Trainingslager
"Ach Simone, du kannst doch nicht ewig so niedergeschlagen sein. Vor uns liegt eine Woche voll Spaß und Sport!" Ja, das ist meine Freundin Verena. Die kann wirklich immer gut drauf sein. Und ich, naja, ich war auch mal so. Vor ein paar Wochen noch war ich der glücklichste Mensch der Welt, doch seitdem mein bester Freund Kevin nichts mehr von mir wissen will, bin ich richtig melancholisch geworden. Ich kann einfach diese schönen Zeiten nicht vergessen, obwohl das nun schon immerhin 2 Monate her ist. Jetzt sind wir, Verena und ich, für eine Woche in einem Trainingslager. Seid ungefähr 8 Jahren sind wir schon im Sportverein, Verena ist eine super Trampolinspringerin und ich bin eine der besten in der Laufgruppe. "Jaja, ich versuch mich zusammen zu reißen. Komm, wir haben in 5 Minuten das erste Treffen!", entgegnete ich und wir gingen los. In der Halle waren schon ungefähr 50 Leute und wir waren fast die Letzten. Irgendsoein Vorstand hielt eine kurze Rede, dann wurden Listen ausgehängt und wir konnten schauen in welcher Gruppe wir waren. Es gab nur eine Gruppe für Läufer, in der 10 Leute waren. Das erste Training begann um 16 Uhr.
.."So, jetzt machen wir erstmal einen kleinen 800m-Lauf, damit ich euch ein bisschen einschätzen kann.", sagte unser Trainer Adrian, nachdem wir uns schön begrüßt und aufgewärmt hatten. Der Lauf war super, in der Gruppe waren echt nette Leute. Mit Laura und Thomas hatte ich mich sogar schon ein bisschen angefreundet, in den Pausen alberten wir ständig herum und bei den lockeren Läufen liefen wir zusammen. Thomas und ich waren sowieso gleichschnell, wir waren schon beim 800m-Lauf gleichzeitig ins Ziel gekommen. Eine der schönen Seiten am Sport ist, dass man nicht so viel über seinen Kummer nachdenken kann. Abends unterhielt ich mich mit Verena noch über die Geschehnisse des Tages, aber so ein erster Tag ist immer sehr anstrengend also gingen wir früh Schlafen.
An den nächsten zwei Tagen passierte nichts weiter Aufregendes. Viel Training natürlich, und mit Thomas und Laura verstand ich mich immer besser. Meine anfangs so schlechte Stimmung war wie weggeblasen.
Am 4. Tag, Donnerstag, hatten wir kein Training. An diesem Tag machten wir einen kleinen Ausflug in die nächste Stadt. Kurz nach dem Mittagessen brachen wir auf, Verena, Laura, Thomas und zwei Freunde aus Verenas Gruppe. Der Tag war einfach spitze, wir hatten sehr viel Spaß. Wir hatten in einem Fotoautomaten ein Foto gemacht, von dem jeder eine Kopie bekam. Als ich es mir abends nochmal ausgiebig anschaute, erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich mir Thomas ganz genau ansah. Er war wirklich verdammt hübsch, groß, braune Wuschelhaare und wunderschöne braune Augen. "Jaja. Der Thomas ist schon sehr attraktiv, nicht, Simone?", grinste Verena und riss mich aus meiner Schwärmerei. "Ne im Ernst, ich find den Thomas gut." "Ach. So toll ist der auch wieder nicht..", entgegnete ich. Ich dachte noch eine Weile über ihn nach, dann schlief ich ein.
Am nächsten Tag war wieder Training. Heute stand Hürdenlaufen auf dem Programm. Ich war allerdings total abgelenkt und passte nicht richtig auf. Einmal schaffte ich die Hürde nicht ganz, blieb hängen und fiel so richtig doof auf den Arm. Sofort kamen alle angelaufen und redeten durcheinander, ob ich mir weh getan hätte und so. Ganz verdattert blieb ich liegen und sagte schließlich zögerlich, "Äh, ja, mein Arm.. Tut irgendwie weh." "Ohje. Wo warst du heute auch nur mit deinen Gedanken?! Laura, bring sie mal lieber rüber zum Arzt! Die anderen machen weiter...", meinte Adrian.
Der Arm war ein kleines bisschen angebrochen. Ich bekam einen Gips und musste den Rest des Tages beim Arzt bleiben. Mittrainieren durfte ich natürlich die letzten Tage auch nicht mehr.
Aber es war ja schon Samstag. Ich musste im Bett bleiben, während die anderen trainierten. In der langen Mittagspause kam Thomas ganz überraschend und fragte mich ein wenig schüchtern, ob ich aus dem Bett und ein bisschen drausen rumlaufen dürfte. Das müsste gehen, antwortete ich und kurz darauf waren wir draußen in der Sommerhitze. In der Nähe des Sportplatzes war ein kleiner Bach, wir setzten uns ins Gras und ließen die Füße im Wasser baumeln. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, und ich fand Thomas von Wort zu Wort toller. Der Nachmittag ging viel zu schnell vorbei, Thomas musste ja wieder zurück zum Training. Als wir händchenhaltend zurück zu meinem Zimmer gingen, war ich sicher, dass ich ihn viel mehr als nur toll fand.
Für Sonntag, den letzen Tag im Trainingslager, war für uns ein Wettrennen geplant. Da ich nicht mitlaufen durfte, stellte ich mich nur an den Rand und feuerte die Läufer kräftig an, vorallem Thomas, und Laura. Thomas wurde zweiter und Laura vierte. Nach dem Lauf ging ich mit Thomas zusammen zur Trampolinvorführung von Verena. Es machte natürlich viel Spaß zuzuschauen, allerdings kam der Abschied von Thomas immer näher. Er wohnte in einer Stadt die ca 50 km entfernt war. Nach der tollen Vorführung gingen Thomas und ich nochmal zu dem kleinen Bach, dort verabschiedeten wir uns.
"Wir müssen uns auf jeden Fall wieder treffen!", sagte Thomas und schrieb mir auf den Gips seine Telefonnummer. Wir sahen uns lange tief in die Augen, dann küssten wir uns. Diese Sommerferien werde ich wohl auch nie vergessen können.