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Totes Herz

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06.04.2003
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Totes Herz

Totes Herz

Ich kann mich an nichts mehr erinnern, außer dass ich irgendwie zu einem Haus gekommen bin. Ich war aber nicht allein, es waren noch viele andere Menschen in dem Haus. Dort konnte ich schlafen, essen und trinken. Ich bin Thomas, 13 Jahre alt und weiß nicht, wo meine Familie ist.

Eines Tages ging ich aus dem Haus um zu spielen. Plötzlich tauchte ein Anderer auf, den ich zuvor noch nie gesehen hatte. Ich ging zu ihm und fragte ihn, woher er kam, denn das wusste von sich niemand hier. Er antwortete nicht...
Sein Name war Peter und schon bald wurden wir Freunde und trafen uns jeden Tag. Eines Mittags kam plötzlich der Besitzer des Hauses, ein sehr alter, netter aber auch mürrischer Mann mit dicken Augenbrauen. Er sagte zu uns, es sei zwar verboten, aber wir dürften zu dem Fluss und flussaufwärts zu einem Dorf. Mir fiel auf, dass er besonders zu mir sah. Ich packte einige Sachen und ging zu dem Fluss, obwohl niemand, aber auch wirklich niemand dorthin durfte. Das war strengstens verboten. Eigentlich weiß ich nicht warum.

Als ich im Dorf ankam war es dort sehr warm. Ich spürte die Hitze an meinem Körper, wie ich sie noch nie gespürt hatte. Ich lief und lief. Oh Gott! Plötzlich erinnerte ich mich. Das war mein Dorf. In diesem Dorf lebte ich. Dann wusste ich auch wieder wo mein Haus war. Ich rannte hin, stand eine Weile davor und überlegte, was passiert sein könnte. Schließlich überwand ich mich und klingelte, doch es machte niemand auf. Ich drehte mich betrübt um und sah da plötzlich meinen Nachbar. Ich hoffte von ihm irgendwas zu erfahren, aber ich brachte keinen Ton heraus. Ich starrte ihn an.
„Bist du es? Nico? Wie alt bist du... wie alt?“ fragte ich schließlich.
„Ich bin 14, warum? Und wer bist Du?“
„Ich bin Thomas. Ich wohnte neben dir, da!“ Ich zeigte auf mein Haus.
„Thomas? Das glaube ich dir nicht, der ist schon lange weg.“
„Doch, als ich 13 war, warst Du sechs.“
„Hä? ... ähm ... woher weißt Du das? Bist Du wirklich Thomas? Du kannst es nicht sein. Thomas ist vor acht Jahren spurlos verschwunden. Er müsste heute viel älter sein.“
Ich war verwirrt. Das war Nico, aber er war acht Jahre älter geworden und ich war immer noch 13 Jahre alt.
„Wie bin ich verschwunden?“ fragte ich verwundert.
Nico zuckte mit den Schultern: „Das weiß ich auch nicht.“
„Und wo ist meine Familie?“ fragte ich ängstlich.
„Thomas, dein Vater ist vor acht Jahren gestorben, er hatte so starken Kummer als du verschwunden bist, dass er krank wurde und starb.“
„Mein Vater“, ich ließ mich auf die Knie fallen, „er starb wegen mir?“ Ich fing an zu weinen, ich spürte einen tiefen Schmerz in meiner Brust. Mein Vater,... wegen mir.
„Und das mit deiner Mutter will ich gar nicht sagen und das mit deiner Schwester auch nicht. Es lebt nur noch die jüngere deiner zwei Schwestern und die war schon lange nicht mehr da.“ „Meine Mutter auch noch, oh nein, meine Schwester. Was soll ich jetzt nur machen?“
Ich weinte und rannte davon, weg bloß weg von hier. Ich konnte es nicht glauben, alles nur Lügen. Die Tränen liefen mir die Wangen hinunter. Ich rannte schneller, schon war ich wieder an dem Haus. An diesem Abend ging ich sehr früh ins Bett und dachte nach, über meine Familie, meine Schwester, die noch lebte...

