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Traumesserin

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16.03.2013
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Traumesserin

Dieses miese Wetter! Regen rinnt die großen Scheiben herab. Die Fußgängerzone ist leer.
Im Café dagegen ein ständiges Auf und Ab der Gäste, es kann keine Ruhe einkehren. Vor mir auf dem runden Tischchen steht die halbvolle Tasse Espresso.
Ich blicke in zwei gütige Augen. Bernd ist mein bester Freund. Er ist auch mein Bruder, doch wir konnten erst in letzter Zeit miteinander. Lag es am Altersunterschied oder am Wohnort, jedenfalls kamen wir uns näher. Er lächelt mich wissend an.

„Du siehst schlecht aus, Benny. Ganz hager. Bist du krank?“
Ich sammle mich, nehme einen Schluck. Er schmeckt kalt und bitter. Bernd fragt das, was ich von ihm erwartet habe. So ist er halt, mein bester Freund. Er liest mir aus der Seele.
„Ja, mir geht' s nicht gut. Ich fühle mich ganz hohl und ausgelaugt.“
Bernd bläst mir Rauch ins Gesicht. Es ist mir aber nicht unangenehm. Ein vertrauter Geruch umgibt mich. Er lächelt immer noch.
„Es ist Nadine, nicht?“
„Vor ein paar Wochen hab ich es gemerkt. Mitten in der Nacht bin ich aufgewacht und hab sie dabei erwischt.“

„Darf ich Ihnen noch etwas bringen, vielleicht ein Stück Kuchen?“
Die Bedienung steht in einem altmodischen, schwarzen Kleidchen mit Schürze vor mir. Sie erinnert an die Dienstmädchen aus Filmen. Auf ihrem Kopf trägt sie sogar so ein albernes Häubchen. Moment mal, ich kenne die doch, das ist Marlen aus der Schule!
„Mensch, dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Das ist bestimmt fünf, nein, sechs Jahre her, beim einkaufen. Du hattest ein kleines Kind im Einkaufswagen. Ich fand, du sahst irgendwie gestresst aus und unglücklich. Hab mir gedacht, das geschieht dir ganz recht, nach dem wie du mich behandelt hast.
Ich hätt' dir den Mond vom Himmel geholt. Mit dir zusammen wär' s erreichbar gewesen, das große Glück. Aber ich war dir wohl zu unreif.“
„Wie wär' s dann mit einem Stück Linzer?“, sagt sie und schaut gelangweilt zur Decke. Genervt klopft sie mit den Kuli auf ihren Abreißblock.
„Nein, danke!“, sage ich so schroff ich nur kann.
Marlen prustet und wendet sich kopfschüttelnd anderen zu. Ich blicke auf ihren Arsch.

„Bleib bei der Sache!“ Bernd schaut jetzt ernster, seine Haare fallen ihm ins Gesicht. Ich wusste gar nicht, dass sie dunkelblond waren. Er muss sie gefärbt haben. Steht ihm irgendwie nicht.
„Was hast du gesehen?“, will er wissen.
„Na, ich wache also auf und sehe Nadine, wie sie mit geschlossen Augen neben mir auf dem Bett kniet. Sie sieht aus, als würde sie etwas kauen. Scheint ihr zu schmecken. Ich frage sie: 'Was machst du da?'
Und sie reißt die Augen auf, tut ganz erschrocken und fängt an zu husten. Ich setze mich auf, klopfe ihr auf den Rücken und da kommt etwas aus ihrem Mund.“
„Was denn?“

Es kommt Unruhe auf. Irgendwas scheint im hinteren Teil des Cafes geschehen zu sein. Eine schreit: „Oh Gott!“ Ich blicke mich um, sehe aber nur eine Menschentraube.
„Tja, ähm ...“, stammle ich.
Die Tür wird aufgerissen und ein Arzt im weißen Kittel und zwei Sanitäter kommen herein gestürmt.
„Aus dem Weg, aus dem Weg!“

„Was kam aus ihrem Mund?“ Bernd lässt nicht locker. Mir kommt es so vor als würde etwas mit seinen Augen nicht stimmen. Sie werden immer größer und bedrohlicher.
Ich nehme lieber noch einen Schluck, aber die Tasse ist leer. Mir wird so unsagbar übel. Es geht mir wirklich gar nicht gut in letzter Zeit. Und dann noch diese Kopfschmerzen. Ich schlage meine Hände vors Gesicht, fahre mir durch die Haare.

