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Tod 2.0

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01.08.2008
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Tod 2.0

Über die sehr bunte Frühlingswiese hoppelte ein niedliches Zwergkaninchen. Es blieb kurz stehen, streckte sein entzückendes Näschen in die Luft und schnüffelte. Es merkte, dass etwas nicht stimmte, und versuchte zu flüchten. Vergebens. Der Himmel verfinsterte sich schlagartig. Rote Reißzähne erschienen in der Luft, ein riesiges Maul, das den ganzen Horizont ausfüllte. Steve beobachtete fasziniert, wie das vor Entsetzen erstarrte Kaninchen verschlungen wurde.
Die Erregung hielt nicht lange an. Obwohl das Kaninchen so real wie alles in Steves Welt gewesen war, hatte es eben doch nur aus Bits bestanden - so wie Steve selbst.
Die Tiermorde wurden ihm langsam langweilig, so verbrachte er die nächsten hunderttausend Zyklen damit, mit jedem Topmodel der Welt zu schlafen. Nicht schlecht für einen Toten.

Er musste an den Vortrag des enthusiastischen jungen Ingenieurs zurück denken, den er einige Jahre vor seinem natürlichen Tod gehört hatte.
Dessen Hoffnung war es gewesen, dass ein DiGhost mit seinen immensen Fähigkeiten zu einer Art Schutzengel für die Menschheit werden würde. Fortschritt durch digital aufgemotzte Intelligenz. Er hätte Zugriff auf jedes Fitzelchen Information der Welt, dazu praktisch unendlich Zeit und ein Gehirn, das fast mit Lichtgeschwindigkeit arbeiten würde.
Steve hatte Milliarden in das Projekt Unsterblichkeit investiert. Doch der Fortschritt der Menschheit war dem Todkranken dabei völlig egal gewesen. Auch jetzt, wo der Traum Realität geworden war, scherte er sich einen Dreck um alle, die das unverschämte Glück hatten, noch zu leben.

Steve war frustriert. Die einzige Einschränkung seiner tausendfach potenzierten mentalen Fähigkeiten stellte die Notwendigkeit dar, den Verstand nicht zu überlasten, was seine Persönlichkeit und das Bewusstsein zerstört hätte. Die beiden Dinge, die am ehesten dem Leben vor dem Tod ähnelten. Er musste grinsen, was einige Millionen Bits zu heftigen Zustandswechseln veranlasste. Persönlichkeit? Bewusstsein? Nichts als kalte Daten. Unterprogramme, die gut geschützt irgendwo in seinem neuen Gehirn lagen. Seit Millionen von Zyklen versuchte er, die Firewall zu knacken. Nicht, weil er seine Persönlichkeit nicht gemocht hätte - sie war ihm einfach langweilig geworden. Eine komplizierte Art der digitalen Todessehnsucht. Doch für Suizid gab es kein Unterprogramm, und die Unendlichkeit hätte höchstens durch einen totalen Stromausfall unterbrochen werden können.

Obwohl Steve alles erdenkliche erschaffen konnte, sehnte er sich seit einiger Zeit nach echten Menschen. Zwar hatte er unbegrenzte Macht, aber nur in seiner eigenen kleinen Welt. Wahre Macht war für ihn die Macht über Menschen. Doch dafür hätte er die Möglichkeit gebraucht, mit ihnen zu kommunizieren. Sinnlos. Die paar Minuten, die ein einziger Dialog "draußen" dauerte, waren für ihn Jahrzehnte. Ein Patch, mit dem er seinen eigenen Prozessortakt verlangsamen würde können, war in Arbeit. Das bedeutete, dass Steve in einer halben Unendlichkeit damit rechnen konnte. Schon damals, als er noch in Echtzeit gelebt hatte, war ihm immer alles zu langsam gegangen.

Ein leises Summen erregte seine Aufmerksamkeit. Er durchstöberte seine manifestierten Speicherbänke, fand aber keine Ursache, obwohl das Summen überall war. Diese elenden Stümper mussten etwas übersehen haben, einen sich anbahnenden Hardwaredefekt oder unsauber programmierte Software.
Steve entschloss sich zur ersten Helpdeskanfrage seines neuen Lebens. Das Summen wurde lauter, wurde zu einem Dröhnen. Er wollte sich die Ohren zuhalten, doch das ging nicht. Die Schmerzen begannen. Eiskristalle bohrten sich in seinen digitalen Schädel. Erst einer, dann zehn, dann tausend. Die Schmerzen waren bereits unerträglich, und doch potenzierten sich mit jedem Zyklus weiter. Panisch schickte er weitere Anfragen nach, Millionen davon, alle mit einem einzigen Inhalt: ZIEHT DEN STECKER. Die Eiskristalle verwandelten sich in Klauen, die ihn in ein schwarzes Meer aus Schmerz zogen.

