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Tobi hat ja nur ... draußen gespielt
Tobi kann vom Balkon aus den Spielplatz sehen. Es spielen eine Menge Kinder dort unten im Hof. Sie laufen umher und jagen sich, zwei schaukeln, fünf sitzen im Sand. Felix sitzt auf dem Schoß seiner Mutter. Tobis zählt gerne. Er sieht auch seinen Freund Berti. Der hat einen Fußball unter dem Arm und winkt Tobi zu. Tobi winkt auch gleich zurück.
"Komm doch runter!", ruft Berti fröhlich.
Tobi schüttelt den Kopf. Er hat keine Zeit, Fußball zu spielen. Auf dem Tisch in seinem Zimmer liegen verstreut Buntstifte und Zettel. Er muss noch Verbotsschilder malen. Die möchte er an seine Zimmertür kleben. Viele rote Kreise hat er schon gemalt. Das ging schnell. Zwischendurch muss er aber mal auf dem Balkon stehen und hinaussehen. Dann überlegt er, was in seinem Zimmer alles verboten ist. Spinnen zum Beispiel. Die will er nicht im Zimmer haben. Vor dem Fenster in ihrem Netz dürfen die sein. Das geht. Manchmal fliegen dann die Spatzen dorthin und picken die eingewickelte Fliege aus dem Spinnennetz. Das hat Tobi selbst gesehen.
Eis ist im Zimmer auch nicht gut. Das ist ihm mal auf den Teppich geklatscht, und Mama hat lange geschrubbt und gewaschen und wurde ganz müde davon. Und Mücken dürfen auch nicht ins Zimmer. Absolut nicht! Wenn die im Zimmer herumsurren, muss Mama so lange nach ihnen suchen, bis sie alle gefunden hat. Manchmal muss sie wiederkommen, obwohl sie schon im Bett gelegen hat. Dann hat Tobi Mücken im Dunklen surren hören. Sehen kann man die nicht so gut, sagt Mama. Aber das nützt nichts. Zusammen mit Mücken in einem Zimmer kann Tobi einfach nicht einschlafen. Das ist Mama schon klar. Und weil sie die nicht an der Wand blutig klatschen will, muss sie die eben einfangen und hinaustragen. Mama ist tierlieb, aber nicht gut im Mückenfangen. Und wenn sie nicht alle findet, schläft Tobi eben bei Mama. Mit Mama in einem Bett kann Tobi sehr gut schlafen. Dort sind nie Mücken und deswegen geht Tobi manchmal gar nicht erst in sein eigenes Bett, sondern gleich zu Mama. Und die freut sich auch darüber, weil sie dann nicht Mücken suchen muss und dafür Tobis Hand halten kann. Tobi kann sehr umsichtig sein.
"Tobi, komm runter, wir spielen Fußball", ruft Berti wieder.
Mama findet es gut, wenn Tobi draußen spielt und deswegen geht Tobi hinunter.
Er kann ja auch später weiter malen. Dann muss Mama aber versprechen, auf dem Balkon zu bleiben, damit sie Tobi hören kann, falls er ruft. Es kann ja sein, dass er etwas fragen muss. Dann wäre es doch gut, wenn er nicht extra dafür zum Hauseingang gehen, dort an dem Knopf mit dem Dinoaufkleber drücken (der ist schon alt; Tobi kann längst seinen Namen lesen), die Treppen hinaufgehen und noch einmal an der Wohnungstür (dort klebt auch ein Dinosaurier) klingeln müsste, nur um Mama zum Beispiel zu fragen, ob Opa heute noch kommt.
Das versteht Mama. Es ist aber auch okay, wenn sie auf dem Balkon sitzt und Kaffee trinkt. Vorsichtshalber setzt Tobi Helda dazu, das gelbe Hasenschwein, das Oma genäht hat, damit Mama Gesellschaft hat. Helda ist sowieso nicht so gerne draußen.
Als Tobi dann aber doch an der Wohnungstür klingelt und Mama öffnet, steht Tobi dort nicht alleine, um etwas zu fragen. Nein, Felix' Mama, Felix, Berti mit dem Fußball unter dem Arm und eine ganze Menge anderer Kinder, stehen auch im Hausflur. Mama guckt nicht wenig erstaunt, Felix weint und Felix’ Mama guckt sauer.
"Frau Turner", sagt sie laut und streng, "so geht das aber nicht!"
Mama sagt nichts.
"Ihr Sohn kann doch nicht einfach von dem Kletterturm herunterpinkeln!"
Sie zieht an Felix' Jacke. Darauf sieht man nasse Spritzer. Die Kinder kommen dichter zusammen und es wird ganz schön eng vor Tobis Haustür.
