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Tobi fährt

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01.09.2005
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Tobi fährt

Manchmal roch es nicht gut im Bus. Die Kunden waren alt, ihre Blasen schwach. Die Männer hatten eine vergrößerte Prostata, die Frauen versteckten den Verfall hinter süßem Parfum. Am Anfang hatte Tobi Kaugummi gekaut und sich Minz- oder Limettenatem in die Nase gepustet. Inzwischen tat er das nicht mehr. Dieser Job, dieser Bus, hatten ihn hart gemacht.
Korfesmeyer musste nicht abhärten. Er war immer hart gewesen. Ein Profi. Knutschte und knuddelte die Omis, sprach mit den Männern über Stuhlgang und Krieg. Nicht Syrien oder Afghanistan, sondern den Krieg.
Der Geruch heute, Gott im Himmel. Das war nicht nur ein bisschen Pippi mit Erdbeer. Korfesmeyer zog ein Gesicht, das sagte: Du meine Fresse! Tobi erinnerte die Luft an einen fiesen Darmbazillus, der ihn nach faulen Eiern hatte aufstoßen lassen, vor ein paar Monaten, stundenlang, immer wieder, bevor er die Nacht im Sitzen verbracht hatte. Zum Glück hatte er noch Kaugummi im Handschuhfach aus seiner Zeit als Anfänger.
Vielleicht hatte es auch etwas mit ihren Schuhen zu tun. Diese unsagbar dreckigen Schuhe, die sie diesmal alle hatten. In der Erde auf dem Boden könnten sie Kartoffeln pflanzen.
Korfesmeyer präsentierte die Produkte. Er räusperte sich oft und ständig verhaspelte er sich. „Das darf in keiner Küche fallen, fehlen ...“ Es klang nicht wie Korfesmeyer, der Profi. Es klang wie ein Doppelgänger, der noch lernte, während Reptiloiden den echten Korfesmeyer gefangen hielten.
„Jedenfalls ...“ Gewitter in der Leitung. Nichts Technisches. Ein weiteres Räuspern. Boxen und Mikro waren Müll wie fast alles im Bus. Korfesmeyer kalkulierte nicht mit Stammkunden. Einmal abziehen, fertig. Bevor die Beschwerden reinkamen, hatte er das Unternehmen umbenannt.
Korfesmeyer schluckte. Es kam durch die Boxen, weil er das Mikrofon noch am Mund hatte. Er hielt es zu und beugte sich zu Tobi runter.
„Willst du mir was sagen?“
„Was?“ Tobi nahm den Blick nicht von der Straße. Die Realschule hatte er geschafft, aber seitdem stockte seine Karriere, seit gut zwanzig Jahren jetzt. Verantwortung war nicht seine Welt, außer am Steuer, da schon. Zu viele Bilder in den Nachrichten. Blech und Blut. So ein Schild wollte er haben: Bitte den Fahrer nicht während der Fahrt ansprechen.
„Hast du einen Hund überfahren und ihn irgendwo zwischen die Sitze gesteckt?“, fragte Korfesmeyer. „Das ist doch nicht normal.“
„Wir können ein Fenster aufmachen.“
„Es schneit.“
„Nur kurz.“
Korfesmeyer studierte den vitaminschonenden Entsafter in seiner Hand. Er hob wieder das Mikrofon. „Liebe Leute, wer ist für ein bisschen frische Luft?“
Die Kundschaft schwieg. Ob sie was ahnten? Wer stinkt, merkt es ja selbst nicht. Herr Fabry stand auf und setzte Korfesmeyers Vorschlag in die Tat um.
„Danke!“ Korfesmeyer zeigte auf den Kunden: Mein Mann.
„Seid ihr verrückt, es ist jetzt schon zu kalt!“, schimpfte eine Frauenstimme von den hinteren Bänken.
„Es müffelt aber wirklich hier drin“, antwortete Herr Fabry.
Müffelt. Tobi griff das Lenkrad fester. Das Schlafzimmer müffelt im Winter morgens, wenn man bei geschlossenem Fenster geschlafen hat. Das hier war irgendwas zwischen Biotonne und Kläranlage.
Frau Borchers trug Ohrringe, die größer waren als ihr Kopf. Sie drehte sich zu Fabry um. „Als ob du besser riechst.“
„Oh, hey!“ Korfesmeyer lachte. „Liebe Leute, meine Damen und Herren, wir sollten uns nicht selbst die schöne Fahrt vermiesen.“
Borchers winkte ab. Pah. Ein greises Männerflüstern von irgendwo zwischen den Bänken: „Blöde Kuh. Mit ihren Zigeunerringen da.“
„Leute!“ Korfesmeyer gestikulierte wie ein Trainer am Spielfeldrand. Die Mannschaft ignorierte ihn. Tobi knuffte den Chef gegen den Oberschenkel und zeigte auf das Schild. Rasthof in fünf Kilometern.
Korfesmeyer atmete auf, als hätte der Fleck auf seinem Röntgenbild sich gerade als Fettgerinnsel herausgestellt. „Liebe Leute! Eine Pause wird uns allen guttun!“ Er hängte das Mikrofon zurück in den Halter und stellte die Musik an. Hoch auf dem gelben Wagen. Ein Eisbrecher. Funktionierte nicht. Diesmal nicht. Niemand sang mit. Nur eine Frau sagte etwas. „Ich habe nie viel von diesem düsteren Zinnober bei Beerdigungen gehalten.“ Dann sagte sie noch etwas. Korfesmeyer blickte geradeaus, als hätte er nichts gehört. Sein Adamsapfel hüpfte, als die Frau sprach.
„Darum wird das bei meiner gespielt.“
Es mochte an der Musik liegen oder am Gestank, Sauerstoffmangel im Gehirn, aber Tobi war sicher, die Frau hatte etwas anderes gesagt. Nicht wird.
Wurd'.

