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To be or not to be
„Hör’ auf mit dem Scheiß!“
Pauline schaute mir mit einem bösen Blick direkt in die Augen.
„Wenn du so weiter machst, wirst du nie einen neuen Job bekommen. Du säufst dich rund um die Uhr zu, bemitleidest dich zwischen jedem Schluck auf’s Neue und hast den Stellenmarkt in 5 Monaten Arbeitslosigkeit noch nicht eines einzigen Blickes gewürdigt. Aber damit ist jetzt Schluß. Entweder du gehst in eine Entziehungsklinik und suchst dir dann einen Job oder du machst so weiter, aber ohne mich!“
Langsam platzte mir der Kragen.
„Ach, du hast doch keine Ahnung, wie es mir geht!“, schrie ich.
„Verlier’ du mal Ehepartner und Job in weniger als einem Monat. Außerdem übertreibst mal wieder maßlos: Entziehungsklinik, pah. Da kommen doch nur die richtig harten Fälle rein, die sich selbst nicht mehr unter Kontrolle haben. Und außerdem hättest du doch eh nicht drauf, mich hier sitzen zu lassen, oder?“
„Warum nicht? Im Grunde kostest du mich auch nur Zeit und Nerven. Während ich mich hier mit dir abgebe, könnte ich mich mit meinen Freunden treffen, mal meine Eltern besuchen oder mich ins Café setzen. Du siehst also, ich hätte genügend andere Sachen zu tun, als mich hier mit dir ‘rumzuärgern“, erwiderte Pauline mit einem hönischen Unterton.
Das saß.
Ich nahm meine Jacke und meine Wodkaflasche und ging. Ich weiß nicht mehr, wo ich lang ging, ich weiß nicht mehr, wie lange ich weg war und ich habe auch keine Ahnung, ob ich zu Fuß oder mit den Öffentlichen unterwegs war. Ich weiß nur noch, dass ich Pauline gesehen habe. Meine Pauline, wie sie in dieses Mietshaus ging und wenig später mit irgendeinem jungen Mann wieder herauskam. Meine Pauline im Arm eines anderen Mannes.
Irgendwann nach einem ausgiebigen Kneipenbesuch kam ich wieder nach Hause. Doch die Wohnung war leer, leer und dunkel. Mit dem Gedanken, dass meine Pauline gerade einen wunderschönen Abend mit diesem mir unbekannten Mann verbrachte, ging ich schlafen.
Als ich aufwachte, war Pauline wieder da. Sie saß am Frühstückstisch.
„Hast du’s dir nochmal überlegt?“, fragte Pauline.
Keine Antwort.
„Schade, gestern habe ich meinen Bruder getroffen, der hat mir eine Klinik empfohlen, die sehr gut sein soll. Aber ich kann dich wohl nicht zwingen . . .“, sagte sie, stand auf und ging.