Trauer
Ich versinke in meiner Trauer und drohe zu ertrinken. Ich nehme meine Umgebung durch einen zähflüssigen Schleier aus Kummer wahr. Wie eine Schnecke in einem Bienenstock, bewege ich mich schleppend durch die Hektik der Einkaufspassage. Ich bleibe stehen und starre auf meine Brust. Ich sehe die Spuren deiner Krallen an meinem aufgerissenem Brustkorb. Blut läuft an meinen Beinen entlang und bildet eine pampige Lache auf den Boden. Inmitten dieser Pfütze aus Lebenssaft liegt mein Herz, zerfetzt, aber noch leicht rhythmisch pulsierend. Ich atme einige Male tief durch und gehe weiter. Wie ein Amputierter, dem sein fehlendes Glied juckt, spüre ich immer noch den brennenden Schmerz, dort wo einst mein Herz sich befand. Ich blicke um mich und in jedem Gesicht das mir entgegenkommt, erkenne ich ein Teil von dir. Ein alte Dame, vollgepackt mit Tüten, schaut mich mit deinen Augen an; ein kleines Mädchen im Blümchenkleid, lächelt mit deinem Lächeln. Ich versuche dein Bild aus meinem Kopf zu verdängen, versuche es zu streichen, es mit schwarzer Farbe zu übermalen. Aber es gelingt mir nicht. Ich wünsche mir Leere, Ruhe, Vergessen. Der Alkohol hat versagt und die Drogen machten es nur noch schlimmer. Dass der Tod keine Lösung ist, sagt mir meine Feigheit. So bleibt nur noch der Schmerz, das Selbstmitleid und die Zeit.