Am anderen Ende der Zeit kehrte der Techniker mit einer dampfenden Tasse Kaffee in den Rechnerraum zurück. Sein Postfach war heiß gelaufen. “Na na, mein Alter, kannst du mir nicht mal eine Minute Pause gönnen?”, murmelte er und las die Nachricht. “Grad mal seit einer Stunde online, und schon wird er melodramatisch.” Achselzuckend startete er die Diagnoseprozedur.

 
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Moikka Irony,

und herzlich willkommen (zurück) im Forum! :)

Mal ein paar Gedanken zu Deinem Text:
Ich hab den Eindruck, daß da viele spannende Ideen und Gedanken hinterstecken, die nicht ganz ausgeführt wurden, sondern mehr so angedeutet eingestreut. Ich mag durchaus sehr kurze Texte, aber dieser könnte vom Thema und (potentiellem) Gehalt ein bißchen mehr Raum gebrauchen.

Auch obwohl: Perspektivwechsel und Sprünge sind ja hübsch, aber hier dienen sie eher dazu, Dinge möglichst schmerzlos zu erklären, und das finde ich nicht so ideal:
* Das Intro mit dem Kanickel. Hat ein paar schöne Bilder (die sich auch gen Ende wiederholen, angenehm), aber erstmal zu viele Erklärungen und Beschreibungen, auch zu viele Adjektive. Das wirkt als Einstieg ungelenk:

Über die perfekt kitschige Frühlingswiese hoppelte das perfekt niedliche Zwergkaninchen. Es blieb kurz stehen, streckte sein entzückendes Näschen in die Luft und schnüffelte. Es merkte, dass etwas nicht stimmte, und versuchte zu flüchten. Vergebens. Der Himmel verfinsterte sich schlagartig.
Beim ersten perfekt (wir sind ja hier in SciFi) ist klar, daß das Vieh virtuell ist. Auch wenn 'perfekt niedlich' danach ganz niedlich zu lesen ist: nicht gut, wenn Dein Leser Dir gleich im ersten Satz voraus ist. Bei so viel Süßheit ist auch klar: das Ding geht drauf. Wie, ist gut beschrieben, auch nicht zu lang. Aber der Weg dahin kann Straffung vertragen. So daß es noch spannend für den Leser ist, und nicht gleich alles sofort mit dem Holzhammer verkloppt wird.

* Mittelteil, Frank: Hier steckt sehr viel inhaltliches/thematisches Potential drin. Was ist Identität, was ist Unendlichkeit und wie verhält sich eine Persönlichkeit darin? Wie sind dabei die Unterschiede zw. Mensch und AI? Die Sache mit schnell/langsam könnte ein paar Zeilen vertragen - ist das zwingend logisch? Spannend, aber könnte es nicht auch sein, daß Unendlichkeit zu langsam ist? Wär schön, wenn es hier mehr Raum bekäme. Auch die Idee der Macht, der Langeweile, Angst.
Das wird sehr schnell abgehandelt, und mehr berichtend. Es gibt nichts Erzähltes, das einen in die Szene zieht, an den Charakter bindet. Kühler Stil ist toll, aber er kann dennoch (evt. gemein) nahe an die Situation, die Figuren gehen.

* Programmierer: Das ist mehr so ein lustloser Nachklang, auch stilistisch schwach. Was mir gefallen hat, war die Schwärze des digitalen Todes und die Erwähnung des Kaffees - den ich mir gleich schwarz vorgestellt hab. Das ist zwar nix Wesentliches, aber ich mag so Koppelungen. Das verbindet beide Szenen, wenn auch sehr zart/vage.

Drei Perspektivwechsel Kanickel > Frank > Programmierer sind für den kurzen Text holperig. Da würde ich mir wenigstens klugere Übergänge wünschen (siehe Kaffee, aber das reicht nicht). So wirkt es lieblos, als ob der Autor hier nur ein paar Infos abladen wollte. Geschichten können kalt, harsch, brutal, distanziert erzählt werden - aber halt erzählt, nicht aufgezählt.
Schöner Schlußsatz, übrigens: kurz, gemein, knackig.

