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Tobi hat ja nur ... Schokolade zum Frühstück
Übellaunig stochert Tobi im Essen. Fast alles auf seinem Teller ist grün. Tobi kann grünes Essen nicht leiden. Und obwohl Mama das weiß, kocht sie es immer wieder. Sie kann ganz schön gemein sein.
„Du bist gemein“, murmelt Tobi und bietet Helda, dem Hasenschwein, die Gabel mit dem Essen an. „Dich mein’ ich nicht, Helda. Nun probier’ doch mal. Na, komm schon. Nur ein’ Bissen.“
Helda rümpft die Schweinenase, schüttelt den Kopf, dass die Hasenohren nur so fliegen und er beinahe vom Stuhl fällt. Das Wasserglas auf dem Tisch wackelt, aber es kippt nicht um.
„Was gib’s denn zum Nachtisch?“
Tobi weiß, es wird keinen für ihn geben, wenn so viel Grünes auf dem Teller liegenbleibt. Die Erbsen sind lustig. Auf jede Gabelspitze spießt Tobi eine auf. Dann noch eine auf jeden Zinken, bis die Gabel hübsch aussieht. Aber essen will er das nicht. Auch das lange Grün nicht, das sich um die Kartoffeln schlängelt, wie die Algen um Füße. Kartoffeln mag Tobi sowieso nicht. Nudeln schon. Am liebsten die kurzen, mit denen man Pfeiftöne machen kann. Wenn Mama dazu Tomatensauce kocht, dann isst Tobi immer alles auf.
Am Fenster dampft Pudding. Der Geruch von Vanille hängt in der Luft. Tobi schnuppert. Bestimmt kommt Opa gleich, denn der liebt Vanillepudding mehr als Oma und die riecht am Hals auch manchmal nach Vanille.
„Ich hab keinen Hunger“, sagt Tobi schließlich und springt vom Stuhl, schnappt sich Helda und flitzt aus der Küche. Das stimmt gar nicht. Tobi hat sogar großen Hunger, aber wenn er sagt, er will das auf dem Teller nicht essen, darf er nicht aufstehen. Aufgestanden wird nur, wenn er satt ist und deswegen schummelt Tobi. Nach dem Essen kommt Berti zum Spielen. Also wird es gleich an der Tür klingeln.
So lange spielt Tobi mit den Schleichtieren. Er hat einen Tierpark aufgebaut. Die Stöcke für die Zäune hat er draußen gesammelt. Dabei entdeckte er im Laubhaufen einen Igel. Zum Glück ist Tobi nicht hineingesprungen. Denn eigentlich wollte er das tun. Er hat sogar schon Anlauf genommen, weil es nämlich langweilig ist, neben Mama zu gehen, wenn sie beide nach dem Kindergarten noch in den Supermarkt müssen. Mama hat gesagt, er sollte den Igel lieber nicht anfassen. Und dann musste Tobi eine Weile nachdenken, weil er gar nicht wusste, wie er den stacheligen Igel hochheben konnte.
„So geht das!“, rief er schließlich, strahlte über das ganze Gesicht und machte aus seinen beiden Händen eine flache Schaufel, „die schieb ich so unter den Igel, denn auf dem Bauch hat der nämlich keine Stacheln.“
Tobi beschloss dann doch, den Igel liegen zu lassen. Denn er dachte, die Igelmama holt bestimmt nur etwas zu essen und wenn sie wiederkommt und das Igelkind wär’ dann weg, wär’ die Igelmama traurig. Aber vielleicht hat sie ja noch mehr Igelkinder, die bei der Igeloma und dem Igelopa spielen, und es wär’ gar nicht so schlimm, wie für Tobis Mama. Die hat nämlich bloß Tobi. Und wenn jemand Tobi einfach aus einem Laubhaufen heben und mitnehmen würde, dann wär’ Mama wieder allein und ihr wär’ langweilig. Das hat sie gesagt: ‚Tobi, hat sie gesagt, ich weiß gar nicht, was ich den lieben langen Tag gemacht habe, als du noch nicht geboren warst. Bestimmt war mir immerzu langweilig.’