Korfesmeyer saß auf der Lehne der Parkbank. Die Sitzfläche war vollgeschneit. Er rauchte und spuckte sich zwischen die Beine wie ein Teenager. Tobi spuckte auch, seinen Kaugummi in den Schnee. Er blieb stehen zum Rauchen. Er saß ja die ganze Zeit, Stunden am Stück und am Ende immer noch ein bisschen was drauf, bis Korfesmeyer den letzten Hornhauthobel aus Schweizer Manufaktur für sechshundert Euro verkauft hatte. Einkaufspreis fünf Euro. Er gab Tobi dann ein Zeichen, ein kreisender Zeigefinger: Ich brauche noch.
„Künstlicher Darmausgang.“ Tobi streckte das rechte Bein durch und zog die Zehen an. Dann das linke. „Kann so was sein? Kann der platzen oder so was?“
Korfesmeyer schüttelte den Kopf. „Das riecht anders. Scheiße meine ich.“ Er rauchte hastig, verschluckte sich und hustete.
Tobi sah zum Bus. Sie waren ein paar Meter gegangen, wie immer. Außer Hörweite. Um zu besprechen, wie sie mit dem Klugscheißer umgehen sollten. Ein Fips Asmussen war fast immer dabei oder einer, der ganz genau wusste, was für Ganoven sie waren, sie alle mit diesem Verkaufsbusscheiß. Einer, der da nur seiner Annegret zuliebe saß.
„Das ist keine Scheiße“, sagte Korfesmeyer.
Sie zogen ein paar Mal an ihren Zigaretten. Tobi winkte einer der Omis, die vom Klo hinter der Tankstelle zurück zum Bus tippelte. Alle hatten Angst, auf dem Schnee auszurutschen und sich die Hüfte zu brechen. Das war so ein Ding, wusste Tobi inzwischen. Sich die Hüfte brechen. „Soll ich raten?“
Korfesmeyer sah ihn an.
„Dein Gefühl.“
Der Chef schnipste seine Zigarette weg und steckte sich eine zweite an. „Wenn ich's dir erzähle, glaubst du, ich hab' gesoffen.“
„Juckt dich das?“
Korfesmeyer hatte die Hosen an. Gab Tobi eine Einschätzung zum besten, die nicht mit seiner übereinstimmte, sagte er: Es interessiert mich nicht, was du davon hältst. Tobi war das recht so. Er bekam weniger Geld, denn er fuhr nur den Bus, aber der Richter würde ihm auch weniger aufbrummen, wenn es dann doch mal so weit war. „Hast du die Erde gesehen, die sie im Bus verteilen?“, fragte Korfesmeyer.
„Ja. Alle pottdreckige Schuhe.“
Korfesmeyer zeigte ihm einen Vogel. „Sind alle über einen Acker gelaufen, oder was?“
Warum nicht? Die meisten Kunden stammten vom Dorf, saßen allein in zu großen Häusern und wollten einfach mal raus. „Irgendwoher muss es ja kommen.“
Korfesmeyer bewegte den Mund, als kaute er auf Worten herum und als fragte er sich, ob er sie nicht doch lieber runterschlucken sollte. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich die Adressen kaufe.“
„Und?“
„Wenn du Adressen kaufst, sind sie teurer, je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie noch stimmen. Also, wenn der letzte Kontakt nur ein paar Wochen her ist, irgendein Nudelholz bestellt, dann kostet das richtig Geld.“
Korfesmeyer sah ihn an, als müsste es längst Klick gemacht haben. Tobi breitete die Arme aus wie Flügel. „War es das schon?“
Korfesmeyer blickte zum Bus. „Ich hab diesmal lieber zehn billige als eine teure gekauft. Viel hilft viel.“
Tobi schüttelte den Kopf. Solche Informationen wollte er nicht haben. Keine Details. Wer sich solche Gedanken machte, handelte mit krimineller Energie. Der nützliche Idiot, der den Bus fuhr, kam mit Bewährung davon. Vielleicht ein Jahr, keine Bewährung. Immerhin säße er nicht zum ersten Mal auf einem dieser knochenharten Stühle, die sie im Gerichtssaal hatten. In jedem vermutlich. Sicher sagen konnte er es von vieren.
„Warum erzählst du mir das?“
„Die billigen sind billig, weil sie das Gegenteil von den teuren sind.“
Ach?
„Guck nicht so dämlich. Das heißt, der letzte Kontakt ist Jahre her. Kein Mensch weiß, ob die Adresse noch stimmt. Und einer von den Adressentypen hat mir mal gesagt, es weiß entsprechend auch keiner, ob die überhaupt noch leben. Wenn einer schon beim letzten Mal siebzig oder achtzig war, gibt es natürlich eine Chance, dass er ...“ Ein Räuspern, ein nachdenklich langer Zug an der Zigarette.
Auch Tobi steckte sich jetzt eine zweite an. Eigentlich reichte ihm eine, selbst bei längeren Pausen.
Korfesmeyer zog heftig an seiner Zigarette. Das Papier brannte runter bis zum Filter. „Eigentlich habe ich gedacht, was soll's.“ Er sah zum Himmel. Es schneite kaum noch. Ein oder zwei Flocken trafen ihn im Gesicht. „Aber ich glaube, sie sind wirklich gekommen.“
„Was?“
„Der Gestank und die Erde, wie willst du das sonst erklären?“
Tobi rieb sich die die Augen. „Fahren wir weiter?“, rief Herr Möller mit dem Jägerhut. Er stand vor dem Bus und winkte ihnen. Im Licht der Parkplatz-Laternen schienen seine Wangenknochen durch die Haut zu brechen.
„Geht gleich weiter!“ Tobi winkte zurück. „Kleinen Moment.“
Möller sah ihn an, als würde ihm die Antwort nicht genügen. Dann nickte er und stieg ein.
Korfesmeyer spuckte aus. „Die Frage ist, wohin?“
„Was meinst du?“
„Wo fahren wir jetzt hin?“
„Zum Weihnachtsmarkt. Deine eigene Ansage. Wunderschön, die Lichter in der erhabenen Dunkelheit eines späten Winternachmittags. Wie sonst auch.“
Korfesmeyer lachte. Es klang traurig. Ein bisschen irre. „Es ist nicht wie sonst auch.“
„Doch.“ Tobi stapfte trotzig seine Zigarette im Schnee aus. „Es ist wie sonst auch.“

Korfesmeyer stammelte sich von Heintje-Platinum-Editionen über Körnerkissen zu durchblutungsfördernden Pillen, die aus Wasser und Zucker bestanden. Tobi versuchte, die Schleife zu vergessen.
Sie hatte auf den Stufen gelegen, als sie wieder eingestiegen waren. Er rutschte darauf aus. Korfesmeyer fing ihn auf. Herr Möller hatte gelacht. Frau Borchers ermahnte ihn, über so etwas lache man nicht, der junge Mann hätte sich die Hüfte brechen können. Tobi hob die schwarz-weiße Seide auf. Er und Korfesmeyer starrten den Schriftzug an. „Geht's endlich weiter?“, hatte jemand gerufen.
Jetzt ging der Satz Tobi im Kopf herum. Der Satz auf der Schleife. Gut Schuss im Himmel, Hans. Deine Kameraden vom Schützenverein Volltreffer.
Tobi hätte es nicht für möglich gehalten, aber der Gestank wurde schlimmer. Zwischen all der Erde auf dem Boden wand sich ein Regenwurm. Immer wieder erhellten Straßenlaternen das Innere des Busses. Wie Blitzlicht. Bitte lächeln. Eine Frau, deren Blick genau in dem Moment den von Tobi im Rückspiegel kreuzte, bleckte plötzlich die Zähne, auf denen etwas herumkrabbelte. Tobi verzog kurz nach links. Wütendes Hupen draußen. Wütender Gegenverkehr.
„Bisschen sachte, junger Mann“, mahnte einer der Fahrgäste.
Fick dich. Tobi entschuldigte sich. Was hat sie mit ihren Lippen gemacht?
Vielleicht hatte Korfesmeyer doch recht gehabt. Es war nicht wie sonst auch. Sie hatten Erde in den Haaren und Erde in den Taschen. Fingernägel mit schwarzen Rändern. Je länger der Bus fuhr, desto weniger verstellten sie sich. Als würden sie die Hose aufmachen und die Schuhe ausziehen.
Auch den lebenden Fahrgästen wurde klar, neben wem sie da saßen. Sie tuschelten. Der Rest genoss die Fahrt.
Tobi fuhr den Bus rechts ran. Er stellte sich neben Korfesmeyer, dem das Mikrofon in der Hand zitterte. Er wollte den Chef, den Trottel, der sie in diese Scheiße gerissen hatte, gerade unterstützen, da erhob sich ein gewaltiger Mann. Herr Wiehagen. Sein Doppelkinn war in Bewegung. Etwas rührte sich darin. „Wir sind geladene Gäste“, sagte er. „Wo ist das Problem?“
Korfesmeyer senkte den Blick.
Der dicke Wiehagen wusste, wo das Problem war, sonst hätte er ja nicht unaufgefordert danach gefragt. Trotzdem sagte Tobi: „Kein Problem.“ Er hob die Hände. „Aber was wollt ihr?“
Eben noch wirkte Wiehagen empört, jetzt entspannte er sich. „Es ist arschkalt in der Erde.“ Er zeigte auf Korfesmeyer. „Er soll was dagegen machen.“
Mit einem Schlag gegen den Oberarm riss Tobi Korfesmeyer aus den Gedanken. „Die Heizdecken!“, flüsterte er.
Korfesmeyer sah ihn an. Seine Augen weiteten sich, als er verstand.
„Gib sie ihnen!“ Tobi hob die Decke auf, die Korfesmeyer für die Präsentation vorn hatte. Er drückte sie dem Chef in die Hand. „Los!“
Holprig pries Korfesmeyer die Decke an. Es ging weiter mit der Verhaspelei, schlimmer als zuvor. Die Toten ließen ihn trotzdem ausreden. Wiehagen kniff zunächst misstrauisch die Augen zusammen, doch dann bannten ihn Korfesmeyers Ausführungen zur Stromsparfunktion. Er wehrte sich nicht, als seine augenlose Frau ihn am Ärmel des schwarzen Sakkos zurück auf den Sitz zog. Tobi kratzte sich an der Stirn. All die schwarze Kleidung. Wie hatte ihm das nicht auffallen können?
Weil du nur den Bus fährst. Augen geradeaus. Denk an die Nachrichten.
Ein lebender Kunde protestierte, man könne jetzt nicht einfach weitermachen, als wäre nichts.
„Exklusiv auf dieser Fahrt für nur 399 Euro.“ Etwas hatte dem schockstarren Profi in Korfesmeyer eine Schelle verpasst. Er war vorübergehend wieder bei sich. Klang wie jemand, der tut, was getan werden muss. Wie die Band auf der Titanic.
„Die wollen uns doch verarschen“, schimpfte ein Lebender.
„Wenn Sie ein vergleichbares Angebot irgendwo günstiger finden, zeigen Sie es uns und Sie bekommen ihr Geld zurück.“
„Das meine ich nicht. Wir ...“
Wiehagen, der dem Protestler gegenüber saß, legte ihm die riesige Hand auf die Brust, den Blick starr auf Korfesmeyer gerichtet. Der Protestler wollte weitersprechen, doch seine Frau warnte ihn, jetzt still zu sein.
Wiehagen zeigte auf Korfesmeyer. „Ich nehme so eine.“ Er schüttelte langsam den Kopf und ließ im selben Takt seinen Zeigefinger hin und her wippen. „Aber ich zahle da keine achthundert Mark für.“
„Das ist top Qualität.“
Tobi schlug Korfesmeyer auf den Rücken. „Herrgott, schenk sie ihm notfalls!“
Widerwillig ging Korfesmeyer auf Wiehagen zu und gab ihm die Decke. Der Kunde studierte das Produkt. Als seine Frau Hand daran legte, zog er die Decke ungeduldig an sich. Mit Augen hätte sie ihn wohl vorwurfsvoll angesehen.
„300“, sagte Korfesmeyer. Tobis Blick ging zur Decke.
„Zwei“, sagte Wiehagen. „Für die Decke und deine Därme.“
Korfesmeyer räusperte sich. „Bitte?“
Wiehagen strich über die Decke. „Die ist schön, aber das wird nicht reichen. In Stalingrad haben wir uns mit den Därmen der Gefallenen zugedeckt. Das hilft.“
Seine Frau stöhnte und wandte ihr Gesicht zum Fenster. „Du bist '37 geboren.“
„Halt die Klappe.“ Er streichelte Korfesmeyers Bauch wie ein glücklicher Vater den der Mutter. Korfesmeyer wollte zurückweichen, aber drei der Fahrgäste in schwarz standen auf und hielten ihn fest.
„Wie ein heißes Bad“, erklärte Wiehagen. Er glotzte auf Korfesmeyers Bauch mit Geilheit in den Augen. Korfesmeyer drehte sich um zu Tobi. Der wollte sich gerade für ihn einsetzen, da schnitt ihm der Schrei des Chefs das Wort ab. Während die Fahrgäste mit Taschen voller Erde Korfesmeyer hielten, riss Wiehagen ihm erst das Hemd und dann die Bauchdecke auf. Knöpfe fielen auf den Boden. Der dicke Wiehagen schloss die Augen, als ihm Blut ins Gesicht spritzte. Er lächelte. Dann zog er die Schläuche durch den Riss und legte sie sich und seiner Frau um den Hals. Sie zog ihn am Arm runter und küsste ihn auf die Wange.
„Oh Gott, tu ihn zurück!“, schrie Korfesmeyer und zerrte an den Händen, die ihn hielten. Wie unglaublich lange er das tat. Bis seine Worte keine Worte mehr waren.
Tobi hatte viele Jobs gehabt. Einmal hatte er Zement gemischt, war aber nach drei Tagen nicht mehr hingegangen. Die Alte im Jobcenter auf hundertachtzig. Knochenarbeit. Zement gemischt, neun Stunden lang. Seine Popel kleine Steinchen. Jetzt floss ihm der Zement durch die Adern und härtete langsam aus. Er konnte die Beine nicht bewegen und die Arme nicht heben. Wenn sein Körper ein Haus war, war er nur Gast und hatte nichts zu sagen.
Die lebenden Kunden unterdrückten ihre Panik nicht länger, als sie Korfesmeyers Fleisch reißen hörten. Keine Verhandlungen mehr, kein Gerede. Krieg. Sie versuchten, aus dem Bus zu kommen, aber die meisten schafften es nicht einmal aus ihrem Sitz. Die Toten machten ihre Därme zu Decken. Wie Stalingrad mit vertauschten Rollen. Auf dem Gang schmatzten Schuhe durch tonfarbenen Matsch.
Als Tobi die Beine wieder spürte, war es zu spät. Hände so kalt wie der Schnee packten ihn. In der Erwartung zuzusehen, wie seine Eingeweide losgewickelt wurden wie ein Feuerwehrschlauch, fing er an zu pinkeln. Es lief ihm die Beine runter in die Socken. Warm. Er schüttelte den Kopf. „Bitte nicht.“
„Doch.“ Herr Wiehagen. Seine Initiative hatte ihn zum Anführer gemacht. Er kam auf ihn zu und tippte ihm auf die Brust. „Wir wollen den Weihnachtsmarkt sehen. Wie Sie ihn versprochen haben.“

