Tobi
Tobi.
„Tobi, wo bist du?“ „Tobi, komm her!“ „Tobi, komm ins Bett!“ Oh Mann, ich kann dieses „Tobi, wo bist du?“, dieses „Tobi, komm her!“, dieses „Tobi, komm ins Bett!“ schon nicht mehr hören. Dabei war ich vor wenigen Stunden noch so heiß auf diese wunderbare weiche, zarte Haut, auf diesen herrlichen, etwas über faustgroßen, festen Busen mit den rosaroten Spitzen drauf, auf diesen knusprigen, geilen Arsch, dass ich dachte, ich müsste das alles locker bis ins Fegefeuer hinein und wieder retour lieben können, und jetzt ist das, was einem Manne hart sein sollte, so klein, wie ein Kinderpieps und so weich, wie ein paar Weißwürste beim Münchner Oktoberfest. Jeder, der dort einmal die Kellnerin mit seiner Bestellung herum irren sah, weiß, wie weich die sind, wenn die Maid endlich mit dem kalten Teller ankommt, und das für satte 12 Märker.
Irgendwie bin ich noch immer verrückt nach dieser schlanken, ebenmäßig gebauten Göttinnengestalt mit diesem gelockten roten Haar, aber irgendwo ganz hinten in meinem Kopf sitzt dieser niedliche, kleine Rauhaardackel und noch weiter hinten hockt irgendwo diese schwarze Katze, die auch manchmal plötzlich über das Bett strolcht, sich in meinen Rücken drückt und mir einen abschnurrt. Nicht, dass jetzt irgend jemand auf den Gedanken kommt, ich mag Tiere nicht. Ich mag sie schon, aber nicht unbedingt im Bett.
Als sie den Hund mit ins Schlafzimmer nahm und nach der Katze rief, fing mich auf einmal alles an zu jucken. Es juckte mich hinter dem Ohr, in der Nase, die Kopfhaut. Es juckte mich mein Hüftknochen, der mich sonst nie juckt, mich juckte mein Hintern, der mich schon manchmal juckt, meist nach dem Duschen, wenn er zu sauber ist und noch ohne Hautcreme, aber in solchen Situationen hat er mich noch nie gejuckt. Zumindest nicht so, dass es mir störend aufgefallen wäre. Mich juckten meine Füße, die Innenseite meiner Oberschenkel. Mich juckte mein !!!!!!! Ah, der juckt mich schon oft. Sogar in solchen Situationen. Aber nie auf so gemein gefährliche und ungute Weise.
„Tobi, wo bist du?“ „Tobi, komm her!“ „Tobi, komm ins Bett!“ Oh Mann! Ich kann nicht glauben, dass es irgendwo auf dieser Welt einen Mann gibt, der einen Hund mit ins Bett nimmt. Das ist einfach mannsunmöglich. Das müssen perverse Triebtäter sein, die mit einer Frau samt Hund ins Bett steigen und dann auch noch einen hoch kriegen. Oder die müssen vollkommen kirre und besoffen sein, was mir auf einer Alvin Lee – Tour in Düsseldorf sogar schon passiert ist, und es war nicht einmal schlecht. Aber doch nie nüchtern.