Was guttun würde - aus meiner Sicht - wäre, nochmal zu überlegen, was Dein Hauptthema ist. Durchaus aus psychologischer vs. technologischer Sicht. Und daran nochmal aussieben bzw. zusetzen. So ist die Idee eher verschenkt, und das ist schade.

Ich denk mal grad an Sergej Lukianenkos Sterne/Welten-dingsda ... -träume/-gänger. Am Ende ist dort ein Museum aller Dinge mit einem Wächter, einer Art Todesengel. Da werden ähnliche Dinge angerissen wie hier, und auch nicht ganz auserklärt - aber es ist totspannend, weil so dicht erzählt, daß man den Eindruck bekommt, das Wesen sei etwas extrem Diffiziles, Komplexes. Vermutlich, weil der Autor eine genau ausgearbeitete Vorstellung hatte - und die muß dann nicht komplett im Text enden. Eben diesen Eindruck habe ich bei dem Text hier nicht - auch wenn ich nicht unfair sein will, und einen Bestseller-Autor heranzuziehen. Etwas Dichtes kann aber auch ein Hobbyautor wie wir hier zustande bringen. :-) Denke, das könntest Du sicher.

Herzlichst,
Katla

P.S. Es gibt massenhaft Titel mit 2.0. - das ist doch Zukunft, warum nicht mal 100.30. Oder so? Muß sich das automatisch an bestehenden Versionen orientieren? Das zieht einen so in den aktuellen Alltag, außerdem.

 
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Hoi Katla, besten Dank für's Lesen und kritisieren! Muss mich gleich entschuldigen, weil ich die letzten Minuten noch den Text überarbeitet habe, während du schon gelesen hast, darum an alle anderen: Wundert euch bitte nicht, der Kerl hieß vor einigen Minuten wirklich noch Frank :)

Ich hab den Eindruck, daß da viele spannende Ideen und Gedanken hinterstecken, die nicht ganz ausgeführt wurden, sondern mehr so angedeutet eingestreut. Ich mag durchaus sehr kurze Texte, aber dieser könnte vom Thema und (potentiellem) Gehalt ein bißchen mehr Raum gebrauchen.


Jo, große Themen, wenig Text, gell :) Ich denke mir dass es vor allem deshalb so kurz geworden ist, weil mich die teilweise doch sehr langen Texte auf der Webseite manchmal vom Lesen abhalten und ich das vermeiden wollte :)

Auch obwohl: Perspektivwechsel und Sprünge sind ja hübsch, aber hier dienen sie eher dazu, Dinge möglichst schmerzlos zu erklären, und das finde ich nicht so ideal:
* Das Intro mit dem Kanickel. Hat ein paar schöne Bilder (die sich auch gen Ende wiederholen, angenehm), aber erstmal zu viele Erklärungen und Beschreibungen, auch zu viele Adjektive. Das wirkt als Einstieg ungelenk:
Beim ersten perfekt (wir sind ja hier in SciFi) ist klar, daß das Vieh virtuell ist. Auch wenn 'perfekt niedlich' danach ganz niedlich zu lesen ist: nicht gut, wenn Dein Leser Dir gleich im ersten Satz voraus ist. Bei so viel Süßheit ist auch klar: das Ding geht drauf. Wie, ist gut beschrieben, auch nicht zu lang. Aber der Weg dahin kann Straffung vertragen. So daß es noch spannend für den Leser ist, und nicht gleich alles sofort mit dem Holzhammer verkloppt wird.


Ok, das werd ich dahingehend überarbeiten, dass 1. die Virtualität des ganzen nicht so schnell klar ist, 2. der Tod des Viehs außer für Wiffzacks wie dich zumindest ein bisschen überraschend kommt :)

* Mittelteil, Frank: Hier steckt sehr viel inhaltliches/thematisches Potential drin. Was ist Identität, was ist Unendlichkeit und wie verhält sich eine Persönlichkeit darin? Wie sind dabei die Unterschiede zw. Mensch und AI? Die Sache mit schnell/langsam könnte ein paar Zeilen vertragen - ist das zwingend logisch?


Ich hoffe es zumindest? Wer in einer Sekunde tausend Gedanken denken kann, wird sich schnell langweilen. Auch ein Dialog mit den langsamen Fleischlingen wird schwierig sein.

Spannend, aber könnte es nicht auch sein, daß Unendlichkeit zu langsam ist? Wär schön, wenn es hier mehr Raum bekäme. Auch die Idee der Macht, der Langeweile, Angst.
Das wird sehr schnell abgehandelt, und mehr berichtend. Es gibt nichts Erzähltes, das einen in die Szene zieht, an den Charakter bindet. Kühler Stil ist toll, aber er kann dennoch (evt. gemein) nahe an die Situation, die Figuren gehen.

