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Titellos

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14.06.2003
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Titellos

- Titellos -

Er saß, seine Beine von der Kante baumelnd, an der Brücke. Die eine Hand im Schoß, die andere auf dem Knie mit einer Zigarette zwischen den Fingern, saß er dort und kümmerte sich nicht.
Er versuchte die Welt einfach sein zu lassen, sich von den Problemen zu lösen und jemand anderes zu sein. Er wollte nicht nachdenken, weil er wusste wohin es führen würde. Doch er war hierher gekommen, um trotz allen inneren Widerstandes ein paar Gedanken zu fassen, um sich von den Konsequenzen leiten zu lassen. Um diese Konsequenzen zu finden, musste er nachdenken, und wovor er sich zuvor scheute, musste jetzt getan werden.
Seine Eltern hatten ihn vernachlässigt. Sie hatten an einem Punkt einfach aufgehört wirklich mit ihm zu reden. Die ganzen Worte die sie von sich gaben waren für ihn wie die unergründlichen Tiefen der Weltmeere, und die plötzlichen Emotionsausbrüche vor Wut, Enttäuschung oder Verzweiflung schienen ihn wie ein kleines Boot in zu großen Wellen hin und her zu werfen, bis er zerbrach.
Es war schon seit Jahren so gewesen. Seit er neun Jahre alt war, stritten seine Eltern sich, nahmen ihn als Symbol ihrer gescheiterten Ehe. Er konnte sich nicht dem Gefühl erwehren, dass sie ihn deswegen tief im Inneren aufrichtig hassten. Ihre Moral, die es ihnen verbot, schien scheinheilig, und es tat ihm unglaublich weh zu wissen, dass sie es nicht wussten.
Wenn der Mensch etwas bewusst tut, war er zu belehren, doch herrschte das Unterbewusstsein, und trickste es das Bewusstsein mit einer Farce aus, war es zu spät. Er war verzweifelt gewesen, hatte Zeichen gesetzt und um Hilfe geschrien, doch sie konnten ihn nicht hören.
Als sein Freundeskreis sich aufzulösen begann und er nicht mehr die Kraft hatte weiter an seinem sozialen Umfeld zu arbeiten, versank er tiefer im Morast des Leids. Auch seine Hilferufe zehrten an seiner Kraft, und er begann sich zu wundern wie viel er noch übrig hätte. Als er sich dazu entschied sie für bessere Tage zu sparen, entdeckte er zuvor unbekannte Reserven, die er abrufen konnte wenn er bei ihr war.
Sein Blick wanderte zum Horizont, wo sich ein paar Wolken angesammelt hatten. Sie waren groß und dunkel, und sie trübten seine Gedanken. Er dachte wie komisch es sei, dass diese Wolken ihn bedrücken konnten, dass sie eine Macht auf ihn ausübten, die sie scheinbar nirgends schöpfen konnten.
Er zog an seiner Zigarette, inhalierte tief und atmete aus. Sein Atem bebte, und er fürchtete sich vor dem Moment wo er die Kontrolle über ihn verlor, wo die Tränen löschten was noch da war.
Er erinnerte sich an das erste Treffen mit ihr, als sei es gerade erst gewesen. Wie sie ihn offen anlächelte und eine gebündelte Freundlichkeit ausstrahlte, die er nicht gewohnt war. Das Anders-Sein dieser Person faszinierte ihn, und er vergaß seinen Kummer wenn er mit ihr redete, wenn sie gemeinsam lachten. Er fühlte sich frei, als ob er kühle, frische Luft durchatmete, nachdem er sechs Stunden in irgendwelchen muffigen Kneipen gesessen hatte.
Und ehe er sich versah, brauchte er sie. Ohne sie erstickte er in dem liquiden Schwarz seines Lebens, und sie wurde zum Nagel an dem seine Welt hing.
Er war sich der Lage bewusst, und bald rollten Wellen der Angst vor dem Verlieren des letzten Haltpunktes über ihn hinweg wie Vorboten von Dingen, die noch kommen mögen. Seine Angst brachte ihn dazu sich an sie zu klammern, und je näher er ihr kam, je näher er sie an sich gelassen hatte, desto dunkler wurden die Momente, in denen er sich fragte was sein möge wenn er sie nicht kenne, oder wenn sie ihn nicht erlauben würde sie zu lieben, und desto kürzer wurden die Abstände zwischen ihnen.