Im Supermarkt ist es schön. In den Regalen steht alles bis oben voll mit bunten Tüten und Dosen und Flaschen und Bechern und Gläsern. An jeder Kurve stehen Stände mit Weihnachtsmännern aus Schokolade. Den mit dem Glöckchen am Gürtel mag Tobi besonders gern, manchmal so gern, dass der eine Weile zusammen mit dem Osterhasen in Tobis Zimmer steht, weil er ihn nicht essen mochte. Tobis Lieblingsregal im Supermarkt ist das mit den Süßigkeiten. Das ist sogar voller als das bei Oma. Bei Oma muss Tobi sich erst einen Stuhl nehmen und hinaufklettern, um sich einen Schokoladenriegel zu nehmen. Er hat ihr schon gesagt, dass das anstrengend ist und sie die Süßigkeiten doch lieber nach unten legen soll, damit Tobi nicht so viel Mühe hat. Aber Oma ist ein bisschen umständlich, sagt Opa. Tobi glaubt, er meint gemein. Opas Bier steht im kalten Keller und er muss immer erst die Strickjacke anziehen und die Stiegen hinuntergehen, bevor er Bier trinken kann. Daran merkt Tobi, dass Oma die Mama von Mama ist, weil sie beide die Gemeinheit haben. Mama hat dann im Supermarkt nur grüne Verpackungen gekauft.
Wo Berti bloß bleibt, denkt Tobi gerade, als es klingelt und wie der Blitz läuft Tobi in den Flur und öffnet die Wohnungstür. Berti ist Tobis bester Freund. Er wohnt im selben Haus. Sie teilen alles miteinander. Wenn Berti eine Tafel Schokolade mitbringt, dann darf Tobi sie aufteilen und es stört Berti überhaupt nicht, wenn Tobi mehr Stücke bekommt, weil er sich vielleicht verzählt hat.
Berti hat geklingelt, um zu sagen, dass er nicht zum Spielen kommt.
„Aber Berti, du Dummkopf, du bist doch hier. Komm rein, dann können wir spielen.“ Berti schüttelt den Kopf. Seine Haare sind kurzrasiert, wie die von seinen Brüdern und seinem Papa. Nur seine Mama hat lange Haare, aber die glänzen nicht so schön wie die Haare von Tobis Mama. Das sagt er Berti nicht. Aber Berti sagt, er muss in seinem Zimmer bleiben. Er hat vergessen warum, aber sein Papa hat das befohlen. Und Befehl ist Befehl, sagt Berti noch und rennt schon wieder die Treppen nach oben.
Nachdem Tobi die Wohnungstür geschlossen hat, bleibt er davor stehen.
„Hast du das gehört, Helda? Das war mein Bauch. Der ist auch sauer.“
Mama sitzt am Küchentisch und schneidet einen Apfel. In einer Schüssel vor ihr liegen schon Bananenscheiben und Birnenstücke und Mandarinen und das Matschige darin erkennt Tobi nicht. In einer Tüte daneben liegen Haferflocken. Die mag Tobi in Milch gekocht mit viel Zucker und Zimt. Das duftet dann wie Weihnachten.
„Wie geht’s denn dem Pudding?“
Mama schneidet weiter und guckt Tobi an, als ob sie was vergessen hat.
„Hast du was vergessen? Weisst du nicht mehr, wo der Pudding steht? - Da ist er doch!“, ruft Tobi in den Kühlschrank, nachdem er ihn geöffnet hat.
„Weißt du was, Tobi. Ich habe eine Idee. Was hältst du davon, wenn du bis Sonntag nur Süßigkeiten isst. Einen Schokoladenriegel zum Frühstück, zum Mittagessen Kekse, zwischendurch, wenn du hungrig wirst, Gummibärchen. Zum Abendbrot dann einen Pudding. Denkst du, das wäre besser für dich?“
Tobi traut seinen Ohren nicht. Mama ist ja immer für eine Überraschung gut, sagt Oma, aber damit hat Tobi nie im Leben gerechnet. Er stürmt auf sie zu, schlingt seine Arme um ihren Hals und küsst ihr ganzes Gesicht. Jede Stelle davon hat einen Kuss verdient. Mama lächelt nur und sieht ein bisschen müde aus.
„Fangen wir gleich damit an?“
„Gut“, sagt Mama und Tobi holt sich die Schüssel mit dem Pudding, einen Löffel aus der Schublade, setzt sich an den Tisch und stopft sich den Bauch voll. Mama stochert übellaunig im Obstsalat.
„Das ist die besteste Idee, die du jemals hattest, Mamilein. Und du musst jetzt auch weniger einkaufen und überhaupt gar nicht mehr kochen. Du hast es richtig gut.“
„Da hast du recht. Ich muss nicht mal Brot und Käse kaufen.“
Tobi lehnt sich zurück, der Löffel plumpst auf den Tisch. Tobi rülpst. Darüber lacht er und läuft mit Helda unterm Arm in sein Zimmer.