Blaulicht störte die Romantik des späten Winternachmittags. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann viele. Zu den Chipmunks, deren Quäkgesang sich vom Kinderkarussell ausbreitete und sich vermischte mit Wham!s Last Christmas, gespielt an der Bude für gebratene Champignons, gesellte sich eine dritte Stimme. Sie klang blechern und forderte Tobi auf, den Bus mit den Händen hinter dem Kopf zu verlassen.
Er drehte sich noch einmal zu den Kunden um. „Sagt etwas, ihr dämlichen alten Säcke.“
Den Teufel taten sie. Selbst Wiehagen schwieg. Sie waren so, wie sie sein sollten. Jetzt auf einmal. Starr und bleich. Als wären sie nie hier gewesen, um sich aufzuwärmen. Aber die Scheiben des Busses glänzten rot und um die Hälse der Verwesenden baumelten Innereien wie Lametta am Weihnachtsbaum.
Tobi öffnete die Bustür. Es zischte. Er stieg die Treppe runter. Langsam. Sie war glitschig. Sobald er seinen Fuß auf den Asphalt setzte, wurde er zu Boden gerissen. Skimasken und dicke Westen und Maschinenpistolen. Sein Kinn schlug auf und ein Stück Zahn brach ab. Es kratzte an der Zunge wie ein Zementpopel. Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen. Jemand drückte ihm kaltes Metall in den Nacken und nannte ihn gestörtes Stück Scheiße. Er wurde gefragt, ob da noch einer war, noch ein Stück Scheiße.
„Auf jeden Fall!“ Ein Bulle trat seine Beine auseinander. „Ich fahre nur den Bus!“

 

Moin @Proof ,

mit diesem Komm wird eindeutig bewiesen, das sich schlechtes Wetter aufs Gemüt legt. ich mache sonst immer einen dicken Bogen um Horror, nur in der Challenge muss es halt sein. Doch der Dauerregen da draußen hat mich ins Büro gejagt, also müssen wir da jetzt durch.
Ich hangle mich mal an den Kleinigkeiten entlang, die mir beim zweiten Lesen so ins Auge sprangen ...

Dein Titel hatte mich irgendwie Richtung Kind und Fahrzeug geführt (was auch immer da Schuld dran hat), aber eigentlich ist er natürlich sehr passend. Gefühlt spreche ich ein "fährt nur", aber das wäre wohl zu deutlich.

Manchmal roch es nicht gut im Bus, daran hatte er sich gewöhnt. Die Kunden waren alt, die Blase schwach, die Prostata erweitert.
sehr schön, vielleicht kommt hier meine Erfahrung aus der direkten Nachwendezeit zum Tragen (die Neubürger waren gute Opfer), ich hatte sofort einen Verkaufsfahrt vor Augen. Schöner Einstiegssatz.

Nicht Syrien oder Afghanistan, sondern den Krieg. Den einzigen, echten Krieg.
Den letzten Teil bräuchte es meiner Meinung nach nicht, der Ansatz ist so viel besser und eigentlich selbsterklärend, mag aber auch eine Generationssache sein.

Der Geruch heute war etwas Besonderes. Das war nicht nur ein bisschen Pippi mit Erdbeer.
Das Bild ist Klasse, aber der erste Satz ist mir irgendwie zu ..., ja ich glaube zu unscharf. Besonderes ist irgendwie zu positiv (wobei Du vielleicht gerade diesen Kontrast wolltest). Naja, nur ein Eindruck, schaun wir mal, was die Grusel-Kenner sagen.

Als säßen sie in seinem Mund.
HäH? was sitzt in seinem Mund? Da ist der Bezug unklar.

Korfesmeyer präsentierte die Produkte. Er räusperte sich oft und ständig verhaspelte er sich. „Das darf in keiner Küche fallen, fehlen ...“ Es klang nicht wie Korfesmeyer, der Profi.
Ich wurde nur zu einer dieser Fahrten "mitgeschleppt" und habe mich dann standhaft geweigert - aber es hat bleibende Schäden hinterlassen. Ich glaube, am Ende der wörtlichen Rede fehlt ein Satzzeichen oder es geht klein weiter (na, dann wohl auch ein Komma, oder)

während Reptiloiden den echten Korfesmeyer gefangen hielten.
ich finde Deine Bilder meist gut, ich kann mir den Horror dann immer ein wenig ins Lächerliche ziehen, womit ich eindeutig besser klar komme. Aber hier, die "Saurier", hab ich einfach nicht verstanden

So ein Schild wollte er haben: Bitte den Fahrer nicht während der Fahrt ansprechen.
Ich hatte schon beim ersten Lesen gedacht, das der Satz in umgekehrter Reihenfolge richtiger wäre, denn das "So" bezieht sich ja auf den Text auf dem Schild.