Sie begann sich zu wehren. Zaghaft zunächst, nur andeutend. Er missverstand die Zeichen, und seine Angst vermehrte sich. Schon bald hatten sie ihn voll ergriffen, und das Leid von zu Hause durchbrach wieder die Mauer, die er mit ihrer Hilfe hatte bauen können. Und der ganze angestaute Schmerz wirbelte ihn herum, und er wusste nicht mehr was er tat.
Niemand reichte ihm eine Hand, und niemand half ihm. Er war auf sich allein gestellt, und keine Möglichkeit den Schmerz von sich zu stoßen, versetzte ihn, den Schmerz, in die Lage, die Kontrolle vollends über ihn zu ergreifen.
Ehe er sich bewusst werden konnte was er tat und wer er war schritt er zu Handlungen. Zu Handlungen von Ausmaßen die ihm erst später klar wurden.
Er spürte wie seine Augen wässrig wurden, doch er unterdrückte das Gefühl weinen zu müssen, zog noch einmal an seiner Zigarette und warf sie hinunter.
Der Wind wirbelte sie hin und her, zerrte und riss an ihr bis sie auf dem Boden ankam und die Glut in tausend kleine Punkte gesprengt wurde. Die hell-orange leuchtenden Partikel stoben in alle Richtungen davon, und verglimmten sofort wieder.
Er schaute auf zum Himmel. Die fast schwarzen Wolken begannen ihre Schwere abzubauen, indem sie vereinzelt Tropfen fallen ließen. In der Dämmerung begannen seine Gedanken in die letzten Abgründe seines Daseins zu gehen.
Er war zu ihr gegangen, wollte die Angst loswerden. Er sah keine Möglichkeiten mehr. Er konnte sie nicht verlieren ohne sich zu verlieren, und so glaubte irgend ein Teil in ihm sie töten zu müssen.
Ermorden war das falsche Worte, und töten war es eigentlich auch. Sie waren behaftet mit dem Geschmack des Bösen, doch er tötete aus Liebe und Verzweiflung heraus, und er war sich selbst nicht mehr im klaren, wie er glaubte das eine mit dem anderen verbinden zu können.
Nach dem sanften Ableben von ihr war ihm schlagartig bewusst geworden was er getan hatte. Als ob das Schreien und Rauschen, als ob der unglaubliche, unkontrollierbare Lärm des Lebens von einem auf die anderen Sekunde erlöschte, war er sich völlig im Klaren über sich und seine Handlungen. Und er konnte das Gefühl nicht abschütteln, als ob irgendetwas über ihn lachte.
Er zerbrach mit dem Ankerpunkt seiner Welt. Der Nagel an dem die Welt hing war zerborsten, und alles schien zu kollabieren. Hatte er zuvor noch die Möglichkeit gehabt sich zu kontrollieren, hatte er sie jetzt verloren. Er vegetierte von einem Tag auf den anderen, und nach weniger als drei tiefschwarzen Nächten hatte es ihn verzehrt.
Jetzt saß er an der Brücke, ließ den Regen über sich prasseln und nutzte seine Machtlosigkeit als Antrieb. Nur aus der Machtlosigkeit heraus konnte er noch Kraft sammeln, und er musste ganz loslassen, um genug Kraft zu sammeln, das zu tun, was ihm seine Gedanken vorschreiben mochten.
Er schloss seine Augen, richtete sein Gesicht in die Richtung der Blitze, die nun die Nacht in Sekunden Abständen für Millisekunden erleuchteten und schrie ihren Namen heraus.
Doch niemand hörte ihn, und mit dem verklingen seiner Stimme bahnten sich die angesammelten Tränen in seinen Augen einen Weg nach außen, liefen ihm über die Wangen, und als der erste Tropfen konzentriertes Leid auf seinen Lippen starb, ließ er los.
Während er fiel, lächelte er das Lächeln des Missverstehens, und als er aufprallte und sein Körper zerbrach, war er im Koma, nur wach.