Der Tisch ist verschwunden. Bernd sitzt mir gegenüber und blendet mich mit dem Schein einer Lampe.
„Sag' s!“
„Es waren so Fotos ...“
Ich schwitze, mein Kragen wird mir zu eng.
„Auf dem einen sehe ich mich Motorrad fahren. Irgendwo in den Bergen. Kein Mensch weit und breit. Das andere zeigt mich mit meinen Freunden. Ich noch jünger, oh Mann, mit langen Haaren! Es ist abends, im Sommer, am Flussufer. Wir rauchen ne Tüte und sehen so unbekümmert aus.
Und dann ist da noch eines. Ich bin alt, inmitten vieler Menschen. Es ist eine Wallfahrt oder so was. Meine Augen sehen müde aus. Aber mein Gesicht leuchtet...“
Bernd packt mich am Arm.
„Warum will dir Nadine das alles kaputt machen?“, will er wissen.
Die Leute im Cafe reden immer lauter, rennen wie gestört umher.
„Vielleicht weil, weil ich sie es einfach tun lasse ...“, presse ich durch die Zähne.
Dann rutsche ich vom Stuhl.
Der Teppichboden riecht nach altem Staub. Rau kratzt er an der Wange. Schwerkraft drückt mich in den Boden. Dann wird es schwarz.

„Kommen Sie!“ Der Arzt und ein Sanitäter helfen mir auf. Mir ist noch ganz schwindelig. Ich sitze wieder auf dem Stuhl. Der Doktor schaut mir mit einem Spatel in den Mund.
„Das wird schon wieder“, sagt er im väterlichen Ton. Er erinnert mich ein bisschen an Papa, aber das kann ja nicht sein, denn Papa hat immer Angst vor Ärzten gehabt. Ich muss grinsen.
„Sagen Sie Ihrer Frau, dass sie damit aufhören muss!“
„Hab ich schon, sie tut es aber immer wieder.“
Er kratzt sich am Kopf. „Hm, dann sollten Sie ihr mal Ihre Zukunftsängste anbieten, Ihre Zweifel, Ihre Selbstzufriedenheit.“
Ich schaue ihn fragend an.
„Und das soll schmecken?“
„Am Anfang nicht, aber nach einiger Zeit würden es Ihnen beiden sicherlich besser bekommen.“
Das leuchtet mir ein.
„Danke, Herr Doktor.“
Er klopft mir aufmunternd auf die Schulter. Ich stehe auf und streiche meine Kleidung zurecht.

Das Café hat sich in ein Chaos verwandelt. Tische und Stühle liegend zerdeppert in den Ecken. Weit und breit keine Spur von Bernd. Die letzten Gäste eilen die Treppe hoch.
Bald bin ich allein.
Das tut so gut. Mir ist, als höre ich leise Musik. Von draußen nehme ich warmes Licht war, nach Wochen grauen Regenwetters das erste Anzeichen von Sonne.
Verwundert öffne ich langsam die Tür. Ein paar letzte, kalte Tropfen landen auf meinem Gesicht. Ich schließe die Augen und atme tief ein. Die Luft riecht nach Frühling. Ich möchte fliegen.
Langsam hebe ich ab. Die Perspektive ändert sich und mir wird ganz leicht. Über den Dächern bestaune ich, wie die Morgensonne den Himmel in ein orangefarbenes Kunstwerk verwandelt hat.

 
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Hallo Cybernator,

ja, seltsam ist die Geschichte allemal.

Für mich etwas zu seltsam, weil ich den Zusammenhang mit dem Arzt, der ja wohl schon auf dem Weg war, bevor es ihm schlecht ging, nicht ganz verstanden habe.
Ich bin jetzt auch ein wenig am Hin- und Herschwanken, was ich dir nicht unter die Nase reiben kann, weil die Geschichte ja "Seltsam" ist und da hat man ja auch ein Stück Narrenfreiheit.
Würde das Teil mit Alltag getaggt sein, würde ich z.B. anmerken, dass ein Notarzt nie und nimmer im weißen Kittel vor Ort auftaucht.

Seltsam ist ja auch die unverschämte Tirade auf Marlen, damit hatte ich ja schon meine Probleme - auch dass sich Bernd nicht darüber gewundert hat, wie Benny mit ihr spricht. Bleib bei der Sache ist ja etwas dünn.