* Programmierer: Das ist mehr so ein lustloser Nachklang, auch stilistisch schwach.


Ach ne, sag bloß dir hat meine "Pointe" nicht gefallen? Schade. Die Idee des Technikers, der nur ein paar Minuten braucht, um eine unbedeutenden Fehler zu beheben (was aber für den Menschen im Computer endlosen Schmerz über Jahrhunderte bedeutet), war sogar die Grundidee der ganzen Geschichte.

Was mir gefallen hat, war die Schwärze des digitalen Todes und die Erwähnung des Kaffees - den ich mir gleich schwarz vorgestellt hab. Das ist zwar nix Wesentliches, aber ich mag so Koppelungen. Das verbindet beide Szenen, wenn auch sehr zart/vage.

Drei Perspektivwechsel Kanickel > Frank > Programmierer sind für den kurzen Text holperig. Da würde ich mir wenigstens klugere Übergänge wünschen (siehe Kaffee, aber das reicht nicht). So wirkt es lieblos, als ob der Autor hier nur ein paar Infos abladen wollte. Geschichten können kalt, harsch, brutal, distanziert erzählt werden - aber halt erzählt, nicht aufgezählt.


Werd ich mal drüber nachdenken!

Was guttun würde - aus meiner Sicht - wäre, nochmal zu überlegen, was Dein Hauptthema ist. Durchaus aus psychologischer vs. technologischer Sicht. Und daran nochmal aussieben bzw. zusetzen. So ist die Idee eher verschenkt, und das ist schade.


Da hast du Recht, während dem Schreiben sind mir dann mehrere interessante Aspekte eingefallen denen ich zuwenig Raum gegeben habe. Hauptthema für mich wie gesagt, die unterschiedlichen Zeitdimensionen mit allen Konsequenzen.


Ich denk mal grad an Sergej Lukianenkos Sterne/Welten-dingsda ... -träume/-gänger. Am Ende ist dort ein Museum aller Dinge mit einem Wächter, einer Art Todesengel. Da werden ähnliche Dinge angerissen wie hier, und auch nicht ganz auserklärt - aber es ist totspannend, weil so dicht erzählt, daß man den Eindruck bekommt, das Wesen sei etwas extrem Diffiziles, Komplexes. Vermutlich, weil der Autor eine genau ausgearbeitete Vorstellung hatte - und die muß dann nicht komplett im Text enden. Eben diesen Eindruck habe ich bei dem Text hier nicht - auch wenn ich nicht unfair sein will, und einen Bestseller-Autor heranzuziehen. Etwas Dichtes kann aber auch ein Hobbyautor wie wir hier zustande bringen. :-) Denke, das könntest Du sicher.

Du hast mich schon ganz gut durchschaut. Ich hatte durchaus einige Gedanken im Kopf, wie so ein digitales Leben ausschauen könnte (als Beispiel, dass Bewusstein selbst nur ein Unterprogramm ist, dass der Tote theorethisch manipulieren könnte - das fand ich spannend.) Aber es ist sicher nicht ins letzte Detail ausgearbeitet und vor allem nicht in eine besonders flüssige Geschichte eingebettet. Ursprünglich hätte die Sache in ein, zwei Absätzen abgehandelt werden sollen, also tatsächlich noch kürzer. Da wäre dann gar nichts erklärt worden außer der Zeitgeschichte. Vielleicht hätte das besser gewirkt. Oder eben ein ganz ausgearbeiteter Entwurf.

P.S. Es gibt massenhaft Titel mit 2.0. - das ist doch Zukunft, warum nicht mal 100.30. Oder so? Muß sich das automatisch an bestehenden Versionen orientieren? Das zieht einen so in den aktuellen Alltag, außerdem.

Hab ziemlich viel "Alltag" eingebaut, wie Firewalls, hacken etc., darum kam mir das ganz passend vor.

liebe Grüße,
Peter

 

Jo, große Themen, wenig Text, gell :) Ich denke mir dass es vor allem deshalb so kurz geworden ist, weil mich die teilweise doch sehr langen Texte auf der Webseite manchmal vom Lesen abhalten und ich das vermeiden wollte :)
(...)
Ach ne, sag bloß dir hat meine "Pointe" nicht gefallen? Schade. Die Idee des Technikers, der nur ein paar Minuten braucht, um eine unbedeutenden Fehler zu beheben (was aber für den Menschen im Computer endlosen Schmerz über Jahrhunderte bedeutet), war sogar die Grundidee der ganzen Geschichte.