Später sitzen Mama und Opa am Küchentisch. Sie trinken Tee und essen Plätzchen, die Oma gebacken hat. Das erkennt Tobi gleich, denn sie sind dunkelbraun und hellbraun, wie Opas Schachbrett. „Oh, meine Lieblingskekse!“, jubelt Tobi und klettert auf Opas Schoß, greift beherzt in die Schale.
„Da brat mir einer ’n Storch, Tobi, ich hab gehört, hier gibt es nur noch Süßigkeiten im Haus? So was aber auch. Das ist ja das reinste Schlaraffenland, sage mal!“
„Ja, Opa, da hast du ein tolles Kind, das muss ich mal sagen. Mama hat gute Ideen. Da kannst du aber stolz sein.“ Tobi stopft sich den zweiten und den dritten Keks in den Mund. Mama stellt ihm ein Glas Wasser auf den Tisch.
„Ach, daff gib ma’ lieber Opa. Iff trink Affelsaft.“
„Wie du willst, Tobi. Danach machst du dich bitte bettfertig, damit Opa dir vorlesen kann. Vergiss das Zähneputzen nicht.“
Helda und das Schwert müssen mit ins Bad. Auf jeden Fall, denn Tobi langweilt sich schnell beim Zähneputzen und dann ist ein kleiner Kampf immer genau das Richtige.
„Komm schon, Tobi, sonst schlaf ich noch vor dir ein“, ruft Opa und da kommt Tobi auch schon um die Ecke geflitzt und springt mit einem Satz aufs Bett, auf dem sich Opa lang gemacht hat. Der schnappt sich Tobi und drückt ihn an sich. Als ob Opa ein Riesenkinderschnapper wäre.
„Du weißt genau, wie stabil dein Bett ist. Wir haben’s schließlich zusammen gebaut, nicht wahr? - Gut, dann woll’n wir mal“, sagt Opa und nimmt ein Buch vom Nachttisch. Gerade holt er Luft und will beginnen, da fällt Tobi noch etwas ein.
„Opa, sind Äpfel Süßigkeiten?“
Opa macht die Lippen spitz und summt leise, während Tobis Hand in Opas Bart krault.
„Die aus dem Garten sind süß.“
„Aber Pizza ist keine Süßigkeit.“ Tobi gähnt.
„Nee, Pizza nicht“, sagt Opa und gähnt auch.
Tobi hat Hunger. Riesenhunger und er sitzt bereits am Küchentisch, noch bevor Mama das Frühstück hingestellt hat. Sie küsst Tobi auf den Kopf und legt einen Schokoladenriegel auf den Tisch. Daneben stellt sie ein Glas Milch.
Nun erinnert sich Tobi wieder und er wickelt das bunte Papier ab, schlingt gierig den Riegel hinunter.
„Ich bin noch gar nicht satt“, stellt er fest.
Mama stellt die Schale Kekse von gestern auf den Tisch und Tobi langt zu, bis er satt ist, stürzt das Glas Milch hinterher und grinst.
„Das war ein tolles Frühstück. Danke, liebste Mama.“
Später holt Opa Tobi ab und sie gehen auf den Markt. Das tun sie immer am gleichen Tag. Tobi glaubt, der Wochentag heißt Markttag, weil Opa immer sagt: ‚Und dann ist ja auch schon wieder Markttag‘. Tobi geht gerne mit Opa an den Ständen entlang und oft bekommt er etwas geschenkt. Fast an jedem Stand gibt es etwas für ihn. Ein Stück Käse von der Frau im Wagen mit der Maus drauf, eine Scheibe Wurst, wo Opa das Fleisch mit dem Knochen kauft, einen kleinen Apfel am Stand, wo die Winterblumen in einem großen Korb liegen, die man essen kann. Tobi mag die gar nicht. Am Fischstand kriegt Tobi nichts. Daneben liegt aber der alte Hund auf einer Decke. Tobi und der Hund kennen sich gut und Tobi setzt sich auch auf die Decke und streichelt das zottelige Fell dann so lange, bis Opa ‚Halt die Ohren steif‘ ruft. Für das Rosinenbrötchen legt Opa Geld auf den kleinen Teller. Wenn Opa besonders fröhlich ist und am Blumenstand einen Strauß für Oma kauft, kriegt Tobi eine Blume mit einem kurzen Stiel von dem alten Mann. Wenn er Glück hat, ist sie gelb, denn gelb ist Tobis absolute Lieblingsfarbe.
