Traumgarten
Luisa freut sich schon seit Monaten auf den Sommer. Sie mag die Sonne und die Wärme. Dann darf sie manchmal etwas länger wachbleiben, weil es abends noch viel zu warm ist, um zu schlafen.
Luisa steht an der geschlossenen Terrassentür und schaut in den großen Garten. Die Nase hat sie dabei ganz fest an die Glasscheibe gedrückt. Ihre Hände hinterlassen kleine Abdrücke auf dem Glas.
Papas Rosen, die er in der Ecke gepflanzt hat öffnen sich langsam und zeigen ihre roten, gelben und weißen Blüten. Mamas kleines Kräuterbeet in der anderen Ecke wächst auch langsam wieder. Mama hat Luisa versprochen, dass sie ihr beim Pflanzen neuer Kräuter helfen darf. Eine Biene landet genau vor Luisas Augen auf der anderen Seite der Tür und putzt sich in aller Ruhe die kleinen Füßchen. Mit einem leisen Brummen fliegt die Biene weiter. Luisa meint, die Biene hat ihr zum Abschied gewinkt und Luisa winkt zurück.
„Mama, darf ich denn jetzt nach draußen?“, bettelt Luisa.
„Ja, Luisa. Geh raus. Aber bleib im Garten“, erlaubt ihre Mutter und öffnet die schwere Terrassentür.
Luisa flitzt über die hölzerne Terrasse zur Wiese. Davor bleibt sie stehen.
Bienen scheinen von Blüte zu Blüte zu hüpfen. Ein paar Vögelchen sitzen auf dem Jägerzaun und trällern ein lustiges Liedchen.
Luisa zieht ihre Sandalen und Söckchen aus. Sie setzt vorsichtig erst den linken Fuß und dann den rechten Fuß auf die Wiese. Ihre Füße versinken ein winziges Stück im Gras und die spitzen Halme kitzeln sie unter den Fußsohlen.
Luisa setzt sich unter den großen Apfelbaum und sieht die kleinen weißen Blüten über sich. Dass daraus einmal Äpfel werden, weiß Luisa schon. Ihr Papa hat es ihr letzten Sommer erzählt.
Ganz vorsichtig landet ein winziger Zaunkönig neben ihr auf dem Boden und hopst in Luisas kleine Hand. Wie selbstverständlich hebt Luisa ihn in die Höhe.
„Hallo, Luisa“, piepst er ihr zu.
„Hallo, Frederik. Wie geht es dir?“, flüstert Luisa zurück.
„Mir geht es gut, Luisa. Möchtest du hören, wie ich singe?“, piepst der Vogel wieder.
Luisa nickt ganz kurz und der kleine Zaunkönig singt das schönste Lied, dass er kennt. Frederik verbeugt sich vor Luisa.
„Du hast ganz toll gesungen, Frederik. Darauf habe ich mich den ganzen Winter gefreut“, bedankt sich Luisa und strahlt über das ganze Gesicht.
Luisa steht vorsichtig auf und setzt Frederik auf einem Ast ab.
„Warte hier, ich komme gleich zurück. Meine Oma hat mir was ganz tolles gekauft. Das will ich dir unbedingt zeigen.“
Sie läuft barfuß in ihr Zimmer und holt ihr Malbuch. Aufgeregt läuft sie wieder zu Frederik unter den Apfelbaum.
„Da bin ich wieder. Guck mal, Frederik.“
Luisa schlägt eine Seite des Malbuches auf und hält sie dem Vögelchen hin.
„Das bist du“, erklärt Luisa eifrig.
Frederik sieht auf das Foto und zwinkert Luisa zu.
„Das hast du ganz toll gemacht, Luisa“, lobte der Vogel.
„Guck mal, ich habe sogar deinen Namen darunter geschrieben. Das hat mir meine Mama vorgeschrieben und ich habe es dann ganz ordentlich hier drunter geschrieben“, erklärt sie weiter.
„Luisa, setzt du mich wieder auf den Boden? Ich habe Angst in dieser Höhe. Ich wohne auf dem Boden und da fühle ich mich viel wohler als hier auf dem Ast. So hoch“, bittet der Zaunkönig und Luisa setze ihn auf den Boden.
„Ich muss mir jetzt ein wenig Futter suchen. Ich besuche dich morgen wieder. Versprochen.“
Er winkt Luisa mit seinem kleinen Flügelchen zu und hopst hinter den nächsten Strauch.
Ein kleiner Frosch hüpft aus dem kleinen Teich und Luisa freut sich sehr darüber.