 

Denk Dir einen Titel aus. Mir geht es nicht in den Kopf, wie man sich Hobby-Autor schimpfen kann, aber nicht mal in der Lage ist, einen Titel für seine Geschichte zu finden.

 

Hilfe, was ist denn das für eine Tonart in diesem Forum? Das hat doch wohl kaum mit konstruktiver Kritik zu tun ... Vermutlich sollte ich meine Klappe nicht aufreißen, weil ich hier ganz neu bin und mich noch nicht damit auskenne, worauf hier Wert gelegt wird. Aber ich finde sogar, dass "Titellos" gar kein schlechter Titel für diese Geschichte ist.
Questionmark, was mir an der Geschichte als erstes auffällt, ist, dass mich einige Sätze/Satzteile sehr bewegen und geradezu verblüffen, weil ich sie für sehr originell und authentisch halte - und dass ich andere sehr unausgereift/plakativ, eben nicht originell finde. Den letzten Satz finde ich zum Beispiel super, der Satz "... und die plötzlichen Emotionsausbrüche vor Wut, Enttäuschung oder Verzweiflung schienen ihn wie ein kleines Boot in zu großen Wellen hin und her zu werfen, bis er zerbrach." finde ich typisch für die schwankende Qualität (in meinem Empfinden)Deiner Sätze: "Emotionsausbrüche vor Wut, Enttäuschung oder Verzweiflung" ist zu viel, zu fett, nimm das "Emotions" raus, Wut, Enttäuschung und Verzweiflung SIND Emotionen. Das zerbrechende Boot hingegen finde ich zauberhaft.
Manchmal hast Du unklare Bezüge, wenn Du nur "sie" oder "er" schreibst. Das Motiv für die Tat ist recht plakativ. Gleichzeitig finde ich die Psyche des Jungen sehr authentisch beschrieben, man spürt, wie der Knoten sich zuzieht und die Gedanken ihre "normalen", gesunden Wege verlassen. Besessenheit besessen zu beschreiben finde ich sehr mutig.
Manchmal würde ich etwas weniger empfehlen, etwas weniger Worte, etwas weniger Bilder, nicht so viele Metaphern.

Alles Gute, Echoloch

 

Zumindest ich lege hier Wert auf ein Bemühen um wenigstens ein bisschen Professionalität. Und wenn jemand seine Geschichte "- Titellos -" (die Gedankenstriche hab ich schon gelöscht) nennt, dann reg ich mich eben drüber auf. Dafür hab ich einfach kein Verständnis. Wenn der Titel fehlt, dann ist die Geschichte eindeutig nicht fertig (ausser die Geschichte soll so heißen, was ich aufgrund der Schreibart desselbigen bezweifle). Und wenn die Geschichte nicht fertig ist, wieso wird sie dann in einem Literaturforum veröffentlicht?

Meistens spar ich mir die Energie, aber manchmal reg ich mich halt darüber auf. Hier gibt es sehr viele Menschen, die sehr viel Arbeit in kurzgeschichten.de stecken. Ich finde sowas dann einfach gedankenlos diesen Leuten gegenüber. Ich könnte ja auch einfach die Benennung der Rubriken weglassen, die sind doch überflüssig, oder? Wozu eine Geschichtenliste pro Autor, wenn sowieso alle Geschichten "Ohne Titel", "Titellos", "Mir ist nix eingefallen" heißen? Du verstehst, worauf ich hinaus will?

Nix für ungut
Mirko

 

Okay, das finde ich plausibel. Insbesondere, weil so ein Forum sicherlich immer eine große Angriffsfläche für Leute bietet, die tatsächlich nur mal ein bissel rumlabern wollen und dabei nicht viel zu sagen haben.

Vielen Dank für Eure Arbeit, Maja

 

Danke für die Kritik, Echoloch.
Dass die Qualität der Sätze schwankt, hat mir meine Freundin auch schon gesagt, als ich ihr die Geschichte gezeigt habe. Ich wollte daran echt arbeiten (hab hier und da auch einiges geändert), krieg aber irgendwie nicht auf die Reihe welche Sachen gut sind und welche eben nicht. Und wenn ich einen Satz umschreiben würde, nur um festzustellen dass ich ihn verschandelt habe, würde es mir sehr leid tun. Aber ich verstehe was du meinst, und lasse die Kritik nicht einfach unter den Tisch fallen. Ich arbeite daran. :)
@Webmaster:
Wollte mit dem "Titellos" dir auf keinen Fall auf die Füße treten, sehe die Sache aber ein wenig anders als du.
Wenn jemand seine Geschichte nicht betitelt, weil ihm nichts einfällt, finde ich das auch doof, und dann ist die Story auch wirklich nicht komplett. Aber ich habe mich bewusst gegen einen Titel entschieden, und deswegen ist das für mich genauso wertvoll wie ein aussagekräftiger Titel. Wenn es dich aber weiterhin zu sehr stört, werde ich irgendeinen Titel finden, nur fände ich das schade.
Schließlich ist keine Aussage auch eine Aussage.

 

Also, zunächst öcht ich mal erwähnen, das ich hier neu bin, und somit noch nihct so genau weiss, wie das hier läuft.