Dabei hätte dieses Paar runder Titten und dieser knackige Arsch heute meinen größten, dicksten, härtesten aller Sch`s bedeuten können. Ich könnte wetten, dass ich vor zwei Tagen noch den Duft an jener Stelle, an die nur die wenigsten Männer in ihrem Leben mit etwas anderem hinkommen, als mit ihren Händen und ihrer Männlichkeit, geliebt habe. Ihr müsst Euch diese Gegend bei dieser Frau einmal vorstellen: feinster, rostroter Flaum, keine zwei Finger dick, nicht rasiert, eine Haut wie Samt und ein verwirrender Duft, so leicht wie ein Hauch von Zimt, alles echt da unten. Die Hölle, ein Wahnsinn für Lenden und Hirn. Trotzdem würde ich heute darauf keine Wette mehr abschließen, dass ich in dies alles noch verliebt bin. Vor zwei Tagen noch hatte ich irre Träume und machte schon Pläne, in die dieses rote Haar und all dieses herrliche Drumherum auf lange Zeit mit eingeschlossen waren. Ich kannte sie jetzt seit gut drei Monaten und hatte einen wunderschönen, heißen Sommer mit ihr verbracht. Bis zu diesem Tag haben wir immer bei mir gewohnt. Und jetzt muss ich mir all dies von meiner gequälten und verwirrten Seele schreiben, weil ich sonst zu heulen anfangen oder sonst etwas Unmännliches anstellen würde, beziehungsweise, falls es so etwas nicht gibt, würde ich wohl etwas vermeintlich Männliches anstellen und irgend einem unschuldigen Idioten, der von Nichts eine Ahnung hat, die Zähne einschlagen. Vor zehn Jahren hätte ich das wahrscheinlich auch getan.
„Tobi, wo bist Du?“ „Tobi, komm her!“ „Tobi, komm ins Bett!“ Tobi, ich bring Dich um! Aber was kann dieser treuäugige kleine Depp von einem Dackel dafür, dass ihn sein Frauchen zu einem Herrchen mit ins Bett nimmt.
Oh Mann! Irgend etwas in mir hat das Ganze ja schon vor zwei Tagen geahnt, als ihre Mutter diese Andeutung zum Hund hin machte. „Tobi, jetzt gemma dann ins Bett, gell Tobi!“ Und bei der Bemerkung vom Rotschopf bezüglich Hund aufpassen zum Wochenende, wenn ihre Leute auf Urlaub fahren, und darüber, dass wir dann bei ihr zu Hause bleiben müssen, weil sonst der Dackel die ganze Nacht lang heult und die Vorhänge zerreißt, da hätte es eigentlich schon klicken müssen bei mir. Mann, oh Mann. Tobi, oh Tobi. Was hast du armes Hundsviech mir da angetan?
Ich habe heute schon mit meinem Psychoanalytiker telefoniert, ihn gefragt, ob er mir nicht einen Rat wüsste. Aber der geht auch nicht mit einem Hund ins Bett. Er hat mir aber versprochen, sich zu erkundigen, ob es irgendwo auf dieser Welt einen Seelendoktor gibt, der das macht. Hoffentlich findet er ihn, bevor ich den Dackel vergiftet habe oder aus Liebe zu dieser Frau auf ewig impotent werde, oder auch nicht, weil ich mir wieder selber treu werde und nicht einer einzigen Frau auf immer und ewig treu bleibe.
Man muss sich das ja einmal so vorstellen. Man liegt da mit einer Frau im Bett, die man liebt, an der man wirklich alles liebt, die überall noch dazu genau so riecht und schmeckt, wie man immer geträumt hat, dass Frauen riechen und schmecken sollten, und man ist zärtlich zu ihr, küsst sie hinter dem Ohr, küsst ihren Nacken, ihre Schultern, vibriert selbst am ganzen Körper, beißt sie gierig und zart in das weiche Fleisch ihre einzigartigen, hoch aufgereckten Brüste. Manchmal vielleicht auch nicht so zart, je nach dem halt, Ihr versteht mich sicher. Man fühlt, wie eine Gänsehaut nach der anderen über ihre Schultern, Arme und Beine und sonst wohin läuft. Man spürt, wie alles in einem aufsteht und groß und größer wird, und da stößt man auf einmal unter der Decke mit seinen Füßen auf einen harten, rauen Körper, der da ziemlich stark transpiriert, verdammt warm ist und einem beim Ausstrecken im Weg ist, der vielleicht auch noch ganz leise knurrt, wenn man ein wenig antaucht und ihn aus dem Bett schubsen will, der einem plötzlich ganz groß im Kopf ist und einem alles was groß war, klein macht. Oh Mann, das muss man sich erst einmal vorstellen.