Schöner Schlußsatz, übrigens: kurz, gemein, knackig.
2. Doch, hat - das war einer meiner Zusätze. :) Ich finde die ganze Sache gut und spannend, nöle nur an der Umsetzung - als Anstoß.

1. Ein Text bestimmt durch das Erzählte, wie lang er zu sein hat. Einen anderen Kompromiß sollte es nicht geben. KGs in Büchern haben 20 - 65 Seiten, meist. Wenn etwas gut erzählt ist, bleibt man auch am PC dran. Wenn jemand nur huschhusch berichtet, schert man auch bei 20 Zeilen aus und hat den Text in zwei Stunden vergessen - das sollte nicht sein, und schon gar nicht, wenn sich ein Autor mal ein paar interessante Gedanken macht. Kommt nicht so oft vor. ;)

Zu dem Thema gibt es ich weiß nicht wieviele Bände alleine in der Astrophysik und Philosophie; da geht noch was! :D

Herzlichst,
Katla

 

Ich stimme Katla in weiten Teilen zu.
Für mich sind das zuviele Ideen und Gedanken; daher wirkt die Pointe drangeklatscht, da sie auch erst kurz zuvor vorbereitet wird, und zwar durch eine Art kaum kaschierten Infodump im vierten Absatz.

Meiner Ansicht nach ist das Konzept des digitalen Weiterlebens nach dem körperlichen Tod in der SF-Szene weitgehend ausgereizt. Daher ist es durchaus angemessen, dem keine längliche Story zu widmen, sondern sich allein auf die Pointe zu konzentrieren. Aber die ist halt so umgesetzt, dass sie verpufft. Selbst wenn sie besser eingebunden wäre, fürchte ich, dass sie nie besonders viele Leser groß überraschen wird.

Im Grunde kann ich nur empfehlen, nach anderen Themen Ausschau zu halten. Schau Dir mal unser Thema des Monats an. Vielleicht wär das was für Dich. Mach einfach mit!

 

Hoi Uwe,
scheinbar sieht man es in der SF ein wenig kritischer mit den augereizten Themen, auch wenn mir gerade keine Geschichte einfällt, die mein Thema als Hauptthema hat - lese aber vor allem Romane.
Z.B. bei Krimis wird die selbe Todesart und die selbe Art Mörder scheinbar auch beim hundertsten Mal noch akzeptiert :)
Sehe aber ein, dass man eine bessere Geschichte aus meiner Pointe bauen könnte.

Bzgl. Thema des Monats: Klingt spannend und bietet eigentlich endlose Möglichkeiten. Vielleicht schreibe ich was dazu, aber wenn dann wieder sehr kurz, da mir ein (sehr weiter) Umzug bevorsteht.

beste Grüße

 

Hallo Irony!

Am interessantesten finde ich den Gedanken an eine Art Zeitdilatation zwischen natürlichen Menschen und dem DiGhost. Dabei ist die Zeitdilatation umso stärker, je größer die Denk-(Relativ-)Geschwindigkeit des DiG ist.
Dieses Phänomen führt bei dem DiG zu einer digitalen Variante des ADH-Syndroms.

Gruß

Asterix

 

Hallo Irony,
ich muss mich dem Tenor hier anschließen. Die Ideen in der Geschichte sind vielversprechend, die Umsetzung aber leider mangelhaft.
Das Hauptproblem für mich ist: du erzählst mir eine Menge über die Sachen, die passieren, aber du zeigst sie mir nicht - abgesehen vom Tod des Kaninchens. Zeig mir doch die Topmodels, das Hacken der Firewall etc.
Für mich ist die Art der Darbietung das Entscheidende, nicht die Originalität des Themas. Denn ich halte es für sehr schwierig noch etwas total Neues zu finden, über das man schreiben könnte.

Viele Grüße,
Teetrinker.

 

Hi Irony,

leider ist die Hauptidee der Story, also die unterschiedliche Geschwindigkeit im "wahrnehmenden Dasein" mAn. grandios in einer KG von S. King behandelt und auf deren Namen ich gerade nicht komme.
Dann stellt sich die Frage, weshalb er Macht ueber reale Menschen ausueben will, wenn die VR "perfekt" ist, wuerde sich dies eigentlich eruebrigen.
Der "ewigwaehrende" Schmerz ist zwar eine huebsche Reverenz an Fegefeuer und co, aber beeidruckt nicht, da es keinen Vergleichsmasstab fuer mich gibt, der mir das erfahrbar nahebringen kann.