Als ich am nächsten Morgen aufwachte traf ich mich sofort mit Peter und wir spielten, auch wenn ich mit meinen Gedanken woanders war. Mittags wollte dann aber Peter ins Dorf gehen. Ich durfte nicht mit. Doch dann bemerkte ich, dass Peter sein Essen vergessen hatte. Ich rannte ihm hinterher, bis zum Fluss, doch weiter durfte ich nicht. Peter war nicht da. Ich überlegte, er konnte doch noch nicht so weit sein. Aber plötzlich wurden meine Gedanken gestört.
Eine große hübsche Frau auf einem Pferd kam auf mich zu. Direkt vor meinen Füßen stoppte sie.
In mir ging Wärme auf, nicht weil sie so schön war, sondern weil ich sie kannte. Es war meine Schwester. Freudentränen stiegen in meine Augen.
Sie fragte mich: „Wer bist du?“
Auf einen Ruck war es vorbei, sie wusste nicht mehr wer ich war.
Nachdem ich es ihr erklärt hatte schaute sie mich an. „Thomas? Aber das macht doch alles keinen Sinn. Du kannst nicht Thomas sein.“
„Bitte erinnere dich, bitte, bitte!“ flehte ich.
Sie begann zu erzählen: „Wie soll das gehen. Es war so: Meine Mutter war schwanger, sie wollte einen Jungen auf die Welt bringen, der Thomas heißen sollte. Bis zur Geburt war auch alles in Ordnung, aber als sie das Baby aus ihrem Bauch holen wollten, hielten sie nur ein Herz in der Hand. Kurz danach brachte sich meine Mutter um, indem sie aus dem Fenster in ihrem Krankenzimmer sprang.“
Oh nein, ein Herz, meine Mutter. Alles in meinem Kopf drehte sich. Ich merkte wie mein Herz klopfte. Bodom, bodom, ganz schnell. Ich weinte laut auf und kippte zu Boden.

Als ich aufwachte lag ich in meinem Bett in meinem Zimmer. Alles nur ein Traum. Doch als ich in den Spiegel sah hatte ich ein verweintes Gesicht. Sollte dieser Traum mir etwas sagen?

 

Vielen Dank für diese klasse Geschichte! Bei dir geht es, wie bei mir um Herzen.
Dein Erzählstil gefällt mir.

 

Deine Geschichte ist toll! Sie versetzt einen in eine Stimmung ohne dass du dabei Gefühle groß beschreiben müsstest. Sie wirkt auch nicht "gekünstelt" oder aufgesetzt. Am Ende habe zumindest ich wirklich versucht zu überlegen was der Traum bedeuten könnte.

Für ein Erstlingswerk einfach klasse und vielversprechend. Mach weiter so :-)

 

Hallo firestorm,

zunächst einmal: Willkommen auf kurzgeschichten.de.

Auf den ersten Blick ist Deine Geschichte wirklich nicht schlecht geschrieben: Man kann sie gut lesen, man begreift die Ereignisse, die Gefühle schilderst Du greifbar.

Nun zum zweiten Blick :cool:

Du verwendest eine sehr einfache Sprache. Das passt, denn es ist ja ein Kind, das da spricht.

Ich habe mich gefragt, was der gesamte Zusammenhang ist, ob es eine Aussage gibt, ob das Ganze logisch ist. Offenbar hat der träumende Junge Verlustängste, die allerdings recht vage bleiben. So diffus ist auch der Traum, er ist teilweise zusammenhanglos - aber es ist nunmal ein Traum, also ist das okay. Aber mir scheint das Geschehen im Traum beliebig zu sein, da sich kein Zusammenhang auftut. Mir ist, als hättest Du diese Bilder, diese Geschichte vor Augen gehabt und einfach aufgeschrieben. Vielleicht hast Du danach erst einen Traum daraus gemacht, weil es als reale Handlung keinen Sinn ergeben hätte. Das ist das gefährliche an Traumgeschichten: Man kann schreiben was man will, auch irgendwelchen Unsinn, und dann sagen, es war ein Traum. Man kann auch auf Vorwürfe wie "es gibt ja gar keinen Spannungsbogen" entgegnen: Naja, ist doch ein Traum!

Bedeutet er etwas?

Nun, ich habe jedenfalls keine tiefere Bedeutung gefunden. Vielleicht erklärst Du mal, was Du Dir dabei gedacht hast.

Fazit: Sprachlich okay, inhaltlich bleiben Fragen offen.

Uwe

 

Hallo Firestorm,

mir hat deine geschichte sehr gut gefallen, sie hat mich an einen Indianer Mythos erinnert, der eine sehr ähnliche Struktur hat. Weiter So.

ciao anac

 

Hallo und danke für die Antworten.

An Uwe: Was ich mir dabei gedacht habe, hmmm. Im Traum ist fast die ganze Familie des Jungen durch seine Schuld gestorben. Jedenfalls empfindet er es so. In der Realität bedeutet das, dass der Junge nicht nur Verlustängste hat, sondern auch Schuldgefühle. Er meint, er soll lieber nett zu seinen Eltern und Schwestern sein, weil er sie ja irgendwann verlieren könnte.

Viele Grüße

firestorm

 

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