„Tobi, wo bist du?“ „Tobi, ......“ Aaaahhh, ich glaube, ich muss doch meinen Psychoanalytiker noch einmal anrufen. Mir ist da eben eine Geschichte eingefallen, die mir vor Jahren, vor vielen, vielen Jahren passiert ist. Ich habe mir damals als Taxifahrer ein wenig Geld dazu verdient. Später bin ich dann ja jahrelang fix gefahren, neben dem Studium, aber das war damals noch so in meinen Anfangszeiten, kurz nach dem Führerschein. Ich muss so um die zwanzig gewesen sein, total unerfahren im Leben, keine Ahnung vom Tuten und Blasen, eine echte spätpubertäre Null halt, die geglaubt hat, sie wüsste schon alles von dieser Welt. Jedenfalls, aus dieser Geschichte, habe ich mir dann gedacht, könnte vielleicht mein Seelenklempner doch noch ableiten, ohne jetzt einen anderen, der schon Erfahrung mit Hunden im Bett hat, zu Rate ziehen zu müssen, weshalb ich nicht kann, wenn ich mit einem Hund und einer tollen Frau im Bett liege.
Ich wurde damals eines Nachts zu einem bekannten Lokal bestellt. Dort stieg ein etwas älterer, aber gut erhaltener und situierter Herr aus der ländlichen Politikszene, der mich aber nicht kannte, zu mir in den Wagen. Ich schätzte den Typ sofort richtig ein. Ich wusste sofort, das wird jetzt eine längere Tour, und zwar eine Pufftour. Und doch hat er mich überrascht. Er meinte nämlich: „So Bua, jetzt bringst mi zur Hundemama!“ „Wohin?“ sagte ich total baff, ich dachte, ich hätte schlecht gehört. „Nau zur Hundemama! Wos bist denn du fia a Depp von an Taxler? Kennst di net amoi dahoam aus?!“
So wurde mein Wissensstand dahingehend entsprechend erweitert, dass es in dieser kleinen Stadt, in der ich seit ca. einem Jahr so an die 4 – 5 mal im Monat als Taxichauffeur jobte, so Richtung Einkaufszentren hinaus, eine Nutte gab, die es vor Kunden für Geld mit Hunden trieb. Und da der Mann, wie es schien, genügend Geld hatte, lud er mich gleich mit ein, dabei zuzuschauen. Wie er nämlich meinte, wäre ihm nicht gut dabei, einen so jungen Burschen wie mich in seiner Unwissenheit verkommen zu lassen. Schließlich sollte ein Taxler sein Gebiet kennen.
Wir fuhren also zu dieser Frau, die es da mit Hunden trieb. Der Mann zahlte für mich einen Tausender drauf. Spezialpreis fürs Taxigewerbe, schließlich würde sie ja ab jetzt an mir auch was verdienen. Wir sahen dann dabei zu, wie sie sich zuerst von einer schwarzweißen Schäfer-Colli-Mischung lecken und dann bearbeiten ließ. Letzteres hat ja nicht allzu lange gedauert, der Rüde war schnell fertig. Aber mir war jedenfalls nachher immens schlecht und meine Freundin hat mich am nächsten Tag gefragt, weshalb ich denn keine Lust hätte, sonst hatte ich eigentlich immer Lust. Na ja. Ich gab ihr halt zur Antwort, dass diesmal soviel los gewesen sei, ich so müde wäre, und so. Ich hatte auch noch die ganze Woche lang nicht allzu viel Lust und habe mich mit Ausreden frei gespielt. Die weiß heute noch nicht, wieso. Bin irgendwie aus meinem Traumland gefallen. Aber irgendwie habe ich das Ganze dann doch wieder vergessen, oder verdrängt. Nur seit damals sind mir eben Frauen, die ein allzu inniges Verhältnis zu ihren Hunden haben, nicht mehr ganz geheuer.
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