„Oh, hey!“ Korfesmeyer lachte. „Liebe Leute, meine Damen und Herren, wir sollten uns nicht selbst die schöne Fahrt vermiesen, indem wir aufeinander losgehen.“
Also für mich passt die Steigerung der Stimmung im Bus prima, es steigert sich, die "Hinweise" werden immer deutlicher, aber mein Kopf schüttelt sich noch bei den möglichen Erklärungen

Zinober
Zinnober

Frau hatte etwas anderes gesagt. Nicht wird.
Wurd'.
Tja, besser man denkt nicht drüber nach, gut gemacht.

Lehne der Bank. Die Sitzfläche war vollgeschneit.
Hier hab ich nochmal zurück bzw. vorwärts gelesen, denn die Verortung war mir nicht auf Anhieb klar. Dur das offene Fenster hätte ja auch eine Sitzbank im Bus verschneit sein können ...

Warum nicht? Die meisten Kunden stammten vom Dorf, saßen allein in zu großen Häusern und wollten einfach mal raus. „Irgendwoher muss es ja kommen.“
Ja, redet Euch mal die Welt schön, Proof macht das schon ...

Korfesmeyer hob die Zigarette. „Lass mich zu Ende machen. Die billigen sind billig, weil sie das Gegenteil von den teuren sind.“
Die Erklärung ist sehr schön. Insgesamt fand ich den Adressteil etwas zu ausführlich, man kapiert das glaub ich auch in abgespeckter Version.

Korfesmeyer blies Rauch aus. „Ich habe mit Sicherheit ein paar Tote eingeladen.“
Das zum Beispiel würde ich weglassen, das sollte jeder kapert haben.

Tobi stellte sich vor, wie es sich anfühlen musste, das schmierige Anschreiben mit all seinen Versprechen im Postkasten zu finden, adressiert an den Vater oder die Mutter, vielleicht nur Wochen, nachdem man um sie geweint hatte. Noch immer weinte.
Und diesen Teil finde ich zu ablenkend. In die Richtung willst Du doch gar nicht, die Briefe sind ja bei den Toten direkt angekommen (lassen wir mal die Frage beiseite, wie?)

Korfesmeyer lachte. Es klang traurig. Ein bisschen irre. „Es ist nicht wie sonst auch.“
„Doch.“ Tobi stapfte trotzig seine Zigarette im Schnee aus. „Es ist wie sonst auch.“
Hier sind Deine beiden Prots so herrlich in Ihren Rollen, voll gegensätzlich, super gelöst.

Als würden sie die Hose aufmachen und die Schuhe ausziehen.
:herz:

„Die sind der Tod!“, rief ein Mann und zeigte auf Korfesmeyer und Tobi. „Der Busfahrer und dieser Dieter Thomas Heck für Arme! Sie haben uns reingelegt!“
Auch wenn ich den Dieter Thomas Heck gut finde, halte ich das Verhalten Deiner lebenden Besatzung hier für unglaubwürdig (soweit wir in einer Horrorgeschichte davon reden dürfen)
Das Problem sind doch die stinkigen Sitznachbarn, die Abzocker da vorne wären doch eher Verbündete, um sie loszuwerden, oder

„Oh Gott, tu ihn zurück!“, schrie Korfesmeyer
Wen, "IHN"? die Därme, die Schläuche

„Wir wollen den Weihnachtsmarkt sehen. Wie Sie ihn versprochen haben.“
Herrlich, Du hast es ja sicherlich schon gemerkt, als Horrorleserin kannst Du mich voll vergessen. Viel zu Boden verwurzelt und ungläubig. Aber diese Reaktion finde ich Klasse. Versprochen ist Versprochen.

Wham!s Last Christmas
Tippfehler

Zementpopel. Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen.
schön nochmal aufgenommen, passt hier richtig gut

Er wurde gefragt, ob es noch jemanden gab.
Falls Dir der Reim im Satz nicht wichtig ist (grins), würde ich die Frage nochmal überdenken. Da hört sich wirklich komisch an. "Gibt es noch wen?"

„Ich fahre nur den Bus!“
Tja, der Schlusssatz holt es für mich raus. Also zum gruseln kriegst Du mich nicht, ich bin einfach in meiner kleinen grünen, heilen Welt gefangen. Aber die Plotidee fand ich gut. Ich hätte mir wahrscheinlich mehr Leiden (Angst, Panik, Bilder im Kopf) für den Toni gewünscht, so kommt er mit der Ausrede ja durch.
Keine Ahnung, was es über mich aussagt, wenn ich jetzt behaupte, ich hatte meine Spaß.
Vielen Dank
witch

 

Hi @Proof
bin eigentlich kein Horrorfan, aber die Figuren haben mich gleich gecatcht. Es wird ziemlich schnell klar, dass es Tote sind, die Tobi fährt, deshalb war ich gespannt, wie die Geschichte sich entwickelt. Und dann kam, was wohl bei Horror kommen musste. Nicht meins wie gesagt. Trotzdem hat mir das Drumherum gefallen. Die Idee mit den billigen Adressen, die alten Leute, die Hitparade. Und ein viele Sätze sind einfach super. Nur hier hab ich ein paar Kleinigkeiten zu kommentieren:

Als säßen sie in seinem Mund.
Wer? Die alten Leute?
Borchers winkte ab.
Da es eine Frau ist, klingt die Borchers für mich stimmiger.
Sicher sagen konnte er es von vieren.
Das fand ich super, wie da Pipi mit Erdbeer.
Mit einem Schlag gegen den Oberarm weckte Tobi Korfesmeyer aus dem Delirium.
Warum Delirium. Für einen Moment dachte ich es gäbe doch noch was anderes als Horror
Er wurde gefragt, ob es noch jemanden gab.
Hat @greenwitch schon gesagt. Das klingt seltsam.
Überhaupt kommt mir die Polizei etwas zu schnell und plötzlich. Sonst wirklich eine nette kleine Geschichte um es Mal nicht Horror mäßig zu sagen
Grüße von Snowmaid

 

Moin ihr,


@greenwitch:

(was auch immer da Schuld dran hat)
Die Verniedlichungsform mit dem „i“ hinten.

Den letzten Teil bräuchte es meiner Meinung nach nicht,
Stimmt.

Besonderes ist irgendwie zu positiv
Was hältst du von: Der Geruch heute brannte wie Säure auf den Nasenflügeln. ?

was sitzt in seinem Mund?
Sie, er, Korfesmeyer, die Kunden … ich mach's mal anders.

Ich glaube, am Ende der wörtlichen Rede fehlt ein Satzzeichen
Kann ich auch nur mutmaßen, aber ich meine, das macht man so, weil keine drei Satzzeichen hintereinander stehen dürfen.

Aber hier, die "Saurier", hab ich einfach nicht verstanden
Außerirdische war mir zu abgeriffen. Reptiloiden sind Verschwörungstheoretiker-Jargon.

Ich hatte schon beim ersten Lesen gedacht, das der Satz in umgekehrter Reihenfolge richtiger wäre, denn das "So" bezieht sich ja auf den Text auf dem Schild.
Ich fand das stilistisch ganz cool, weil es unerwartet ist und es ist ja auch glaube ich nicht falsch.

denn die Verortung war mir nicht auf Anhieb klar
Ich mache eine Parkbank draus.

Insgesamt fand ich den Adressteil etwas zu ausführlich
Der ist natürlich Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Wahre Story, die mich zu der hier inspiriert hat.

Das zum Beispiel würde ich weglassen
Ja, stimmt. Ich schaue mal, ob ich noch was kürzen kann.

In die Richtung willst Du doch gar nicht
Die Geschichte hat schon was Moralinsaures, jemand tut was Böses und es endet böse mit ihm. Sehr klassisch also, ich denke, darum habe ich die Story auch intuitiv mit so viel Humor unterfüttert, um vom erhobenen Zeigefinger abzulenken. Diese Stelle sollte quasi die Dimension des Verbrechens verdeutlichen, dass man da echt für Kohle Leuten massiv den Tag versaut hat. Und wie genau die Briefe in die Erde gekommen sind … keinen Plan. Manchmal passieren Dinge einfach. Edit: Ich hab's doch mal geändert. Ist einfach passiert.

halte ich das Verhalten Deiner lebenden Besatzung hier für unglaubwürdig
Das stimmt auf jeden Fall, das war mir auch beim Schreiben schon bewusst. So benehmen sich Leute in Gleichnissen, Märchen und Allegorien, nicht im Leben. Auch was er da sagt … Für mich hatte die Geschichte etwas so Bizarres, ja, Düsteres-Märchen-Haftes, dass ich dachte, das ginge klar. Ich nehme es mal raus. Gerade in Horrorgeschichten ist das wichtig, dass Figuren nachvollziehbar handeln!