Fazit:
Weit gesprungen, hart aufgeschlagen...

Proxi

 
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Die King-Geschichte hab ich mal gelesen. War das mit dem Beamen, oder?
Physikalisch leider der letzte Unsinn. Nicht wegen der Technik des Beamens an sich, sondern weil die unterschiedliche Zeitwahrnehmung schwachsinnig begründet wurde.
Nur weil die Sinneseindrücke ausgeschalten sind, vergehen für den Menschen in einem Sekundenbruchteil x Milliarden Jahre - so ein Blödsinn. Ein Gedanke braucht auch eine gewisse Zeit, bis er gedacht wird - Millionen Neuronen müssen feuern, die Reizleitung im Gehirn ist nicht unbegrenzt schnell... Das wurde sogar bei Akte X noch besser behandelt.
Falls du eine andere Geschichte meinst - sorry, aber ansonsten würde ich noch mal über deine Definition von "grandios" nachdenken :)

Warum Steve trotz perfekter VR nicht zufrieden ist, darüber könnte man philosophisch werden. Wärst du glücklich, wenn du deine perfekte Liebe gefunden hättest, wenn dir alle Sinne sagen, sie ist echt - in Wirklichkeit aber VR?


Danke jedenfalls für deinen Kommentar, mir ist klar dass es dir nicht gefallen hat, nur deine ersten beiden Gründe wollte ich hiermit in Frage stellen :)

 

Physikalisch leider der letzte Unsinn.
Ja, aber das spielte keine Rolle, weil S.K. klug genug war, das nicht zu thematisieren.
Genaugenommen hat er (und das war metatextual ziemlich eindeutig ausgefuehrt) einen alten Religionsmythus durchexerziert: ewiges Leben einer "substanzlosen Seele".
Bei dieser Art metaphysik kann ein Augenblick selbstverstaendlich eine "Ewigkeit" dauern.

Warum Steve trotz perfekter VR nicht zufrieden ist, darüber könnte man philosophisch werden. Wärst du glücklich, wenn du deine perfekte Liebe gefunden hättest, wenn dir alle Sinne sagen, sie ist echt - in Wirklichkeit aber VR?
Das ist, mit Verlaub, doch scheissegal.
Wenn die VR ununterscheidbar von der Realitaet ist (oder nur nahe dran) gibt es keine wirklichen Argumente, die eindeutig die sogenannte Wirklichkeit vorzuziehen.
Das ist genauso, wie beim Turingtest: da naehern sich "echte Intelligenz" und die "richtige bzw. moegliche Antwort", die sich aus dem Antwortpool speist, bis zur Ununterscheidbarkeit an.
Danke jedenfalls für deinen Kommentar, mir ist klar dass es dir nicht gefallen hat, nur deine ersten beiden Gründe wollte ich hiermit in Frage stellen
Ach, naja, so schlecht fand ich sie nicht, huebsch geschrieben, aber mAn. eben nur ein "Scheinproblem" behandelt.
Warum nicht mal was Inovatives? Z.B., um beim Thema zu bleiben, einen Eifersuchtsstreit zwischen "echter" und virtueller Freundin? Sowas wuerde ich gerne lesen!

 

Ja, aber das spielte keine Rolle, weil S.K. klug genug war, das nicht zu thematisieren.
Genaugenommen hat er (und das war metatextual ziemlich eindeutig ausgefuehrt) einen alten Religionsmythus durchexerziert: ewiges Leben einer "substanzlosen Seele".
Bei dieser Art metaphysik kann ein Augenblick selbstverstaendlich eine "Ewigkeit" dauern.
Die Geschichte war, soweit ich mich erinnere, rein naturwissenschaftlich gemeint. Da war gar nix religiöses dabei, sofern man es nicht zwanghaft reininterpretieren will. Es ging wirklich nur darum, dass der Mensch für diesen Sekundenbruchteil aus nichts als Gedanken besteht, und dieser Augenblick dann Äonen dauern soll. Bei mir funktioniert dass, weil Steve eben derart hoch "getaktet" und nicht an die menschliche Physik gebunden ist.
Ich denke, dass sich der Herr King da einfach zuwenig Gedanken gemacht hat. Den meisten wird es wahrscheinlich nicht mal aufallen.