Für mich ergab sich am Schluss noch die Möglichkeit, dass Benny aufm Trip ist und nur er alles so schräg wahrnimmt. Oder hat er einen Hirntumor? Seine Frau isst ja scheinbar, nach dem Titel zu folgen, Träume. Seine vielleicht? Macht ihn das so krank? Also für mich ist das alles etwas zu undurchsichtig, da muss ich zuviel selbst reinstecken, um einen roten Faden zu haben.
Zudem ist das nicht so meins, wenn der Titel was verrät, was im Text so nicht nachvollzogen werden kann.

Also auf eine Art interessiert mich der Text schon, aber andererseits zucke ich die Schultern, weil mir noch ein paar Punkte fehlen, die mich als Leser in eine Richtung leite.

Ganz schräg ist der Titel. War das Absicht mit der Irritation? Ich lese natürlich erst Traum-Messerin, auch wenn das zweite M fehlt. Ein typisches Wort für einen Bindestrich.

Ach ja, was sehr gut bei mir ankam, waren die Cliffhanger.

Dann noch:


Auf der Fußgängerzone ist es leer.
in der Fußgängerzone ...
wobei man sich schon fragt, was leer sein soll. Keine Menschen, keine Angebote der Geschäfte, keine Bäume, Sträucher?

. Vor mir auf dem runden Tischchen steht die halbvolle Tasse Espresso.
Wenn es ihm so schlecht geht, müsste es eine halbleere Tasse sein :D

„Du siehst schlecht aus, Benny. Ganz hager. Bist du krank geworden?“
das geworden muss raus, da schlägt wahrscheinlich dein badischer Dialekt durch ;)


Das Café hat sich in ein Chaos verwandelt. Tische und Stühle liegend zerdeppert in den Ecken. Weit und breit keine Spur von Bernd. Die letzten Gäste rennen die Treppe hoch.
statt rennen fände ich flüchten eleganter, wenn ich auch nicht weiß, wieso sie es eilig haben.

Bald bin ich allein.
Gleich bin ich allein trifft es vom zeitlichen her besser, denn bald hat für mich eine längere Zeitspanne.

Liebe Grüße
bernadette

 
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Hallo Bernadette!

Vielen herzlichen Dank für deine Befassung mit dem Text!

Seltsam ist er allemal, aber ich habe mir dabei auch ein bisschen was gedacht. Das ganze ist Bennys Traum. Er hat Probleme mit seiner Lebensgefährtin Nadine, der Traumesserin. Die Beziehung mit ihr engt ihn ein, er kann sich nicht verwirklichen, steht seinen Wünschen und Zielen im Weg. Wenn er das nicht bald mir ihr klärt, wie es ihm Onkel Doktor rät, wird ihm das auf Dauer nicht gut bekommen. Vielleicht hat er das Ganze ein wenig verdrängt, er ist bestimmt ganz doll verknallt, jedenfalls fällt ihm dies jetzt wie Schuppen von den Augen (sodass er ja regelrecht abhebt).
Dass der Bernd sich bei der Auseinandersetzung mit Marlen nicht einmischt, ist für mich klar. Ist ja gar nicht seine Rolle, zumindest nicht in Bennys Traumwelt. Diese Störungen von Marlen und dem Unglück hinten im Café, die zeigen, dass Benny nicht ganz klar bei der Sache ist oder sein will, warum auch immer.

Ein Arzt wird denke ich mal zu 99% weißen Kittel erscheinen, wenn man träumt. In der Urversion hatte er sogar noch ein Stethoskop.

Bald bin ich allein.
Oh je, er mag sich schon mit Trennungsgedanken abfinden.:(

wobei man sich schon fragt, was leer sein soll. Keine Menschen, keine Angebote der Geschäfte, keine Bäume, Sträucher?
Fußgänger? :schiel:

Wenn es ihm so schlecht geht, müsste es eine halbleere Tasse sein
Hab ich mir auch gedacht :D

Grüße,
Cybernator

 
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Seltsam ist er allemal, aber ich habe mir dabei auch ein bisschen was gedacht.
das ist ja schon mal nicht schlecht.

Das ganze ist Bennys Traum.
So, das hast du dir gedacht. Aber wie soll ich als Leser darauf kommen?


Dass der Bernd sich bei der Auseinandersetzung mit Marlen nicht einmischt, ist für mich klar. Ist ja gar nicht seine Rolle, zumindest nicht in Bennys Traumwelt...