Das Problem sind doch die stinkigen Sitznachbarn, die Abzocker da vorne wären doch eher Verbündete, um sie loszuwerden, oder
Er hält Tobi und Korfesmeyer für den Tod, der diese ganz besondere Form gewählt hat: Zwei Alte-Leute-Abzocker mit Bus.

Wen, "IHN"? die Därme, die Schläuche
Das ist wörtliche Rede. Es können ja sowohl der Darm als auch die Därme sein. Dachte mir, das unterstreicht den Unterschied zwischen Erzähler (der den Plural wählt) und Figur (Einzahl) und macht diese so lebendiger.

Tippfehler
Habe ich auch kurz rauf rumgekaut. Bin nicht sicher, weil das Ausrufezeichen Teil des Bandnamens ist.

Da hört sich wirklich komisch an. "Gibt es noch wen?"
Hm. … ob da noch einer war im Bus? Gemeint ist natürlich Täter, Terrorist, Entführer, was auch immer, aber das würde der Polizist ja in der Situation nicht ausführen.

so kommt er mit der Ausrede ja durch.
Ich hatte eigentlich eine andere Pointe im Auge. Er fährt mit einem Bus voller Leichen durch die Gegend. Und wer wird glauben, was passiert ist?

Keine Ahnung, was es über mich aussagt, wenn ich jetzt behaupte, ich hatte meine Spaß.
Einige werden sagen: Du bist ein krankes Schwein. Ich sage: Danke für dein Feedback und die Verbesserungen!


@Snowmaid:

bin eigentlich kein Horrorfan, aber die Figuren haben mich gleich gecatcht.
Ich locke öfter mal Leute an, die „eigentlich“ keinen Horror lesen. Cooles Kompliment, danke.

Wer? Die alten Leute?
Die Stelle scheint es nicht so zu haben, ich ändere die.

klingt die Borchers für mich stimmiger
Krass. Ich habe mich schon immer gefragt, was das mit dem „Die“ vor dem Nachnamen einer Frau soll. Dafür ist das also da?

Für einen Moment dachte ich es gäbe doch noch was anderes als Horror
Ich hatte tatsächlich über Psychopharmaka nachgedacht, sodass am Ende offen ist, ob Tobi halluziniert. Delirium dachte ich hier als Zuspitzung von „in Gedanken“.

Überhaupt kommt mir die Polizei etwas zu schnell und plötzlich.
Da ist ja ein neuer Absatz. Ich wollte es nicht unnötig in die Länge ziehen mit Bus fährt vor, jemand sagt „Um Gottes Willen, ist das Blut?“, Panik, Weihnachtsmärkte als Terrorziel … könnte ich aber machen. Wie gesagt, weiß halt nur nicht, ob das muss.

eine nette kleine Geschichte
Oh, Mann! Aber du meinst es lieb, ist okay, danke fürs Lesen!


Fährt lieber mit Zug
Proof

 

Hallo @Proof,

Ich hatte tatsächlich über Psychopharmaka nachgedacht, sodass am Ende offen ist, ob Tobi halluziniert.
wäre für mich eine total spannende Geschichte.
Da ist ja ein neuer Absatz. Ich wollte es nicht unnötig in die Länge ziehen mit Bus fährt vor, jemand sagt „Um Gottes Willen, ist das Blut?“, Panik, Weihnachtsmärkte als Terrorziel … könnte ich aber machen. Wie gesagt, weiß halt nur nicht, ob das muss.
Nein, dann lieber nicht. Sonst wird es zu langatmig und bricht mit der eigentlichen Story. Vielleicht fällt dir noch ein kurzer Übergang ein aus Sicht von Tobi, wie z.B. entsetzte Gesichter im Schneetreiben der Scheinwerfer
Oh, Mann!
Nette kleine Geschichte stand natürlich in "" ;)
Grüße von Snowmaid

 

Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen.
Das, werter @Proof , wäre ein schöner letzter Satz gewesen.
Ich habe mich in keinem Moment gegruselt, aber das war wohl auch nicht die Intention des Dichters. Wiedemauchsei: Als Fan von Splatter-Humor mit sozialkritischem Beigeschmack habe mich sehr amüsiert. Schöne Idee und gut im Text plazierte kleine Scherzkekse.
Wer alte Leutchen verarscht, dem werden die Gedärme entnommen; Wilhem Busch wäre stolz auf Dich.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 
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@Snowmaid:

wäre für mich eine total spannende Geschichte
Vor allem die Uneindeitigkeit würde ich mögen. Ist er jetzt irre und hat die alle umgebracht und ausgegraben? Oder sind die von allein gekommen? Keiner weiß es. Könnte der Geschichte ein bisschen mehr Nachhall geben. Vielleicht ändere ich wirklich nochmal was in die Richtung.

Vielleicht fällt dir noch ein kurzer Übergang ein aus Sicht von Tobi,
Ich schau mal, dauert aber einen Moment, bin jetzt eine Weile gebucht.

Nette kleine Geschichte stand natürlich in ""
Es klang so "Oh, hey, die reißen ihnen die Eingeweide raus. Na ja. Was kommt im Fernsehen?" :)


@Kellerkind:

Ich habe mich in keinem Moment gegruselt,
Das war mir wohl klar, ich hatte maximal auf ein paar unruhige Momente gehofft. Horror mit Humor ist Königsklasse. Es gibt eigentlich keine Horrorkomödie, das sind alles Komödien, weil der Horror durch Zoten zwangsläufig verwässert wird. Wenn das klappt, ist der Humor meist passenderweise tiefschwarz oder sogar zynisch. Ich hab was mit einem demenzkranken Vater in der Mache, der nachts aus dem Haus geht und zu einer alten Mine will, von der er behauptet, dort würde immer jemand stehen und ihm winken. Das wird nicht lustig.

Wilhem Busch wäre stolz auf Dich.
Oh, unerwartetes, sehr nettes Kompliment. Wahnsinnig guter Beobachter von Menschen und Menschlichem. Ich wohne dreißig Autominuten von seinem Geburtshaus entfernt und habe mal über ein Hotel geschrieben, in dessen Schenke er sich gern einen reingebraten hat, während er auf die Postkutsche nach Hause wartete. Wenn er nur ein ganz bisschen abfärbt und ich ein ganz bisschen besessen bin von seinem Spirit, dann wär das auf jeden Fall Bombe.


Schönen Sonntag
JC

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Proof,

Die Kunden waren alt, die Blase schwach, die Prostata erweitert. Frauen versteckten den Verfall hinter süßen Bonbon-Parfums. Einige sprühten ihre Männer mit ein. Am Anfang hatte Tobi Kaugummi gekaut und sich den eigenen Minz- oder Limettenatem in die Nase gepustet.
Die erweiterte Prostata stört mich ein wenig, aus dem Bauch heraus käme mir vergrößert stimmiger vor (einen Vergleich fände ich hier auch ganz nett). Willst du vielleicht nicht, wegen versteckten. Ich bekomme auch die vergrößerte Prostata nicht mit Verfall in Einklang - klar, ich weiß, was du meinst, strenggenommen passiert da aber was anderes, eigentlich das Gegenteil von Verfall, wenngleich es natürlich miese Konsequenzen hat.
Dem "Am Anfang" würde ich einen neuen Absatz gönnen, weil du ja nicht den Anfang der Fahrt meinst, sondern die Zeit der Firmengründung, nicht?
Ach, um's zu Verdeutlichen: Die Kunden waren alt, die Blase schwach, die Prostata groß wie eine Orange. Frauen kaschierten mit Bonbon-Parfum(s) und sprühten ihre Männer gleich mit ein.
Am Anfang hatte Tobi Kaugummi gekaut und sich den Minz- oder Limettenatem in die Nase gepustet.

Dieser Job, dieser Bus, hatten ihn hart gemacht.
:D

Der Geruch heute brannte wie Säure auf den Nasenflügeln.
Der Geruch sticht in der Nase, folglich wird er da auch brennen. Würde ich ganz rausnehmen, man weiß ja, wo der brennen wird.

