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Trauer

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09.01.2002
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Trauer

Ich versinke in meiner Trauer und drohe zu ertrinken. Ich nehme meine Umgebung durch einen zähflüssigen Schleier aus Kummer wahr. Wie eine Schnecke in einem Bienenstock, bewege ich mich schleppend durch die Hektik der Einkaufspassage. Ich bleibe stehen und starre auf meine Brust. Ich sehe die Spuren deiner Krallen an meinem aufgerissenem Brustkorb. Blut läuft an meinen Beinen entlang und bildet eine pampige Lache auf den Boden. Inmitten dieser Pfütze aus Lebenssaft liegt mein Herz, zerfetzt, aber noch leicht rhythmisch pulsierend. Ich atme einige Male tief durch und gehe weiter. Wie ein Amputierter, dem sein fehlendes Glied juckt, spüre ich immer noch den brennenden Schmerz, dort wo einst mein Herz sich befand. Ich blicke um mich und in jedem Gesicht das mir entgegenkommt, erkenne ich ein Teil von dir. Ein alte Dame, vollgepackt mit Tüten, schaut mich mit deinen Augen an; ein kleines Mädchen im Blümchenkleid, lächelt mit deinem Lächeln. Ich versuche dein Bild aus meinem Kopf zu verdängen, versuche es zu streichen, es mit schwarzer Farbe zu übermalen. Aber es gelingt mir nicht. Ich wünsche mir Leere, Ruhe, Vergessen. Der Alkohol hat versagt und die Drogen machten es nur noch schlimmer. Dass der Tod keine Lösung ist, sagt mir meine Feigheit. So bleibt nur noch der Schmerz, das Selbstmitleid und die Zeit.

 

Wie wahr, wie wahr!
Deine Geschichte beschreibt haargenau den Gefühlszustand nach einer Trennung.
Das einzige, was ich ein bisschen kritisch beurteile, ist, dass du dich an manchen Stellen zu Übertreibungen hinziehen lässt.

Blut läuft an meinen Beinen entlang und bildet eine pampige Lache auf den Boden.
Sonst wie gesagt eine tolle Gefühlsbeschreibung.

cu christoph

 

Schließe mich mit lobender Kritik an, obwohl ich sagen muss, anfangs etwas erschrocken zu sein, als die „blutige" Phase einsetzte. Ich hatte mir die Situation bildlich vorgestellt, welch Grauen, und dann kam Gott sei Dank die Auflösung. Faszinierend.
Grüße, Sandra

 

Hallo grasi,

der Text gefällt mir extrem gut! Zwar finde ich auch, dass Du an der Stelle

Blut läuft an meinen Beinen entlang ... aber noch leicht rhythmisch pulsierend
wahrscheinlich ein wenig zuweit gehst, aber vielleicht habe ich auch einfach noch nie einen sooo extremen Trennungsschmerz erlebt, wie Dein Protagonist...
Ansonsten gefällts mir sehr gut!

gruss,
philipp.

 

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