Ein Arzt wird denke ich mal zu 99% weißen Kittel erscheinen, wenn man träumt. In der Urversion hatte er sogar noch ein Stethoskop.

Ganz ehrlich, das ist eher enttäuschend, wenn es ein Traum ist. Glücklicherweise klingelt am Ende nicht noch der Wecker. Aber ohne den kapier ich das natürlich nicht, denn es gibt ja auch skurile Literatur, bei der tatsächlich innerhalb der Geschichte einiges sehr seltsam ist. Und ich nehme das dann auch gerne wahr, im doppelten Sinne, und finde das Hinschieben zum Traum eher ernüchternd für mich als Leser.

Und die Problematik, die du dann in diesen Traum packst, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, ohne deine Erklärung gelesen zu haben. Das sollte so nicht sein, wenn deine Intention ist, dass man den Text interpretieren kann.

Fußgänger? :schiel:

klar, was du meintest. Aber machen Fussgänger eine Fussgängerzone "voll" - nicht eher belebt? Dann wäre sie eher verwaist oder menschenleer, für mein Empfinden.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Cybernator,
wenn ein Text in der Überschrift „Traumesserin“ heißt, weckt dies in mir die Vorstellung, etwas über die Traumesserin zu erfahren. Sie wird bei Dir nur schnöde abgehandelt:

Sie sieht aus, als würde sie etwas kauen. Scheint ihr zu schmecken.
Das ist bitter wenig, wenn man an die Möglichkeiten des Themas „Traumesserin“ denkt: Warum isst sie Träume? Welche Träume? Mit welcher Wirkung? Wessen Träume? Und viele andere Fragen.

Benny scheint von der Traumesserin das Mark aus den Beinen gesogen worden zu sein. Das ist nur ein Aspekt. Aber man sollte sich wirklich überlegen, welche Konsequenzen es hat, wenn einem die Träume gestohlen werden und man gesund ist: Vorschlag: die kalte Persona.
Du schreibst

Das ganze ist Bennys Traum.
Das ist enttäuschend. Mit Traum kann man immer alles erklären und eigentlich verharmlosen und spannungslos machen. Warum keinen Wirklichkeitsanspruch stellen? Der fremde Blick auf gewohnte Umgebung macht manchem Albtraum Konkurrenz.
„Traumesserin“ könnte auch ein Bild für die Ernüchterung in einer Ehe sein.
Bernd und Marlene sollen Benny an die Realität rückkoppeln (Benny/Bernd, BB Doppelgängermotiv?). Doch die Café Welt bricht zusammen und das Ich ist allein. Doch auch das Wetter spielt mit: Frühlingsgefühle beenden die Geschichte.
Insofern hatte ich mir von dieser Geschichte mehr erhofft. Der Grundgedanke – Was geschieht, wenn Träume gegessen werden – ist vielversprechend. Das Ich, mit seinem Blick der Verfremdung auf die Welt, ist wohl den Anforderungen noch nicht gewachsen.
Aber immer noch lieber gelesen als so mache Geschichte nach Vorschrift. Literatur kann noch so seltsam sein, die Wirklichkeit übertrifft die immer.
Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo Bernadette!

Danke, dass du nochmal geschrieben hast. Wenn ich (mal wieder) nicht den richtigen Ton getroffen hab, dann tut's mir leid. Jedenfalls wurde mir deutlicher was, du gemeint hast.

Ich bereue es, dass ich meine Intension und Interpretation in der Antwort offengelegt habe. Das sollte natürlich in der Geschichte zum Ausdruck kommen und ist absolut überflüssig. Gerade wenn ich die Reaktionen darauf beobachte.
Was ich auch nicht leiden kann, ist wenn man in den Antworten seine Geschichte verteidigt, als wolle man die anderen überzeugen, dass die Fehler und Unklarheiten Sinn machten.

Ganz ehrlich, das ist eher enttäuschend, wenn es ein Traum ist.
Schade, ich finde Träume und deren Deutung interessant. Für mich sind sie ein Stück Wirklichkeit auf einer anderen Wahrnehmungsebene. Ich kann die Enttäuschung auch nicht ganz nachvollziehen. Ist es vielleicht, weil es das schon so oft gegeben hat? Oder weil es oft in Geschichten vorkommt (hab ich auch so gemacht), dass der Traum als eine Art Ausweg benutzt wird?