Nun zu deiner story. Ich halt mich selbst net für ne tole kritikerin, aber ich werds mal versuchen:
Du hast eine tolle Art zu schreiben. Spätestens ab der Stelle, ab der er von seinen Eltern erzählt, war ich fasziniert. Du kanst sehr gut vermitteln, was der Junge (Mann?) denkt, wie es in ihm aussieht. Aber ich denke, du hast ein wenig Probleme, die Teilaspekte zu verknüpfen. So hast du zB sowohl die Beziehung zu seinen Eltern (<--- fand ich mit Abstand das beste, aber das ist jetzt meine persönliche Meinung und tut nichts zur Sche) als auch die zu seiner Freundin jeweils für sich sehr eindringlich geschildert, aber sie zu verbinden und auf das gleiche sprachliche uns stilistische Niveau zu bringen, ist die nicht so ganz gelungen. Außerdem finde ich zwar die sowohl die Idee mit dem Mord an seiner Freundin als auch die von dem Slebstmord sehr gut, aber auch gleichzeitig zu wenig gerechtfertigt. Ich finde, va der Selbstmord ist nicht besonders üerzeugen. Du hast zwar eineige gute Gründe angegeben, aber meiner Meinung nach nicht genug.
Also im großen und ganzen eine gelungene Geschichte, die aber noch verbessert werden könnte.

Ich hoffe, die Kritik ist nach deiner Vorstellung und bringt die was.

 

Jede Kritik hilft. :)
Es wundert mich, dass dich der Selbstmord weniger überzeugt als der Mord!? Ich hatte beim schreiben und wiederholtem durchlesen immer das Gefühl, dass der Mord viel schwieriger zu verstehen sei. Denn sich umzubringen wenn man alles verloren hat ist leichter nachzuvollziehen, als jemanden zu töten der sich entfernt, oder zumindest in der Umarmung windet (bildlich gesprochen, versteht sich), finde ich.

 

Ich meinte beides. Den Mord finde ich noch verständlicher, weil dein Erzähler sich ja im nachhinein slebst bewusst wird, wie verblendet er im Moment des Mordens war. Außerdem ist der Mord ja, wenn ich es richtig verstanden habe, "nur" ein weiterer Grund derer, die zum Selbstmord führen, also eher nebensächlich. Sein Freitod hinegegn ist ja wohlüberlegt, und obwohl dieser natürlich zum größten Teil emotional bedingt, sieht er dennoch auch als er logisch nachdenkt keine andere lösung. Und ich glaube, genau das ist es, was mich stört: Du hast zwar einige Breiche abgedeckt, die Beziheung zu seinen Eltern, seie gescheiterte Liebe, aber um wirklich aufzuzeigen, dass seine Lage völlig aussichtslos ist, um seine völlige Verzweiflung darzustellen, hättest du meiens Erachtens noch weitere teile seines Lebens beschreiben sollen, zB Mobbing in seiner Arbeit/Schuel oder so.
Vielleicht hab ich aber auch deine Absicht mißverstanden, und du wolltest etwas anderes mit der story ausdrücken. Sollte das abernicht der Fall sein, hoffe ich, dass du verstanden hast, was ich meine.

Gruß, Serendipity

 

Vorweg schon mal eine Bitte, bevor ich mich ans Lesen mache: Nimm die Zeilenumbrüche heraus, das erleichtert das Lesen nämlich ungemein!

Wie man das macht: Geh ans Ende Deiner Geschichte und klick da auf den Button "Bearbeiten". Und dann fängst Du am besten von unten an, setzt den Cursor an den Beginn jeder einzelnen Zeile (außer bei gewollten Absätzen!) und tippst auf die Backspace-Taste. Sollten dadurch zwei Wörter zusammengezogen werden, fügst Du wieder ein Leerzeichen ein. Ist nervig, killt aber die Zeilenumbrüche.

Danke!

chaosqueen

 

So, dann mal der Gegenbesuch;-)

Also inhaltlich gefällt mir die Story sehr gut. Sehr bildhaft erzählt, die Verzweiflung bzw. das Innenleben der Hauptfigur kommt gut rüber. Manchmal allerdings könnte der Erzählstil etwas flüssiger sein.

"Er war auf sich allein gestellt, und keine Möglichkeit den Schmerz von sich zu stoßen, versetzte ihn, den Schmerz, in die Lage, die Kontrolle vollends über ihn zu ergreifen."

Hier z.B. wäre es imo wesentlich wirkungsvoller den Satz zu teilen. Auch das Wort Schmerz tritt an dieser Stelle 2mal im Satz auf, was nicht nötig ist.

Na ja, aber an sich ne gute Story.

 

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