Der Geruch heute brannte wie Säure auf den Nasenflügeln. Das war nicht nur ein bisschen Pippi mit Erdbeer. Korfesmeyer zog ein Gesicht, das sagte: Du meine Fresse! Tobi erinnerte es an einen fiesen Darmbazillus, der ihn nach faulen Eiern hatte aufstoßen lassen, vor ein paar Monaten, stundenlang, immer wieder, bevor er die Nacht im Sitzen verbracht hatte.
Worauf beziehen sich das und es?
Der Bazillus hat ihn nach faulen Eiern aufstoßen lassen. Klingt iwie falsch. Ich meine, hat der jetzt faule Eier gegessen (wer macht denn so was)? Oder meinst du den Geruch?
Vorschlag (iwie so): Der Geruch heute brannte wie Säure. Da war nicht nur Pippi mit Erdbeer. Korfesmeyer zog ein Gesicht, das sagte: Du meine Fresse! Tobi erinnerte sich an diesen bösen Darmbazillus, der ihn vor ein paar Monaten zu einer Nacht im Sitzen verdonnert hatte.

Zum Glück hatte er noch Kaugummi im Handschuhfach aus seiner Zeit als Anfänger.
Wie wär's mit 'nem stärkeren Verb? Zum Glück lag noch Kaugummi im Handschuhfach aus seiner Zeit als Anfänger.

Er räusperte sich oft und ständig verhaspelte er sich.
Er räusperte sich oft und verhaspelte sich ständig.

Es klang nicht wie Korfesmeyer, der Profi. Es klang wie ein Doppelgänger, der noch lernte, während Reptiloiden den echten Korfesmeyer gefangen hielten.
Ich find's drüber.

„Hast du einen Hund überfahren und ihn irgendwo zwischen die Sitze gesteckt?“, fragte Korfesmeyer. „Das ist doch nicht normal.“
:lol:

Das Schlafzimmer müffelt im Winter morgens, wenn man bei geschlossenem Fenster geschlafen hat. Das hier war irgendwas zwischen Biotonne und albernen Terroristen, die eine Kläranlage in die Luft gesprengt hatten.
Ich würd's knackiger machen - Terroristen sind mir dann auch too much.

„Oh, hey!“ Korfesmeyer lachte. „Liebe Leute, meine Damen und Herren, wir sollten uns nicht selbst die schöne Fahrt vermiesen, indem wir aufeinander losgehen.“
Für meinen Geschmack zu erklärend.

„Leute!“ Korfesmeyer gestikulierte wie ein Trainer am Spielfeldrand. Die Mannschaft ignorierte ihn.
Eigentlich 'ne schöne Idee, wenn ich nicht immer Jürgen Klopp vor Augen hätte. Und der ist mir hier dann doch zu viel des Guten :D.

„Ich habe nie viel von diesem düsteren Zin[n]ober bei Beerdigungen gehalten.“
Zinnober.

Tobi spuckte auch, sein[en] Kaugummi in den Schnee.
seinen.

Er saß ja die ganze Zeit, Stunden am Stück und am Ende immer noch ein bisschen was drauf, bis Korfesmeyer den letzten Blutdrucksenker aus Schweizer Manufaktur für sechshundert Euro verkauft hatte.
Meinst du Medikamente? Tabletten? Das finde ich unglaubwürdig - die Dinger verschreibt der Hausarzt doch gerne. Und gerade bei Blutdrucksenkern sind die Leutchen ziemlich fixiert und vorsichtig. Da regt man sich schon über Generika auf. Würde mir was anderes überlegen.

Ein Fips Asmussen war fast immer dabei oder einer, der ganz genau wusste, was für Ganoven sie waren, sie alle mit diesem Verkaufsbusscheiß. Einer, der da nur seiner Annegret zuliebe saß.
Finde ich auch zu erklärend. Kapier' ich auch ohne.

„Das ist keine Scheiße“, sagte Korfesmeyer. „Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es schon dunkel ist, aber ich habe kein gutes Gefühl.“
Klingt unecht.

Gab Tobi eine Einschätzung zum besten, die nicht mit seiner übereinstimmte, sagte er:
Da stimmt was nicht.
EDIT: Ups, hab's jetzt kapiert. Da stand ich auf dem Schlauch irgendwie. Hättest du ein immer angepappt, wäre mir das wohl nicht passiert.

Er bekam weniger Geld, denn er fuhr nur den Bus, aber der Richter würde ihm auch weniger aufbrummen, wenn es dann doch mal so weit war.
Auch zu erklärend, finde ich. Kann ich mir schon selbst zusammenpuzzeln.
Vorschlag: Er bekam zwar weniger Geld, dafür würde man Korfesmeyer mehr aufbrummen, wenn es doch mal vor Gericht ging.
Jetzt verstehe ich, warum du zuvor die Tabletten eingeführt hast. Wegen dem Strafmaß später ("Der nützliche Idiot, der den Bus fuhr, kam mit Bewährung davon. Vielleicht ein Jahr, keine Bewährung. ").Ich weiß nicht, irgendwie steht das auf wackeligen Beinen, finde ich. Gefängnis für Kaffeefahrtbetreiber. Hm. Dann braucht's halt illegale Medikamente, die Vorstrafe und so. Ich würde überlegen, ob es den ganzen rechtlichen Kram auch wirklich braucht.

Dann nickte er und stieg ein. „Na gut.“ Er nahm seinen Hut ab. „Scheiß Qualmerei.
Wer sagt das jetzt? Der Mann mit dem Jägerhut, meine ich. Das passt dann aber nicht, der steht ja eh schon außer Hörweite, deswegen ruft der ja auch zuvor. Würde ich streichen.

„Wo fahren wir jetzt hin?“
„Zum Weihnachtsmarkt. Deine eigene Ansage. Wunderschön, die Lichter in der romantischen Dunkelheit ...“, er schnipste mit den Fingern, „... in der Dunkelheit ...“
„... eines späten Winternachmittags ...“
„Eines späten Winternachmittags, in der Dunkelheit, und unterwegs verkaufst du ihnen Kram. Wie sonst auch.“
Korfesmeyer lachte. Es klang traurig. Ein bisschen irre. „Es ist nicht wie sonst auch.“
„Doch.“ Tobi stapfte trotzig seine Zigarette im Schnee aus. „Es ist wie sonst auch.“
Vorschlag:
„Wo fahren wir jetzt hin?“
„Weihnachtsmarkt. Deine Ansage. Wunderschön, die Lichter in der romantischen Dunkelheit ...“, er schnipste mit den Fingern, „... in der Dunkelheit ...“
„... eines späten Winternachmittags ...“
„Und unterwegs verkaufst du den Kram. Wie sonst auch.“
Korfesmeyer lachte. Es klang traurig. Ein bisschen irre. „Es ist nicht wie sonst.“
„Doch.“ Tobi stapfte die Zigarette im Schnee aus. „Ist es.“

Er war darauf ausgerutscht. Korfesmeyer hatte ihn aufgefangen. Herr Möller hatte gelacht. Frau Borchers hatte ihn ermahnt, über so etwas lache man nicht, der junge Mann hätte sich die Hüfte brechen können. Tobi hatte die schwarz-weiße Seide aufgehoben. Er und Korfesmeyer hatten den Schriftzug angestarrt. „Geht’s endlich weiter?“, hatte jemand gerufen.
Weißt du selbst, das vermaledeite PQP.

Der Satz auf der Schleife. Gut Schuss im Himmel, Hans. Deine Kameraden vom Schützenverein Volltreffer.
:D.

Eine Frau, deren Blick genau in dem Moment den von Tobi im Rückspiegel kreuzte, bleckte plötzlich die Zähne, auf denen etwas herumkrabbelte. Tobi verzog kurz nach links.
Ist schon sehr komplex, finde ich.
Wie wär's damit (?): Der Blick einer Frau blitzte im Rückspiegel auf. Sie bleckte die Zähne, etwas zwängte sich hindurch und krabbelte über ihren Hals. Tobi verzog kurz nach links.

Viel zu lange Fingernägel mit schwarzen Rändern. Je länger der Bus fuhr, desto weniger verstellten sie sich.
Vermeidbar. Je weiter vielleicht.

Sie tuschelten und sie taten es ängstlich.
Ist schon sehr tellig, gerade für Horror.

Eben noch wirkte Wiehagen empört, jetzt entspannte er sich. „Es ist arschkalt in der Erde. Gerade jetzt.“ Er zeigte auf Korfesmeyer.
Würde ich streichen.

„300“, sagte Korfesmeyer. Tobis Blick ging zur Decke.
O Mann, echt gut, Verkäufer bis zur letzten Sekunde :lol:.

Einmal hatte er Zement gemischt, war aber nach drei Tagen nicht mehr hingegangen. Die Alte im Jobcenter auf hundertachtzig. Knochenarbeit. Zement gemischt, neun Stunden lang. Seine Popel kleine Steinchen. Jetzt floss der Zement durch seine Adern und härtete langsam aus.
Das Zement-Triple passt, aber einen Possesssivartikel könntest du dir sparen. Ist aber was Persönliches jetzt. Mit Possessivartikeln stehe ich zuweilen einfach im Clinch.
Jetzt floss ihm der Zement durch die Adern.