Und die Problematik, die du dann in diesen Traum packst, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, ohne deine Erklärung gelesen zu haben.

Ja, das werde ich noch besser ausarbeiten, das muss noch deutlicher werden.

Liebe Grüße,
Cybernator

 

Hallo Wilhelm!


Das ist enttäuschend. Mit Traum kann man immer alles erklären und eigentlich verharmlosen und spannungslos machen. Warum keinen Wirklichkeitsanspruch stellen?

Das sehe ich halt ganz anders.
Träume haben seit es Menschen (und Tiere) gibt eine wichtige Funktion: Sie nehmen Einfluss auf ihr Leben, sie reflektieren, sie wollen mitteilen.
Es kann sein, dass du meinst, eine Geschichte, die sich in der Realität abspielt ist spannender, ein Traum ist eher harmlos.
Ich denke, dass Gefühle im Traum eine sehr große Bedeutung haben und manchmal sogar stärker wahrgenommen werden. Es besteht sogar reelle Gefahr im Traum. Natürlich nicht mehr wenn man aufgewacht ist, aber da sehe ich schon wieder parallelen zu Leben und Tod. Anderes Thema.
Aber diese Enttäuschung, in Erwartung von was wurdest du denn enttäuscht? War es erst nach meiner (überflüssigen) Erklärung? Das würde mich echt interessieren.


Würde mich freuen, noch von dir zu hören.

Cybernator

 

Hallo Cybernator,
Du hast es richtig erkannt:

War es erst nach meiner (überflüssigen) Erklärung?
Das Seltsame wird durch die Traumerklärung zum Normalen. Was vorher schwebte, ist jetzt eindeutig, halt ein Traum, nur ein Traum.

Träume haben seit es Menschen (und Tiere) gibt eine wichtige Funktion: Sie nehmen Einfluss auf ihr Leben, sie reflektieren, sie wollen mitteilen.
Es kann sein, dass du meinst, eine Geschichte, die sich in der Realität abspielt ist spannender, ein Traum ist eher harmlos.
Die Spannung in Deiner Geschichte liegt doch darin, dass er während des Schlafes von Nadine der Träume beraubt wird.
„Na, ich wache also auf und sehe Nadine, wie sie mit geschlossen Augen neben mir auf dem Bett kniet. Sie sieht aus, als würde sie etwas kauen. Scheint ihr zu schmecken. Ich frage sie: 'Was machst du da?'
Und sie reißt die Augen auf, tut ganz erschrocken und fängt an zu husten. Ich setze mich auf, klopfe ihr auf den Rücken und da kommt so ein Stück aus ihrem Mund.“

Wenn die ganze Geschichte ein Traum ist, dann wäre sie ja eine geträumte Traumesserin, die geträumte Träume isst. Die Spannung der Geschichte liegt doch darin, dass die Verwirrung von Benny in der Wirklichkeit daher kommt, dass seine Frau seine Träume verspeist.

Die Beziehung mit ihr engt ihn ein, er kann sich nicht verwirklichen, steht seinen Wünschen und Zielen im Weg. Wenn er das nicht bald mir ihr klärt, wie es ihm Onkel Doktor rät, wird ihm das auf Dauer nicht gut bekommen. Vielleicht hat er das Ganze ein wenig verdrängt, er ist bestimmt ganz doll verknallt, jedenfalls fällt ihm dies jetzt wie Schuppen von den Augen (sodass er ja regelrecht abhebt).
Wo steckt Deine Interpretation im Text. Wir armen Leser können das nicht finden. Wo engt sie ihn ein? (Zeile ??) Welche Wünsche und Ziele hat er? (Zeile ??)
Mag sein, dass das Bild der Träume fressenden Frau das bedeutet, was du meinst, bedeuten kann, aber nicht muss. Der Text lässt die Freiheit.
Aber vielleicht hat mich Deine einschränkende Interpretation gestört, denn ohne sie ist der Text freier. Du hast eine psychologische Interpretation, ich bleibe gerne bei dem Schweben eines parabolischen Textes.
Aber, um Bernadette zu erwähnen, bin ich auch froh, dass der Wecker nicht geklingelt hat. Träume kann man außerdem nur dann sinnvoll interpretieren, wenn man die Basis ihres Entstehens kennt, also die Lebensumstände von Benny.
Ich bin jetzt nicht mehr von der Geschichte enttäuscht (obwohl ich mir sie auch etwas ausführlicher hätte vorstellen können, siehe meine Fragen), sondern von der Interpretation.
Aber ich glaube, das spricht doch sehr für Deine Geschichte.
Herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Hallo Wilhelm!