Mama öffnet kurz den Mund und auch ihre Augen sind groß. Sie sagt aber nichts, sondern sieht Tobi an. Der zieht die Schultern hoch und guckt traurig.
"Nun sagen Sie doch etwas, Frau Turner", drängt Frau Hartung und zottelt weiter an Felix' Jackenärmel.
"Äh. Wollt' ihr Eis, Kinder?"
Den Jubel kann man sich gut vorstellen. Sogar Felix hört auf zu weinen und alle Kinder laufen in die Wohnung und schreien und lachen, nur Felix kann nicht mit. Der wird von seiner Mutter festgehalten.
"Also ... das ist doch ... Also, ich muss schon sagen ..." Was Frau Hartung noch sagen muss, können Tobi und Mama nicht mehr verstehen. Sie läuft sehr schnell die Treppen hinunter und zerrt Felix hinter sich her.
Alle Kinder sitzen in Tobis Zimmer, essen Eis, spielen mit den Legosteinen und den Schleichtieren oder sehen sich Tobis Zeichnungen an.
"Tobi, wieso hast du denn auf Felix' Jacke gepinkelt?", fragt Mama leise als sie in der Küche das Eispapier der Kinder wegräumt und Tobi ein zweites Eis gibt.
"Das hab ich ja gar nicht", nuschelt Tobi, schmatzt dabei an seinem Eis und guckt sauer. "Ich bin ganz nach oben auf den Kletterturm gestiegen. Das hat ziemlich lange gedauert. Und es ist ja auch gefährlich. Und als ich da hoch oben auf dem Dach gestanden bin, musste ich mal ganz dringend. Wirklich. Gaaaanz dringend. Ich konnte nicht mehr schnell runter. Und als ich dann gepinkelt habe, hab ich Felix schon gesehen - der stand nämlich da und hat geglotzt - und ich hab mich weggedreht, damit er nix abkriegt. Aber dann kam Wind ... Felix hätte besser aufhören sollen zu glotzen und weggehen sollen."
Tobi zieht erneut die Schultern zu den Ohren und Mama eine Augenbraue hoch. Das macht sie immer, wenn Tobi etwas erzählt, was so unglaublich klingt. Und bevor sie dann etwas sagt, ist Tobi auch schon in seinem Zimmer verschwunden. Schließlich hat er Besuch. Und was für einen. Er zählt ihn schnell mal nach. Es sind sieben Stück. Tobi strahlt. Die können ihm ja helfen, die Verbotsschilder weiter zu malen. Aber sie haben keine Lust dazu und wollen wieder raus in den Hof. Außerdem ist Eis ja sowieso im Zimmer verboten. Nur Berti bleibt, als alle anderen zur Tür hinaus sind. Und so malen die beiden fleißig Verbotsschilder.
"Na, mein Junge", sagt Opa mit seiner tiefen Stimme, als der die Zimmertür mit den Verbotsschildern geöffnet hat. Opas sind erlaubt. Tobi springt Opa mit Schwung an. Der hält den Enkel fest und drückt ihn so heftig an sich, dass Tobi beim Lachen husten muss. Dann betrachten beide das angeklebte Verbotsschildblätterdurcheinander an Tobis Zimmertür.
"Keine Spinnen im Zimmer.“ Opa guckt über seine Lesebrille und seine Stirn ist ganz runzelig. Tobi schüttelt den Kopf. "Keine ... hm ... Mücken - Kein Eis - Und was ist mit Pizza?"
Tobi strahlt. Pizza geht. Opa will die gar nicht bei Tobi im Zimmer essen, sondern beim Italiener unten am Platz mit dem Brunnen. Mama und Oma nehmen sie nicht mit. Opa und Tobi müssen vorher noch zu Frau Hartung gehen und die ist ja auch sauer auf Mama. Tobi soll sich entschuldigen. Opa hat schon verstanden, dass Tobi vom Kletterturm pinkeln musste, aber er versteht auch, dass Frau Hartung und Felix das nicht so gut verstehen. Und damit die nicht mehr sauer sind, hat Opa Schokolade für Felix und Blumen für Frau Hartung gekauft.
"Das hilft immer", meint Opa.
"Ich gehe da aber nicht alleine hin", sagt Tobi, "dafür bin ich noch viel zu klein." Und Tobi guckt wieder traurig. Opa strubbelt Tobi durch die Haare.
"Was so kleine Wesen können weißt du ja. Denk' mal an die winzigen Mücken in deinem Zimmer. Die machen, dass du nicht schlafen kannst. Aber zu Frau Hartung gehen wir zusammen", sagt Opa und nimmt Tobis Hand.
"Und dann gibt's Pizza!", jubelt Tobi.