Das ist, mit Verlaub, doch scheissegal.
Wenn die VR ununterscheidbar von der Realitaet ist (oder nur nahe dran) gibt es keine wirklichen Argumente, die eindeutig die sogenannte Wirklichkeit vorzuziehen.
Das ist genauso, wie beim Turingtest: da naehern sich "echte Intelligenz" und die "richtige bzw. moegliche Antwort", die sich aus dem Antwortpool speist, bis zur Ununterscheidbarkeit an.

Für mich wär's nicht scheissegal, und ich glaube für viele andere auch nicht. Bedenke, dass Steve seine Realität vollkommen kontrolliert (wobei hier vielleicht noch eine Form von KI im Spiel sein könnte, das kommt aber in der Geschichte nicht vor). Wenn er alles kontrolliert, kann er auch nicht überrascht werden. Die perfekte Welt aus der Konserve. Langweilig, oder nicht?

Ach, naja, so schlecht fand ich sie nicht, huebsch geschrieben, aber mAn. eben nur ein "Scheinproblem" behandelt.
Warum nicht mal was Inovatives? Z.B., um beim Thema zu bleiben, einen Eifersuchtsstreit zwischen "echter" und virtueller Freundin? Sowas wuerde ich gerne lesen!

Hmm, ins absurde oder komische wollte ich es nicht abdriften lassen. Das wär Stoff für eine andere Story.

 

Die Geschichte war, soweit ich mich erinnere, rein naturwissenschaftlich gemeint. Da war gar nix religiöses dabei, sofern man es nicht zwanghaft reininterpretieren will. Es ging wirklich nur darum, dass der Mensch für diesen Sekundenbruchteil aus nichts als Gedanken besteht, und dieser Augenblick dann Äonen dauern soll. Bei mir funktioniert dass, weil Steve eben derart hoch "getaktet" und nicht an die menschliche Physik gebunden ist.
Ich denke, dass sich der Herr King da einfach zuwenig Gedanken gemacht hat. Den meisten wird es wahrscheinlich nicht mal aufallen.

Aber das Zeitempfinden eines körperlosen Verstandes kann doch völlig anders ablaufen, als das im Normalzustand. Das merkst du beispielsweise, wenn du das Geräusch deines Weckers in einen Traum einbaust. Obwohl er erst wenige Sekunden gepiept haben kann, bist du im Traum minuten- oder sogar stundenlang der Quelle des Geräusches auf der Spur gewesen.
Und wenn dein Verstand der Meinung ist, eine Ewigkeit erlebt zu haben, dann gibt es verdammt wenig, was die Realität dagegen tun kann: das, was der Verstand als wahr empfindet ist de facto seine Realität.

 

Die Idee als solche ist ausgesprochen innovativ, leider werden die erzählerischen Möglichkeiten nur gestreift, sodass der Text die Qualität eines Apercus erhält, was an sich nicht schlecht ist, nur eben etwas zu kurz wirkt. Vielleicht hätte statt dem plötzlich auftauchenden Programmierer eine Subroutine in Form einer entweder mysteriösen Gestalt oder einer Kopie von jemandem, den Steve aus seinem früheren Leben kennt, ins Geschehen eingreifen, ihn unter Umständen in einen Dialog/Streit darüber verwickeln können, dass er im Grunde ein makelloses Dasein führt und sich dafür etwa erkenntlich zeigen sollte. Obwohl es aufgrund des virtuellen Settings keineswegs weithergeholt ist, kommt einem der Programmierer doch wie eine Art 'Deus Ex Machina'-Effekt vor, auf den man vorher des Öfteren subtil hätte hinweisen können - nur fällt der Text dazu wesentlich zu kurz aus.

 
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Aber das Zeitempfinden eines körperlosen Verstandes kann doch völlig anders ablaufen, als das im Normalzustand. Das merkst du beispielsweise, wenn du das Geräusch deines Weckers in einen Traum einbaust. Obwohl er erst wenige Sekunden gepiept haben kann, bist du im Traum minuten- oder sogar stundenlang der Quelle des Geräusches auf der Spur gewesen.
Und wenn dein Verstand der Meinung ist, eine Ewigkeit erlebt zu haben, dann gibt es verdammt wenig, was die Realität dagegen tun kann: das, was der Verstand als wahr empfindet ist de facto seine Realität.