Aber vielleicht hat mich Deine einschränkende Interpretation gestört, denn ohne sie ist der Text freier.

Das fänd ich jetzt echt gut, wenn die Geschichte nicht einschränkt und trotz dem keine störende Interpretation von mir braucht.
Der Leser sollte sich selber irgendwo finden und seine eigenen Schlüsse daraus ziehen.
Ist noch ein langer Weg dahin. Tja.

Ich habe versucht auf deine Fragen einzugehen und an zwei Stellen was eingefügt.
Du konntest mir da weiterhelfen, dafür ein herzliches
vergelt's Gott!

Cybernator

 

Hallo Cybernator,

endlich bei den Wortkriegern angekommen, beginne ich doch mal mit einem Text von dir. An sich hat mir das Lesen Spaß gemacht. Durch die vielen Cliffhanger bringst du echt Spannung in die etwas surrealistischen Dialoge. Ja, am Ende war ich dann aber doch etwas ratlos, wusste nicht, wie ich die Geschichte einordnen sollte. Hab mir natürlich meine Gedanken gemacht. Mir war schon klar, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen Traum handelt. Ich interpretierte es so, dass sich der Traum ständig um das eine Thema dreht: Nadine, die Traumesserin. Obwohl sich der Traum darauf fokussiert schwenkt er immer wieder ab. Das Chaos im Cafe. Der Träumer ist hin und hergerissen. Einerseits versucht ihn sein Kumpel, die Reflektion seines Gewissens, die Probleme zu zeigen, fordert Antworten, die er sich selbst schuldig bleibt. Aber irgendetwas strebt sich dagegen. Das Chaos, der Traum fällt in sich zusammen ... und am Ende ist Einsamkeit und Frühlingsduft. Da kann man viele Ansichten gewinnen. In der Kürze fand ich den Text schon spannend. Wenn ich allerdings längere Kurzgeschichten oder sogar Romane lese, die mit den Worten "und es war doch nur ein Traum" enden, bin ich immer enttäuscht. Als wolle sich der Autor seiner Verantwortung entziehen, sich von der Geschichte distanzieren. Bei dir ist das jetzt nicht so. Deine Erklärung fand ich zwar erleuchtend, aber es braucht sie nicht. Das erinnert mich an die Zeit in der Schule. Da mussten wir mal Refarate über bedeutende deutschsprachige Literatur halten. Ich habe über Frischs "Homo Faber" referriert. Der Lehrer meinte damals, man müsse sich unbedingt einen Lektürenschlüssel zulegen. Ohne den seien wir außerstande die Werke zu verstehen und bekämen die schlechteren Noten. Das halte ich für Blödsinn. Na ja, in der Kürze wars ein angenehmer Einstieg.

„Hm, dann sollten Sie ihr mal Ihre Ängste anbieten, Ihr falsches Getue, Ihre Egoismus.
Ihren Egoismus?
Lg

Hacke

 

Hallo Hacke!

Schön von dir zu hören. Endlich, du meckerst nicht an meiner Traumwelt rum! :D
Nee ehrlich, deine Kritik zu meinen früheren Traumszenen hab ich mir schon zu Herzen genommen.
Ich mag halt das Surreale. Die Realität ist mir oft zu drunter.
Interpretationen sind schon sehr interessant. Deine z.B. stimmt so ziemlich mit meiner überein.
Aber am liebsten wäre mir, man könne ganz darauf verzichten und das Ganze nur so auf sich wirken lassen. Eben wie ein Traum: da kann es sein, man behält ein Gefühl den Tag über und es nimmt Einfluss. Wenn man dann versucht ihn zu analysieren und auseinander zu klabustern schwindet die Bedeutung und sie wird durch schnöde Logik ersetzt. Aus der Traum.
Bitte nichts reininterpretieren, das soll jetzt nicht heißen, dass es keinen Sinn macht zu interpretieren.
Ich finde das äußerst spannend, wie die Autoren hier die Geschichten wahrnehmen. Das hat jetzt nichts damit zu tun.

Na ja, in der Kürze wars ein angenehmer Einstieg.
Also, das übertrifft meine Erwartungen doch um Haaresbreite!

Liebe Grüße,
Cybernator

 

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