„Hallo, Luisa. Schön, dass du wieder hier bist. Ich habe dich vermisst“, quakt der Frosch und bläht seinen Hals auf.
„Ich freue mich auch, Laurenz“, antwortet Luisa.
„Wie wäre es mit einem Wetthüpfen, Luisa? Wie letzten Sommer. Von hier bis zur Schaukel. Wenn du gewinnst, singe ich für dich“, schlägt der kleine Frosch vor.
Die beiden hüpfen nebeneinander her. Jeder von ihnen will zuerst in der Schaukel sein. Nach jedem Hüpfer gibt Luisa ein lautes ‚Quak‘ von sich. Natürlich gewinnt Luisa und der Frosch quakt laut und aus voller Kehle das schönste Lied, das ihm einfällt.
Luisa klatscht laut Beifall und versucht, wie Laurenz zu singen.
„Ich muss jetzt wieder in den Teich, Luisa. Es ist zu warm, weißt du? Ich brauche Wasser und der Teich ist mein Zuhause“, erklärt der kleine Frosch und hüpft Richtung Teich. Er hebt seine kleine Hand, lässt ein lautes ‚Quak‘ heraus und springt in das Wasser.
Kaum ist Laurenz im Teich verschwunden, landet eine klitzekleine Hummel auf Luisas Ärmchen.
„Hallo, Luisa“, brummt sie. „Schön, dass du wieder da bist.“
„Ich freue mich auch, Stefanie“, antwortet Luisa lächelnd.
„Wie wäre es mit einem Wettfliegen? Von hier zum Apfelbaum. Wenn du gewinnst, singe ich mein schönstes Lied für dich“, schlägt die Hummel vor.
Luisa nickt und sie läuft, die Arme weit nach links und rechts ausgestreckt, neben Stefanie her. Dabei bewegt sie die Arme schnell hoch und runter, so wie Stefanie es tut.
Wie das Wetthüpfen gewinnt Luisa auch das Wettfliegen und strahlt noch mehr.
„Gut gemacht“, brummt die Hummel und landet wieder diesmal auf Luisas Schulter. Sie krabbelt ihre Wange hoch und brummt ihr schönstes Lied in Luisas Ohr.
Als sie fertig ist, fliegt sie auf Luisas offene Hand und putzt gemütlich ihre winzigen Füßchen.
„Du hast schön gesungen, Stefanie“, bedankt sich Luisa. „Ich habe eine Idee, Stefanie. Flieg da auf den Blumentopf und warte auf mich“, bittet Luisa.
Sie läuft zu Frederik unter den Apfelbaum und beugt sich zu ihm herunter.
„Frederik. Hüpf mal bitte zu dem Blumentopf“, sagt sie geheimnisvoll und Frederik tut ihr den Gefallen.
Anschließend läuft sie zum Teich und steckt ihren kleinen Finger in das Wasser.
„Oh, hallo, Luisa“, freut sich Laurenz und steckt nur sein kleines Köpfchen aus dem Wasser.
„Kannst du mal bitte zu dem Blumentopf da vorne hüpfen? Ich habe eine Idee“, fragt Luisa und auch Laurenz tut ihr den Gefallen.
Kurz darauf sitzt Stefanie auf einem Blatt der Blume. Frederik sitzt auf dem Rand des Topfes und Laurenz hat sich einen Platz in der feuchten Erde des Blumentopfes gesucht.
„Und was möchtest du jetzt von uns?“, fragt Frederik.
Luisa sieht die drei strahlend an.
„Ihr könnt alle drei ganz toll singen. Wollt ihr das nicht mal zusammen versuchen? Frederik, du singst dein Lied und die anderen beiden machen mit. Dann brummt Laurenz sein Lied und ihr beiden macht mit. Und dann brummt Stefanie ihr Lied und ihr singt mit“, erklärt Luisa.
Die drei Tiere sehen sich fragend an.
Frederik stimmt sein schönstes Lied an und spielt es den anderen vor. Dann wiederholt er es und Laurenz und Stefanie singen mit.
Luisa hat sich schon in das Gras gesetzt und schaut ganz still zu.
Dann spielen die drei Laurenz‘ Lied und zum Schluss das von Stefanie.
Luisa klatscht wieder laut Beifall.
Plötzlich verschwinden die drei kleinen Tiere ohne sich von Luisa zu verabschieden. Luisa ist traurig.
„Luisa. Komm rein. Das Essen ist fertig!“