„Brauchen wir noch was, Tobi?“
Tobi weiß das nicht. Es ist ihm auch egal. Er will nach Hause, er friert und er will Mittagessen. Oma hat Milchreis gekocht mit Zimt und viel Zucker. Gemeinsam essen sie den Topf leer und Oma schlägt vor, danach einen Kuchen zu backen. Tobi liebt es, mit Oma zu backen. Er darf das Mehl verschütten, den Teig mit den Händen kneten, bis die Luft raus ist, sagt Opa, er muss immer wieder probieren, ob es schmeckt und hinterher nie aufräumen. Tobi muss schließlich noch Opa helfen. Im Schuppen gibt es viel zu tun. Er schleift das Holz mit Papier glatt. Opa schnitzt viele Sterne und Tannenbäume, weil bald Weihnachten ist. Darauf freut sich Tobi wie verrückt. Er hat auch schon einen Wunschzettel gemalt. Er braucht einen Langhalssaurier und einen Triceratops für seinen Tierpark, ein großes Auto mit einem Anhänger, damit es kranke Tiere mitnehmen kann, echte Bäume wären auch nicht schlecht, dann noch Bücher, die Opa vorlesen kann, neue Stifte und Süßigkeiten. Das war’s.„Was gibt es zum Abendessen“, fragt Tobi mit leiser Stimme.
Mama stellt Tobi eine Schüssel Schokoladenpudding vor die Nase.
Übellaunig stochert Tobi darin herum, bietet Helda etwas davon an. Der schüttelt nur den Kopf.
„Ich bin satt“, flüstert Tobi und geht ohne Helda in sein Zimmer.
Tobis Bauch knurrt und er fühlt sich so traurig, wie wenn Berti nicht zum Spielen bleibt. Als Mama hereinkommt, sitzt Tobi an seinem Tisch und malt ein rotes Kreuz auf ein Blatt Papier. Mama setzt sich auf den kleinen Stuhl neben ihn; Helda hält sie auf ihrem Schoß.
„Ah! Ein Wunschzettel. Für Weihnachten?“
Tobi nickt und malt einen dicken grünen Balken vor den Dinosaurier und drei Äpfel. Einen roten, einen grünen und einen rot-grünen.
„Ein Dinosaurier. Ein Buch. Stifte. Ein Auto. Ein Schokoladenweihnachtsmann … ach, der ist durchgestrichen.“
Tobi nickt wieder.
Mama nimmt ein Blatt Papier und malt einen gelben Stern darauf. Dann einen Weihnachtsbaum mit roten Kugeln.
Sie schaltet den CD-Spieler ein und eine Frau erzählt die Geschichte von der „Weihnachtsgans Auguste“. Tobi erinnert sich daran. Die kennt er schon von früher, als er noch klein war. Mama ist aus dem Zimmer gegangen und Tobis Bauch knurrt.
Als er in die Küche kommt, sitzt Mama am Tisch. Vor ihr steht ein Teller mit einem Käsebrot. Auf dem Käse liegen Gurkenscheiben und noch etwas anderes Grünes und darauf etwas, das aussieht wie Gras. An Tobis Platz steht auch ein Teller. Darauf liegt eine Scheibe Brot mit Käse in vier Teile geschnitten. Der Käse hat Löcher. Die mag Tobi am liebsten. Ringsherum in einem Kreis liegen grüne Sterne, die wie Gurke riechen, kleine rote Kugeln, wie Babytomaten und eine Sternschnuppe. Die ist aber eine Möhre. Tobi strahlt, klettert auf seinen Stuhl und beißt mit einem großen Happs in das Brot. Danach legt er sich eine Tomate auf die Zunge und rollt sie darauf ein bisschen herum, bevor er sie zerbeißt. Zum Schluss nimmt er einen Gurkenstern und verputzt ihn. Und alle anderen Sterne verputzt er auch. Er sagt kein Wort, bis der Teller leer ist.
„Möchtest du noch einen Nachtisch, Tobi?“
„Ich ess die Möhrenschnuppe zum Nachtisch.“
Mama umarmt Tobi und Tobi küsst Mama. Nun muss Tobi schnell noch seinen allergrößten Weihnachtswunsch aufmalen. Tobi malt einen gelben Hund mit viel Fell dran und eine Dose Igelfutter.