Als Tobi seine Beine wieder spürte, war es zu spät. Hände so kalt wie der Schnee packten ihn. In der Erwartung zuzusehen, wie seine Eingeweide losgewickelt wurden wie ein Feuerwehrschlauch, fing er an zu pinkeln. Es lief die Beine runter in seine Socken. Warm.
Du weißt schon.
Vorschlag: Als Tobi wieder die Beine spüren konnte, war es zu spät. Hände aus Eis packten ihn (an den Schultern). In der Erwartung zuzusehen, dass seine Eingeweide losgewickelt wurden wie ein Feuerwehrschlauch, fing er an zu pinkeln. Der Urin lief bis in die Socken runter. Warm.

„Wir wollen den Weihnachtsmarkt sehen. Wie Sie ihn versprochen haben.“
Ich würd's streichen.

an der Bude für gebratene Champignons
Du meinst frittierte, oder?

Sie waren so, wie sie sein sollten. Jetzt auf einmal. Starr und bleich. Als wären sie nie hier gewesen, um sich aufzuwärmen. Aber die Scheiben des Busses waren rot
Waren-wären-wärmen-waren. Würde ich ausdünnen.

Sein Kinn schlug auf und ein Stück Zahn brach ab. Es kratzte an seiner Zunge wie ein Zementpopel. Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen. Jemand drückte kaltes Metall in seinen Nacken und nannte ihn gestörtes Stück Scheiße. Er wurde gefragt, ob da noch so jemand war, noch ein Stück Scheiße.
„Auf jeden Fall!“ Ein Bulle trat seine Beine auseinander. „Ich fahre nur den Bus!“
Also er liegt am Boden und ein Bulle tritt seine Beine auseinander? Kann ich mir nicht so wirklich vorstellen. Du hättest hier auch ein wenig szenischer werden können. Minidialog fände ich auch nicht verkehrt. Den Satz, den Kellerkind vorgeschlagen hat, als Schlusssatz zu verwenden, fände ich auch gut.
Oder vielleicht irgendwie so (?):
Sein Kinn schlug auf und Zähne brachen ab. Die Teile kratzten wie Zementpopel im Mund. Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen.
Jemand drückte ihm kaltes Metall in den Nacken und nannte ihn gestörtes Stück Scheiße. „Ist da noch einer drin? Noch so ein Stück Scheiße?“
„Ja!“
Der Bulle beugte sich tiefer runter und erhöhte den Druck.
„Ich fahr' nur den Bus!“

So viel mal von mir, Proof. Hat mich amüsiert. Kleiner, trashiger (positiv gemeint), böser Text, der mich immer wieder mal zum Lachen gebracht hat.

Vielen Dank fürs Hochladen

hell

 

Hallo Proof!

Leider gefällt mir dein Text saugut. Um zumindest noch ein wenig meckern zu dürfen, muss ich schon schwer ins Detail gehen und hochgradig subjektiv werden. Aber eventuell kannst du ja trotzdem was davon gebrauchen. (Auch wenn manches bestimmt schon angesprochen wurde)

hatte er sich gewöhnt
Den Nebensatz würde ich weglassen. So hat der Hauptsatz mehr Kraft.

Prostata erweitert. Frauen
Wenn du im nächsten Satz mit "Frauen" weitermachst, würde ich den Satz vorher zwecks Übergang nicht mit "Prostata", sondern mit der Blase enden lassen.

hatten ihn hart gemacht
Du wiederholst hier quasi die Aussage des Nebensatzes des ersten Satzes. Dort oben würde ich streichen, hier lassen.

Der Geruch heute brannte wie Säure auf den Nasenflügeln.
"Der Geruch heute war nicht nur ein bisschen Pippi mit Erdbeer", fände ich stärker. Das lässt dem Leser mehr Raum für Vorahnungen. "Säure" und "brennen" ist imho schon zu dramatisch.

Das hier war irgendwas zwischen Biotonne und albernen Terroristen, die eine Kläranlage in die Luft gesprengt hatten.
Der Begriff "Terrorist" nimmt dem Element "Geruch" Kraft. "Terrorist" ruft viele Bilder hervor und die haben allesamt nichts mit Geruch zu tun.

Ein Fips Asmussen war fast immer dabei oder einer, der ganz genau wusste, was für Ganoven sie waren, sie alle mit diesem Verkaufsbusscheiß. Einer, der da nur seiner Annegret zuliebe saß.
Find ich spitze!

„Ja. Alle pottdreckige Schuhe.“
Das Element "dreckige Schuhe" würde ich versuchen eher zu bringen, damit es länger unerklärt mitschwingen kann. So wird es kurz darauf abgewürgt, bzw. erklärt.

Als würden sie die Hose aufmachen und die Schuhe ausziehen.
Das ist einer der stärksten Sätze der Geschichte.

Die Erklärung für die Leichen im Bus würde ich schneller abwürgen, ansonsten finde ich die Geschichte wirklich sehr gut.

Viele Grüße
Calua

 

Hallo Proof,

ich hab mich recht schnell in dem deprimierende Setting von "alten Leute in Abzockerbussen" widergefunden und irgendwie habe ich den tag Horror nicht mehr auf dem Schirm gehabt und lese/ tüddel so vor mich hin und auf einmal sitz ich in dieser Höllenmaschine mit Zombies... Hihi, was für eine Fahrt!
Ich hatte jedenfalls viel Spaß.
Was ich schwierig fand, war der Fakt, dass die Passagiere Namen hatten. Das hat mich von dem Gedanken weggebracht, dass es eine Kaffeefahrt ist. Ich frag mich ob die Beiden da vorn im Bus echt wissen, wie die Leute heißen. Sonst klang es ja schon mehr nach anonymer Massenabfertigung. Für mich wäre es schlüssiger (und auch passender zum fehlenden Respekt) gewesen, wenn die Leute aufgrund markanter Merkmale benannt werden würden oder Assoziationen. Da gibts den Dicken mit dem grünen Hut: Förster. Die Eine, die so klingt wie Frau Knippske, die Deutschlehrerin ect.

Der Plot war richtig gut und das Sahnehäubchen war für mich, als dann die Polizei kam und der Rahmen geschlossen wurde zu "Tobi fährt" und ich wurde als Leser aus diesem absurden Zombiesetting abgeholt (Keine Sorge, Huxley, die Zombies sind weg) und in den Schluss geworfen mit: Ach du Scheiße, der fährt da nen Bus voller Leichen.

Danke für den horrmüsanten Ausflug

man liest sich
Huxley

 

Moin!

@hell:

viele gute Hinweie, danke. Ich gehe jetzt mal nicht auf die ein, die ich in der einen oder anderen Form angenommen und umgesetzt habe. Spart auch Zeit.

Prostata groß wie eine Orange. Frauen kaschierten
Ich mache mal zu groß, finde, die Geschichte hat jetzt schon sehr viel wies. Ist „kaschierten“ nicht transitiv?

Ich meine, hat der jetzt faule Eier gegessen (wer macht denn so was)? Oder meinst du den Geruch?
Ich hatte das mal. Du hast eben diese Schwefelgeschmack im Mund und so riecht es auch, wenn du aufstößt. Ist auch bekannt, wenn du es bei Google eingibst.

Das „Das“ und das „es“ beziehen sich auf den Geruch. Umgangssprache. Hab's trotzdem ein bisschen geändert.

Er räusperte sich oft und verhaspelte sich ständig.
Ich wollte erstens eine Betonung auf dem zweiten Teil und zweitens verhindern, dass es zweimal sehr gleich klingt.

Ich find's drüber.
Einerseits finde ich das mit etwas Abstand auch, aber andererseits ist natürlich die ganze Geschichte ein bisschen drüber.

Finde ich auch zu erklärend. Kapier' ich auch ohne.
Da geht es an der Stelle aber auch nicht so sehr um Information, sondern darum, möglichst authentisch so einen motzenden Opa rüberzubringen.

Auch zu erklärend, finde ich.
Ich brauche es für Titel und letzten Satz. Für Titel vielleicht nicht unbedingt, aber für den letzten Satz auf jeden Fall.

Wegen dem Strafmaß später
Eigentlich nicht. Tobi hat Angst vor Knast, weil er nicht zum ersten Mal im Saal säße. Läuft ja so, die Sachen summieren sich und irgendwann gibt’s keine Bewährung mehr. Korfesmeyer, keine Ahnung. Der Richter kann ja alles Mögliche „aufbrummen“, das muss ja nicht zwangsläufig Gefängnis sein. Und das ist ja schon gewerbsmäßiger Betrug.Vielleicht muss man dabei zigmal gepackt worden sein, um ein Mal ein halbes Jahr einzufahren, so firm bin ich jetzt juristisch nicht. Irgendwann geht’s aber tatsächlich über die Geldstrafe hinaus, glaube ich.

Mit Possessivartikeln stehe ich zuweilen einfach im Clinch.
Vermeide ich eigentlich auch.

Du meinst frittierte, oder?
Sind sie? Die werden doch in der Pfanne gemacht?

Also er liegt am Boden und ein Bulle tritt seine Beine auseinander? Kann ich mir nicht so wirklich vorstellen.
Warum nicht? Er tritt gegen die Beine und dann sind die so v-mäßig auseinander. Kannst du nicht so schnell aufstehen und loslaufen. Habe ich aber zugegebenermaßen aus Funk und Fernsehen.


@Ronni:

Mein lieber Scholli - das ist echt gekonnt.
Danke!


@Calua:

Wenn du im nächsten Satz mit "Frauen" weitermachst
Vllt weise ich vorher mal darauf hin, dass es um Männer geht.

"Säure" und "brennen" ist imho schon zu dramatisch.
Mache ich mal weg.

Der Begriff "Terrorist"
Das auch.

Die Erklärung für die Leichen im Bus würde ich schneller abwürgen
Hatte ja schon jemand, ich schau mal.


@Huxley:

Ich hatte jedenfalls viel Spaß.
Danke!

dass die Passagiere Namen hatten.
Sie waren erst namenlos. Dann fand ich's schwierig, weil so relativ viele auch anfangen zu handeln und sei es nur kurz. Zur Abfertigung: Korfesmeyer ist ein Profi. Beim Namen ansprechen baut Vertrauen auf. Das weiß der, denke ich.

Ach du Scheiße, der fährt da nen Bus voller Leichen.
Den Effekt wollte ich. Freut mich, wenn es geklappt hat.


Vielen Dank für Kommentare, Kritiken, Hinweise und Verbesserungen!


Viele Grüße
Proof

 

Hi @Proof

schön, dass mir deine Geschichte wieder zwischen die Finger gekommen ist. Wollte sie schon damals lesen und kommentieren ...

Ich finde hier nicht viel "wirklichen" Horror. Besser wäre die Story unter Humor getaggt, habe ich mich doch richtig amüsiert.

Die Kunden waren alt, die Blase schwach, die Prostata der Männer zu groß. Frauen versteckten den Verfall hinter süßem Parfum.
Kunden, dann Männer und Frauen. Hört sich an, als gehörten die Männer und Frauen nicht zu den Kunden, sondern wären separate Gruppen.

Die Realschule hatte er geschafft, aber seitdem stockte seine Karriere, seit gut zwanzig Jahren jetzt.
Sehr gut

Tobi spuckte auch, seinen Kaugummi in den Schnee.
Hier wäre ein Gedankenstrich passender als ein Komma.

Ein Fips Asmussen war fast immer dabei
Auch sehr witzig.

Auch den lebenden Fahrgästen wurde klar, neben wem sie da saßen. Sie tuschelten. Der Rest genoss die Fahrt.
Hm, ich dachte, da wären nur die Toten im Bus. Lebende habe ich nicht erkennen können.

„Es ist arschkalt in der Erde.“ Er zeigte auf Korfesmeyer. „Er soll was dagegen machen.“
Mit einem Schlag gegen den Oberarm riss Tobi Korfesmeyer aus den Gedanken. „Die Heizdecken!“, flüsterte er.
Eine super Idee.

Ja, viel habe ich gar nicht zu sagen, nur, dass mir deine Geschichte wirklich gut gefallen hat.

Viele Grüße,
GoMusic

 

Hallo @GoMusic,

Ich finde hier nicht viel "wirklichen" Horror. Besser wäre die Story unter Humor getaggt, habe ich mich doch richtig amüsiert.
Horror schließt Humor ja nicht aus. Ich habe meinem Hang zur Witzelei hier schon mal wieder etwas mehr Raum eingeräumt, aber es gibt immer noch eine Menge Tote und Wiedergänger, die Leuten die Eingeweide rausreißen. Geht halt so in die Richtung Splattergroteske. Ich mag zum Beispiel Re-Animator total. Der firmiert auch nicht unter Komödie, obwohl es da (so beabsichtigt) viel zu lachen gibt.

Ich finde hier nicht viel "wirklichen" Horror. Besser wäre die Story unter Humor getaggt, habe ich mich doch richtig amüsiert.
Hab's nochmal geändert. "Männer" war nachträglich eingefügt, weil jemand Schwierigkeiten mit erst "Prostata" und dann im nächsten Satz "Frauen" hatte.

Hier wäre ein Gedankenstrich passender als ein Komma.
Dieser Aufbau hat immer sowas von "Das ist doch wohl ein Ding", da finde ich das Komma unaufgeregter und weniger prätentiös.

dass mir deine Geschichte wirklich gut gefallen hat.
Danke!


Viele Grüße
JC

 

Hi Proof,

Besonders im ersten Teil saugut formuliert! Ich mag den Mix aus Humor und Horror sehr.

Eine Liste von dem, was mir besonders gefiel:

Manchmal roch es nicht gut im Bus. Die Kunden waren alt, ihre Blasen schwach. Die Männer hatten eine vergrößerte Prostata, die Frauen versteckten den Verfall hinter süßem Parfum.

Korfesmeyer musste nicht abhärten. Er war immer hart gewesen. Ein Profi. Knutschte und knuddelte die Omis, sprach mit den Männern über Stuhlgang und Krieg.
Der Geruch heute, Gott im Himmel. Das war nicht nur ein bisschen Pippi mit Erdbeer.
In der Erde auf dem Boden könnten sie Kartoffeln pflanzen.
>> erste Vorausdeutung
Es klang wie ein Doppelgänger, der noch lernte, während Reptiloiden den echten Korfesmeyer gefangen hielten.
Zu viele Bilder in den Nachrichten. Blech und Blut. So ein Schild wollte er haben: Bitte den Fahrer nicht während der Fahrt ansprechen.
„Hast du einen Hund überfahren und ihn irgendwo zwischen die Sitze gesteckt?“, fragte Korfesmeyer. „Das ist doch nicht normal.“
„Wir können ein Fenster aufmachen.“
„Es schneit.“
„Nur kurz.“
echt knackiger Dialog!
Die Kundschaft schwieg. Ob sie was ahnten? Wer stinkt, merkt es ja selbst nicht. Herr Fabry stand auf und setzte Korfesmeyers Vorschlag in die Tat um.
Das hier war irgendwas zwischen Biotonne und Kläranlage.
Frau Borchers trug Ohrringe, die größer waren als ihr Kopf.
Es mochte an der Musik liegen oder am Gestank, Sauerstoffmangel im Gehirn, aber Tobi war sicher, die Frau hatte etwas anderes gesagt. Nicht wird.
Wurd'.
>> hier kommt etwas Horror auf
Zement gemischt, neun Stunden lang. Seine Popel kleine Steinchen. Jetzt floss ihm der Zement durch die Adern und härtete langsam aus. Er konnte die Beine nicht bewegen und die Arme nicht heben. Wenn sein Körper ein Haus war, war er nur Gast und hatte nichts zu sagen.
. Hände so kalt wie der Schnee packten ihn.
Aber die Scheiben des Busses glänzten rot und um die Hälse der Verwesenden baumelten Innereien wie Lametta am Weihnachtsbaum.
Sein Kinn schlug auf und ein Stück Zahn brach ab. Es kratzte an der Zunge wie ein Zementpopel. Wenigstens hatte er sich nicht die Hüfte gebrochen.

Den Mittelteil fand ich etwas weniger spannend, aber zum Ende hin wurde es wieder richtig gut. Auch dein Figurenpersonal, besonders Korfesmeyer und sein Fahrer finde ich sehr überzeugend charakterisiert.
Die Idee, Zombies mit Kaffeefahrt zu kombinieren ist auch genial.

Diesen Text könnte ich mir gut in einer Zombie-Anthologie vorstellen, er ist sehr professionell.

Gruß, petdays

 

Danke, @petdays! Es sind aber eher Rachegeister als Zombies. Glaube ich. Stoffliche, die Spuren hinterlassen. Bei Zombies denke ich immer an das Apokalypsethema. Egal. Kann dir jetzt nicht zu umfangreich antworten, da würde ich mir ja selbst auf die Schulter klopfen. Also danke nochmal!

 

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