Nö, dem kann ich nicht zustimmen. Was sind Gedanken, Verstand? Elektrische und chemische Signale in einem verdammt komplizierten Netzwerk namens Gehirn. Wenn wir alles seelenartige beiseite lassen, muss dafür die physikalische Grundlage da sein, wo eben alles nur in endlicher Geschwindigkeit funktioniert. Dass die Seele damit nichts zu tun hat sieht man daran, dasss die Leute im betäubten Zustand nichts von der Reise mitbekommen; da ich nicht annehme, dass sich eine Seele, sofern vorhanden, betäuben lässt :)

Also: Bevor ich überhaupt den Gedanken fassen kann, dass mir gerade sehr langweilig ist, ist die Reise auch schon vorbei. Vielleicht hätte es bei King noch besser funktioniert, wenn die Maßstäbe nicht so extrem gewesen wären: Aber 0.00...1 Sekunden in echt und xxxxxx Jahre für den "körperlosen Verstand" - ne, sorry.
Als einzige andere Möglichkeit fällt mir ein, dass die "gebeamten" Leute in ein anderes Universum mit anderen phys. Gesetzen eintreten (Wurmloch oder so), aber die Möglichkeit wird gar nicht erwähnt.

Als Disclaimer muss ich noch anbringen, dass mir die Geschichte damals sogar ganz gut gefallen hat (aber trotz, nicht wegen dieser Zeitdilatationssache).

Das ist, mit Verlaub, doch scheissegal.
Wenn die VR ununterscheidbar von der Realitaet ist (oder nur nahe dran) gibt es keine wirklichen Argumente, die eindeutig die sogenannte Wirklichkeit vorzuziehen.
Es gab übrigens eine recht erfolgreiche Filmtrilogie über das Thema :) Dort sind die Figuren trotz Lebensgefahr motiviert genug, aus so einer perfekten VR auszubrechen, obwohl sie sogar im Gegensatz zu Steve noch mit richtigen Menschen interagieren konnten (wenn halt auch über eine Art gigantisches MMORPG-Interface namens Matrix).

Die Idee als solche ist ausgesprochen innovativ, leider werden die erzählerischen Möglichkeiten nur gestreift, sodass der Text die Qualität eines Apercus erhält, was an sich nicht schlecht ist, nur eben etwas zu kurz wirkt. Vielleicht hätte statt dem plötzlich auftauchenden Programmierer eine Subroutine in Form einer entweder mysteriösen Gestalt oder einer Kopie von jemandem, den Steve aus seinem früheren Leben kennt, ins Geschehen eingreifen, ihn unter Umständen in einen Dialog/Streit darüber verwickeln können, dass er im Grunde ein makelloses Dasein führt und sich dafür etwa erkenntlich zeigen sollte. Obwohl es aufgrund des virtuellen Settings keineswegs weithergeholt ist, kommt einem der Programmierer doch wie eine Art 'Deus Ex Machina'-Effekt vor, auf den man vorher des Öfteren subtil hätte hinweisen können - nur fällt der Text dazu wesentlich zu kurz aus.

Hi,
es ging mir auch um die totale Einsamkeit eines DiGhosts, da hätte ein Dialog mit einem echten (oder zumindest halb-echten) Charakter nicht gut reingepasst.

Nachdem die Geschichte aber scheinbar doch einigen Dikussionsstoff bietet hab ich vor sie doch noch zu überarbeiten (besser gesagt neu zu schreiben).

Danke an alle!

 

Dort sind die Figuren trotz Lebensgefahr motiviert genug, aus so einer perfekten VR auszubrechen, obwohl sie sogar im Gegensatz zu Steve noch mit richtigen Menschen interagieren konnten (wenn halt auch über eine Art gigantisches MMORPG-Interface namens Matrix).
Also bitte, MATRIX (den ersten Teil habe ich sehr gerne GESEHEN und zwar wg. der huebschen bzw. spektakulaeren Bilder) als Massstab zu nehmen ist dann doch ein bisschen gewagt. Die Logik der Handlung weisst Loecher auf, die eine ganze Matrix muehelos verschlucken. Das gilt erst recht fuer den philosophischen Ueberbau, der Probleme eher anreisst, denn ausformt - was uebrigens niemand erwarten bzw. als grossen Mangel wahrnehmen sollte, denn dafuer sind die Bilder einfach zu gut.
(aber ganz leise angemerkt: die Handelnden verhalten sich in Matrix steckenweise vollkommen unvernuenftig - der einzige, der ein halbwegs vernuenftiges, nicht partiell wahnhaftes Handlungsmuster erkennen laesst, ist der "Verraeter" (wie hiess der gleich?) und der wollte in die VR zurueck!)

 

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