankenfluss sich in ihrer Eigenart genau bildet.

Die ganze Geschichte könnte durchgängig aus der Sichtweise ihrer Gedanken geschrieben werden.

Ja, es ist ihre Perspektive die sich offenbart. Ich werde dies entsprechend intensivieren.


Milena weigerte sich, die Augen zu öffnen, die Halluzinationen könnten sonst noch schrecklicher werden. Der Wahnsinn endgültig über sie hereinstürzen.

Sie könnte mit sich selbst reden. 'Nicht die Augen öffnen, das sind nur Halluzinationen. Ruhig bleiben, sonst stürzt der Wahnsinn über dich herein.'

Mmh, doch, dies sagt auch mir zu.

Insgesamt fand ich die Geschichte ein wenig zu geschwätzig. Es steht an manchen Stellen zuviel drin, was rauskönnte, ohne, dass der Sinn verloren geht.

Tja, so sind Männer, behaupte ich jetzt einfach mal zu meiner Rechtfertigung. Aber du hast recht, es soll ja nicht geschwätzig sein. Na ich hoffe, die richtigen Schnittstellen zu finden und damit das Bild zu runden.

Der Plot hat mir gut gefallen, weil dein Fokus auf der Wahrnehmung und Einbildungskraft liegt und man damit durchaus auch Horrorgefühle erzeugen kann.

Da bin ich beruhigt, da ich mir nicht sicher war, ob dies bei Lesern so ankommt.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass du das Ende offenlässt, man als Leser selbst entscheiden darf, ob Milena in ihren Empfindungen richtig liegt oder nicht.

Das meinte ich so gestaltet zu haben, dass es unklar ist, ob sie nun fantasiert oder ob sie wirklich befreit wurde. :confused: Da werde ich mir nochmals genau überlegen müssen, wie diese Situation besser zum Ausdruck kommen könnte.

Fazit: ich habe deine Geschichte gern gelesen, ein guter Plot und noch viel an Textarbeit drin, falls du dich entschließt, mehr die Gedanken der Protagonistin in den Vordergrund zu setzen.

Das gern gelesen freut mich sehr und das der Plot, als solcher ankommt. :)
Ich bin schon an der Aufarbeitung, Haare raufend, was ich mir da mal wieder eingebrockt habe. Aber doch guter Hoffnung, dass am Ende das Ergebnis sich dann sehen lässt.

Ich muss erkennen, dass es illusorisch war, hier einen Fokus von Alltäglichkeit zu Horror so einbinden zu wollen. Aber eben, man lernt nur aus Fehlern, wenn sie auch emotional greifen.

Für deine intensive Auseinandersetzung mit dem Stück und deine adäquaten Vorschläge danke ich dir. Ich kann nicht ausschliessen, dass ich den einen oder anderen Textvorschlag von dir direkt übernehme, da es mir nicht gelingt dies treffender zu formulieren.

Lieben Gruss

Anakreon


***

Hallo Hanniball

Im Gegensatz zum Pater Anselm hat mir diese Geschichte hier deutlich weniger gefallen. Der Grundgedanke ist natürlich - hier wie dort - faszinierend, und allein dafür hast du einen Sonderpunkt verdient. Doch dieses Grundmotiv, diese Variation kommt ja wirklich erst im letzten Absatz zum Tragen.

Ja hier bin ich in eine mir selbst gestellte Falle getappt. Da war die Idee, doch ich verband sie mit einem zu simplen Herangehen und steckte plötzlich in einem Konstrukt.

Der Text macht auf mich im Ganzen den Eindruck, dass er einzig auf den letzten Satz hin zugeschrieben ist.

Genau so ist es, nur verirrte ich mich.

Hier in diesem Text ist mir viel zu viel Erklärendes. Es wird beschrieben wie in einem Katalog, es werden jede Menge Informationen gegeben, von denen mindestens die Hälfte für die Geschichte überflüssig sind.

Ja ich bin zur Einsicht gelangt, dass es einer anderer Gewichtung bedarf, hier weniger mehr sein kann.

Warum bringst du nicht etwas Spannung in die Szene, indem du die beiden Frauen verfeindet sein lässt, muss ja nichts großartiges sein - Ach, die Blum, Milena konnte ihre hochnäsige Art noch nie leiden.
"Na, Frau Shütt. Immer noch auf Wohnungssuche?"

Das ist ja eine schön fiese Idee, aber sie gefällt mir gut. Da werde ich doch glattwegs versuchen, was Zickiges reinzubringen, auch wenn mich dann die Emmas vielleicht dafür prügeln.

Wenn Milena in der Dunkelkammer eingesperrt ist, läuft das analog.
Du beschreibst viel, das ists auf Dauer ermüdend und schreckt mich als Leser ab, besser ist es, die Details der Umgebung in die Handlung einzubetten.

Ja, ich werde da mein bestes versuchen, das Ganze vertiefter aus den Gefühlen von Milena heraus wahrzunehmen.

Ich glaube, die Geschichte würde enorm gewinnen dadurch, denn der Schlussgedanke an sich ist faszinierend und der Überlegungen wert.

Doch ich werde daran schleifen. Die ersten Streichungen im Manuskript sind schon erfolgt und einige neue Formulierungen entworfen. Aber es ist noch ein aufwendiges Abräumen und neu Aufbauen erforderlich, bis es den gesetzten Idealen nahekommt.

Danke dir für deine konstruktive und ermutigende Kritik und die Hinweise.

Noch hat mich die Geschichte nicht in den Wahnsinn getrieben, also auch aus dem diesseits,

schönen Gruss

Anakreon

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom