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14.03.2002
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tolle Meinungen

„ Ich sag meine Meinung, wann ich das will, das ist meine Meinung, und die sag ich, wann ich das will, ist das klar (?), du hast deine und ich hab meine, o.k.!?!“

Ja, dann sagt sie doch, wann ihr das wollt. Ständig muss man diesen abgedroschenen, schnöden Zickenaphorismus ertragen. Überall im Privaten oder auch im Fernsehen, besonders in den gehirnamputierten und sich von allem Überlegen in die Tiefe freimachenden Sendungen des verbalen Gelees und der Weichspeisenthemen. Man sitzt und tarnt Dummschwätzen in einer mit einem Maschinengewehr bei Ladehemmungen vergleichbaren Art als „Diskussion“. Klingt ja auch besser, hochtrabender. Man erzählt so, was gerade passend erscheint, steigert sich in Lautstärke und Grammatikfehlern, bis zum finalen Rettungsschuss: Hör mal zu, ich sag meine Meinung......!
Ja, ja ich weiß. Applaus. „Endlich hat es mal jemand gesagt und es ihm/ ihr mal so richtig gezeigt.“
Um Missverständnisse abzuwürgen: Der Satz, so wie er dort steht, kann nicht richtiger sein, er ist ein zu schützendes Ergebnis der Aufklärung. Jeder, der ihn benutzt, hat sie alle auf seiner Seite: Kant, Voltaire, Rousseau, Schopenhauer, Nietzsche, ...
Was man abändern muss, sind die Häufigkeit, die Formulierung und die Momente der Anwendung.
Ich will mal zunächst das etwas Profanere anpacken, nämlich die Häufigkeit und die Formulierung. Welcher Beruf verfehlende Redenschreiber setzt diesen postmodernen Überemanzen (im Sinne der Aufklärung, also auch männliche) diese Scheiße bis zur abstoßenden Eintönigkeit ihres Geschwafels immer wieder auf ihr Manuskript? Merken sie nicht, was für einen lauen Auftritt sie sich bei der immer wiederkehrenden Verwendung dieses Satzes geben? Und dann noch die tausendfach in jede Richtung einheitliche Betonung. Freunde, formuliert das doch mal öfter um, ich kann es nicht mehr hören. Einen Ratschlag gebe ich hier aber bestimmt nicht, da müsst ihr kreativ sein, oder den Satz ganz weglassen. Womit ich bei der Häufigkeit bin. So, wie es aussieht, gehen viele davon aus, dass man nur sehr begrenzt aufnahmefähig ist, oder der Satz toller wird, wenn man ihn wiederholt. Es bringt doch nichts, wenn man ihn ständig rekapituliert, wir wissen doch, dass ihr ganz wahnsinnig selbstständig seid und euch von nix und niemandem einschüchtern lasst. Und um zum letzten zu kommen, gebe ich noch einen Tipp: Der Satz, der passt gar nicht immer! Oft ist er unbewusst rhetorische Notlösung, um ein im Prinzip verlorenes Gespräch diplomatisch abzubrechen und dabei als Sieger auszusehen. Gewiefte Feiglinge.
Manchmal, kaum zu glauben, ist eine Meinung nämlich, ich will vorsichtig sein, nicht ganz so super begründet, wie man das gerne hätte. Es kann sogar der größte anzunehmende Unfall kommen: Der andere hat euch in den Grundannahmen eures Urteilens widerlegt! Aber das ist Theorie... Man muss, nur so unwichtig nebenbei, eben auch mal merken, wenn der Gegenüber überhaupt keine Verbotsüberlegungen bezüglich der Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung anstellt. Es scheint, als ob ihr euch das jedoch inbrünstig herbeiwünscht, damit ihr wieder mit eurem Mädchen- für- alles- Satz punkten könnt.
Und, eventuell ebenfalls hilfreich, es geht manchmal gar nicht um Meinungen, sondern um Sachverhalte. Peinlich, peinlich, wer das nicht klar sieht, aber keine Panik: Ihr seid in guter Gesellschaft, viele in eurem Umfeld sind genauso unaufmerksam wie ihr selbst, die nehmen gar nicht wahr, dass ihr abgegriffenen Müll labert.

 

Abgegriffener Müll ist dein Text nicht, aber irgendwie auch keine Kurzgeschichte, viel mehr ein Essay. Nichts desto trotz ist es sehr gut geschrieben. Was mich aber bißchen stört, es kommt so rüber, als würdest du keinen Wert auf die freie Meinungsäußerung legen. Dabei ist es doch das wichtigeste überhaupt, wo wären wir denn, wenn man jeden verbrennen würde, der die Erde nicht für eine Scheibe hält. Paradoxerweise wird dieser Satz in Talk-Shows ausschließlich zur Heuchelei verwendet, wenn jemandem keine gescheiten Worte (also alle 2 Minuten)mehr einfallen und er sich wehren muß.
Falls es jemand anders sehen sollte, ey, ich sag nur meine Meinung ;)

 

Gut ! Das blöde ist blos, dass ´ne Menge Leute die Du ansprichst beim lesen nicht merken, dass genau sie gemeint sind...

( :eek: ...etwa ich selbst auch :confused:)

Ist gut geschrieben und hat sich prima gelesen, aber ich finde auch, dass es keine wirkliche Kurzgeschichte ist. (Wo ist die Geschichte?)

Bis demnächst !

 

Moin Epikuros,

sprachlich gefällt mir deine gesellschaftliche Kritik richtig gut, ebenso inhaltlich, doch leider ist sie keine Kurzgeschichte.

Lieben Gruß
Maya

 

Meine Vorkritiker haben Recht: Das ist keine Kurzgeschichte. Ich verschiebe sie ins Diskussionsforum.

Zum Text:
Dazu wollte ich auch schon länger mal was ins Diskussionsforum stellen. Nun hast du es vorweggenommen und alle relevanten Punkte angesprochen, besonders, dass der Satz häufig verwendet wird, wenn einem die Argumente ausgehen und dass viele Leute "Meinungsfreiheit" völlig falsch verstehen, als ob es bedeutete, dass jeder seine "Meinung" sagt und diese dann von niemandem kritisiert werden dürfte (was natürlich völliger Bullshit ist, aber besonders im Internet musste ich so einen Quark schon oft ertragen).
Das Wort "Meinung" wird sehr gern benutzt, um völlig aus der Luft gegriffene, hanebüchene Statements zu machen, ohne diese nachher stützen zu müssen.
Selbes Spielchen mit "ich glaube dran", aber das ist eine andere Geschichte...

 

Alles in allem weiß ich echt nicht, was ich dazu sagen soll.
Was die Meinungsäußerung betrifft; sie ist wirklich sehr wichtig. Und auch nicht zu mißachten. Ich hab nicht recht verstanden, wie man freie Meinungsäußerung "mißbrauchen" kann... Das ist mir noch nicht so aufgegangen. Ich glaube, Du meinst damit, daß man nicht mehr diskutieren kann, ohne daß es um die Akzeptanz der gegenüber liegenden Meinung geht... Nun, ich finde, das stimmt schon, aber man sollte den Punkt abschätzen können, an dem eine Diskussion einfach nicht mehr möglich ist. Und genau an diesem Punkt sollte man erkennen, daß das Akzeptieren einer fremden Meinung angebracht ist. Und dann sollte man die Diskussion ohne große Trotzreden und Angriffe beenden können. Das wäre übrigens auch "intelligent" (nach meinen Maßstäben) :) ...

Gruß
stephy

[Beitrag editiert von: stephy am 17.03.2002 um 14:27]

 

@ Sighard

Ist Tolleranz Deiner Meinung nach etwas Schlechtes? Und warum?

Dann können wir ja getrost alle den Stoiber wählen, der sich massiv gegen die Homo-Ehe ausgesprochen hat... :D Und wir könnten auch wieder zurückkehren, ins Dritte Reich, wo von Tolleranz auch nie die Rede war... Oder wie darf ich das bitte verstehen? Würde mich jetzt doch interessieren...

Gruß
stephy

 

Hi Stephy und Sighard!
Wow Sighard, abgefahrene Sprache :read:
Okay, ich glaube, dass Sighard mehr diese verlogene political-correctness gemeint hat. Und da muss ich ihm absolut Recht geben.

Was anderes: Schreibt man "Toleranz" nicht mit einem "l" oder hab ich was wichtiges in der Rechtschreibreform verpasst? :susp:

Ugh

[Beitrag editiert von: Bibliothekar am 17.03.2002 um 17:21]

 

hey ho leute!
freut mich, dass mein artikel so gute kommentare hervorbgebracht hat.
ich habe natürlich nichts gegen toleranz, im gegenteil!
ich wollte nur zeigen, dass man sich mit diesem satz ( ich sag meine Meinung...) oft nur rausreten will, weil man zu verbohrt und vermauert ist, umzudenken und auf andere argumente einzugehen. Und man kann sich nicht eingestehen, dass man scheiße gelabert hat, oder zumindest andere richtigeres erzählen
naja, man hört von sich, ich habe noch ein paar texte dieser art im repertoire tschüss epikur

 

Hi Epikur!

Wenn du noch mehr solche Texte hast, die keine Kurzgeschichten sind, dann poste sie bitte gleich ins Diskussionsforum. Auch hier kriegst du, wie du siehst, ausreichend Resonanz darauf!

Gruß

Ben

 

also, ich muß sagen, auch wenns keine kurzgeschichte is, ws aber doch eigentlich vollkommen egal is, hast du völlig recht. ich finde, dass viele menschen ihre meinung als die alleinig-vertretbare ansehen, und daher denken, andere nicht tolerieren ui müssen. aber warum sehen diese dummköpfe nicht, das jeder mensch, seine individuelle haben kann???? und wenn sie dann immer ankommen, "so, jetzt sag ich dir aber mal meine meinung", soll ich dann angst haben? ich werd sie mir anhören, sie tolerieren, so wie akzeptieren und natürlich stellung dazu beziehen. wenn aber gewisse leute keine kritik vertragen können, bzw. ihnen meine stellungnahme zu ihrer "meinung" nicht passt, sollten sie lieber den mund halten, denn dann haben sie die "regeln" des kommunizierens nicht verstanden. esist nicht möglich, dass jeder nur seinen eigene meinung billigt, und die von anderen mißachtet. wobei wir wieder bei der freien meinungsäußerung wären, was für mich persönlich auch die toleranz anderer meinung beinhaltet, auch wenn ich sie eben mal nicht gut heißen kann.

 

Eigentlich lese ich die Kritiken ganz gerne, auch, wenn sie teilweise ein bißchen hart oder kontrovers ausfallen. Weißt du, warum?

Erstens finde ich immer unglaublich interessant, wie ein und dasselbe Objekt von unterschiedlichen Menschen wahrgenommen und beurteilt wird.

Zweitens kann man sich so langsam, langsam ein Bild von der betreffenden Person machen. Das gibt mir insofern etwas, als es mir schwerfällt, mit Menschen zu kommunizieren, von denen ich so gar keine Vorstellung hab'. Mag sein, dass das "Bild" auch völlig schief ist - aber ein schiefes Bild kann man später immer noch korrigieren, es ist besser als gar keins.

Und: In der Regel stehe ich fest zu meiner Meinung, denn ich bin ja nicht von ungefähr zu ihr gekommen. Wenn mich jemand mit der Gegenmeinung konfrontiert, ist das ja kein Angriff auf mich persönlich, sondern nur auf meine Meinung, die nach der Meinung des anderen fehlerhaft ist. Es liegt dann an mir, mir etwas davon anzunehmen oder es zu verwerfen. Ist der Standpunkt des anderen absoluter Blödsinn für mich, ignoriere ich ihn. Das tut uns beiden nicht weh. Aber manchmal bringt mich die Sichtweise eines anderen auch auf ganz neue Ideen, so nach dem Motto: "Von dieser Warte aus habe ich das noch gar nicht betrachtet. So gesehen hat er/sie ja eigentlich doch recht." Und das erweitert ja auch wieder meinen Blickwinkel.

Mit den Diskussionen ist es wie mit Weihnachen: Es kommt darauf an, was die Betroffenen daraus machen.

Und das ist wieder MEINE Meinung...

 

Egal, wer Epikuros nun ist, er hat jedenfalls voll ins Schwarze getroffen.

Manchmal könnte ich glatt mein Gegenüber erwürgen, wenn der (oder die) mir irgendwelchen völligen Schwachsinn erzählt, und mit den Worten "Das ist meine Meinung" oder "das glaube ich" mir jegliches berechtigte Gegenargument im Munde rumdreht. Viele Leute glauben, diese Worte versehen die eigene Aussage mit der göttlichen Allwissenheit, und wehe jemand kommt mit etwas derart Erbärmlichen wie Fakten daher.
Eine Freundin meinte mal, ich würde die Worte "das ist meine Meinung" viel zu selten benutzen. Ich sollte jedesmal, wenn ich zu irgendetwas einen Kommentar abgebe, diese Worte davor setzen - aus Höflichkeit und Anstand, und weil ich ja nie wirklich sicher sein kann, dass ich die Wahrheit sage. Ironie, dass solche Hinweise in der Regel von Leuten kommen, die sich selber als "tolerant" bezeichnen, es in Wahrheit aber nur zu ihrer eigenen Meinung sind.
... ist meine Meinung.

Zum Thema "Toleranz" möchte ich nur noch zitieren: "Wer für alles offen ist, der ist nicht ganz dicht."
... auch meine Meinung

Liebe Grüße, Daniel
... dito, meine Meinung

 

@Visek:

Cooler Kommentar. :thumbsup:

@Schächtpaule:

Sorry, tut mir sehr, sehr Leid, ich hatte gerade nicht die Namen aller 1000 angemeldeten Mitglieder im Kopf. :rolleyes:

 

Naja, wie man es auch dreht und wendet: Paulchen ist ein Spätzünder...:D

 

Wie manche Autoren hier - die ein JAHR für die Antwort auf einen Komment brauchen ... (wohl um ihreStories wieder auszubuddeeln :D )

(Ist man dann eigentlich als Kommentierender verpflichtet auch ein Jahr zu warten bis man nochmals kommentiert? :D )

 

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